Freitag, 31. Dezember 2021

Lesejahr 2021

Ein weiteres Lesejahr neigt sich dem Ende zu und ich bin selbst wieder erstaunt, wie vielfältig es doch wieder geworden ist. Sicherlich habe ich viel aus meiner Lieblingsgattung Kriminalroman gelesen, aber endlich habe ich dieses Jahr auch mal zu historischen Romanen, vermehrt auch Sachbüchern  geschafft und man mag es kaum glauben, zur Science Fiction Literatur gegriffen (ich schau gerade niemanden an 😉).
Auch habe ich wieder viele sehr unterschiedliche Buddyreads hinter mir und parallel zu diesem Blog noch Sherlocks Leseblog mit Christoph Grimm gestartet, nach dem Motto, warum nur ein Blog, wenn es auch zwei tun.
Viele interessante Gespräche habe ich auf der Buchmesse führen dürfen und auch in einigen kleinen Buchhandlungen kam man vermehrt auf das Thema Lieblingsbücher und Genres zu sprechen.
Ich habe in den früheren Jahren selten wirklich ein Thema beim Lesen gehabt, aber frei nach dem Bloguntertitel Lesereise habe ich versucht, dieses Jahr möglichst viele Länder durchs Lesen zu besuchen. Nach meiner letzten Zählung habe ich ungefähr zwanzig Länder bereist, was wesentlich mehr sind, als ich dieses Jahr in real gesehen habe, aber ein bißchen was durfte ich auch in der Realität erleben und da bin jeder Begleitung sehr dankbar. 😊

Für das neue Lesejahr habe ich mir, ja was habe ich mir eigentlich vorgenommen? Will ich wieder soviel lesen wie dieses Jahr? Will ich bewusst weniger lesen? Oder ist das Ziel, einfach mal kein Ziel zu haben? Ich glaube, das hört sich nach einem Plan an. Damit es hier auch im nächsten Jahr schön bunt und unterhaltsam bleibt.

Gesine Dammel "Tage des Lesens - Lektüre zwischen den Jahren"

Jedes Jahr gibt es ein kleines, feines Buch:
"Lektüre zwischen den Jahren".
Die Auswahl ist jedes Jahr unterschiedlich, sie besteht aus Texten verschiedener Autoren; seien es Gedichte, Aphorismen, Kurzgeschichten oder ähnliches.
Die Autoren sind vielfältig und die eine oder andere Neuentdeckung kann man immer für das folgende Lesevergnügen aufspüren.
Dieses Jahr versammeln sich in dem kleinen Buch viele kleine Texte rund ums Lesen. Sei es eine kleine Kurzgeschichte oder ein Auszug aus einem längeren Text, der das Lesen feiert.
Jeder Beitrag spiegelt eine Facette des Lesens wider und führt dem Leser vor Augen, warum Lesen auch heute noch so eine Wirkung auf den Menschen hat und vor allem, warum es auch wichtig ist zu lesen.
Klassiker, neue Autoren, Prosa, Lyrik, auf 150 Seiten tummelt sich hier eine bunte Mischung, dass jeder Leser seine kleine Geschichte zum Thema Lesen hierin finden kann.
Ein schöner Band um das Lesejahr zu beschließen und sich zu überlegen, mit welchem Buch das neue Jahr beginnen soll.
Diese kleine Reihe ist schon so etwas wie eine kleine Tradition zum Jahresende für mich geworden und ich freue mich jetzt schon auf den Band für das Jahr 2022.

4 von 5 Jahreswechseln

Lucia Herbst "Dunkle Nächte, Stade Zeit"

Der Zeit zwischen den Jahren haftet immer etwas Mystisches an. Sei es, weil viele Menschen die Zeit zwischen den Jahren nutzen, um sich zu besinnen und zur Ruhe zu kommen, sei es, weil die Zeit ein wenig verloren da steht. Weihnachten ist vorbei, das neue Jahr hat noch nicht begonnen, alles scheint im Umbruch und wartet auf einen neuen Beginn.
Oder ist es so, dass unser Unterbewusstsein viel mehr über die Sitten und Bräuche aus früherer Zeit weiß, als es uns im Täglichen klar ist?
Die Mythen und Sagen der Rauhnächte sind vielen per se nicht bekannt, aber die Schlussfolgerungen daraus hat der ein oder andere mit Sicherheit schon gehört. Denn über den Jahreswechsel soll man keine Wäsche hängen lassen und an Silvester böllert man, ja warum eigentlich? 😏
"Dunkle Nächte, Stade Zeit" ist eine Anthologie, die sich genau diese Zeit im Jahr als Rahmen für die Kurzgeschichten ausgesucht und umgesetzt hat.
Mit 464 Seiten und 36 Geschichten handelt es sich hier um eine sehr umfangreiche und vielfältige Anthologie, denn nicht nur variieren die Geschichten in Länge und Form, sondern sie spielen auch in unterschiedlichen Jahren. Mal in der Moderne, mal in der Vergangenheit, mal mystisch gruselig, mal mystisch brutal. Denn die Wesen der Rauhnächte sind nicht alle gut zu den Menschen, sie können auch grausam sein und das Schlechteste im Menschen hervorkehren. Sei es, dass sie Zwietracht sähen oder die Seele eines Kindes vergiften...
Zu den Wesen der Rauhnächte zählen so bekannte Gestalten wie Frau Prechta, Puck, das Christkind aber böse Wesen wie die Vorboten der Hölle, Dämonen und Vampire haben Einzug in die Geschichten genommen.
Somit zeichnet die Geschichten, so eng das Thema und die Zeit gefasst, eine Vielfältigkeit aus, um sich dem Thema Rauhnächte über die Literatur zu nähern und sein Wissen dämonisch langsam auf.

4 von 5 Rauhnächte

Donnerstag, 30. Dezember 2021

Film-Dokumentation "Agatha Christie"


Morgen am Silvester-Vormittag noch nichts vor und mal keine Lust zu lesen?
Soll ja bekanntlich auch mal vorkommen. 😉
Wenn ihr euch aber trotzdem ein wenig mit Literatur und in diesem Fall genauer gesagt Kriminalliteratur beschäftigen möchtet, könnte dies vielleicht interessant für euch sein:
Agatha Christie - Ein Jahrhundert Gänsehaut
Arte hat wieder eine Dokumentation zu einem Autor veröffentlicht und obwohl ich diese Dokumentation noch nicht gesehen habe, kann ich sagen, dass die bisherigen Dokumentationen, die ich über Stephen King und Oscar Wilde gesehen habe, mich beide begeistert haben. Sowohl inhaltlich als auch in ihrer Umsetzung haben sie mir gut gefallen.
Vielleicht könnt ihr euch so die Stunden bis zum Korken knallen vertreiben, während andere arbeiten müssen oder wieder zu einem Buch greifen. 😏
Viel Spaß beim Gucken und erzählt mir, wie euch die Dokumentation gefallen hat.

Flix "Die Held-Trilogie"

Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was sie für einen bereithält. So oder so ähnlich kann man die letzten Jahre für alle zusammenfassen:
Pläne wurden geschmiedet,
Pläne wurden verworfen,
neue Ideen kamen auf,
neue Ideen wurden verworfen.
Oftmals ist es eine Entscheidung im Leben, die unser ganzes weiteres Leben beeinflusst, manchmal zum Guten, aber leider auch oftmals zum Schlechten.
Wie unterschiedlich das eigene Leben verlaufen kann, wenn sich nur kleine Begebenheiten ändern, zeigt "Die Held-Trilogie" von Flix. In seinem bekannten Schwarz-Weiß-Stil gehalten, zeigt er uns anhand seines drei fiktiven Lebensläufe, wie sehr sich das Leben verändern kann, wenn man an einer Weiche des Lebens eine Entscheidung trifft.
Eine Mischung aus Witz, Beklemmung, Lebensweisheit und mit Sicherheit auch eine große Portion Realismus machen es spannend dem Zeichner auf seinen Seiten zu folgen und zu erleben, wie er sich selbst seine verschiedenen Lebenswege ausmalt.
Meist ist eine Seite mit neun Zeichnungen zusammengesetzt, allerdings bilden Schlüsselszenen auch gerne einmal eine ganze Seite oder mehrere Zeichnungen ergänzen sich zu einem Bild.
Gleichzeitig ist sein Lebensweg auch der Weg einer Kulturgeschichte. Musik, Bücher und Verlagswesen spielen hierbei die vorherrschende Rolle und setzen das Individuum in den sozialgeschichtlichen Kontext. Ein Comic über das Erwachsen werden, über das Scheitern, über Verluste und die kleinen Freuden, die das Leben lebenswert machen.
Das Ganze mit einer großen Portion Augenzwinkern.
Wie auch schon die anderen Werke von Flix hat mir auch dieser Comic sehr gut gefallen. Gerade die schwarz-weiße Gestaltung setzt sich von anderen Zeichnern ab und schafft seinen Witz und seine eigene Nische.

5 von 5 Helden

Anthony Wynne "Das Geheimnis von Duchlan Castle"


Einsam liegt Duchlan Castle oberhalb des Lochs, direkt an einem Bach. Doch noch einsamer als das Castle ist Lady Mary Gregor, als sie in ihrem verschlossenen Zimmer stirbt. Ein natürlicher Tod ist abwegig, denn eine riesige Wunde klafft in ihrer Brust. Doch bei verschlossenen Fenstern und einer verschlossenen Tür müsste sowohl die Mordwaffe als auch der Mörder zugegen sein. Was sie aber nicht sind. Auf Grund der Stellung der Gregors lässt es sich der Amateurdetektiv Dr. Hailey nach kurzem Bitten nicht nehmen, sich den Fall näher anzusehen. Irgendetwas Düsteres treibt sein Unwesen auf Duchlan Castle, denn keiner scheint wirklich erstaunt oder gar bedrückt auf Grund des perfiden Mordes.
Lediglich Laird Gregor scheint ohne die herrische Hand seiner Schwester ein wenig planlos zu sein oder ist dies nur vorgespielt?
Als die Ermittlungen ihren Gang nehmen, kommt es zu einem weiteren Todesfall und noch einem...
Doch wie hängen diese Morde zusammen? Wer war wann wo auf dem Anwesen und in der Nähe des Baches, der so platschende Geräusche von sich gibt?
Anthony Wynne kann mit Fug und Recht behaupten zu der klassischen Garde der Kriminalautoren zu zählen. Denn sein Dr. Hailey, seines Zeichens Arzt, hat neben anderen bekannten Ermittlern wie Sherlock Holmes, Hercule Poirot oder Reverend Dodd geschafft sich einen Platz in der "British Library Crime Classics" zu ergattern und das ist zweifellos ein Ritterschlag für jeden Kriminalroman.
Doch ist dieser Kriminalroman anders?
Nun, es gibt die altbekannte Mischung aus: Hobbyermittler, locked-room-mystery, Geheimnis in der Vergangenheit und zu viele Augen, die zuviel sehen. Das heißt, natürlich wird das Rad mit diesem Kriminalroman nicht neu erfunden und an manchen Stellen hat das Buch ein paar Längen, aber oft ist  es ja auch genau das Verhältnis der Mischung, die einen Kriminalroman sinnvoll und logisch nachvollziehbar machen oder eben nicht.
Vieles lag für mich lange im Dunkeln, auch wenn ich ein Gespür dafür hatte, wohin die Geschichte führen sollte, aber letztlich hat mich der Schluss doch sehr überrascht.
Was man diesen älteren Kriminalromanen anmerkt, ist das die Gewichtung viel mehr auf dem psychologischen Element liegt als auf der Brutalität, ein Genuss für die kleinen grauen Zellen.

4 von 5 Geheimnissen

Mittwoch, 29. Dezember 2021

Octave Uzanne "Das Ende der Bücher"


Bücher aus der Vergangenheit zu lesen, die einen Blick in die Zukunft werfen, ist schon eine ganz besondere Form der Zeitreise. Vor allem wenn diese Bücher eher wissentlich nüchterner Natur sind und nicht nur der Phantastik entspringen.
Mit Die Welt in 100 Jahren hatte ich bereits einmal die Erfahrung gemacht, wie interessant diese Buchgattung ist und auch dieses, wenn auch viel kleinere Buch, zeigt, wie spannend es sein kann diese Art von Büchern zu lesen.
"Das Ende der Bücher" kommt mit gerade einmal 48 Seiten sehr schlank daher. Es ist mit wunderschönen schwarzen Illustrationen untermalt, die sich perfekt in den Text einpassen.
Im Jahre 1895 macht sich eine Gruppe von Wissenschaftlern auf den Weg nach Hause und kommt darüber ins Gespräch, wie sich die Welt in den nächsten Jahren verändern wird. Jeder nimmt zu seinem Fachgebiet Stellung bis schließlich der Autor zum Thema Bücher und ihr Ende eine Voraussage macht. Auch wenn er diese, wie er sagt, nicht wissenschaftlich fundieren kann und eher aus einer Laune heraus preisgibt, was er über die Zukunft denkt, sind seine Ausführungen schon äußerst detailliert.
Er bescheinigt den Büchern, dass sich ihre Zukunft nicht zum Guten wenden wird, aber was das für die Literatur heißt, lest selbst.
Es ist ein ganz besondere Form eines Zeitdokuments. Die Ideen, die Menschen von der Zukunft in ihren Köpfen haben, wird hier in seiner reinsten Form gezeigt. Was war damals der Stand der Technik / der Wissenschaft? Wovon gingen die Menschen aus, dass dies Bestand haben würde und was sich voraussichtlich wie weiter entwickeln würde? Und die vielleicht wichtigste Frage: Welche Prognosen haben sich erfüllt?
Ich habe das Buch mit einem gewissenen Schmunzeln gelesen. Einige Vermutungen haben sich nahezu 100 Prozent erfüllt, aber andere sind vollkommen in der Versenkung verschwunden.
Ein Buch, dass eine ganz andere Form von Zeitreise darstellt.
Kennt ihr solche Bücher? Wenn ja... bitte kommentieren. Ich möchte mehr davon lesen.

5 von 5 Zeitreisen

Charles Dickens "Oliver Twist"


Wie schreibt man eine Rezension zu einem Klassiker der Weltliteratur? Vor allem dann, wenn das Buch nicht so war, wie man es sich vorgestellt hatte?
"Oliver Twist" ist eines von Charles Dickens bekanntesten Werken. Oliver wird in einem elenden Waisenhaus großgezogen. Eines Tages hält er es dort nicht mehr aus und begibt sich nach London, um dort sein Glück zu versuchen. Doch seine erste Bekanntschaft mit Fagin und Dodger scheint seinen Weg in die Unterwelt des Diebstahls, der Trickbetrügerei und anderer Straßendelikte zu lenken. Oliver wird von den beiden unter ihre Fittiche genommen und nur per Zufall scheint sich durch einen Diebstahl etwas Gutes zu entwickeln, doch wie so oft in Olivers Leben schlägt das Schicksal wieder zu und Oliver wird zurück in die dunklen Gassen von London gezerrt und eingesperrt. Warum Fagin gerade an ihm so ein Interesse hat, bleibt dem Leser lange verborgen und umso unglaublicher sind die Entwicklungen, als ein weiterer Einbruch schief geht und Oliver bei einer netten älteren Dame unterkommt, um endlich gesund zu werden.
Düstere Stimmung, dunkle Gassen, der Nebel, der durch ebendiese wabbert. Wer, wenn nicht Charles Dickens, könnte uns das London jener Zeit näher bringen. Man spürt das Elend und die Ungerechtigkeiten auf jeder einzelnen Seite und man ist beim Lesen oft bedrückt ob dieser Miseren. Frauen werden misshandelt, Kinder zum Arbeiten in Fabriken oder zum Stehlen auf die Straßen geschickt. Das Geld machen dabei die Skrupelosen, wirtschaften dabei in die eigenen Taschen und halten die Arbeitenden klein. Es gibt für viele wenig Hoffnung und die Stimmung in dem Buch ist nahezu trist.
Obschon man sich dessen vor Beginn des Lesens bewusst ist, Charles Dickens war einer der größten Kritiker seiner Zeit, vielleicht ist es genau diese Stimmung und das Leid der anderen, dass es schwer macht das Buch wirklich zu mögen.
Sprachlich und stylistisch auf sehr hohem Niveau ist es zudem auch kein Buch, was man mal eben nebenher lesen kann. Als Leser taucht man wirklich ab in die Zeit, in diese Begebenheiten und in das Leid.
Natürlich ist aber auch nicht alles schlecht. Weit gefehlt, aber man merkt, was die Intention des Autors war. Mit jeder einzelnen Zeile, mit jeder einzelen Seite.
Ein Buch, was die alltäglichen Probleme von heute oftmals als klein erscheinen lässt und uns zeigt, wieviel wir in jedlicher Hinsicht besitzen.

3,5 von 5 Taschendieben

Dienstag, 28. Dezember 2021

Robert Mankoff "The New Yorker Book of literary cartoons"


Was ist lustig? Worüber lachen wir?
Wie beim Thema Geschmack und Vorlieben gibt es hier keine allgemein gültige Antwort. Witz kann durch Überzeichnung entstehen, dadurch, dass man sich selbst in einer Situation erkennt, durch Versprecher, durch Doppeldeutigkeit usw usw....
Cartoons spielen in meinen Augen oft mit dem Element der Überzeichnung, was für mich gerade die Grenze zwischen witzig und nicht witzig / geschmacklos sehr schmal macht.
"The New Yorker Book of literary cartoons" besteht hauptsächlich aus Cartoons, die sich lediglich eines Bildes bedienen, seltener findet man in der Zusammenstellung auch die klassischen Comic strips. Ein pointierter Witz dargestellt in lediglich in einem Bild ist für mich eine großartige Kunst, aber daher bin ich, was das angeht, auch sehr kritisch.
Die Zeichnungen wirken handwerklich oftmals wie Vorzeichnungen und viele der Witze sind für mich eher Kalauer als wirklich feinsinnig, so wie ich sie mir bei "literary cartoons" vorstellen würde.
Was ich wirklich gut fand, waren die Einbindungen von Autoren in die jeweiligen Cartoons, die haben das Buch um ein vielfaches aufgewertet.

3 von 5 Cartoons

Gustave Flaubert "Bibliomanie"


Giacomo ist süchtig. Süchtig nach Büchern. Aber nicht nur für sie schlägt sein Herz höher. Nein, auch Manuskripte haben eine gleichwertige Anziehung auf ihn. Dabei kann er gar nicht lesen. Es geht ihm nur um das Ertasten, das Riechen und das schiere Besitzen.
Dafür hat er seine Berufung zum Mönch an den Nagel gehängt, ist zum Einsiedler geworden und kauft und kauft, alles was er an den Todestagen der ursprünglichen Besitzer ergattern kann.
Doch merkt er nicht, dass er an der Kante steht... Der Kante zum Wahn... Denn wann man ein Antiquar und ein Buchhändler ist, sollte man sich von den Büchern auch trennen können...
Wann ist es noch Leidenschaft, wann ist es eine Obsession und wann ist es ein Wahn?
In dieser kurzen, sprachlich herausragenden Geschichte wird dem Leser vor Augen geführt, wie schnell das eine in das andere umschlagen kann. Ist man anfangs noch glücklich, bildet sich irgendwann ein Gefühl heraus, dass man selbst kaum beschreiben kann, da man sich selbst nie objektiv beurteilen und sehen kann.
Gustave Flaubert hat mit "Bibliomanie" eine wunderschöne Geschichte geschrieben, belehrend, dabei aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, springt dem Leser die Moral von der Geschichte wirklich an und trotz seiner Tristesse muss man während des Lesens schmunzeln, denn welcher Leser ist noch nie in der Welt der Bücher versunken und musste sich seinen Weg zurück in die Realität kämpfen?

5 von 5 Antiquaren

Montag, 27. Dezember 2021

Elisabeth Sandmann "Kluge Gedanken für Leserinnen"


"Lesen geht immer!"
"Frauen, die lesen sind gefährlich!"
"Wenn die Frau liest, erweitert sie ihren Horizont!"
"Wenn die Frau zuviel liest, verliert sie sich in Büchern!"
"Eine Frau, die zuviel liest, ist nicht mehr zu kontrollieren!"

Halt stop.
Vorurteile bitte einmal aus.
Danke schön.

Denn in diesen kleinen aber feinen Buch geht es um Zitate rund ums Lesen. Keine Vorurteile, kein "Auf ein Podest heben", sondern lediglich wie, wann, warum und vor allem, wo Frau liest. Eine Sammlung aus der Geschichte der Schriftstellerinnen und auch Schriftsteller. Von Jane Austen über Virginia Woolf über Kurt Tucholsky über Karen Folwer bis hin zu Elke Heidenreich und Stefan Bollmann.
Mal witzig, mal nachdenklich, mal bissig und auch mal süffisant - ich denke, jeder kann hier sein Lieblingszitat zum Thema Lesen finden.
Untermalt werden die Zitate oftmals durch zeitgenössische Fotografien und es ist schon wirklich erstaunlich in welchen Situationen Frauen auch noch lesen können sollen (Multitasking lebe hoch... Also ich kann das nicht 😏).
Ein schön aufgemachtes Buch, dass die Lust auf Zitate, Aphorismen und Sprüche macht und gleichzeitig ein Zeitzeugnis ist, wann und wie die Frauen in den letzten Jahren ihre Lesekultur entwickelt und auch verändert haben.

4 von 5 klugen Gedanken

Sonntag, 26. Dezember 2021

Anthony Trollope "Weihnachten auf Thompson Hall"


Dürfen wir schon wieder Essen reden? Oder nicht? Dann blättert bitte weiter und ignoriert diese Rezension. Für alle anderen:
Mr und Mrs Brown wollen nach Jahren der Zweisamkeit ein Weihnachtsfest auf Thompson Hall verbringen. Doch die Reise in den 1870er Jahren ist äußerst beschwerlich. Das Wetter ist schlecht, der Mann ist mies gelaunt und will eigentlich die ganze Zeit umkehren. Doch eine Übernachtung in Paris und das dort geschehene Malheur bringt die Reise fast ins Wanken. Dabei wollte Mrs Brown doch endlich den Verlobten ihrer Schwester kennenlernen... Kann das Schicksal denn so grausam sein?
Anthony Trollope fängt in dieser gerade einmal 100 Seiten langen Geschichte das Wesen der Briten ein. Eigentlich wollen sie niemandem zur Last fallen, eigentlich wollen sie für sich leben, eigentlich wollen sie sich nur auf sich selbst und ihre Wehwehchen konzentrieren und doch ist das berühmte Fettnäpfchen nicht weit und man muss beim Lesen immer wieder schmunzeln, denn wie man bekanntlich so schön sagt, "Ein Unglück kommt selten allein".
Mit einer wundervollen, erzählerischen Stimme nimmt uns Trollope mit auf eine Reise in eine andere Zeit, in der Etikette noch einen ganz anderen Maßstab hatte als heute und man nicht "mal" eben jemanden besuchen konnte. Der Wunsch an Weihnachten bei der Familie zu sein, hatte einen ganz anderen Stellenwert, wenn die Anreise nicht mal eben mit dem eigenen Auto zu bewältigen war und dann durch das Schicksal oder eine Misslichkeit aufgehalten zu werden, hatte eine ganz andere Tragweite.
Ein Kleinod englischer Schreibkunst, auch ohne Weihnachtsbraten zu genießen.
Erwähnt sei noch, dass die Ausgaben des Insel-Verlages selbst ein Kleinod sind. Sowohl das Cover als die Illustrationen sind farblich, thematisch und zeitlich perfekt auf den Text abgestimmt und umgarnen das perfekte Leseerlebnis.

5 von 5 Kutschen 

Nicholas Blake "Das Geheimnis des Schneemanns"


Wie falsch es sein kann die Geister anzurufen, muss Nigel Strangeways aus nächster Nähe miterleben. Eigentlich waren er und seine Frau von ihrer Cousine nur gebeten worden, sich die obskuren Umstände auf Easterham Manor genauer zu betrachten, doch in Folge einer Geisterbeschwörung gibt es am nächsten Morgen eine Tote zu vermelden. Das ganze Haus ist in Aufruhr, denn der Raum ist von außen verschlossen und das Fenster verriegelt. Doch es ist alles nicht so wie scheint. Denn Erpressung, Geldnot, Hass, Ekel, Mitleid und sogar auch Liebe können die Grundlage für dieses perfide Verbrechen sein. Tage vergehen und irgendwie scheint jeder einmal aus den hanebüchensten Gründen der Täter sein zu können und doch liegt die Lösung so fern ab. 
Nicholas Blake, eigentlich Cecil Day-Lewis, schrieb seine Kriminalromane um Nigel Strangeways in der Zeit, in der viele Autoren sich berufen fühlten, Kriminalromane zu schreiben. Sicherlich geht sein Ermittler nicht dilettantisch vor, wie die meisten anderen Detektive oder Privatermittler, aber auch er hat seine eigene Schwächen, zu denen er allerdings charmanterweise auch steht. Allerdings zeichnet sich dieser Kriminalroman durch eine sehr viel psychologischere Note aus, als die meisten anderen Kriminalromane, die ich bisher gelesen habe.
Hin und her, her und hin... Mal schwankt der Leser in die eine, dann in die andere Richtung, Nicholas Blake schafft es immer wieder den Geist des Lesers zu verwirren und ihn, wenn man gerade meint, des Rätsels Lösung gefunden zu haben, in eine andere Richtung zu treiben. Ein Kriminalroman mit Finesse und einer Hintersinnigkeit, wie ich ihn selten gelesen. 

5 von 5 Schneemännern

Samstag, 25. Dezember 2021

Agatha Christie "Es begab sich aber..."

Agatha Christie ist vielen von euch als Krimi-Schriftstellerin, wenn nicht sogar als Lady of Crime, bekannt. Doch sie kann auch anders, wie dieser kleine schmale Band beweist. Fünf kurze Geschichten zum Thema Maria, Johannes, Jesus, dem wohlbekannten Esel und auch zwei neuere Adaptionen beweisen dem Leser, dass Agatha Christie auch andere Geschichten schreiben kann, als den Leser auf Verbrecherjagd zu schicken. Auf gut 100 Seiten wird der Leser in fünf verschiedene Geschichten entführt, die alle miteinander haben, dass sie über Nächstenliebe, Güte und Menschenverständnis handeln.
Agatha Christie zeigt auch in diesen so ganz anderen Geschichten, dass sie eins kann, die Menschen in ihrer Umgebung einschätzen und beurteilen. Sie erkennt ihre Sorgen, ihre Nöte und ihre Wünsche.
Jede Geschichte ist so ganz anders als die andere und es ist spannend, Agatha Christie zu dieser Jahreszeit so neu zu erleben.
Für alle Agatha Christie Kenner eine Leseempfehlung und ein Buch für alle, die die menschliche Natur weiter erforschen wollen.

4 von 5 Eseln

Freitag, 24. Dezember 2021

Charles Dickens "Eine Weihnachtsgeschichte in 24 Kapiteln"

Die Geschichte von Scrooge und seinem Hass auf Weihnachten dürfte den meisten im Laufe der Jahre schon einmal untergekommen sein:
Nachdem sein Geschäftspartner Marley verstorben ist, führt Scrooge die Geschäfte allein weiter. Schon von je her auf das Geld bedacht, wird es in den Jahren nach Marleys Tod immer schlimmer mit seiner Verdrossenheit und eines Tages, genauer gesagt, einen Tag vor Weihnachten, erscheint Marley Scrooge als Geist mit der Aufgabe ihn zu läutern und ihm seine Mitmenschen näher zu bringen. Ein Unterfangen, welches drei Geister benötigt, um Scrooge in seinen Grundfesten zu erschüttern und ihn zum Nachdenken anzuregen.
Diese Geschichte ist einer meiner liebsten. Ich besitze inzwischen mehrere Ausgaben und jedes Jahr zu Weihnachten lese ich eine andere Ausgabe.
Die diesjährige gleicht einem Adventskalender, da die Geschichte in 24 Kapitel eingeteilt und in kleine Heftchen aufgeteilt ist. Mit kleinen Illustrationen bietet diese Ausgabe auch etwas fürs Auge.
Was mich jedes Jahr von neuem erstaunt, ist die Tatsache, dass jede Ausgabe anders ist. Dabei meine ich nicht nur die Optik, sondern erstaunlicherweise auch den Inhalt. Versteht mich nicht falsch, ich besitze auch Kinderausgaben und Comicadaptionen, dass diese im Inhalt sparsamer sein müssen ist klar, aber auch die geschriebenen Fassungen weichen voneinander ab. Teilweise fehlen ganze Szenen, teilweise aber auch nur einzelne Sätze oder Randfiguren.
Was ich sagen will, manchmal macht es Sinn ein Buch mehrfach zu besitzen und manchmal ist das Lesen eines Lieblingsbuchs als Tradition auch mit Überraschungen verbunden, wenn man sich mehrere Ausgaben hiervon anschafft.

5 von 5 Humbug

Donnerstag, 23. Dezember 2021

Selina Schuster "Absinthe"


Noël weiß nicht mehr weiter. Seit Monaten bringt er nichts mehr auf die Leinwand. Der Kopf ist wie leer gefegt und es wollen ihm keine neuen Ideen kommen. Ein Armutszeugnis in der Zeit der Belle Époque und an einem Ort wie Montmartre. Sein Freund Henri Toulouse-Lautrec kann es eines Abends nicht mehr mit ihm aushalten und zerrt ihn gegen seinen Willen ins Moulin Rouge. Neue Eindrücke müssen in Henris Augen auch zu neuen Ideen führen. Doch ob diese Ideen, die richtigen sind, wird sich noch zeigen.
Auf gut 200 Seiten entführt Selina Schuster den Leser auf genau zwei Reisen. Einmal in die Vergangenheit, in die Zeit der Belle Époque, der Cancan wird getanzt, die Malerei ist noch nicht digital, sondern stinkt noch Terpentin und Bleiweiß.
Auf der anderen Seite geht die Reise in die düsteren Gefilden des Geistes. Was passiert mit einem Menschen, wenn er seine eigenen Erwartungen nicht erfüllen kann? Wie versucht er dies zu bewältigen, zu überwinden oder scheitert er gar daran?
An der Hand der historischen Figur Toulouse-Lautrec wird der Leser eingeführt in eine Welt voller Reize, voller Potenziale, voller Möglichkeiten, die einfach nur ergriffen werden müssen. So scheint es zumindest. Doch was, wenn man sich selbst im Weg steht, wenn man Hilfe braucht? Wenn man allein den Druck und die Untätigkeit nicht mehr aushalten kann?
Düster geht es zu, wenn Noël sich selbst nicht ertragen kann, düster geht es zu, wenn er meint, ein Ventil gefunden zu haben. 
Warnungen werden in den Wind gestoßen, Grenzen werden überschritten, unsägliche, auch körperliche Qualen muss der Protagonist erleiden, bis alles in einen Rausch übergeht... 
"Absinthe" ist zwiegespalten. Die Kunst auf der einen Seite, der Verstand des Protagonisten auf der anderen Seite.
Ein Buch, welches aufrührt, den Leser wachrüttelt und die Scheuklappen wegnimmt über eine Zeit, die nicht für alle rosig war.

4 von 5 Leinwänden

Mittwoch, 22. Dezember 2021

Anthony Horowitz "Ein perfider Plan - Hawthorne ermittelt 1"


Als Leser ist man geneigt zu sagen, dass man schon alles einmal gelesen hat. Doch ist dem wirklich so? Der Auftakt zu einer neuen Krimiserie lässt den Liebhaber von klassischen Detektivgeschichten seine Aussage doch noch einmal überdenken... Denn...
Eine Frau kommt zu einem Bestattungsinstitut und will ihre eigene Beerdigung planen. Sie hat alles durchdacht, sie hat auf alles eine Antwort und wenige Stunden später... ist sie tot.
Soweit so klar, doch es tun sich Ungereimtheiten auf, mit denen sich die Polizei nicht befassen kann und der freie Ermittler Hawthorne wird hinzugezogen. Doch da dieser seine Ermittlungen nicht alleine durchführen will, holt er den Autor Anthony Horowitz ins Boot...
Ist es euch aufgefallen?
Anthony Horowitz spielt im Buch selbst eine Rolle, wenn das nicht mal ausgefallen ist. Es sei zudem gesagt, dass ist nicht das einzige, was in diesem Buch "neu" in der Kriminalliteratur ist.
Flüssig zu lesen, mit Liebe zum Detail und einigen doch wirklich herzhaften Lacher, ist "Ein perfider Plan" eine moderne Form des klassischen Detektivromans.
Übernommen hat Anthony Horowitz das Element von zwei Ermittlern, einer polizeilich versiert, der andere eine "Hilfskraft", den Aufbau des Falles und die zwischenmenschlichen Aspekte. Wer bereits Sherlock Holmes oder Hercule Poirot gelesen hat, wird viele Andeutungen an diese klassischen Detektivgeschichten finden.
Neu sind die Zeit, die Erzählperspektive und einige andere Kleinigkeiten, alles sollte in einer Rezension schließlich nicht verraten werden.
Ein Buch, für klassische Detektivromanleser, für experimentelle Leser und für Leser, die sich für den Entstehungsproxess hinter einem Buch interessieren.

4,5 von 5 Telefonzellen

Dienstag, 21. Dezember 2021

Agatha Christie "Die Mausefalle"


"Drei blinde Mäuse,
  drei blinde Mäuse,
  Ha, wie sie rennen!
  Ha, wie sie rennen!"

Wie könnte eine Geschichte mit dem Titel "Die Mausefalle" anders beginnen, als mit einem alten, englischen Kinderreim?
Die Geschichte, die sich auf gerade einmal 126 Seiten zuträgt, ist schnell umrissen. Molly und Giles Davis haben gerade ihre Pension im Monkswell Manor eröffnet, als ein schwerer Schneesturm durch die Lande zieht und den ersten drei Gästen die Anreise doch sehr beschwerlich macht. Während der Vorbereitungen hört Molly, dass eine Frau in der Culver Street umgebracht wurde und der Mörder auf der Flucht ist. 
Nach und nach treffen die Gäste ein und die Radiodurchsage ist schon vergessen, als ein Polizist sein Kommen ankündigt. Alle Personen in Monkswell Manor sind in Gefahr, denn der Mörder hat eine entsprechende Warnung hinterlassen. 
Der Schnee fällt und fällt und fällt und plötzlich ist das Telefon.... tot.
Ja! Kurz und knackig, ja! Bei dieser Geschichte handelt es sich um das bekannte Theaterstück, dass seit 1952 bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie über 28.000 Mal aufgeführt wurde. Der kurze Whodunit, der auf Wunsch von Queen Mary 1948 zu ihren 80. Geburtstag konzipiert wurde, erfreut sich bis heute einer großen Beliebtheit.
Es handelt sich hierbei weder um einen Fall von Hercule Poirot noch um einen Fall von Jane Marple, sondern das Theaterstück kommt ohne einen festen Detektiv aus. Für die Buchform wurde das Theaterstück angepasst, sodass der Leser einen reinen Text und kein Theaterskript liest, was für mich den Lesefluss sehr erleichert.
Der Kriminalfall ist gut durchdacht und wie bei Agatha Christie üblich, ist man als Leser immer auf der Suche danach, welcher der ganzen Verdächtigten letztlich der Mörder gewesen sein soll.
Durch Schnee und Eis wird die Geschichte zusätzlich zu dem Whodunit auch noch zu einem locked-in-mystery. 
Ein Lesevergnügen für die kleinen grauen Zellen.

4,5 von 5 Mäusen

Montag, 20. Dezember 2021

Jenny Fagerlund "24 gute Taten"

2 Jahre...
Seit 2 Jahren steht die Welt für Emma still. Seitdem Niklas gestorben ist, lebt sie nicht mehr. Sie existiert lediglich noch. Die Nähe von Menschen und speziell die ihrer Familie und Freunde kann sie kaum aushalten. Alle drängen sie weiterzuleben, aber wie sollte sie das können mit dieser Schuld im Nacken? Wie soll sie nur vergessen, was vor zwei Jahren geschah?
Ende November kommt allerdings so eins zum anderen. Ein älterer Mann fragt sie während eines Schneetreibens in den Stockholmer Straßen nach dem Weg und ein junger Mann fährt sich mit seinem Auto vor ihrem Laden fest.
Eine Idee entsteht in Emmas Kopf, anstatt sich, wie es sich ihre Schwester wünscht, ein Hobby zu suchen, will sie die Zeit bis Weihnachten dafür nutzen 24 gute Taten zu vollbringen, um anderen Menschen den Tag zu versüßen.
Dass sie dadurch auf den Hund kommt, sie ihren Laden auf links drehen muss und sich plötzlich in einer Kirche wiederfindet, stand anfangs nicht so auf der Agenda, aber sie tut alles, um den Menschen in ihrem Umfeld etwas Gutes zu tun und vielleicht damit auch sich selbst.
Romane und im speziellen Liebesromane sind nicht so meins. Alles ist wirkt übertrieben, alles scheint vorhersehbar und hinterher sind alle glücklich und zufrieden. Nun, als Realist ist es für mich schwer mit solchen Büchern umzugehen.
Umso mehr hat mich dieses Buch erstaunt, die Feinheit mit der Emma gezeichnet ist, ihre Qualen und ihre Selbstzweifel, andererseits diese Zerrissenheit und der plötzliche Umschwung haben mich beim Lesen beeindruckt und gleichzeitig mitfiebern lassen. Wird sie es schaffen, sich von ihren Dämonen zu lösen oder ist es genau dieses Mal anders?
Viele kleine Geschichten und Schicksale werden in diesem Buch verwoben, das die eine oder andere Überraschung bereit hält. Beim Lesen muss man das eine oder andere Mal schlucken, denn ich würde meinen, jeder Leser findet einen Charakter, mit dem er sich identifizieren kann.
Eine Geschichte für alle, die auf ein Weihnachtswunder hoffen, die ein bißchen Trost benötigen und die einen Anschubser brauchen, um ihre Dämonen verblassen zu lassen.

5 von 5 guten Taten

Sonntag, 19. Dezember 2021

Charles M. Schulz "The Peanuts Guide to Christmas"


Jeder kennt die Comics von Charles M. Schulz. Charlie Brown, sein Hund Snoopy und der kleine Vogel Woodstock sind jedem Comicleser im Laufe der letzten Jahrzehnte untergekommen. Dabei wechselt immer wieder die Aufmachung und die Zusammenstellung der jeweiligen Comics. Mal sind sie nach den Schaffensperioden sortiert, mal liegt der Schwerpunkt auf einzelnen Figuren.
Die Reihe der Canongate Books Ltd greift sich noch einen anderen Aspekt heraus. Sie stellt auf 80 Seiten die Comicstrips thematisch zusammen. Nachdem ich bereits die Ausgaben "The Peanuts Guide to Happiness" und "The Philosophy of Snoopy" gelesen hatte, musste "The Peanuts Guide to Christmas" unerwarteter, aber umso erfreuter Weise beim letzten Buchshopping mit.
Passend zur Weihnachtszeit ist das Buch durchgängig in grün gehalten, was eine Besonderheit dieser Ausgaben ist.
Charlie Brown und Sally schreiben Weihnachtspost, Snoopy bekommt Weihnachtsgeschenke und sitzt wieder an seiner berühmten Schreibmaschine um "It was a dark and stormy night" in der Weihachtsedition zu verfassen, Schröder versucht sein Klavierspiel in weihnachtliche Rhythmen überzuleiten, allerdings lenkt Lucy ihn immer wieder ab. 
Sicherlich könnte man die Geschichten als Gesamtwerk kaufen, aber gerade die thematische Unterteilung hat für mich einen besonderen Reiz und da man über Geld bei schönen Bücher ja eh nicht spricht und über was logisch wäre, auch eher nicht, werde ich mich eher auf die Suche nach diesen schönen "Guides" machen, als einmal die Gesamtausgabe zu kaufen.

5 von 5 Guides

Samstag, 18. Dezember 2021

Matthew Costello "Mydworth - Bei Ankunft Mord"

Nach Jahren im Ausland hatte sich Lord Mortimer die Heimkehr nach England so schön vorgestellt. Frisch angetraut mit der Amerikanerin Kat Reilly wollte er gemütlich über die Straßen Südengland zu seinem Heimatsitz fahren, ihr die wundervolle Landschaft zeigen und bei einem gemütlichen Abendessen den ersten Tag in England ruhig ausklingen lassen. Die Jahre beim Geheimdienst sind vorbei und die beiden haben ein wenig Ruhe und Zweisamkeit verdient. Doch schon als das Schiff aus Frankreich anlegt, steht ein Wagen bereit, welcher Lord Mortimer abholen und zum Außenministerium bringen soll. Eine dringende Staatsangelegenheit.
Und Kat? Sie macht sich allein auf den Weg nach Mydworth, zu diesem Zeitpunkt noch unwissend, dass die Aufregung in ihrem Leben noch längst nicht vorbei ist, denn als sie aus der Not heraus zu Lord Mortimers Tante geht, wird auf sie geschossen...
"Bei Ankunft Mord" ist der Auftakt zu einer Serie von Kurzkrimis. Angesiedelt in den 1920er Jahren in England sind die Kurzkrimis mit knapp 200 Seiten ein perfektes Lesevergnügen für zwischendurch. Die Fälle, die alle in und um Mydworth spielen, sind geprägt durch ein geringes Gewaltpotential. Sicherlich geht es um Mord oder auch Diebstahl, aber im Vordergrund steht das Landleben und die gesellschaftlichen Beziehungen in Mydworth. Die obsukuren Todesfälle erinnern zeitweilig ein bißchen an die TV-Serie "Inspektor Barnaby", aber mir gefällt diese Serie gut, da trotz der Morde auch Szenen zum Schmunzeln eingebaut sind. Wer auf der Suche nach einer charmanten Krimiserie ist, sollte sich diese Reihe einmal genauer ansehen.

4 von 5 Landsitzen

Freitag, 17. Dezember 2021

Jodi Taylor "Doktor Maxwells winterliches Zeitgeschenk"

Eigentlich sollte es ein gemütliches Abendessen in St. Mary's werden, doch am Abend vor dem weihnachtlichen Essen, sieht sich Dr. Maxwell einer Zukunft gegenüber, der sie so gar nichts abgewinnen kann. Natürlich ist der Einsatz nicht genehmigt, aber manchmal sind andere Dinge wichtiger und so springen sie, Peterson und Markham in die Zeit von Boudicca, genauer gesagt, zu dem Tag, an dem sie Colchester angreift, um zwei verlorene Historiker zurückzuholen.
Eine einfache Übung ist dies allerdings nicht, denn man bedenke, wie sich Historiker verhalten, wenn sie bei einem geschichtlich wichtigen Ereignis dabei sein können. Nicht umsonst begleitet sie bei jedem Sprung die Sicherheitsabteilung.
Mit einer Melange aus Fantastik und geschichtlichen Fakten mischt die Autorin auch in dieser Kurzgeschichte eine Handlung, die den Leser zum einen in seinen Bann schlägt und die ihn andererseits schmunzeln lässt. Denn es scheint so, als ob es leichter sei einen Sack Flöhe zu hüten, als durch Raum und Zeit zu reisen.
Wie schon in den beiden vorigen Kurzgeschichten wechseln sich Witz und Wissen ab und als Leser schmunzelt man wiederholt bei der Lektüre. Die Autorin schafft es einfach zu gut, die Stimmung in den Geschichten an den Leser weiterzugeben, sodass man sich als Leser mittendrin fühlt. Man kann Geschichte und Emotionen gerade zu spüren und will mehr über Max und ihr Team erfahren.
Mit gerade einmal 94 Seiten ist auch diese Kurzgeschichte dafür geeignet, sie sich an einem gemütlichen Nachmittag auf der Couch zu genehmigen und in die Welt der Feldforschung der Geschichte einzutauchen.
Im neuen Jahr werde ich den ersten Band der Reihe lesen und schauen, ob die Bücher mir genauso gut gefallen, wie die dazugehörigen Kurzgeschichten.

4 von 5 Zeitreisen

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Dan Adams "Three Oaks - Cahills Männer"

Colorado, Winter 1879.
Ein letztes Mal geht der Vorhang hoch, ein letztes Mal lassen wir den Blick über Three Oaks schweifen. Wer wird überleben? Wessen Leben wird sich für immer verändern? Wer wird sein Ziel erreichen?
Sowohl für Allan als auch für Catherine sieht es nicht allzu rosig aus. Beide werden aus den unterschiedlichsten Gründen verfolgt und es scheint nicht so, als ob sich der jeweilige Wunsch von einem der beiden erfüllen würde. Oder doch?
Ein großer Showdown erwartet den Leser in diesem letzten Band und man hastet durch die Seiten. Wer wird sich mit dem wem verbünden und wird es auf alle Fragen eine Antwort geben?

Sprachlich und kulturell rau und derb, erzählt Dan Adams eine Geschichte, wie sie im Amerika nach dem ersten Goldrausch hätte passieren können. Kleine Orte am Rand der Goldminen kamen herunter und die Lebensbedingungen, nun ja, entweder hatte man keine Arbeit, war eine Hure oder man besoff sich. Kein Leben, das man sich wünschen würde, doch man würde es immer noch dem Tod vorziehen. Auf knapp hundert Seiten führt uns Dan Adams ein letztes Mal durch eine vergangene Welt, die ihre eigenen Probleme hatte und die weit rudimentärer waren als unsere heutigen.
Schnelle Szenenwechsel, angepasste Sprache und Verhaltensweisen ließen den Leser eintauchen in die Welt von Three Oaks und erfahren, was es hieß, ein Gesetzloser, eine Frau oder ein Bandit zu sein.

4 von 5 Oaks

Andreas Suchanek "Flüsterwald - Der Weihnachtsmenok"

Schokolade...
Schokolade...
Nichts wünscht sich Rani vom Weihnachtsmenok mehr.
Schokolade...
Beim letzten Weihnachten ist Rani zu kurz gekommen, da sich seine Geschwister schneller über die Schokolade hermachten, als dass er etwas davon vertilgen konnte. Also nicht lange gefackelt, hat er für dieses Weihnachten einen Plan ersonnen, wie er seinen Geschwistern zuvorkommen kann.
Der gesamte Flüsterwald steht unter seiner Beobachtung und er wird nicht ruhen, bevor er nicht mit dem Weihnachtsmenok gesprochen hat, ob andere Flüsterwälder darunter zu leiden haben oder nicht, ist ihm egal.
Er will Schokolade...
Natürlich können seine Freunde das nicht zulassen und so begeben sie sich in den weihnachtlichen Flüsterwald und wir Leser erfahren nebenbei, wie die verschiedenen Völker des Flüsterwaldes Weihnachten feiern. 
Mit 50 Seiten ist dies eine charmante Kurzgeschichte für den Heiligabend.

5 von 5 Folianten

Mittwoch, 15. Dezember 2021

L. Frank Baum "Die abenteuerliche Geschichte des Weihnachtsmannes"

Sicherlich ist L. Frank Baum für "Der Zauberer von Oz" bekannter, aber er hat sich auch mit der Geschichte des Weihnachtsmanns beschäftigt, welche sich gerade zur Weihnachtszeit wie ein Märchen liest. 
Ein kleiner Junge, ausgesetzt am Waldesrand von Burzee, dem Schicksal oder eher dem Tod überlassen, wird von der Nymphe Necile gefunden und an Kindes statt von ihr und den anderen Bewohnern des Waldes aufgezogen. Das Kind erhält der Namen "Claus" oder vielmehr "Neclaus", da er der "Kleine von Necile" ist und die Bewohner des Waldes keine Namen für Menschen haben.
Wie Mogli im Dschungelbuch wächst Claus im Wald zu einem Mann heran und geht eines Tages mit dem Großen Ak auf eine Reise zu den Menschen, vornehmlich um Seinesgleichen zu sehen und doch findet er dort seine Bestimmung. Die Kinder werden zu dieser Zeit von den Eltern ignoriert und Claus beschließt, sie mit selbstgemachtem Spielzeug zu erfreuen. Damit er den ganzen Tag schnitzen kann und sich um nichts anderes kümmern muss, darf er den Wald verlassen und sich im lachenden Tal hinterlassen, wo alle Geschöpfe des Waldes ihren Teil dazu beitragen, dass er Kleidung, ein Dach über dem Kopf und zu essen hat.
Doch ist dies schon der Weihnachtsmann? Oder ist dies lediglich der Beginn von etwas ganz Großem?
Ist dies ein Märchen oder eine fantastische Welt, in der sich Jahre später Autoren wie Tolkien oder Lewis wiederfinden? Muss man dies so genau festlegen? Oder kann man diese kleine Geschichte einfach nur genießen?
Denn sie beinhaltet alles, was die großen Geschichten ausmacht:
Kampf zwischen Gut und Böse
Ein Einsiedler wird zum Weltenretter
Fabelhafte Wesen und Menschen können im Einklang leben
Grenzen von Raum und Zeit werden übertreten
Tiere können sprechen
usw...
Auf jedes Geheimnis, was den Weihnachtsmann umweht, hat dieses kleine Buch eine Antwort. Vieles von der Pracht des Weihnachtsmannes würde anhand der nüchternen Erklärungen die Faszinationen zunichte, ja wenn... ja wenn dies nicht eine Geschichte wäre und keine Gebrauchsanweisung zur Erläuterung von Unerklärlichem.

5 von 5 Santas

P.S. wenn ihr dem Weihnachtsmann dieses Jahr folgen wollt, schaut doch mal hier vorbei:
santatracker.google.com

Jodi Taylor "Doktor Maxwells römischer Zeiturlaub"


Eigentlich war die Aufgabe klar, nach Rom reisen, die Stimmung vor den Iden des März studieren, um zu verstehen, warum Cäsar getötet wurde und wieder zurückkehren.
Doch warum finden sich Max und ihr Team auf einmal im Haus Cäsars wieder, zumal zu dem Zeitpunkt als Kleopatra ihm einen Besuch abstattet und Cäsars Frau einen Empfang für die beiden geben muss? 
Irgendwie ist da wieder etwas gewaltig schief gelaufen und das Team von Max sieht sich auf einmal einem Mordkomplott gegenüber. Ist dies wirklich Geschichte oder haben sie diese Änderung der Zeit mit ihrem Auftreten fociert?
Am besten schnellstmöglich wieder zurück in die eigene Zeit, nur ist dies schwierig zu bewerkstelligen, wenn man sich der Legion von Cäsar gegenüber sieht.
Wie schon die erste Kurzgeschichte zeigt auch die zweite Kurzepisode auf, wie schnell Zeitreisen dazuführen kann, dass sich gravierende Veränderungen in der Zeit ergeben. Sind manche Begebenheiten nicht überliefert oder ist wirklich so, dass sich die Vergangenheit durch ein Individuum so schnell verändern lässt, wenn sich die Chance bietet?
Auch die zweite short story fährt mit Witz und Charme auf und man mag es kaum glauben, dass so viele gelehrte Personen es schaffen, sich binnen kurzem in ein solches Chaos zu manövrieren, wie es Max und ihre Kollegen tun.
Eine Geschichte zum Schmunzeln perfekt für Zwischendurch.

4 von 5 Zeitreisen

Dienstag, 14. Dezember 2021

Grant Snider "Dein Bücherregal verrät dich"

Bücherwürmer sind schon ein ganz besonderer Schlag Mensch. Oft die Nase zwischen die Seiten eines Buches gesteckt oder neumodisch vor einem stylischen Reader sitzend, tauchen diese Gattung Menschen ein in fremde Welten und Zeiten und lassen gerne die Realität beiseite liegen.
Viele Dinge gelten für alle Bücherwürmer, manche sind genreabhängig oder gar doch noch ein wenig von der Persönlichkeit des Bücherwurms abhängig. Aber in vielen Dingen gleichen sie sich und daher kann man sie so wunderbar illustrativ festhalten.
Doch nicht nur der klassische Bücherwurm mit seinem schier unendlichen Lesestoff findet Einzug in Grant Sniders Comic strips, auch die Schöpfer der Geschichten gesellen sich in dieses Werk. Seien es die berühmten Selbstzweifel, welche auf die Schippe genommen werden oder die Frage, wann man ein angehender oder wann man ein wirklicher Autor ist, ob man für sich oder sein Publikum schreibt; es gibt diverse Möglichkeiten.
Man blättert durch das gesamte Buch mit einem Grinsen und Augenzwinkern, da einem viele Situationen sehr bekannt vorkommen oder man zumindest einen kennt, der einen kennt, der genauso ist. 
Ein Buch, was dem Leser vor Augen führt, das Lesen zwar meist eine einsame Angelegenheit ist, aber man mit seinem Hobby nicht allein ist. Man muss nur die richtigen Menschen treffen. Also Augen auf und die Leute ansprechen, die das Buch ebenfalls kaufen. Vielleicht findet ihr so einen Buddyread. 😏
Die Illustrationen wechseln im Buch zwischen ganzseitigen Bilder und den berühmten Comic strips, je nachdem was der Zeichner wie zu einem Thema ausdrücken möchte.
Ursprünglich sind seine Comics in der New York Times und im New Yorker erschienen und wurden ebenfalls in der Anthologie der besten amerikanischen Comics 2013 abgebildet. Wenn also nicht schon vorher schon Grund genug bestand, dieses Kleinod käuflich zu erwerben, sollte dies spätestens jetzt unstrittig sein. 

5 von 5 Bücherregalen

Andreas Suchanek "Flüsterwald - Durch das Portal der Zeit"

Nach bereits zwei überstandenen Abenteuern sollte man meinen, dass Lukas so schnell nichts mehr verwundern kann und doch verschlägt es ihm im dritten Teil oftmals die Sprache. Denn auch wenn er den Flüsterwald schon bereist hat und um die dunklen Mächte im Hintergrund weiß, ist es etwas ganz anderes, wenn man mit dem Bösen und seinen Folgen direkt konfrontiert wird. 
Um die Gegenwart zu ändern, reisen er, Ella, Felicitas, Punchy und Rani in die 1980er Jahre zurück, damit sie manche Ereignisse beeinflussen, wenn nicht sogar sie verändern können.
Doch die Zeit gehorcht ihren eigenen Gesetzen und somit nutzen viel Planung und Vorbereitung nichts, wenn Rani im falschen Moment wieder seinen Spieltrieb ausleben will und damit das wichtigste Zeitreise-Element kaputt geht. Denn niemals darf man mit Personen, die man erst in der Zukunft kennenlernt, in der Vergangenheit kommunizieren und ihnen gar anvertrauen, wer man ist, denn dies könnte die Zeit in ihren Fugen verändern. Zum Guten? Zum Schlechten? Man sollte lieber nichts riskieren, denn eins ist gewiss, es würde alles anders.
Der dritte Band ist der bisher düsterste Band aus dem Flüsterwald. Dunkle Mächte, dunkle Jahre, man will einfach helfen und darf es nicht, denn man weiß ja, das alles gut wird. Soweit zumindest. Aber wenn man mittendrin ist, die guter Rat teuer und man kann sich auch nicht immer zusammenreißen, gerade wenn es um Familienbande geht.
Lukas, Ella, Felicitas, Punchy und Rani müssen in diesem Band viel riskieren, um das Böse in der Zukunft einzudämmen und doch scheint es zwischenzeitlich so, als wenn sich alles gegen sie verschworen hätte. Denn am Ende des Bandes stehen sie vor noch größeren Herausforderungen als zu Beginn, doch haben sie auch in diesem Band wieder gemerkt, zusammen kann man fast alles schaffen.

4,5 von 5 Folianten 

Montag, 13. Dezember 2021

Jodi Taylor "Doktor Maxwells weihnachtliche Zeitpanne"

Das Wichtigste am Zeitreisen ist, dass grundsätzliche Begebenheiten nicht verändern werden dürfen, da sich sonst die Zukunft ändert. Soweit so klar für Max, aber wenn man einem Menschen in Not begegnet, kann man ihn doch nicht hilflos zurücklassen, oder?
Gut, dass sie diese Reisen als Leiterin anführt und sie selbst entscheiden kann, auch wenn sie sich dafür später vor ihrem Chef dafür rechtfertigen muss.
Denn schnell wird aus dem verletzten Holzfäller eine ganze Familie, der es zu helfen gilt, sodass sie die Krönung 1066 verpassen, aber letztlich war es ja nicht ihre Schuld. Wenn der Kollege besser gezielt hätte, wären sie nicht auf dem Hügel ausgekommen und somit auch nicht in der Situation gelandet. Doch was sich daraus ergibt, lest es selbst.
Mit 32 Seiten ist die erste E-Book short story mit den Charakteren um die zeitreisende Madeleine "Max" Maxwell eine kleines Lesevergnügen für zwischendurch. Witzigerweise bin ich an die Serie geraten, weil ich mich mit einem anderen Leser über Fantasie-Reihen unterhalten habe und wir mit zwei Serien aneinander vorbeigeredet haben, so kommt man anscheinend an guten Lesestoff. 
Die short story habe ich gelesen, ohne einen der anderen Bände zu kenne und ich muss sagen, man kommt recht gut in das Universum von Max hinein. Auch ohne Vorwissen sind die Dialoge pfiffig, man liest einige nette Andeutungen, wann Zeit hätte berichtigt werden können und alle Charaktere machen in der Kürze einen guten Eindruck auf den Leser.
Neben dieser gibt es bereits zwei weitere short stories und ich bin gespannt, ob sie mich auch so zum Schmunzeln bringen, dass ich mir vielleicht doch noch überlege eine weitere Fantasyreihe anzufangen.

4,5 von 5 Zeitreisen

Dan Adams "Three Oaks - Verfluchte Iren"


Colorado, Winter 1879.
Nicht dass Jordan es nicht auch allein schaffen würde mit seinen Kumpanen Three Oaks auf links zu drehen, aber als sein Bruder Travis nach langer Suche mit seinem Gefolge einfällt, erreicht das Ausmaß von Bösartigkeit eine neue Dimension. Nicht, dass Jordan vorher zimperlich gewesen wäre, das definitiv nicht, aber Travis hat keine Skrupel. So gar keine. 
Zwischen die Fronten geraten mal wieder die Iren bei der Archer Mine. Denn auch wenn es immer mal wieder Zweifel gibt, ob es wirklich die Iren sind oder ob es Sykes ist, der Anschläge auf die Gemeinschaft verübt, zu sehr sind die Fronten verhärtet, als dass man sich zusammen an einen Tisch setzen könnte. Als O'Greer nur knapp einem Attentat entgeht, scheint es, als ob nichts mehr helfen könnte, um sie Belegschaft der Archer-Mine zusammenzuführen, doch da verschwindet auf einmal Sykes.

Sprachlich und kulturell rau und derb, erzählt Dan Adams eine Geschichte, wie sie im Amerika nach dem ersten Goldrausch hätte passieren können. Kleine Orte am Rand der Goldminen kamen herunter und die Lebensbedingungen, nun ja, entweder hatte man keine Arbeit, war eine Hure oder man besoff sich. Kein Leben ,das man sich wünschen würde, doch man würde es immer noch dem Tod vorziehen. Auf knapp hundert Seiten führt uns Dan Adams in eine vergangene Welt ein, die ihre eigenen Probleme hatte und die weit rudimentärer waren als unsere heutigen.
Schnelle Szenenwechsel, angepasste Sprache und Verhaltensweisen lassen den Leser in die Welt von Three Oaks eintauchen und dies ist erst der Anfang.

4 von 5 Oaks

Mittwoch, 8. Dezember 2021

Jean-Yves Ferri "Asterix und der Greif"


Alle Jahre wieder.
Das gilt nicht nur für Weihnachten, sondern ebenfalls für die Erscheinungen eines neuen Asterix-Abenteuers.
Auch wenn Albert Uderzo und René Goscinny nicht mehr die Möglichkeit haben ihre Helden Asterix, Obelix und das gesamte kleine gallische Dorf in Abenteuer zu stürzen, hat Jean-Yves Ferri seinen Weg gefunden die klassischen Asterix-Comics in ein modernes Gewand zu hüllen. Kleine, feine gesellschaftliche Spitzen sind immer noch ein gern bewährtes Stilmittel (so gibt es in dieser Ausgabe einen Römer mit dem Namen FakeNews) und auch gesellschaftliche Probleme kommen auf die Kürze der Comics immer wieder einmal zur Sprache.
Im aktuellen Heft, wie immer 48 Seiten stark, ist es Cäsar mit seinen Gladiatoren und deren Kämpfe langweilig und so soll eine neue Attraktion her. Da trifft es sich gut, dass eine frische Gefangene aus dem Osten eingetroffen ist, deren Volk den "Greif" verehrt. Genau das Richtige für Cäsar und seine Spiele.
Unter der Leitung von Globulus wird eine Expedition gen Osten geschickt, um dieses seltene Tier für Cäsar zu organsieren.
Währenddessen sind auch schon Asterix, Obelix und Miraculix auf dem Weg gen Osten, denn der dortige Druide hat Miraculix via Traumsequenz um Hilfe gebeten.
Wer kommt zuerst im Osten an und braucht das Volk überhaupt die Hilfe der gallischen Krieger, wenn sie selber Amazonen als Kriegerinnen haben?
Ein kurzes Lesevergnügen für zwischendurch. Die bekannte Asterix-Qualität in Punkto Wortwitz, Zeichnungen und kleiner Wimmelbilder wird auch in diesem Band gehalten und Liebhaber der Serie werden nicht enttäuscht sein.

4 von 5 Galliern

Dienstag, 7. Dezember 2021

Dan Adams "Three Oaks - Goldgräber und Flussratten"


Colorado, Winter 1879.
Misstrauen und Lügen ziehen sich durch den vierten Band der Serie um Allan Kerrish und Catherine Archer. Allan Kerrish wird zum Camp in der Nähe der Archer-Mine gerufen, da Jones schwer verletzt wurde. Doch kaum kommt er dort an, gibt es eine Explosion in der Mine. Keiner will es gewesen sein. Wo vorher kein Vertrauen war, auch wenn man sich dort an der Mine schon lange kennt, ist jetzt der letzte Funken Hoffnung gestorben. Nach der Explosion kommt es zu einer Schlägerei, bei welcher selbst der Arzt nur mit Mühe und Not heil heraus kommt, nur um später von anderer Seite mit dem Tod bedroht zu werden.
Währenddessen versucht Catherine von ihrem Mann Abschied zu nehmen und sich zu ihren Recht zu verhelfen. Doch als plötzlich die Briefe verschwunden sind, sieht es nicht so als, als ob sie ihren Standpunkt beweisen kann.
Und die anderen? Die einen werden umgebracht, die anderen verletzt und wieder andere nehmen die Übriggebliebenen aus. Ein nahezu reizendes Dorf. 😉

Sprachlich und kulturell rau und derb, erzählt Dan Adams eine Geschichte, wie sie im Amerika nach dem ersten Goldrausch hätte passieren können. Kleine Orte am Rand der Goldminen kamen herunter und die Lebensbedingungen, nun ja, entweder hatte man keine Arbeit, war eine Hure oder man besoff sich. Kein Leben ,das man sich wünschen würde, doch man würde es immer noch dem Tod vorziehen. Auf knapp hundert Seiten führt uns Dan Adams in eine vergangene Welt ein, die ihre eigenen Probleme hatte und die weit rudimentärer waren als unsere heutigen.
Schnelle Szenenwechsel, angepasste Sprache und Verhaltensweisen lassen den Leser in die Welt von Three Oaks eintauchen und dies ist erst der Anfang.


4 von 5 Oaks

Montag, 6. Dezember 2021

Guillaume Perreault "Der Weltraumpostbote"


Manche Tage sind einfach zu abgewöhnen. So auch der Tag von Bob. Bob, der Weltraumpostbote, hat jeden Tag die gleiche Tour durchs All. Jeden Tag fliegt er seine eigene Route. Bis, ja bis zum heutigen Tag, an dem sein Chef ihn auf eine andere Reise schickt. Nie war er auf diesen Planeten gewesen und die Sendungen, die er dort hinbringt, sind von groß bis klein, von praktisch über zerbrechlich und doch zaubert er mit seinen Lieferungen jedem Empfänger ein Lächeln ins Gesicht. Nur er selbst ist betrübt, er will seine Routine, er will seine alte Tour zurück. Doch als die Tour sich dem Ende neigt, sieht er viele Dinge anders.
Ist es euch auch schon mal so ergangen, dass euch ein Buch "verfolgt" hat? Mir ging es mit diesem Comic auf der diesjährigen FBM so. Gefühlt überall, wo ich hinsah, lag dieser Comic mit seinem bunten, ansprechenden Cover und dem ungewöhnlichen Titel "Der Weltraumpostbote". Immer wieder dachte, ach, du hast schon genug Comics gelesen, aber was soll ich sagen, das Buch war beharrlich und im Nachhinein war es auch gut so.
Der Weltraumpostbote Bob ist eine wunderbare Geschichte über Menschen und ihre Gewohnheiten und wie schwer es uns fällt, Veränderungen als Chance zu sehen. Nein, keine Sorge allzu philosophisch ist das Buch nicht, aber mit jeder Seite erleben wir, wie Bob aus seinem alltäglichen Trott tritt und sich den Neuerungen Stück für Stück anpasst.
Sei es auf dem Hundeplaneten, wo er mit seinem Sandwich flüchtet, obwohl die Hunde nur das Paket wollen oder sei es zur Tee-Time bei einer reizenden alten Dame in der Stube.
Die Geschichte ist einfach nur herzlich und man erlebt mit Bob einen turbulenten Arbeitstag, nur um sich am Tagesende zu fragen, was ist besser? Routine? Oder doch Veränderungen?

5 von 5 Paketen

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Sven Haupt "Stille zwischen den Sternen"


Hast du dir des Nachts schon mal den Himmel betrachtet? Mit seinen abertausenden Sternen? Jeder Stern hat seine Geschichte. Seine Erlebnisse. Denn nicht nur er hat Entwicklungen durchlebt, er war auch von Ereignissen Zeuge. So könnte dir in der "Stille zwischen den Sternen" ein Stern begegnen, der dir die Geschichte von Hien Otis und Jane erzählen würde, wenn du ihn nett darum bittest.
Hien Otis ist ein Ausnahmetalent der zukünftigen Raumfahrt. Als erste soll sie zum ersten lebendigen Raumschiff werden. Ein glücklicher Zufall, denn den Menschen ist sie nicht so zugetan. Maschinen, Sterne, Stille, das ist viel mehr ihre Welt. So zögert sie nicht, als ihr das Angebot gemacht wird, was viele als unvorstellbar erachten würden. Ihr zur Seite gestellt wird die erfahrene Jane, die mit ihrer Liebe zu Wiener Kaffeehäusern und zur viktorianischen Zeit eine Bodenständigkeit in den Galaxiealltag bringt. Teezeit, zur Ruhe kommen, nicht immer nur höher, schneller, weiter.
Denn Hien muss trotz ihres brillanten Verstandes einsehen, dass sie mit ihren Ressourcen haushalten muss, auch sie ist nicht unsterblich oder vielleicht doch?
Als die beiden auf eine Mission an den Rand der Galaxis beordert werden, denkt man, dass es sich lediglich um eine weitere Überprüfung der Flotte handelt, doch schnell zeigt sich, dass hier ganz andere Machenschaften am Werk sind, die sowohl Hien als auch Jane trotz all ihres Wissens nicht voraussehen können.
Sven Haupt, der gerade den Deutschen Science-Fiction Preis gewonnen hat, legt mit seinem neuen 360-seitigen Buch, ein Werk vor, in dem man als Leser immer wieder durch Raum und Zeit verschoben wird.
Der Leser wird in den 60 Textfiles durch die Geschichte von Hien und durch die Mission geführt, doch beide Geschichten sind mehr als ein weiteres SciFi-Buch über die Entwicklung einer KI und das Entdecken ferner Galaxien. Einen großen Teil des Buches nimmt auch die Frage ein, was bedeutet es ein Mensch zu sein. Was macht uns aus? Wenn wir nicht in die Gesellschaft passen, ist das unsere individuelle Schuld oder die der Gesellschaft? Wonach sollen wir streben und was sollte unser individuelles Ziel neben jeglicher Optimierung sein?
Das Buch verfügt weiterhin über so viele Aspekte, dass man sie kaum alle aufzählen kann, aber es sei gesagt, man schmunzelt über Janes Humor, man leidet mit Hien und man versteht Wilson (zumindest wenn man Physiker oder Buchhalter ist). Und schließlich soll man ja auch nicht alles verraten, denn jeder Leser soll das Buch auch für sich selbst entdecken und erforschen.
Ein Buch, welches nachhallt, den Leser nachdenklich zurücklässt und ganz unbewusst den Blick zu den Sterne lenkt.

5 von 5 Galaxien