Montag, 30. Juni 2025

Thomas Harding "Die Einstein-Vendetta"

Nichts ist so schlimm wie die Wahrheit und doch wird gerade diese oft mit Füßen getreten. Bei diesem Buch handelt es sich, soweit möglich, um einen Tatsachenbericht. Keine Fiktion, keine Beschönigungen, alles Tatsachen.
Während Albert Einstein vor dem Zweiten Weltkrieg in die USA ausgewandert ist, blieb sein Cousin Robert Einstein in Europa. Anfangs in Deutschland siedelte er später wieder nach Italien um und meinte so den Anfeindungen entgehen zu können. Doch das war lediglich eine Hoffnung.
Erst recht lasch umgesetzt, wurden die Gesetze mit jedem Tag strikter verfolgt, um dann letztlich von den Deutschen mit Akribi vollführt zu werden.
Das am Ende des Schicksals zahlreiche Mitglieder der Familie Einstein tot sind, lässt noch über Jahre später Ermittler, Anverwandte und Gesellschaft verzweifeln.
Der Autor hat sich bei seinem Bericht unglaublich viel Mühe gegeben, die verschiedenen Augenzeugen mit ihren jeweiligen Blickwinkeln zu Wort kommen zu lassen. Wechselweise kommen Familienangehörige, Personal und später auch die Anwälte - direkt oder indirekt - zu Wort und erklären, warum leider vieles nicht so einfach ist, wie es den Anschein hat.
Ein bedrückendes Zeitdokument, was einem zahlreiche Ungerechtigkeiten vor Augen führt.

5 von 5 Beweisstücken

Samstag, 28. Juni 2025

Makoto Yukimura "Vinland Saga 2"

Neben "Atelier of Witch Hat" ist über Umwege auch eine zweite Mangaserie bei mir auf dem SUB eingezogen. Während AoWH sich mit Zauberei, Büchern und verschiedenen Welten auseinandersetzt, mutet die "Vinland Saga" fast wie ein Geschichtsbuch im Mangaformat an. 

Ein Geflüchteter, ein Jäger und sein Werkzeug. So setzt sich die Geschichte fort. Während Thors einfach nur seine Ruhe genießen will, ist sie ihm nicht vergönnt. Er wird zum Aufbruch gezwungen und das mit fatalen Folgen für alle. 
Währenddessen wird ein zwielichtiger Handel abgeschlossen, der sich auf die ganzen Meere auswirken wird und auch das wahrlich nicht zum Guten.

Im Gegensatz zu der Detailverliebtheit von AoWH sind hier die Zeichnungen auf Grund der Kampfszenen oft hektisch oder bestehen auch mal gerne nur aus einem "Wusch". Man kennt das aus alten Fernsehcomics, bei denen die Animation noch nicht fortgeschritten war. 
Doch zeigt dieser Band auch tiefere Emotionen, die durch das schwarz-weiß sehr gut unterstrichen werden. Hintersinnige Emotionen und Gewalt wechseln sich in diesem Band stärker ab als noch im ersten.

Immer werden kleine historische Anmerkungen eingestreut und auch eine Sensibilität für das Leben der Wikinger geschürt. Denn Eis und Schnee machen das Leben und gerade den Ackerbau nahezu unmöglich. Doch muss man deswegen immer Krieg führen oder andere Dörfer überfallen? Vielleicht findet sich die Antwort in den nächsten Bänden.

4 von 5 Drachenköpfen

Donnerstag, 26. Juni 2025

Autoreninterview Ute Zembsch Fiktivinterview

Wer meinem Account schon länger folgt, weiß, dass ich es liebe, Romanfiguren zu interviewen. Dieses Mal geht es weit in die Vergangenheit.
Deutschland, 772. Helgard hat gerade ihrer Ausbildung als Seherin abgeschlossen, als sie sich auf ihre erste Reise machen muss. Allein. Nun muss sie sich beweisen und zeigen, dass Nortrun sie zu einer weisen Frau geformt hat. Doch bevor die Geschichte so richtig beginnt, darf ich ihr ein paar Fragen stellen. Da sie selbst in Runen schreibt, übersetzt die Autorin Ute Zembsch die Antworten.

(Cover: Detlef Klewer (Burgenwelt Verlag), Grafik: Maximilian Wust)


Helgard, war es dein Wunsch, Seherin zu werden?
Oh, ja. Ich bewunderte unsere Wala Nortrun schon als Kind. So viel Weisheit und Würde, dann noch die starke Verbindung zu unseren Göttinnen, Göttern und der Geisterwelt. So wollte ich auch sein und gab alles, damit sie mich als Schülerin wählt.

Warum musste die Ausbildung so weit entfernt von deiner Familie stattfinden?
Kennen die Menschen einen seit klein auf, hegen sie gewisse Vorbehalte, dabei bewahrheitete sich schon das eine oder andere, dass ich in sehr jungen Jahren sagte. Zudem lenke es mich von dem ab, was wirklich wichtig ist, meinte Nortrun, und nahm mich in ihre Hütte auf. Wir reisten viel, damit ich ihr Wirken, die Welt und die verschiedenen Ortsgeister kennenlerne.

Hast du Zweifel, was deine neue Aufgabe anbelangt?
Ganz ehrlich? Wenn meine Meisterin mit Runen weissagt oder die Grenze zwischen der Alltags- und der Geisterwelt überschreitet, um mit ihren geistigen Verbündeten zu wirken, kommt es mir so natürlich vor. Bei mir selbst denke ich immer, ich sei vermessen. Was, wenn ich Fehler mache, weil die Götter, Geister und Ahnen mir ihre Gunst verwehren? Trage ich doch ein Geheimnis mit mir herum, dass sie gewiss nicht gutheißen. Aber schweigen wir darüber.

Wie schaffst du es, dich auf deine Kräfte zu konzentrieren?
Es brauchte schon einige Übung, um mich nicht mehr ablenken zu lassen, auch von Gedanken, die sich dazwischendrängen. Zuerst atme ich ganz bewusst ein und aus, singe für die Geister, um sie herbeizulocken und mich von der Alltagswelt abzuschirmen. Wichtig ist auch, sich vollständig auf die Frage oder das Ziel des Seelenflugs (ich glaube, heute wird eher „Trancereise“ gesagt) einzulassen, dann führt mich mein Schutzgeist zur Antwort. Lausche ich den Runen, höre ich ihre Stimmen in meinem Kopf. Bei allem bevorzuge ich Stille um mich herum.

Welche Empfindungen löst der Stab bei dir aus?
Ehrfurcht, da er zuvor einer anderen, sicher erfahrenen Wala gehörte. Leider erzählte mir Nortrun nichts über sie. Der Geist des Stabs -wie alles in der Welt ist auch er beseelt- zeigt sich mir müde, irgendwie krank. Ich möchte ihm so gerne helfen, Heilung bringen. Durch seine Verbindung zu seiner früheren Trägerin auch ihr.

Was erhoffst du dir durch deine Kräfte?
Es ist mein Herzenswunsch, den Menschen, dem Land und seinen Wesen Heilung, Hoffnung und Schutz zu bringen, gerade nach dem, was ich in meiner Vision sah. Nicht alle Bilder, die ich in der Geisterwelt sehe, sind eindeutig, einiges muss ich nach bestem Wissen deuten. Aber hier bin ich mir ganz sicher, dass uns Westfalen große Gefahr droht.

Wohin wird dich dein Weg führen, nachdem du bei deinem Bruder warst?
Mein eigentliches Ziel ist unser Oberhaupt, aber mein Zwillingsbruder und ich hängen sehr aneinander, daher suche ich ihn nach der Ankunft im Dorf zuerst auf und nehme seine Gastfreundschaft und die seines Weibes in Anspruch. Für den Abend lasse ich eine Versammlung einberufen, bei der ich vor den Augen und Ohren der Freien die Botschaft der Geister verkünde. So stark, wie meine Vision war, muss ich sie vor dem Feind mit seinem unglaublich großen Heer warnen. Mögen sie auf mich hören und sich gut vorbereiten. Mögen wir und unsere Freiheit gerettet werden.

Neugierig geworden? Dann schaut hier vorbei:
instagram.com/utezembsch/
burgenweltverlag.de/zembsch-ute
burgenweltverlag.de/romane/der-stab-der-seherin

Mittwoch, 25. Juni 2025

Ute Zembsch "Der Stab der Seherin"

Es ist eine Zeit des Umbruchs, als Helgard von Nortrun mit der Aufgabe bedacht wird, die ihr Schicksal sein soll. Sie soll den Dörfern helfen, sich gegen das immer weiter anwachsende Frankenheer durchzusetzen.
Keine leichte Aufgabe, denn noch ist sich Helgard ihrer Kräften und Stärken nicht bewusst. Gerade zu Anfang sind es Zweifel, die sie immer wieder verharren lassen und sie davon abbringen, sich selbst zu vertrauen.
Die Autorin schafft mit ihrem Buch zweierlei Dinge, einerseits bringt sie uns die dunkle Zeit näher, in der Deutschland noch heidnisch war und andererseits zeigt sie, wie schwer es ist den eigenen Platz zu finden. Denn es ist nicht nur Helgard zweifelt, auch andere Figuren haben innerhalb des Buches immer wieder Probleme, vor denen sie vermeintlich allein stehen und die es zu bewältigen gilt.
Während gerade die Übergänge von erzählenden Elementen leben, schaffen es die Dialoge, durch ihre Hin- und Hergerissenheit den Leser neugierig auf die Charaktere zu machen. Wer wird sich wie entwickeln und wer verfolgt letztlich welches Ziel?
Denn schon eine alte Regel besagt, im Krieg gibt es keine Sieger.
Was ich hierfür allerdings nicht unterschreiben will.
Kleine und große Siege gibt es durchaus und auf gut dreihundert Seiten kann man sie entdecken.
Vielfach lädt die Autorin ein, in sich zu gehen, die Charaktere durch einen Seelenflug noch besser kennenzulernen und sich durch die Geschichte treiben zu lassen.

4 von 5 Runen

Montag, 23. Juni 2025

Manfred Spitzer "Das musikalische Gehirn"

Keine Angst, bei dem Sachbuch handelt es sich nicht um einen Türstopper, sondern vielmehr um ein Buch von knapp achtzig Seiten.
An was denkst du zuerst, wenn du das Wort "Musik" hörst?
Denkst du an ein Lied?
An eine Person?
Oder eine Begebenheit?
Denn anders als die meisten Hirnfunktionen spielt sich Musik im ganzen Kopf ab. Sie verbindet verschiedene Bereiche des Gehirnes und es lässt somit kaum eingrenzen, wo sie nicht zu finden ist.
Eng mit der Emotion verknüpft, ist sie auch dem Sprachzentrum sehr nahe. Doch eigentlich "hören" wir nicht Musik; sie entsteht im Kopf. 
Und da jeder Musik woanders und mit wem anders gehört hat, hört sich Musik auch für jeden ein bisschen anders an.
Soweit ein paar der Kernaussagen des Buches.
Sicherlich wird einem beim Lesen das eine oder andere bekannt vorkommen und man erkennt sich in einzelnen Abschnitten wieder.
Das Buch zeigt hervorragend, dass man öfters auf sein Bauchgefühl hören darf, denn der Körper erschließt sich einem besser, wenn man ihm zuhört. ;-)
Mit seinen achtzig Seiten kann das Buch natürlich nur einen Einstieg in das Thema bieten, dafür ist dieser sehr amüsant. 

4 von 5 Klängen

Sonntag, 22. Juni 2025

Klaus-Peter Wolf "Mord am Leuchtturm"

Siebzehn Kurzgeschichten zum Thema Tod.
Zwangsläufig müssen hier doch doppelte Vergehen verkommen, oder?
Allerdings ist hier das Gegenteil der Fall. Die eine oder andere Geschichte mag zwar ähnlich angehen, die Lösung ist aber jedes Mal anders und ab und zu sogar sehr speziell.
Klaus-Peter Wolf mischt seine Kurzgeschichten einmal gut durch. Das betrifft sowohl die Inhalte als auch das Personal. Sowohl die Figuren aus seinen Krimis treten in Erscheinung, als auch für die Geschichte neu erdachte Personen. 
Dabei sind seine Texte oftmals sehr realitätsnah, was sich aus dem abschließenden Interview ergibt. Einige Orte und auch Personen in seinen Erzählungen gibt es wirklich und so ist die Grenze zwischen Fiktion und Realität mehr als nur einmal verschwommen.
Auch wenn es in den Krimis um Tod geht, kommt der Leser nicht umhin, sich mit dem Humor des Autors auseinanderzusetzen. Mal ein Schmunzler hier, ein breiteres Lachen dort, schaffen neben der Tristesse des Todes den entsprechenden Ausgleich. Denn wie er es im Interview erwähnt, der Leser achtet die ganze Zeit auf Details und trotzdem soll die Geschichte auch noch unterhalten.
Man merkt beim Lesen eine Schreibroutine, Logikfehler, wie man sie bei anderen Krimis öfter findet, passieren ihm nicht. Es ist erfrischend, wie einfallsreich der Autor bei den Todesarten war.
Ein Hoch auf die Kurzgeschichten. Demnächst geht es an den ersten Krimi von Ann Kathrin.

4,5 von 5 Krimischauplätzen

Freitag, 20. Juni 2025

R. L. Stine "Gänsehaut - Das nervenzerfetzende Buch der Schauergeschichten"

Und weiter geht's in die vermeintliche Vergangenheit. 
Eigentlich hätte ich diese Bücher als Jugendliche lesen müssen, habe ich mir sagen lassen. Doch irgendwie sind die Bücher an mir vorbeigegangen. Oder aber erst der Grusel des Lebens lässt einen über die eine oder andere Geschichte eher schmunzeln denn gruseln.
Aber der Reihe nach: Wie schon in dem anderen Sammelband umfasst auch das 'Nervenzerfetzende' einen Roman und dazu acht weitere Kurzgeschichten.
Während der Roman mich eher durchschnittlich begeistert, sind bei den Kurzgeschichten ein paar wirkliche Highlights dabei.
Da werden Kobolde lebendig, Kuschelbären sind nicht das, was sie zu sein scheinen oder auf einmal ist der Protagonist nicht so ganz ein Mensch. Wirklich zum Lachen denn zum Gruseln hat mich die Erzählung "Pflaumenkur" gebracht. Herrlich. 
Natürlich darf man den 80iger oder auch noch 90iger-Jahre-Grusel nicht mit der heutigen Zeit vergleichen. Allerdings würde ich sonst nicht zum Buch greifen. Wie die Reihe schon selbst sagt, soll man beim Lesen einen Schauer oder auch eine Gänsehaut verspüren und nicht in eine Panikattacke rutschen. Die kurzen Texte lassen sich perfekt kurz vor dem zu Bett gehen lesen, wenn man keine Lust mehr auf einen umfangreichen Roman oder einen komplizierten Thriller hat.
Also ab zum Kinderregal und in Nostalgie schwelgen.

4 von 5 Schauern

Montag, 16. Juni 2025

Boris von Brauchtisch "William Turner"

Oftmals werden Künstler während ihrer Lebenszeit verkannt und nicht als das gesehen, was sie in Wirklichkeit sind. Was mir in der Literatur nicht so oft begegnet, dafür in der Malerei umso häufiger, ist die Tatsache, dass Maler und Malerinnen Wegbereiter sind.
Ein neuer Stil, eine neue Art Farben zu nutzen oder schlicht das Schaffen einer ganz neuen Gattung. Doch oftmals standen die Zeitgenossen irritiert davor, denn es war nicht das, was sie kannten. Also musste es zwangsläufig schlecht sein.
Diese Einleitung könnte ich für mehrere Maler schreiben, denn es hat, wie ich schon erwähnte, nicht nur einen, sondern sehr viele Maler getroffen und sie somit auch oft ruiniert.
Doch bei Turner verhielt es sich ein wenig anders, erst angesehen, verliert er erst im Alter seinen guten Namen, denn die Menschen konnten immer weniger mit seinen Gemälden anfangen, je weniger sie erkennen konnten. Details finden kaum mehr statt und es scheint lediglich Farbe auf der Leinwand zu sein, allerdings keine Form.
Der Autor führt uns durch das Leben von William Turner und dies war ein bewegtes. Im wahrsten Sinne des Wortes. Turner reiste viel und seine späteren Gemälden wurden während der Reise in Skizzenbüchern festgehalten.
Gerade nachdem die Grand Tour nach den Napoleonischen Kriegen fast zum Erliegen kam, wandelt Turner nun auf Lord Byron Spuren und sie führen in entlang des Rheins und zu so vielen anderen Plätzen in Europa, die Turner im Rausch der Worte zu skizzieren beginnt.
Die Stärke des Buches ist die Zusammenführung von Geschichte, Literatur und Kunst. Wer hat wen, wann beeinflusst. Wer hat wann mit wem korrespondiert? Es ist spannend zu entdecken, welcher Künstler von einem anderen beeindruckt war und wann welcher Kunstschaffende für das Publikum vorerst verschwand.
Man muss bei dem Buch nur bedenken, es ist kein Kunstband, daher fallen die Bildbeispiele eher klein aus.

4 von 5 Gemälden

Bookbot


Es ist kurz vor der Ferienzeit, die Koffer sind soweit gepackt und dann fällt dir auf, dass nicht mehr genügend Lesestoff vorhanden ist?
Dann nichts wie los zu Bookbot, hier findest du alles von Romanen, über Sachbücher bis hin zu Krimis.
Und das Beste?
Du siehst in der Vorschau genau das Buch, was du später geschickt bekommst und kannst selber urteilen, ob du für diese Qualität diesen Preis bezahlen möchtest. Und wenn du die Bücher gelesen hast, kannst du sie auch wieder bei Bookbot verkaufen.
Klingt gut?
Dann schau vorbei.
Ich habe mir selbst vier Krimis ausgesucht und bin mit der Qualität super-zufrieden.
Wenn mein SUB ein bisschen kleiner ist, bestelle ich mir noch etwas ...
Hört ihr meinen SUB seufzen? ;-)
Aber damit ihr euch auch selbst ein Bild machen könnt, hier die gelieferten Bücher, sehen sie nicht wirklich wie neu aus? :-)




Euch gefällt die Qualität? Dann schaut schnell bei Bookbot vorbei, bevor euer Lieblingsbuch schon verkauft ist: https://bookbot.de/

Werbung, da Kooperation.

Nicholas Meyer "Sherlock Holmes und Sigmund Freud"


Wenn der größte Detektiv und der größte Therapeut des 19. Jahrhunderts aufeinandertreffen, kann das nur eine interessante Begegnung werden.Nicholas Meyer setzt in diesem Band auf Sherlock Holmes' Kokainsucht. Watson erzählt viele Jahre nach der Handlung, wie er es mit Mycroft vollbrachte, Holmes zu Freud zu locken. Denn die Geschehnisse um die Reichenbachfälle sind alle nur Fassade.In Wirklichkeit haben sie sich gar nicht zugetragen und Sherlock war zur Therapie. Natürlich nicht nur, denn er wäre nicht Sherlock Holmes, wenn es nicht auch ein Rätsel zu lösen gäbe. Und selbstverständlich hängt das Schicksal von Europa von der Lösung dieses Falles ab.Meyer bedient sich eines Sherlock Holmes', der seine Sucht auf Grund seiner Vergangenheit nicht im Griff hat, so deduziert es gegen Ende des Buches zumindest Sigmund Freud.
Seine Denkmaschinerie funktioniert einwandfrei, doch er darf eben nie nichts zu tun haben, sonst ...

Meyers Holmes ist in diesem Fall zerbrechlich und riskiert sein Leben, um ein anderes zu schützen. Dies gab es auch schon im originalen Kanon, doch wird es in diesem Band, gerade mit den Verfolgungsszenen, ein wenig auf die Spitze getrieben. Man hat manchmal das Gefühl, einen Hollywood-Film verschriftlicht zu lesen, als einen klassischen Kriminalfall zu ergründen.
Allein das Kräftemessen zwischen Holmes und Freud hätte gereicht, um dem Buch die Würze und auch die entsprechende Tiefe zu geben.
Interessant ist bei Meyer allerdings, wie er historische Fakten mit der Erzählung verwebt, um Holmes realistischer scheinen zu lassen. Eine gute Idee.

4 von 5 Reichenbachfällen

Mittwoch, 11. Juni 2025

Frank G. Gerigk (Hrsg) "Caprice 01"

Geschichten erzeugen beim Lesen Bilder im Kopf.
Doch was passiert, wenn die Reihenfolge eine andere ist?
Es existiert ein Bild und hierzu soll eine Geschichte ersonnen werden.
Es klingt im ersten Moment ungewöhnlich, aber gerade in kleineren Verlagen hat es diese Herangehensweise schon ein paar Mal gegeben.

Das Besondere an dieser Anthologie: Der Herausgeber hat alle Grafiken selbst erstellt.
Die Autorinnen und Autoren wählten aus den doch sehr unterschiedlichen Bildern ihre Grafik aus und verfassten ihren Text.
Wie Frank G. Gerigk im Nachwort erwähnte, gab es sowohl bei der Auswahl der Bilder als auch bei den entstandenen Texten zum Teil große Überraschungen.
Denn einige Autorinnen und Autoren verließen ihr hauptsächliches Genre und andere nutzen die Illustration als Sprungbrett für eine ganz andere Art von Geschichte.
Zwanzig Illustrationen und somit auch zwanzig Texte sind in der ersten Ausgabe von Caprice zusammengekommen, die alle als fantastische Kurzgeschichten gelten.
Mal lauter, mal leiser, mal lustig, mal einfühlsam, und auch mal gruselig bietet diese Sammlung für jeden Geschmack etwas. In einigen Erzählungen steht die Technik im Vordergrund, bei anderen geht es um Stimmungen und menschliche Eindrücke.
Der Lesende, der sich noch nicht mit der Fantastik-Szene in ihrem ganzen Spektrum beschäftigt hat, bekommt hier einen guten Eindruck, was alles möglich ist: Schlicht alles.

4 von 5 Erzählungen

Danke an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

Montag, 9. Juni 2025

Nina George und Jens J. Kramer "Die magische Bibliothek der Buks - Das verfluchte Medaillon"

Die Welt - sowohl die reale als auch die Buchwelt - ist in Gefahr. Nachdem drei der Kinder in ein Buch gefallen sind, gilt es, sie möglichst schnell zu retten. Aber guter Rat ist bekanntlich teuer. Einerseits darf nur möglichst wenig Aufsehen erregt werden, doch gleichzeitig steht die Stadt Kopf, weil unter anderem die Tochter der Ministerin verschwunden ist.
Doch für die Buks enden die Probleme damit nicht. Die Bleichkrankheit grassiert weiterhin in den Büchern und der Grund dafür bleibt lange im Dunkeln. Was fast genauso so schlimm ist, sind die Anomalien, die eintreten, seitdem die Kinder in die Handlungen der Bücher eingetreten sind. Sinn und Aktionen der Figuren werden plötzlich willkürlich und die Geschichten drohen auseinanderzubrechen. Gut, dass hier Hilfe von innen erfolgt und die Buks nicht allein sind.

Der zweite Teil setzt fast nahtlos die Erzählung des ersten Bandes fort. Viele Figuren des ersten Bandes tauchen im zweiten erneut auf oder werden hier in ihrem Wesen weiter aufgebaut. Gerade die Bösewichte der Reihe erleben in dieser Episode ihren großen Auftritt und zeigen, wie die Welt vermeintlich zu sein scheint.
Doch die beiden Autoren bleiben bei den Problemen nicht immer vordergründig. Gerade bei einzelnen Charakteren versuchen sie kindgerecht zu zeigen, warum sie sich so entwickelt haben und weisen grundlose Boshaftigkeit in ihre Schranken.
Kleine Charaktere, allen voran die Buks, wachsen über sich hinaus und während man liest, schleicht sich das Gefühl einer Wärme zum Detail ein. Jeder kann alles schaffen, spricht aus so vielen Sätzen, dass man gerade in den dunklen Momenten trotzdem schmunzeln muss.

4 von 5 Buks 

Freitag, 6. Juni 2025

Caleb Everett "1000 Sprachen - 1000 Welten"

Jeden Tag nutzen wir sie, ohne sie könntet ihr diesen Beitrag nicht lesen: Sprache.
So sehr die Menschen eint, dass sie Sprache nutzen, desto mehr unterscheiden sich auch Stile, Worte und damit einhergehend Gebräuche in den einzelnen Sprachen.
Direkt zu Anfang des Buches wird deutlich, die Anzahl der Sprachen sinkt. Immer mehr Menschen konzentrieren sich auf Sprachen, die von vielen gesprochen werden und "vergessen" ihre eigene. Im Deutschen kennt man diese Entwicklung bei dem Rückgang der Dialekte.
Doch warum ist das so? Warum verkennen die Menschen, dass sie ihre eigenen Kulturen, denn nichts anders ist Sprache, vernachlässigen?
Nun der Autor gibt anhand von Experimenten und Forschungsergebnissen vielfältige Einblicke in die Entwicklung.
In einem aufgeräumten Schreibstil, der es auch interessierten Laien ermöglicht dem Thema zu folgen, erklärt er, dass es nicht nur die Unterhaltung der Menschen ist, die zur Sprache führt. Früher wurde die Sprache isoliert von allem anderen betrachtet, heute wird sie in ihrem Alltag gesehen. 
Eines der bekanntesten Beispiele ist die Tatsache, dass es in manchen Sprachen fünfzig Worte für Schnee geben soll. Gut möglich, je nördlicher man lebt. Doch wenn dieser Mensch sich mit anderen unterhält, die nicht dort leben, benötigt er diesen Wortschatz nicht mehr oder auch dann nicht, wenn er wegzieht.
Viele einfache Beispiele zeigen, dass es um mehr geht als nur Worte. Das Zeit- und Ortsverständnis, die Art, wie und auch wann man kommuniziert, selbst die nonverbale Kommunikation, alles spielt in das "große Ganze" mit rein.
Wer sich dafür interessiert, dem sei das Buch mit seinen vielen Antworten ans Herz gelegt. Doch es bleibt zu betonen; es ist ein Sachbuch, was die Konzentration und die Aufmerksamkeit des Lesers sehr fordert.

4 von 5 Linguisten

Donnerstag, 5. Juni 2025

Micke Bayart "Als Pippi nach Deutschland kam"

Sollte man zwei Sachbücher über Astrid Lindgren kurz hintereinander lesen?
Vor einigen Wochen hatte ich "Die unbekannte Astrid Lindgren" gelesen, in dem es hauptsächlich um ihre Tätigkeit als Herausgeberin und Verlagsmitarbeiterin ging. Spannend geschrieben wollte ich mehr über die Autorin hinter den Büchern erfahren und nahm "Als Pippi nach Deutschland kam" zur Hand. Nach den ersten ein, zwei Kapiteln hatte ich den Eindruck erneut "Die unbekannte Astrid Lindgren" zu lesen, da viele Inhalte, nicht Formulierungen, sehr dem ersten Buch glichen. Da ich das Buch mit einer Freundin zusammen las und mich mit ihr darüber unterhielt, las ich weiter und erkannte, dass nur die einleitenden Kapitel Überschneidungen besitzen, sich die Bücher danach aber inhaltlich und strukturell sehr unterscheiden.
Der Autor lässt viele Beteiligte aus den Verfilmungen zu Wort kommen und erklärt sowohl die historischen als auch kulturellen Hintergründe. Immer untermalen Astrid Lindgrens eigene Worte die Texte und auch die Zusammenarbeit mit dem Oetinger Verlag wird immer wieder herausgehoben.
Von den Versuchen Pippi in ihrer Art und Weise zu verändern, damit sie in der DDR veröffentlicht werden konnte, über die Dreharbeiten, bis hin zu den verschiedenen Darstellern von Pippi und anderen Verfilmungen wie Michel oder Ronja Räubertochter, ist auch dieses Buch ein Zeitdokument.
Es zeigt die Unterschiede in der Kindererziehung in Schweden, Deutschland und der DDR. Es zeigt, wie sehr darum gekämpft wurde, Kindern schöne und wohlwollende Literatur zugänglich zu machen und dabei auch das aufkommende Fernsehen zu integrieren.
Wer mehr über Pippi, Astrid Lindgren und die Nachkriegszeit erfahren will, sollte zu diesem und auch zu "Die unbekannte Astrid Lindgren" greifen.

4,5 von 5 kleinen Onkeln 

Donnerstag, 29. Mai 2025

Autoreninterview Jürgen Bärbig - Hörsprecher-Edition

Hallo zusammen.
Diese Woche treffen wir erneut einen Bekannten. Wer meinem Blog schon länger folgt, kennt Jürgen Bärbig oder Nathan Winters bereits. Neben seiner Schriftstellerei hat er sein Tätigkeitsfeld erweitert und sich zum Hörsprecher ausbilden lassen. Spannend? Das fand ich auch und habe ihm erneut ein paar Fragen gestellt.

(Foto: Jürgen Bärbig (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie kam es dazu, dass du Hörbuchsprecher geworden bist?
Es hat damit angefangen, dass ich mit meinem Freund, dem Musiker Werner Wieczorek, Live Hörspiel Lesungen zu meinen Romanen veranstaltet habe. Mit Musik, Text und passenden Sounds.
Da wurde ich zum ersten Mal darauf angesprochen, ob ich auch Hörbücher einlesen würde. Was ich damals noch nicht tat. Die Idee fand ich aber gut. Ich habe mich dann weitergebildet, Kurse und Seminare besucht und ein wenig Schauspielunterricht genommen.
Gleichzeitig hat mich Werner dabei auf technischer Seite beraten. Welches Mikro brauche ich, welches Interface, Software usw. Ralph Edenhofer, ein SF Autor aus Aachen gab mir dann den ersten Auftrag und meine Arbeit kam bei den Leuten gut an. Also habe ich weitergemacht. Neben dem Schreiben ist das Sprechen eine tolle Möglichkeit kreativ zu sein. Ich bin wirklich happy, das hauptberuflich machen zu dürfen.

Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Der ist tatsächlich recht unspektakulär. Ich stehe dann meistens um halb sieben auf und trinke erst mal einen Kaffee und esse etwas. Danach mache ich Aufwärmübungen, um die Stimmbänder aufzuwärmen. Das sieht dann schon sehr lustig aus und klingt auch so. Anschließend wird gebrummt, gekaut, geschmatzt und Probe gelesen, bis ich das Gefühl habe loslegen zu können.
Als Nächstes mache ich mir einen Tee mit einem Stück Ingwer. Nichts mit Kohlensäure, oder irgendwas, das Geräusche machen könnte. Auch was die Kleidung angeht, darf nichts Rascheln, Klimpern oder Klappern, denn man hört alles.
Dann lege ich los. Meistens arbeite ich sechs bis sieben Stunden mit einer längeren Pause dazwischen. Nach dieser Zeitspanne wird es auch langsam stickig in der Kabine, die Konzentration lässt nach und die Fehler häufen sich. Dann wird es Zeit aufzuhören.

Ist es für dich schwieriger, dich in die Figuren hineinzuversetzen, wenn du sie nicht selbst erschaffen hast?
Es kommt auf die Figuren an. Da ist es ein bisschen wie im richtigen Leben. Manche Personen liegen einem mehr, als andere. Mit manchen kommt man sofort ins Gespräch, mit anderen gar nicht. So ähnlich verhält es sich mit Roman-figuren. Manche handeln und reden, da fällt es mir leicht mich in sie hineinzuversetzen, bei anderen erfordert es mehr Arbeit, bis man begriffen hat wie sie ticken. Aber sich diese Figuren zu erarbeiten um sie authentisch wirken zu lassen, ist dann unglaublich spannend und herausfordernd.

Wie viel Freiraum hast du, wenn du Hörbücher einsprichst?
Zuerst einmal lese ich das Buch, mache mir Notizen und versuche die handelnden Figuren zu begreifen und ihnen eine Stimme zu geben, die ich dann später bei den Aufnahmen verwenden will. Wenn ich dann die Möglichkeit dazu habe, spreche ich mit den Autoren und stelle ihnen die Stimmen vor. Das gibt ihnen Gelegenheit noch eigene Wünsche zu äußern, die ich dann versuche umzusetzen. Sie sagen mir dann auch, ob ich kleine Änderungen im Text vornehmen kann. Das sind dann aber dann wirklich nur Kleinigkeiten, wie ein Wort weglassen, oder eins hinzufügen.
Der Haupttext bleibt aber vom Sprachduktus her meiner Interpretation überlassen. Es geht nicht, dass der Autor einem bei jedem Satz über die Schulter schaut. Da wäre keine konstruktive Arbeit möglich.

Was empfindest du leichter, Texte selber zu schreiben oder einzusprechen?
Beides ist auf seine eigene Art eine Herausforderung. Bei meinen eigenen Texten muss ich allerdings auf viel mehr Dinge achten. Sind die Charaktere fesselnd geschrieben, passen die Dialoge, wirken sie so als hätten echte Menschen sie gesprochen. Wie ist das Setting, wie deutlich sind die Bilder, die ich beim Leser erzeugen will. Wie ist überhaupt die Grundstimmung im Buch.
Erzähle und zeige ich das, was ich erreichen will?
Beim Hörbuchsprechen muss ich das nicht, da ist die Herausforderung das bereits geschrieben Wort mit Leben zu füllen. Wird es spannend muss ich spannend lesen, ist es dramatisch muss ich die Stelle auch dramatisch lesen. Sind die Charaktere traurig, lustig, wütend oder genervt muss man mir das anhören, denn sonst klingt es falsch.
Wie gesagt, beides ist auf seine eigene Art herausfordernd.

Kannst du im Vorfeld abschätzen, wie viel Zeit du benötigst, um einen Text einzusprechen?
Das kann ich immer nur ungefähr sagen. Es hängt hauptsächlich mit der Komplexität des Textes zusammen und dem Genre. Science Fiction finde ich zum Beispiel schwieriger, als einen Thriller oder ein Jugendbuch.
Dann ist wichtig wie viel Dialog es gibt und wie gut ich die Stimmung treffe in einer Unterhaltung zwischen den Charakteren. Da kann es passieren, dass ich unzufrieden bin und die Stelle mehrmals lese. Ich muss selbst davon überzeugt sein, dann kann ich den Text auch guten Gewissens wieder abgeben.

Erzähl ein bisschen über deine aktuellen Projekte.
Ich habe gerade die Aufnahmen zu „Minna und die magische Stadt“ abgeschlossen. Das ist ein Jugendroman von Carina Zacharias. Und eigentlich müsste ich jetzt mit der Arbeit am sechsten Teil von Ralph Edenhofers C23 Reihe beginnen, aber leider muss ich operiert werden, was meine Terminplanung ein wenig durcheinander wirbelt. Aber danach steht dieses Projekt an erster Stelle.
Im schriftstellerischen Bereich arbeite ich gerade zusammen mit meinem Lektor an meinem viktorianischen Roman „Der Schatten von Avamoore“, der im Oktober beim Drachenmond Verlag erscheinen wird.
Außerdem steht die Überarbeitung eines älteren Romans von mir an, über den ich leider noch nichts verraten darf, der aber ebenfalls im Drachenmond Verlag erscheinen wird.
Nur soviel – es wird abenteuerlich.:-)

Wer neugierig ist, kann sich hier mehr über Jürgen erfahren:
instagram.com/juergen_baerbig/

Nächsten Monat gibt es ein neues Interview.

Mittwoch, 28. Mai 2025

Ellen Norten (Hrsg) "Daedalos 16"

Zehn phantastische Kurzgeschichten, wie immer gespickt mit einem Klassiker, stellt diese Ausgabe vor. Der Klassiker, ergänzt um einige historische und literarische Angaben, rundet die vorigen neun Geschichten ab. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich Geschichten seien können und dabei doch eine Einheit bilden. Doch wie schafft Ellen Norten das von Ausgabe zu Ausgabe?
Ein Element ist der leichte Schauer, der einem beim Lesen jeder Geschichte über den Rücken läuft. Dabei kann der Schauer durch Verschiedenes ausgelöst werden. Die Schreibenden sind hier sehr einfallsreich und so kommt es zu keinen inhaltlichen, wohl gefühlsmäßigen, Wiederholungen.
Ein weiteres, nicht unwichtiges Detail, sind die Illustrationen. Fast immer im Stil von Kupferstichen gehalten, bilden die Schwarzweiß-Bilder eine perfekte Ergänzung zum Text.
Doch was bieten die Texte?
Nun, auf jeden Fall Abwechslung und Spannung:
Da gibt es den Text über eine Feuersbrunst und die vermeintlich letzte Überlebende, bis plötzlich ein Text in einem Magazin auftaucht.
Dann folgen zwei Frauen, die eine betört die Männer auf ihre ganz eigene Art, die andere darf nicht in die Bibliothek ihres Mannes, bis sie sich Zutritt verschafft.
Die Herausgeberin überrascht mit einer Geschichte, die einen außergewöhnlichen Hund ins Zentrum stellt. 
Es folgen ein paar gruseligere angesiedelte Geschichten, die noch stärker auf die Psyche des Lesenden zielen, wobei es dabei kein Wunder ist, erneut Alexander Klymchuk zu begegnen. Dieser Autor weiß, wie er die Lesenden in seine Text zieht.
Der Klassiker glänzt dieses Mal durch schwarzen Humor, selten habe ich bei einer düsteren Geschichte so gelacht.

Für mich ist dies die bisher beste Zusammenstellung und ich freue mich auf weitere Ausgaben.

5 von 5 Kurzgeschichten

Danke an pmachinery.de für das Rezi-Exemplar.

Samstag, 24. Mai 2025

Nils Westerboer "Lyneham"

Perm soll jetzt ein Zuhause sein und doch ist es so unwirklich, wie es nur sein kann. Die Landung ist hart, die Tage danach noch härter. Denn ein Mensch fehlt. Mama. Doch warum? Schon auf der Erde kam sie erst spät abends nach Hause, da die Forschung sie immer stark in Beschlag nahm. Und nun? Wo ist sie? Und warum ist auf Perm immer noch so vieles anderes als auf der Erde?
Als mittleres Kind der Familie Meadows begleiten wir Lesenden Henry durch das Buch. Erste Begegnungen mit anderen Siedlern, sowie die ersten Irritationen, wenn es nicht so läuft wie Rayser es wünscht. Weder so künstlerisch wie sein Bruder Chester noch so clever wie seine Schwester Loy, ist er immer derjenige, der dem Lesenden am nächsten ist. Der, der die Welt nicht versteht, der sich nicht zurecht findet und das, obwohl der mehr weiß, als er zugibt.
Doch nicht nur Henry erzählt; eingebettet in die Geschichte, werden auch die Informationen eingestreut, wie es gelang, dass die Meadows Perm betreten können. Denn der Planet war nicht dazu gedacht Menschen von der Erde aufzunehmen. Vieles widerspricht dem, was auf der Erde mal Standard war, bevor alles zusammenbrach. Forschung, Neugier und Tatendrang waren gefragt, doch stets mit dem Hintergedanken, zu welchem Preis?
Wissenschaft und Psychologie wechseln sich in "Lyneham" stetig ab. Die Forschungsreihen und ihre Auswirkungen mögen anfangs ermüdend wirken, doch zeigen sie auf, mit welch vielfältigen Aufgaben sich Menschen auf fremden Planeten auseinandersetzen müssen. Wir landen dort nicht einfach und sind da. Dies führt der Autor dem Lesenden immer wieder vor Augen. 
Emotional beginnt das Buch recht leise. Man bemerkt das Leid und auch die unterschwelligen Machenschaften und Verknüpfungen erst nach und nach. Wie auch im Leben zeigen die Protagonisten den einen das eine den anderen ihr wahres Gesicht. 
Mit dieser Mischung baut der Autor erst langsam die Spannung auf, um sie später umso intensiver zu entladen.

4 von 5 Biomen

Sonntag, 18. Mai 2025

Frank Lauenroth "Delter"


Während ein Roman eine einzelne Geschichte erzählt, geht es bei Kurzgeschichtensammlungen, wie der Name schon sagt, um mehr als nur eine Geschichte. Viele Facetten spielen in die jeweiligen Geschichten rein und einen Sammelband kann man nicht so ohne Weiteres beurteilen wie einen Roman. 

Jede Kurzgeschichte braucht ein Thema, ein Setting, einen Spannungsbogen. Je nach Thema braucht sie mal mehr, mal weniger Hintergrundinformationen. Sie ist für einen Wettbewerb geschrieben oder sie musste einfach in die Welt hinaus.

Warum ich das so explizit erkläre? Die Kurzgeschichte hat in der deutschen Literatur leider nicht den besten Ruf. Immer wird der Roman hochgehalten und als das Beste vom Besten dargestellt.  Doch es gibt Beweise, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. 

"Delter" ist der Name einer Kurzgeschichte in diesem Sammelband. Als letzte im Buch platziert, rundet sie die vorigen Texte perfekt ab. Denn sie zeigt, was Frank alles schreiben kann. Bleiben wir bei diesem Text; im Weltall angesiedelt, sind mehrere Kreolyten auf einer Mission unterwegs, doch sie unterliegen einer strengen Hierarchie. Was passiert, wenn sich einer dem nicht beugen will?

Ein anderer Text zeigt, was passiert, wenn Teddys für ihre Rechte ins Feld ziehen müssen. Feuer und anderen Widrigkeiten ausgesetzt, müssen sich die flauschigen Wesen behaupten, denn sonst kann ihnen keiner zu Hilfe eilen.

Was gibt es noch? Glückspiel, Geistesblitze, Timing, einen Toyplanet ... Nein, ich zähle jetzt nicht alle Geschichten auf, denn auch das ein Teil des Charmes von Kurzgeschichtensammlungen. Man bekommt eine Wundertüte voller Geschichten und wenn man Glück hat, sind sie alle etwas Besonderes.

5 von 5 D3017

Danke an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

Samstag, 17. Mai 2025

Roland D. Gerste "Wie Technik Geschichte macht"

Die Technik hat in den letzten gut fünfhundert Jahren unentwegt unglaubliche Fortschritte gemacht. Beispiele? Die gibt es zahlreich. Das Buch "Wie Technik Geschichte macht" fängt mit einer für uns heute grundlegenden Technik an, dem Buchdruck.
Denn ohne die Erfindung von Gutenberg hätte sich weder die Anzahl der Menschen, die lesen können, in dem unglaublichen Tempo erhöht, noch hätten Nachrichten, Ideen oder schlicht Informationen so schnell verbreitet werden können, wie es danach der Fall war.
Ein weiteres Beispiel? Algorithmen.
Denn ohne diese und ohne Ada Lovelace und Alan Turing hättet ihr jetzt kaum ein Smartphone, Ipad oder sonstiges in der Hand und könntet diese Rezension lesen.
Natürlich sind das nur theoretische Annahmen, dass wenn es diese drei Menschen nicht gegeben hätte, diese Techniken nicht entwickelt worden wären.
In anderen Kapiteln des Buches z,B. "Der Traum vom Fliegen" oder auch "Herzschläge" wird sehr deutlich, dass es bei der Entwicklung von Technik auch oft um Zeit geht. Denn selten ist es wirklich so, dass nur eine Person über eine Entwicklung nachdenkt. Gerade bei Erfindern ist der Ehrgeiz eine nahezu unerschöpfliche Triebfeder, die es ihnen ermöglicht, über das bekannte Wissen hinaus zu denken und so neue Wege zu beschreiten.
Dass die Technik im Anschluss für Dinge verwendet wird, die die Erfinder nicht vorausgesehen haben, zeigt das Kapitel "Spaltende Kerne" und es erklärt, was einmal in der Welt ist, verschwindet auch so schnell nicht wieder.

Insgesamt lässt sich das Buch sehr flüssig lesen. Dabei sind die Kapitel sehr unterschiedlich in der Länge und auch in der Informationsdichte aufgebaut, sodass man nicht in allen Bereichen gleich viel über die Entwicklung, die vermeintliche Konkurrenz und auch die Einsatzmöglichkeiten erfährt.
Ein tolles Buch, was zeigt, wie die Welt wurde, was sie heute ist.

4 von 5 Erfindungen

Donnerstag, 15. Mai 2025

Rie Qudan "Tokyo Sympathy Tower"

In einer nahen Zukunft stellt sich die japanische Gesellschaft dem Gedanken, warum Menschen straffällig werden. Ist es wirklich ihre eigene Schuld? Oder ist der homo felix Teil des Problems?
Mitten in Tokio soll neben dem Olympia Stadion ein Tower entstehen, der ein Gefängnis beinhaltet, das aber nicht mehr so genannt werden soll. 
Ein Hauptcharakter ist Sara. Sie ist Architektin, groß geworden in einer Welt, in der Zeichnen ebenso wie Worte Macht bedeuten. Macht über einen Raum, Macht über Menschen. Doch dies ist nur bedingt negativ besetzt. Denn Japaner denken viel darüber nach, was ihre eigenen Verhaltensweisen beim Gegenüber auslösen, verletzen sollen diese wahrlich niemals.

Auf gerade einmal einhundertsechzig Seiten wird die Handlung und auch somit das Gehirn des Lesenden auf eine gehörige Probe gestellt. Perspektivwechsel, Zeitenwechsel, Pro und Contra. Es ist ein wilder Ritt, den man in diesem vermeintlich kurzen Buch erlebt. Und dabei schwebt immer die Frage über den Menschen, wen beeinflusse ich wie mit meinen Entscheidungen. Wen beschütze ich, wen stoße ich vor den Kopf. Leise schwingt auch der erwähnte Gedanke mit, wie hängen Glück und Kriminalität zusammen? Kann man Glück im wahrsten Sinne des Wortes erzwingen?
Bei vielen Szenen sind die Übergänge zwischen Gedanken und Realität allzu fließend, somit erfährt man zeitweilig wenig über die Beweggründe der Personen und auch ihre Handlungen bleiben diffus. 
Ein Buch, was zum Nachdenken anregt, denn bei vielem ist nichts so wie es scheint. Oder vielleicht doch?

4 von 5 Gefängnissen

Sonntag, 11. Mai 2025

Priscilla Galloway "Alchemist, Bogenschütze und 98 andere Jobs aus dem Mittelalter"

Schon vor einiger Zeit habe ich es mir angewöhnt, neue Themenbereiche durch Kinderbücher anzueignen. Warum?
Nun, eigentlich ist es ganz einfach. Man wird nicht unnötig mit Begriffen konfrontiert, die einem noch nichts sagen und ich kann mir Wissen nach und nach aufbauen.
Ein weiterer Pluspunkt: Kinderbücher sind oftmals bebilderter als Erwachsenenbücher, was mir beim Lernen eine weitere Stütze ist. Denn bekanntlich lernt man durch mehrere Reize schneller.
Aber nun zum Punkt.
Dieses 94-seitige Kinderbuch stellt insgesamt einhundert Berufe aus dem Mittelalter vor. Dabei sind verschiedene Schwierigkeits- und Ekelgrade vorhanden, denn seien wir einmal ehrlich, unsere Nasen hätten im Mittelalter wirklich Probleme, die Gerüche oder vielmehr den Gestank auszuhalten.
Meist werden zwei Berufe auf einer Seite vorgestellt und mit einer charmanten Bebilderung versehen. Dabei kommt es öfters vor, dass die Bilder eine kleine Anekdote aus dem Berufszweig erzählen und man so über den Text hinaus einen Einblick in den Berufsalltag bekommt.
Weiterhin gibt es kleine Schaukästen, in denen kindgerecht der Unterschied zwischen Zünften und Gilden erläutert, die Ausbruch der Pest geschildert und der Lehnseid erklärt wird.
Angefangen mit einer kleiner Einführung in das Mittelalter werden die Berufe ihrer Zugehörigkeit nach zusammen vorstellt. Da gibt es Brot-Jobs, religiöse Berufe oder auch Reiseberufe. Unterteilt in zehn Bereiche lernt man viele Berufe kennen, die es heute nicht mehr gibt oder es kristallisieren sich kleine, aber feine Unterschiede zwischen den einzelnen Berufen heraus (z.B. Bader, Arzt und Chirurg).
Als Einstieg in die mittelalterliche Arbeitswelt perfekt geeignet, aber natürlich eine sehr oberflächliche Betrachtung, die man im Anschluss vertiefen kann.

4,5 von 5 Ausrufern

Montag, 5. Mai 2025

C. Gina Riot "Die Abenteuer des Barden Spikero - Diebesgut & Hexenmal"

Eigentlich könnte es so einfach sein: Spikero wurde von einer Truppe Seeleute angeheuert, um ihnen die Reise nach Thal mit seinem Gesang und seiner Laute zu versüßen. Thal, die Stadt seiner Träume, in der er seine Bardenkarriere vorantreiben, durch deren Gassen er schlendern und es sich gut gehen lassen will. Doch alles kommt irgendwie anders. Seine Liebste hat keine Zeit für ihn, die Preise in der Stadt sind unsäglich und nach seinem ersten Auftritt muss er seine Einnahmen abgeben. Missmutig schleicht er durch die Gassen und stolpert nahezu von einem Problem ins nächste, bis er auch noch die falschen Leute auf sich aufmerksam macht.
Diebesgut & Hexenmal ist der erste Band der Mittelalter-Fantasy-Krimi-Trilogie, welche die Autorin in ihrer Erdenwelt ansiedelt. Eingeleitet wird das Buch mit einer wunderschönen Karte, auf welcher man sich einen Überblick über die Erdenwelt verschaffen kann. Der erste Band beginnt mit der Ankunft in Thal und spielt in den Gassen der Stadt. Schnell fühlt man sich in diesen heimelig und man versucht mit Spikero zusammen zu erkunden, wer ihm Gutes will oder auch eben nicht. Viele Menschen begegnen ihm in den ersten Tagen und wie im realen Leben muss er entscheiden, wem er vertrauen kann und wem nicht.
Spikero, der sich in der Stadt nicht so wirklich auskennt, ist dabei ein Charakter, den man ab und an einmal richtig gut durchschütteln will. Nie scheint was gut, immer scheint er zu meckern und alle sind gegen ihn. Ist er dadurch unsympathisch? Mitnichten. Gerade seine Art zeigt, wie ungeduldig und unzufrieden wir Menschen oftmals sind. Während für andere Charaktere das Glas halbvoll ist, ist es für stets halbleer und anderen geht es besser als ihm.
Doch als er mit seinen Ermittlungen beginnt, wendet sich das Blatt. Er hat ein Ziel, für das er akribisch kämpft und das er lange Zeit nicht aus den Augen lässt.
Spikero ist ein Charakter, der innerhalb des Buches wächst und zeigt, wie sehr man an sich arbeiten kann und das auf eine äußerst charmante Weise. 
Die Mischung aus Fantasy, Mittelalter und Krimi ist der Autorin sehr gut gelungen und ich freu mich schon auf den zweiten Band.

4,5 von 5 Lauten 

Donnerstag, 1. Mai 2025

Autoreninterview James Goodwin Literaturinterview

Wer meinem Account schon länger folgt, weiß, dass ich es liebe, Romanfiguren zu interviewen. Dieses Mal hat sich der Bibliothekar Arthur Tingwell aus James Goodwins Krimi "Mord in Little Barkham" Zeit für ein paar Fragen genommen.
Willkommen in der Zukunft und im Internet, Mr. Tingwell.

(Cover: digital publishers, Grafik: Maximilian Wust)

Nach dem Schrecken des Zweiten Weltkrieges hat es Sie in das kleine, beschauliche Dorf Little Barkham verschlagen. Ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen?
Das kann man wohl sagen! Raus aus der Metropole London und rein in das idyllische Dorfleben. Wer träumt nicht von einem Leben auf einem Cottage, umgeben von wilder Heide und einem Birkenhain? Obendrein ist zwischen Dorking und Guildford, also unweit meiner neuen Heimat, Agatha Christie verschwunden. Wir erinnern uns: am 3. Dezember 1926 löste sich die Queen of Crime für elf Tage buchstäblich in Luft auf. Bis heute ist ihr Verschwinden ein Grund für allerlei Spekulationen.

Doch nach dem Mord ist es sicherlich vorbei mit der Idylle?
Zweifellos! Mrs Prudences Tod macht die Menschen um mich herum fassungslos. Meine Nachbarin, die verehrte Mrs Keene, hat es trefflich auf den Punkt gebracht: Keiner verdient so ein Schicksal. Keiner in Little Barkham.

Sie selbst nennen sich gerne "Bibliothekaris arrogantus". Nur weil Sie gebildet sind, meinen Sie auch arrogant zu sein? Oder ist das eher die Einschätzung Ihrer Mitmenschen?
Bisweilen kann es schon etwas Arrogantes haben, wenn man mit seiner Bildung hausieren geht. Sie müssen verstehen, ich liebe meine Romanwelten. Agatha Christies Mordkomplotte lassen mich ebenso wenig los wie Daphne Du Mauriers Schauerromanzen. Meine Schwärmerei wird allerdings nicht überall mit Wohlwollen aufgenommen.

Beschreiben Sie doch einmal einen typischen Tag in Little Barkham. Einen ohne Mord ...
Little Barkham unterscheidet sich darin kaum von den umliegenden Dörfern. Morgens fährt ein Großteil der Einheimischen per Überlandbus oder Auto nach London. Die meisten gehen dort ihrem Broterwerb nach. Die Daheimgebliebenen verrichten ihre Geschäfte vor Ort. Zum Beispiel Mr und Mrs Smolinski, die gemeinsam einen Krämerladen betreiben. Oder Mrs Chamberlain, die ein kleines Café nahe der Dorfkirche führt. Von denjenigen, die nicht in der Pflicht ihrer Arbeit stehen, besuchen etliche unsere Leihbücherei. Und damit wären wir bei mir und meiner Tätigkeit als hiesiger Bibliothekar.

Warum lieben Sie Agatha Christie und ihre Charaktere und nicht Sherlock Holmes? Liegt das an Ihrer Affinität zum Landleben?
Ich mag sowohl Agatha Christie als auch Arthur Conan Doyle. Doch Sherlock Holmes‘ Ausflüge ins Ländliche - wie bei „Der Hund der Baskervilles“ - sind mir seine liebsten Abenteuer. Was ich bei Agatha Christie bevorzuge, ist das Tableau an Verdächtigen, das sie uns mit jedem neuen Krimi präsentiert. Die Verdächtigen stehen eher im Mittelpunkt der Handlung, weniger ihre Detektive Miss Marple oder Hercule Poirot. Das gefällt mir ungemein.

Wie wichtig ist eine gute Menschenkenntnis in Ihrem Job bzw. auch beim Leben in einer kleinen Dorfgemeinschaft?
Ich werde oft als wahrer Menschenfreund bezeichnet. Meine Hoffnung ist, dass mit der Philanthropie auch meine Menschenkenntnis wächst. Hin und wieder habe ich mich in meinen Mitmenschen arg getäuscht, insbesondere in einige meiner Nachbarn. Angesichts dieser Fehlurteile würde ich schon sagen: Ja, eine gute Menschenkenntnis kann das Zusammenleben und letztlich auch meine Arbeit erleichtern. Schließlich ist der Buchgeschmack eines Menschen sehr individuell ausgeprägt.

Würden Sie denn noch einmal einspringen, wenn der Polizist wieder auf das falsche Pferd setzt?
Ah, Sie spielen auf Inspector Birdwhistle an. Aus meiner Sicht ein Kriminalist, der sich höchst eigenwilliger Methoden bedient. Andererseits muss ich zugeben, dass diese eifrige Beamtenseele eine seltsame Faszination ausstrahlt. Wenn es allein nach mir ginge, würde ich den Inspector gern dabei beobachten, wie er erneut aufs falsche Pferd setzt. Aber das soll keineswegs bedeuten, dass ich einen weiteren Mord in Little Barkham herbeisehne …

Neugierig geworden? Dann schaut hier vorbei:
digital-publishers.com/de/romane/mord-in-little-barkham-historisch-cosy-crime

Mittwoch, 30. April 2025

Jens Korch (Hrsg) "Wer hat den Nischel geklaut ..."

Chemnitz ist Kulturhauptstadt 2025. 
Was liegt da näher, als aus diesem Grund eine Krimianthologie zu veröffentlichen?
Natürlich, zwei ;-)
Doch bleiben wir bei dem vorliegenden Band.
Viele der Kurzgeschichten behandeln den klassischen Mord und sind in oder in der Nähe von Chemnitz angesiedelt.
Eine sechsköpfige Fachjury hatte bei der Vielzahl von Texten die Qual der Wahl.
Denn zwischen bekannten Kurzgeschichtenschreibern entdeckt man auch frische Texter, die so ganz abseits des Üblichen ihre Kriminalfälle suchen.
Mal kürzer, mal länger, mal Unfall, mal Rache, nahezu alle Spielarten des Krimis werden dabei bedacht.
Dabei kommen einige Schauplätze öfter als andere vor, so würde ich den Nischel und den Schlossteich meiden, wenn ich die Stadt in Realität besuchen würde. :-)
Es geht um Schatzsuchen, ausgefallene Orchideen, Märchen und falsche Freunde.
Die Jury hat sich Mühe gegeben, dem Leser ein breites Feld an Tathergängen und Verdächtigen zu bescheren, ohne dabei zu sehr in die Abstrusität abzugleiten.
Sollte man das Buch vor seinem Chemnitz-Urlaub lesen? Vielleicht lieber nicht, aber ob wirklich alle Autorinnen und Autoren gleichzeitig in Chemnitz weilen, wenn man selbst zum Besuch anreist, ist nun doch eher unwahrscheinlich. 
Ein gute Sammlung deutscher Krimigeschichten, die thematisch passend arrangiert wurden.

4 von 5 Denkmälern

Dienstag, 29. April 2025

Katherina Ushachov "Prism"

Nicht 2010, irgendwo in Deutschland.
Penelope ist schwanger, als sich mit Sofie und Kader trifft. Was als einmaliges Treffen gedacht war, wird zu einer Trärchen-Beziehung.
Und nicht nur das.
Alle drei arbeiten bei Prism, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die letzten Erinnerungen von Mordopfern speichern zu wollen. Ziel soll sein, Ermittlungen schneller voran zu treiben und auch die Unmöglichkeit von Straffreiheit in Aussicht zu stellen. Achtzehn Jahre begleitet die Erzählung die drei, erzählt vom Job, vom Privatleben, vom politischen Klima, was zunehmend unangenehm wird.
Immer weiter wird an Prism gefeilt, immer mehr Funktionen ergänzt. Doch hat es mit der ursprünglichen Idee überhaupt noch etwas zu tun?

Wann fühlst du dich bedrängt? Wann fühlst du dich in deiner Freiheit eingeschränkt? Und wann fühlst du dich bedroht?

In vielen verschiedenen Facetten geht die Novelle auf das Thema ein. Dabei schafft es die Autorin durch gezielte Andeutungen nicht jegliches Problem auszuformulieren. Oftmals bleiben Gedanken im Raum hängen und sie überlässt es dem Publikum, wie weitgreifend die Ideen sich auswirken.
Angelehnt die Hex-Codes, die für die Programmierung von Prism unerlässlich sind, führt die Autorin durch die Geschichte. Die Farben passen sich den Geschehnissen an und suggerieren die Stimmung von Penelope, Sofia und Kader.

Es ist kein leichter Text. Viele Ungerechtigkeiten werden thematisiert und man kann nicht anders, als sich wieder und wieder Gedanken zu machen, wie man selbst handeln würde?
Hat man vermeintlich eine Lösung, kommt ein neues Problem daher und man ist wieder sprachlos.
Wer einen Anstoß zum Nachdenken braucht, sollte zu diesem Buch greifen.

Mein einziger Wehrmutstropfen: das Ende kam mir zu plötzlich.

4 von 5 Hex-Codes

Danke an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

Sonntag, 27. April 2025

Henrietta Hamilton "Mord auf Westwater Manor"

In ihrem zweiten Fall ermittelt das inzwischen verheiratete Ehepaar Heldar außerhalb der bekannten Buchhandlung. Ein Kunde hat sie gebeten, eine Bestandsaufnahme seiner Bibliothek auf Westwater Manor durchzuführen. Doch als ob die beiden das Unglück anziehen, verletzt sich zuerst eine Person aus dem Haushalt, bevor es zu einem Todesfall kommt. Kurzum werden die beiden gebeten, sich des Falles anzunehmen und die Presse vom Anwesen fernzuhalten.
Während man sich bei anderen Krimis oftmals beschwert, dass man die Deduktionen der Ermittler nicht nachzuvollziehen kann, wird in diesem Band ein wahres Bombardement auf die Synapsen gestartet. Immer wieder spielen Johnny und Sally nach den jeweils neuen Informationen die Verdächtigen durch und kommen oft zu dem Schluss, dass es nahezu unmöglich scheint, dass sich die Personen nicht gesehen haben sollen. Doch wie so oft, ist Kommissar Zufall bei Krimis auch gerne mit von der Partie und so ist es in diesem Krimi ersichtlich, dass nicht ein allzu aufgesetzter Grund dem Tod voranging. 
Zuerst im Jahr 1957 veröffentlicht, merkt man dem Krimi an, wie sehr die englische Bevölkerung in Krieg und auch noch danach gelitten hat, was dem Inhalt eine Tiefe gibt, die in anderen Kriminalfällen nicht zu finden ist.
Neben Elementen des Detektivromans schleichen sich an einzelnen Stellen auch Bausteine des Spionageromans ein und runden den Inhalt, die Ambition und die Lösung ab.
Während man die modernen cosy crimes einfach mal so zwischendurch lesen kann, erfordert dieser Band eine gehörige Portion Gehirnschmalz. Während der Ermittlung, den zahlreichen Personen und Motiven nicht den Überblick zu verlieren, ist schon etwas anspruchsvoller und wird mit einem unüblichen, dafür sehr gelungenen Abschluss belohnt.

5 von 5 Bibliotheken

Samstag, 26. April 2025

Kurt-Jürgen Heering & Jo Müller "111 Gründe, das Böse zu lieben"

Jedem ist das Böse in irgendeiner Form schon einmal begegnet. Sei es im Film, im Buch oder gar in der Realität. Doch wie wäre es, wenn es das Böse überhaupt nicht gäbe? Wenn es aufhören würde, zu existieren?
Unabhängig davon, dass das einfach unmöglich ist, greifen die beiden Autoren diesen Gedanken mehrfach im Buch auf.
Seien es fiese Schurken, reale Banditen oder durchtriebene Mörder, was bleibt, ist trotz der Gewalt die Tatsache, dass das Gute nur durch das Böse seine Wirkung entfacht. Nur dann sieht man, was Menschen Gutes tun, wozu sie sie auch in der Lage sein können.
Doch stellen die beiden auch heraus, dass es gerade beim Film die Schurken sind, die das Publikum in ihren Bann ziehen. Der Joker brilliert neben Batman, um nur eines der zahlreichen Beispiele zu nennen. Sie erhalten die Auszeichnungen, weil es anspruchsvoller wirkt, einen bösen Charakter zu spielen als den Guten.
Natürlich ist die Auswahl eine Geschmacksfrage. Und so kommen einige Schurken in dem Buch vor, die man erwartet hat, ein paar sind überraschend und wieder andere scheinen zu fehlen. Im Nachwort wird erklärt, dass es schwer ist, eine verbindliche Auswahl zu treffen, weil immer wieder neue Ideen und Gründe auftauchen, doch letztlich muss man zu seiner Zusammenstellung stehen.
Gerade bei den literarischen und filmischen Gründen handelt es sich hauptsächlich um Inhaltsangaben. Wer sich auf diesen Gebieten bereits gut auskennt, wird in den Kapiteln nicht viel Neues entdecken.

3,5 von 5 Teufeln

Freitag, 25. April 2025

Tanja Karmann & Carsten Schmitt "Von Geisterhäusern und Totenbriefen"

Der Tod schwebt über allem und jedem. Der Endpunkt des Lebens ist der Totenschein. Ein vielleicht makaberer Gedanke, doch bietet er Raum für eine ungeahnte Inspiration und Kreativität.
Wenn man eine Zeitschrift konzipiert, die sich mit Schauer und Grusel auseinandersetzt, was läge da näher als den Tod als Thema zu wählen?
Im Schatten eines weltweiten Virus wurde die Idee geboren und hat inzwischen zu fünf Totenscheinen geführt. Doch wie sollte man die Optik der Zeitung in die digitale Welt bringen, wenn erst gerade wieder Messen und Cons möglich sind? Eine simple PDF würde dem Charme der Zeitung nicht gerecht, so musste ein E-Book daher, mit zwölf Geschichten, davon zwei zeitlosen Klassikern.
Doch betrachten wir das E-Book von Beginn an.
Jeder Totenschein stand unter einem Motto, welches im E-Book kurz erläutert wird. Jeweils eine Geschichte des jeweiligen Mottos sind von Tanja und Carsten im digitalen Totenschein abgedruckt. Themen sind z.B. "Dunkle Märchen", "Vampire & Wiederkehrer" und "Unheimliche Orte".
Ein jeder hat sofort eine Idee, wie die beiden das jeweilige Thema umgesetzt haben könnten und ich sage euch, ihr kommt nicht auf eine der Ideen. Wie beim ersten Thema zu vermuten ist, adaptieren die beiden bekannte Märchen, aber auf ihre sehr originelle Weise. Dabei erkennt man schnell die Schreibart des einzelnen und freut sich auf die unterschiedliche Herangehensweise. 
Innerhalb des Totenscheins bauen die beiden auch ihre jeweils eigene kleine Serie mit Texten um ihre eigenen Protagonisten auf und schaffen über die verschiedenen Themen trotzdem eine Verbindung zwischen den individuellen Geschichten. Als gute Autorin und guter Autor gestalten sie die Texte dabei so, dass man nicht zwangsläufig den vorigen Totenschein gelesen haben muss, um die Geschichte zu verstehen. Sie schaffen es aber, die Neugier zu wecken, dass der Leser die andere Geschichte ebenfalls kennen will. Und er wird dafür mit interessanten, spannenden und ungewöhnlichen Texten belohnt.

Abgerundet wird das E-Book und natürlich auch die Taschenbuchausgabe durch die zwei Klassiker: Edgar Allan Poe mit "Morella" und Hans Heinz Ewers "Die Spinne". Sie ergänzen die schon zuvor perfekte Stimmung um eine Art Schauer, die neben Tanja und Carsten heute nur wenige Autoren mit solchem Feingefühl formulieren können.

5 von 5 Totenscheinen

Danke an Tanja und Carsten für das Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 24. April 2025

Autoreninterview Christian Tobias Krug

Hallo zusammen.
Diese Woche darf ich euch einen Autoren vorstellen, der auch in meiner Anthologie "Hinter Mauern" vertreten ist. Abweichend zu der mittelalterlichen Kurzgeschichte geht es in diesem Interview mehr um seine Fantasywelten, mehr will ich aber noch nicht verraten.

(Foto: Christian Tobias Krug (privat), Grafik: Maximilian Wust)


Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Schon im Grundschulalter habe ich eigene Texte geschrieben – damals noch Märchen und kurze Erzählungen.
Meine erste Geschichte als Kind hieß übrigens „Das Radieschen“. In dem Märchen steckt ein Radieschen so tief in der Erde, dass ein gesamtes Dorf benötigt wird, es herauszuziehen. Dass ich später dann Dark Fantasy und sogar Horror schreiben würde, konnte ich mir in dem Alter allerdings beim besten Willen noch nicht vorstellen. Solche Sachen fand ich eher ... na ja, gruselig ;)


Du hast sowohl schon Kurzgeschichten verfasst als auch Romane geschrieben. Wie unterscheidet sich hier deine Arbeitsweise?
Romane plane ich in der Regel von langer Hand, mache mir viele Gedanken im Vorfeld und werkle im Kopf an der Handlung herum. Bei Kurzgeschichten folge ich hingegen meist ganz spontanen Impulsen. Wenn ich beispielsweise die Ausschreibung zu einer Kurzgeschichten-Anthologie lese, ist meine Teilnahme häufig davon abhängig, ob ich zum gegebenen Thema ganz spontan die zündende Idee im Kopf habe.

"So dunkel das Zwielicht" spielt mit verschiedenen Elementen, die man aus bekannten Werken kennt. Bewusst sind mir mindestens drei literarische Vorbilder aufgefallen. Wie kann ich mir den Entstehungsprozess deines Werkes vorstellen?
Schwarz-Weiß-Malerei hat mich schon immer genervt – im realen Leben, aber auch in Büchern. Speziell im Fantasy-Bereich sind die Rollen von Gut und Böse ja meistens ziemlich klar verteilt.
„So dunkel das Zwielicht“ bricht bewusst mit diesen gängigen Mustern. Ob Himmel oder Hölle – keine der beiden Seiten ist eindeutig gut oder böse. Nicht immer scheint das Licht strahlend hell, die Finsternis verbirgt mehr als nur Schatten.
Aber auch für einzelne Charaktere gilt: Die Hauptfiguren rund um Julian und Kyu-Min sind nicht unbedingt strahlende Helden; sie besitzen ihre Ecken, Kanten und zweifelhaften Eigenschaften – ebenso sind ihre Gegner nicht einfach bloß Bösewichte, sondern oft gezeichnet von persönlichen Tragödien oder selbst Opfer der Umstände.
Beim Schmökern begegnet der Leser vielen bekannten Figuren wie dem gefallenen Luzifer, Dämon Asmodeus oder Erzengel Michael ... diese erfahren hier jedoch eine eigene Interpretation und unterscheiden sich teilweise stark von ihren mythologischen Vorbildern.
Daneben wirft die phantastische Handlung auch immer wieder Fragen auf, die sich konkret auf das reale Leben beziehen: Ist gleichgeschlechtliche Liebe eine Sünde? Was bedeuten Gut und Böse überhaupt? Darf man Gewalt ausüben, solange es im Namen einer gerechten Sache geschieht? ...


Wie würdest du dir eine Welt vorstellen, in der die Übergänge zu anderen Sphären fließender sind?
Chaotisch ;) Geistig bin ich ja sowieso schon ständig in anderen Sphären unterwegs – heißt: Ich verbringe viel Zeit in meinen eigenen Fantasiewelten und komme deshalb öfter zu spät zu Verabredungen oder renne versehentlich gegen Straßenlaternen. Wenn ich mir jetzt vorstelle, man könnte diese Welten tatsächlich auch noch körperlich-real besuchen ... oh je, ich würde wohl in unserer alltäglichen Welt nicht mehr viel auf die Kette bekommen.

Was beeinflusst dich besonders beim Schreiben?
Meistens Ereignisse des realen Lebens. Nicht unbedingt nur schöne Momente, in meinen Romanen und Geschichten verarbeite ich viele meiner schmerzhaftesten und prägendsten Erlebnisse.

Welcher deiner Charaktere ist dein liebster?
Schwer zu sagen. Wahrscheinlich steckt in den meisten Charakteren ein kleines Stück von mir selbst. Julian beispielsweise symbolisiert wahrscheinlich meinen inneren Kämpfer; er ist stark, selbstbewusst und sehr ehrlich mit seinen Gefühlen – vor allem sich selbst gegenüber, was ja ebenfalls Mut erfordert. Der Dämon Belial wiederum steht wohl für meine verletzliche Seite; aus ihm spricht der verzweifelte Wunsch aufzugeben, der in schwierigen Situationen wohl jeden Menschen gelegentlich überkommt.
Es gibt aber auch Charaktere, die sind zwar nicht unbedingt sympathisch, aber dennoch als Figur interessant – zum Beispiel Despariel, der „Hauptfeind“ der Zwielicht-Serie. Er ist nicht einfach ein plumper Oberschurke, sondern auch ein tragischer, innerlich zerrissener Charakter. Denn obwohl er nach Rache an Julian strebt ( die menschliche Wiedergeburt seines dämonischen Bruders Raziel ), wünscht er sich gleichzeitig dessen Liebe und Anerkennung.

Gibt es etwas, was alle deine Geschichten miteinander verbindet?
Eine düstere, oft auch mystische Atmosphäre mit Grusel, Grauen, Gänsehaut ... aber in aller Regel mit positiven Untertönen, einem heiteren Ende und einer lebensbejahenden Botschaft.


Wer neugierig ist, kann sich hier mehr über Christian erfahren:
burgenweltverlag.de/interviews/krug-christian-tobias-2024-hinter-mauern.html
instagram.com/christian_tobias_krug/

Nächsten Monat gibt es ein neues Interview.

Dienstag, 22. April 2025

Makoto Yukimura "Vinland Saga 1"

Neben "Atelier of Witch Hat" ist über Umwege auch eine zweite Mangaserie bei mir auf dem SUB eingezogen. Während AoWH sich mit Zauberei, Büchern und verschiedenen Welten auseinandersetzt, mutet die "Vinland Saga" fast wie ein Geschichtsbuch im Mangaformat an. 

Die später so genannten Wikinger greifen im Frankenland eine Burg an. Dabei "unterstützen" sie vermeintlich eine Belagerung, um dann ihre eigene großzügige Beute vor den Augen der Belagerer abzuziehen. Bei ihnen ist ein junger Isländer, der eigentlich alles will, hauptsächlich seinen toten Vater zurück. Doch wie kam es dazu? Und was ist der Belagerung von England?
Die Wikinger sind immer die geschichtliche Episode gewesen, mit der ich nicht warm wurde. Oft als Brandschatzer und Mörder dargestellt, hatte ich kaum einen Bezug zu ihnen. Dementsprechend skeptisch habe ich den ersten Band zur Hand genommen. 

Im Gegensatz zu der Detailverliebtheit von AoWH sind hier die Zeichnungen auf Grund der Kampfszenen oft hektisch oder bestehen auch mal gerne nur aus einem "Wusch". Man kennt das aus alten Fernsehcomics, bei denen die Animation noch nicht fortgeschritten war. Viele Seiten beziehen sich auf Kampf, Demütigung und Brandschatzung.

Doch werden immer kleine historische Anmerkungen eingestreut und auch eine Sensibilität für das Leben der Wikinger geschürt. Denn Eis und Schnee machen das Leben und gerade den Ackerbau nahezu unmöglich. Doch muss man deswegen immer Krieg führen oder andere Dörfer überfallen? Vielleicht findet sich die Antwort in den nächsten Bänden.

4 von 5 Drachenköpfen

Sonntag, 20. April 2025

Walter Moers "Der Bücherdrache"

Der Buchling Hildegunst Zwei will unbedingt zu den Ormlingen gehören, so erzählt er es im Zwiegespräch mit Hildegunst von Mythenmetz. Um in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, muss er zum Ormsumpf reisen und dem Bücherdrachen Nathaviel eine seiner Bücherschuppen klauen. Sozusagen als Beweis, dass er ihn getroffen hat. Weiterhin soll er ihm eine Frage stellen.
Doch das Gespräch artet ein wenig aus, denn nachdem der Hype um den Bücherdrachen nachgelassen hat, seine Angewohnheit Buchlinge zu verschlingen, fanden nicht alle so passend, ist er froh über ein bisschen Gesellschaft. Hildegunst Zwei und der Bücherdrachen sprechen über Gott und die Welt, doch dann will der Drache ihn nicht gehen lassen. Zu viele Geheimnisse hat er ihm anvertraut und so bleibt ihnen keine Wahl ...

Wer schon Bücher von Walter Moers gelesen hat, weiß, dass man sie nicht mit anderen Werken vergleichen oder gar messen kann. Der Autor hat mit seinen Welten und dem Erzähler Hildegunst von Mythenmetz ein eigenes Universum geschaffen. Seine Kreativität, sein Humor, seine Bibliophilie und die  Illustrationen erwecken jede einzelne Geschichte so zum Leben, wie ich es selten erlebt habe. Man taucht direkt in die Geschichte ein und es selbstverständlich, dass der Drache spricht, gebildet und belesen ist. Walter Moers schafft es, alles ganz natürlich wirken zu lassen, sodass die Bücher ein Art "nach Hause kommen" darstellen und man seine Texte ungern verlassen will. Viel Charme, eine gehörige Portion Witz und ganz viel Liebe zum Details runden dieses vermeintlich kurze Werk um die Buchlinge und den gebildeten Bücherdrachen ab.

4 von 5 Bücherschuppen

Samstag, 19. April 2025

Kjell Bohlund "Die unbekannte Astrid Lindgren"

Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, jeder, aber wirklich jeder, hat schon einmal etwas von Astrid Lindgren gelesen? Oder zumindest etwas von ihr im Fernsehen angeschaut? Pippi, Michel, Ronja, Mio, Karlsson oder die Kinder aus Bullerbü. So viele Welten hat sie in den Zeiten nach dem Krieg erschaffen und auch heute noch sind ihre Bücher gern gelesen.
Doch was steckt hinter "die unbekannte Astrid Lindgren"?
So sehr ich mich mit der Autorin schon beschäftigt habe, bisher war mir ihre weitreichende Rolle bei Rabén & Sjögren im wahrsten Sinne des Wortes unbekannt.
Denn sie war dort nicht eine Sekretärin oder Lektorin. Nein, sie bestimmte mit Hans Rabén, zumindest offiziell, denn inoffiziell entschied sie oftmals selbst, welche Manuskripte angenommen wurden und welche nicht. Sie schaffte diese Arbeit auf halber Stelle, mit zwei Kindern und sie fand nebenher die Zeit zahlreiche eigene Bücher zu schreiben und durchs Land zu tingeln und die neuen Verlagsbücher vorzustellen.
Unglaublich? Ist aber belegt.
Kjell Bohlund hat sich durch Briefe, Texte und anderweitige Korrespondenz von Astrid Lindgren gelesen, sowie einige ihrer Weggefährten interviewt. Unterlegt mit Fotos und Zitaten aus Reden, Briefen und anderweitigen Texten formt er im Buch ein Bild von Astrid Lindgren, welches das bereits bestehende um ein Vielfaches erweitert.
Es war schon ein Drahtseilakt, in dem Verlag, in dem sie selbst veröffentlichte auch für das Verlagsprogramm zuständig zu sein. Doch der überwiegende Teil der Befragten findet ihre Vorgehensweisen mehr als gerecht und Nörgler gibt es leider immer und überall.
Abgerundet wird das Buch durch die Geschichte des Oetinger Verlags. Schon früh nach Verlagsgründung lernen sich Verleger und Astrid kennen und dem Verkauf ausländischer Lizenzen steht nichts mehr im Weg.
Ein wundervolles Buch über Kinderliteratur, Literatur im Allgemeinen, die Nachkriegszeit und über die Buchbranche.

5 von 5 Herausgeberinnen

Dienstag, 15. April 2025

Kamome Shirahama "Atelier of Witch Hat 5"

Prüfungen haben die Angewohnheit nicht so zu verlaufen, wie sie zu Anfang geplant waren. Und so finden sich die Mitglieder des Ateliers an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Verletzungen wieder. Jede kämpft so gut sie kann und jeder versucht die anderen zu beschützen. Doch ist es nicht die schiere Gewalt, die den Band dominiert. Zusammen gelingt es den Lehrern und Schülern sich aus der Dunkelheit zu befreien - doch zu welchem Preis?

Mit jedem Band wird die Nähe zu Sagen, Mythen, Redewendungen und auch Sprichwörter offensichtlicher. Jede Seite, jeder platzierte Vorwurf, jede Demütigung und jede Lüge sind fein gewebt, wenn es um die Welt der Magier und Zauberer geht. Dabei schwebt in diesem Band die Magie über den Prüflingen, die nicht mehr genutzt werden darf. Schon vor Zeiten wurde sie reglementiert und die so berühmte "dunkle" Seite versucht, die Prüflinge zu instrumentalisieren.

Kommt euch bekannt vor? Sicherlich, der Plot und die Herangehensweise ist nicht wirklich neu, aber die Welt, in der "Atelier of Witch Hat" spielt, unterscheidet sich doch sehr von den Texten, die ich bisher gelesen habe.
Mein liebster Band war dies sicherlich nicht, aber ich bewundere, wie durch die Zeichnungen und den Text eine immer größere Sogwirkung aufgebaut wird und man unbedingt weiter lesen möchte.

4 von 5 Ateliers

Montag, 14. April 2025

Harper Lin "Maggie Bell und die verfluchten Seiten"

Langsam aber sicher gewöhnt sich Maggie an ihren neuen Chef. Auch wenn sie immer noch nicht sein Sortiment schätzt, sein Vater würde sich im Grab umdrehen, gibt der Erfolg ihm recht. Gerade jetzt zu den Feierlichkeiten zum 4. Juli strömen noch mehr Besucher in den Buchladen und dabei erlebt Maggie eine Überraschung. Ihre verschwundene Schwester Angel steht mitten im Laden und verdreht den Männern den Kopf. Doch ihre Ankunft zieht zwielichtige Verfolger mit sich, von denen einer kurze Zeit später tot ist.

Es sei vorab gesagt, auch wenn dies der dritte Band einer Serie ist, kann man ihn ohne Probleme auch zum Einstieg lesen. Einzelne für die Handlung wichtige Informationen werden in diesem Band wiederholt und man befindet sich direkt im Geschehen. Abweichend zum ersten Band spielen nicht allzu viele Szenen im Buchladen, sondern auf Grund der Verfolgung trifft man Maggie viel innerhalb von Fair Haven an. 

Was die Autorin innerhalb dieses Bandes hervorragend schafft, ist die Rivalität zwischen den Schwestern herauszuarbeiten. Immer wieder zeigt es sich, wie schwer es ist, eine vermeintlich nahestehende Person zu akzeptieren, wenn man sie doch so gar nicht versteht. Viele der früheren und auch jetzigen Situationen resultieren aus diesem Konflikt und machen das Buch sehr spannend. Allerdings leiden darunter die anderen Aspekte. Wie schon erwähnt, kommt dieses Mal der Buchladen sehr zu kurz und auch der Todesfall steht sehr lange im Schatten der Verfolgungsjagd.

Dabei sind die Begebenheiten schlüssig aufgelöst und man bemerkt, dass die Autorin nicht ihren ersten Krimi schreibt. Die Pointen sitzen und die Charaktere bilden ein gutes Spektrum einer Kleinstadt ab.

4 von 5 Seiten

Samstag, 12. April 2025

Bernhard Kellermann "Der Tunnel"

Amerika. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Mac Allan hat sich langsam, aber stetig, die Karriereleiter hochgearbeitet. Sein neuestes Projekt: ein Tunnel zwischen Amerika und Europa. Doch bevor er mit den Arbeiten beginnen kann, muss er das Kapital heranschaffen. Im Lauf des Buches zeigt sich, dass das nicht die gewaltigste Aufgabe war und Mac ganz andere Schwierigkeiten zu meistern haben wird.

Mit Klassikern ist es bekanntlich immer so eine Sache, ob sie einem gefallen oder aber nicht. 
Während ich für Krimiklassiker schwärme, war "Der Tunnel" ein hartes Stück Arbeit für mich.
Bei Krimiklassikern liebe ich es, wenn der Autor es über Seiten schafft, eine gewisse Atmosphäre und ein Gefühl für die Charaktere aufzubauen, hier war ich stellenweise nur genervt. Bis die Handlung erstmal wirklich in Schwung kam, waren an die einhundert Seiten schon vorüber und der Gedanke, das Buch doch beiseite zu legen, war allgegenwertig. 
Doch ich wurde belohnt: der langsame Aufbau entfaltet sich im Lauf des Buches zu einer Dramatik, wie ich sie selten gelesen habe. Schicksalsschläge, Rückschritte, niederdrückende Gedanken, Seite um Seite zieht das Buch den Leser in den Bann und zeigt seine Stärken. 
Aus psychologischer Sicht ist das Buch ein wirklicher Meilenstein. Macht, Machtmissbrauch, Absturz und Resignation. Alle Themen werden in diesem Science Fiction Klassiker beleuchtet und durch Andreas Eschbach im Vorwort und Hans Frey im Nachwort abgerundet und in der heutigen Zeit verordnet. Denn vieles, was damals galt, ist auch heute noch aktuell. 
Ein moderner Klassiker, bei dem sich "dranbleiben" lohnt.

4 von 5 Tunnelmen

Donnerstag, 10. April 2025

Agatha Christie "Ferien mit Agatha Christie"

Urlaubszeit = Krimizeit.

In zwölf Geschichten lernen die Leser ein paar Detektive der großen Krimi-Queen kennen:
- Jane Marple
- Hercule Poirot
- Parker Pyne
- Tommy und Tuppence 

geben sich bei den Fällen die Klinke in die Hand und wechseln dabei auch noch freudig die Urlaubsorte.

Mit dabei sind u.a. der Nil, Rhodos und Delphi, aber heimische Ortschaften kommen bei Lug und Trug nicht zu kurz.
Die unterschiedlichen Textlängen, die verschiedenen Charaktere und auch die vielfältigen Betrügereien lassen bei dem Krimiband keine Langeweile aufkommen.
Das Buch eignet sich hervorragend für Leser, die erstmalig etwas von Agatha Christie lesen oder verschiedenartige Themenbände sammeln möchten.
Die Texte sind in anderen Zusammenstellungen bereits erschienen, was man im Anhang nachlesen kann.

Die Auswahl der Texte bildet eine harmonische Darstellung von Agatha Christies Können, denn nicht jeder mag Hercule Poirots hochnäsige Art oder mag die eher flapsige Darstellung von Tommy und Tuppence.
Klassiker wie "Tod auf dem Nil" dürften dabei den meisten bekannt sein, aber auch Geschichten wie "Der Tempel der Astarte" zeigen das Können und die Menschenkenntnis der Autorin.

4 von 5 Mordsgeschichten