Donnerstag, 30. Juni 2022

Dan Adams "Manhattan 2059"

Düster liegt die Welt von Manhattan vor dem Leser. Das Jahr 2059 folgt seinem Vorgänger 2058 in einer Brutalität und einer Skrupellosigkeit, die ihresgleichen sucht. 
Hatte das D.S.O. zum Ende des ersten Teils der Geschichte um Mike Quillan, Jane Capriso und den anderen des D.S.O. ein bißchen Grund in die Unterwelt von Manhattan gebracht, so zeigt der neue Band, dass Unkraut nicht vergeht. Im Gegenteil es schießt (im wahrsten Sinne des Wortes) aus noch mehr Löchern nach, wenn man vermeintlich eines gestopft hat. 
Nachdem der erste Band auf Mike fokussiert war, setzt der zweite auf Jane. Ihre Geschichte, vor allem ihre privaten Belange rücken in den Vordergrund, denn auf einmal sind ihre Sorgen nicht mehr nur privater Natur und das D.S.O. muss verhindern, dass größere Katastrophen passieren. Angefangen damit, dass die Bürgermeisterin nach einem Treffen mit den wichtigen Leuten der Stadt auf dem Heimweg umgebracht werden soll.
Aktionreich wie sein Vorgänger verschachtelt Dan Adams die vielfältigen Probleme der Stadt ineinander. Drogen, Waffen, Flüchtlinge, Korruption. Alles Themen, die schon wer weiß wie oft bespielt wurden, fügt er zu einem neuen Puzzle zusammen, bei dem sich menschliche Abgründe auftun, die dem Leser das Blut in den Adern gefrieren lassen.
Man riecht den Rauch, man schmeckt das brackige Wasser, man empfindet den Ekel, ob der Ratten oder der Personen ist der jeweiligen Situation geschuldet. Es entsteht ein Kopfkino, dass einen bei den waghalsigen Flügen den Atem stocken und auf Grund der zeitlichen Nähe hoffen lässt, dass wir nicht auf genau ein solches Szenario zusteuern.
Sollte irgendjemand einmal gesagt haben, zweite Bände stehen im Schatten des ersten Bandes: Nein. Dieses Buch definitiv nicht. Man sollte, um die Rahmenhandlung zu verstehen, den ersten Band lesen, aber es sei gesagt, nach dem ersten Band rechnet man nicht mit einer solchen Steigerung im zweiten Band.

4,5 von 5 Cops

Maurice Leblanc "Arsène Lupin"

Beschäftigt man sich als Leser mit Sherlock Holmes, kommt man auf Dauer nicht an den vielfältigen Pastiches und auch an den sogenannten Gegnern von Sherlock Holmes vorbei.
Sherlock Holmes in die eigene Geschichte zu integrieren ist kein modernes Phänomen. Schon die Zeitgenossen von Arthur Conan Doyle nutzten den Meisterdetektiv, um die eigene Figur in ihrer Brillianz zu zeigen.
Das vorliegende Beispiel "Arsène Lupin" in einer wunderschönen Ausgabe des Splitter-Verlages stellt in einer der neun Geschichten den Protagonisten Arsène Lupin (Meistergauner) Sherlock Holmes (Meisterdetektiv) gegenüber.
Beide sind auf ihre Art genial, aber gerade durch den Vergleich mit Sherlock Holmes verstärkt sich die Genialität von Arsène Lupin.
Ob im Zug, im Gefängnis oder auf einem Landgut, Arsène Lupin schafft es durch seine Täuschungen immer wieder die Menschen in seinem Umfeld zu verwirren. Seine Art, nicht umsonst nennt man ihn Gentleman-Gauner, lässt den Leser beim Verfolgen der Geschichte vielfach schmunzeln, denn es ist schon trotz der Straftaten ein Fest wie Lupin die Menschen an der Nase herumführt.
Ein wichtiger Hinweis: Ich hatte hier mit einer Comicausgabe gerechnet. Was aber meine Fehlinterpretation war. Es handelt sich um die Geschichten als Textform, wobei die Geschichten mit einzelnen ganzseitigen Bildern unterstützt werden. Wie schon bei anderen Comicausgaben sind diese Bilder definitiv etwas für das Auge, aber sie sind eben nur zusätzlich.

Eine wunderschöne Ausgabe eines Klassikers. Doch Sherlock ist mir immer noch lieber.

4 von 5 Taschenuhren

Sonntag, 26. Juni 2022

René Moreau (Hrsg) "Cozmic Vol. 04"

Auffällig gesellt sich dieser Comicband in meine kleine Sammlung von Comics. Warum auffällig? Nun, weil dieser Comic äußerst besonders ist.
Es handelt sich um eine Comic-Anthologie.
Während in anderen Comics vielleicht im Laufe der Jahre die Zeichnern wechseln und ein wenig der Figur ansich gewerkelt wird (siehe Disney oder Asterix), bietet diese Anthologie thematisch und stilistisch eine ganz große Bandbreite. 
Von Comics, welche wie Aquarelle anmuten, über solche, die in der Aufmachung den franko-belgischen Comics folgen, bis hin zu klar und scharf gezeichneten Comics, ist für jedes Auge etwas dabei.
Auch thematisch wird viel geboten, vom Verlassen der Erde, über den Beginn der Menschheit bis hin zu Kobolden und anderen phantastischen Wesen. Altbewährte Stilmittel der Comicgestaltung werden genauso genutzt wie auch neue Pfade beschritten werden. Ganzseitige Bilder, kleinste Bilder, Bild in Bild, der Betrachter wird von der Vielfalt ganz und gar eingenommen.
Dabei bieten die Comics auch inhaltlich Zündstoff oder um es genauer zu sagen: Kritik wird in manchen der Comics genauso laut, wie man bei anderen auf Grund der Kuriosität lachen muss. 
Ergänzt wird die Zusammenstellung um einen Artikel über den Zeichner Jiro Taniguchi und seine künstlerische Laufbahn, wobei der Schwerpunkt auf sein Werk "Ice Age - Chronicle of the Earth" gelegt wird.
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass es sich bei manchen Comics auch um Fortsetzungs"geschichten" handelt, wer neugierig auf DIE Comic-Anthologie ist, sollte mit Volume 1 beginnen.

5 von 5 Comicstrips

Freitag, 24. Juni 2022

Dave Cobbler "Die Tore der Assassinen"

Oft ist die Welt, die wir sehen, nicht alles. 
Palinas Leben ist geprägt von Arbeit, ihrem Kater, ihren Freundinnen und der Suche nach ... Einem Sinn des Lebens wäre zuviel gesagt, ein Mann würde auch schon reichen, doch ihr Nachbar scheint ihr Interesse bisher nicht bemerkt zu haben. Oder er geht stilecht darüber weg.
Als sie einen Abend mit ihren Mädels auf dem Weihnachtsmarkt verbringt und einen alten Mann hilflos am Brunnen sitzen sieht, kann sie nicht in Ansätzen erahnen, dass sich ihr Leben jetzt in genau dieser Sekunde für immer verändern wird. Denn von einem auf den anderen Moment ist sie in der Wüste ...

"Die Tore der Assassinen" bildet den Auftakt zu einer Urban-Fantasy-Reihe, die zudem mit Krimielementen gekreuzt wurde. Während es beschauliche Szenen gibt, in denen die Mädels zusammen kochen oder es sich auf dem Weihnachtsmarkt am Glühwein gütlich tun, ist auf der nächste Seite die Jagd auf das Ungewisse in vollem Gange. Denn während die Mädels noch trinken, wird an einer anderen, nicht weit entfernten Stelle, ein Mensch umgebracht. Dabei verdichten sich zunehmend die Hinweise, dass alle Ereignisse um Palina kreisen.

Die Mischung aus zum einen temporeichen und zum anderen atmosphärischen Szenen hält den Leser lange Zeit im Dunklen, woher die Gefahren kommen und was sie für Palina bereit halten, sodass man als Leser immer wieder in den Überlegungen umdenken muss, um die neuen Ereignisse mit der bisher erzählten Geschichte in Einklang zu bringen. Eine Geschichte, die ungewöhnlich in ihrem Tempo, als auch in ihrer Erzählweise ist. 
Leser, die gerne genreübergreifend lesen, sollten sich dieses Werk zur Hand nehmen, es bietet einige Überraschungen.

4 von 5 Überfällen

Mittwoch, 22. Juni 2022

Hannes Binder "Sherlock Holmes - Das letzte Problem"

Einen Klassiker der Weltliteratur neu zu interpretieren ist immer eine Herausforderung:
Wieviel soll man vom Original übernehmen?
Wieviel Eigenständigkeit lassen die Leser dem Autor durchgehen?
Wie erreiche ich auch die Leser, die das Werk schon kennen und wie spreche ich sie mit meiner Neuinterpretation an?

Kurz und gut, Hannes Binder ist es mit seiner illustrierten Ausgabe mehr als gelungen. Die Geschichte von Sherlock Holmes an den Reichenbachfällen wird in dieser Ausgabe leicht verkürzt erzählt, aber die Auslassungen sind so gewählt, dass man der Geschichte ohne Probleme folgen und Sherlocks Brillianz erkennen kann.
Die Illustrationen und der Text sind nur in weiß und blau gehalten, was die Szenen an den Reichenbachfällen wundervoll unterstreicht. Die Zeichnungen glänzen durch ihre Dramatik und vermitteln den Schrecken der jeweiligen Situation.

Eine schöne Ausgabe, die sich sowohl als Einstieg in das Thema Sherlock Holmes anbietet, als auch für Liebhaber des Meisterdetektiv, die im wahrsten Sinne des Wortes in seine Welt (erneut) eintauchen wollen.

5 von 5 Wasserfällen

Freitag, 17. Juni 2022

Jean Bastide "Idefix und die Unbeugsamen 1"

Während Asterix und Obelix auf ihr nächstes Abenteuer warten, hat Idefix sich seine eigenen Abenteuer organisiert.
In kleiner Klappbroschur kommt dieser Band um Idefix und seine tierischen Freunde daher.
Wir befinden uns um Jahr 52 v. Chr. und die römischen Polizeihunde (formschön in der klassischen römischen Uniform) machen die Straßen von Lutetia unsicher.
Klappt man den Comic auf, werden die tierischen Helden wie in den klassischen Asterixheften vorgestellt und mit ihren Fähigkeiten dem Leser nahegebracht.
In drei kurzen Episoden werden so vielfältige Themen wie Quarantäne, freie Meinungsäußerung und weitere Themen auf die typisch französisch-bissige Art karikiert und zudem auch kritisiert. Somit sind die Comics wie auch die Astericx-Bände nicht nur für die jungen Leser, sondern auch für die erwachsenen Leser spannend zu lesen.
Die Zeichnungen sind dabei etwas moderner gehalten, doch die üblichen Comic-Effekte wie Sprechblasen, kursive und fette Schrift bleiben dem Leser erhalten.
Somit eine gelungene Abwechslung zu den originalen Asterixheften, auch wenn sie nicht ganz an diese heranreichen.

4 von 5 Hundepatrouillen

Donnerstag, 16. Juni 2022

Joyce Summer "Madeiragrab"

Die Vergangenheit ist nie Geschichte. Sie ist immer die Basis für Geschehnisse im Hier und Jetzt. Diese Erfahrung muss auch Commissário Avila machen, als er zu einem Mord auf dem Golfplatz gerufen wird. Dabei hat er gerade ganz andere Sorgen, sein erstes Kind ist auf dem Weg und seiner Frau geht es schlecht
Hin und her gerissen zwischen Gassi gehen mit dem gemeinsamen Hund und den Ermittlungen in der High Society von Madeira, die so gar nicht seine Kragenweite ist, wäre er ohne seinen Subcommissário Vasconcellos ziemlich aufgeschmissen. Avila hat als Zugezogener nicht die Verbindungen zu den alten Familien der Insel wie sein Mitarbeiter. Doch tappt auch dieser lange Zeit im Dunkeln, denn das Opfer war vor der Ermordung äußerst umtriebig. Die Zahl der möglichen Täter und deren Stellung in der Gesellschaft machen es den Ermittlern schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen und ein klares Bild auf die Tat zu erhalten. Als sich herausstellt, dass zudem eine Skizze aus dem Jahr 1950 verschwunden ist, scheint es, als ob der Fall nicht noch diffuser werden kann, doch das war nur der Anfang.
Joyce Summer startet mit Commissário Avila ihre Reihe von Kriminalromanen auf der Insel Madeira. Avila, der wie der Leser, nicht zu den alteingesessenen Familien Madeiras gehört, dient in dem Krimi als Bindeglied zwischen der Bevölkerung und den Lesern. Als höhergestellter Ermittler ist er sehr auf die Mitarbeit seines Subcommissários angewiesen, der die Personen entweder kennt oder jemanden kennt, der einen kennt. Lokalkolorit par excellence. Eingestreut mit portugiesischen Ausdrücken wird die Atmosphäre eingefangen und der Leser fühlt sich eingenommen von der portugiesischen Lebensart. 
In Rückblenden wird die Vorgeschichte zu diesem Fall erzählt, was den Leser in Wechselbad der Gefühle taucht, da man immer wieder meint, die Wahrheit aufblitzen zu sehen, um dann von einer neuen Wendung überrascht zu werden. Durch sein ungewöhnliches Setting und die gute Umsetzung von Kriminalfall und Lebensart sticht der Krimi aus der Masse der Lokalkrimis hervor und lässt den Leser das Buch nur ungern zur Seite legen.
Danke an die Autorin für das Rezensionsexemplar.

4 von 5 Geheimnissen

Mittwoch, 15. Juni 2022

Kai Focke & Sabine Frambach "Staubkornfee trifft Ich-Maschine"

Leider ist man als Leser sehr auf das Äußere eines Buches fixiert und nimmt Bücher, die einen optisch nicht ansprechen, gar nicht erst zur Hand. Was für Kleinode dem Leser dabei entgehen können, zeigt diese Anthologie.
Denn es sind die Worte, die den Geschichten Leben einhauchen; den Leser in andere, fremde Welten entführen. In 55 fantastischen Kürzestgeschichten nehmen uns die Herausgeber Sabine Frambach und Kai Focke begleitet von einer 37-köpfigen Autorenschaft mit in die Phantastische Bibliothek Wetzlar und zeigen uns in ihrer Anthologie, ja was eigentlich?
Sie zeigen, wie vielfältig Literatur und im Speziellen phantastische Literatur sein kann, wenn man über den eigenen berühmten Tellerrand schaut.
Man kann mit einer Zeitmaschine Abenteuer erleben oder gar durch die Erzählung selbst durch die Zeit katapultiert werden. Man erlebt Aufstände, man ist mit dabei, wenn die Arche ausläuft oder begibt sich zum Mond oder oder ...
Haben Anthologien sonst einen thematischen Zusammenhalt glänzt diese Anthologie dadurch, dass keine Geschichte der anderen gleicht und man die gesamte Bandbreite der phantastischen Möglichkeiten kennenlernt. Ob Science-Fiction, Mystery, Fantasy, Horror oder Märchen, jeder wird das eine oder andere Genre bereits kennengelernt haben, aber gerade diese Zusammenstellung macht die Anthologie zu etwas ganz einzigartigem. 
Ob alle Geschichten dem eigenen Geschmack entsprechen? Wohl eher nicht, aber im Zusammenspiel sind diese 55 Geschichten, ausgewählt aus den bisher erschienenen Phantastischen Miniaturen eine gelungene Auswahl aus dem, was Phantastik in den Köpfen der Leserschaft erzeugen kann. Oder könnt ihr euch anderweitig so schnell durch Raum und Zeit und in andere Welten begeben?
Allen, die ihre Sinne auf Reisen schicken, neue Welten kennenlernen (denn es gibt noch anderes als Krimis, New Adult und Romance) und Sprache in ihrer unterschiedlichsten Form lesen wollen, sei diese Anthologie ans Herz gelegt. Ich verspreche euch, ihr werdet in die Welten eintauchen und danach mehr davon haben wollen.

5 von 5 Phantastischen Miniaturen

Samstag, 11. Juni 2022

Haike Hausdorf "Sherlock Holmes und der Gentlemen`s Club"

Vor dem Holmes ist nach dem Holmes oder so ähnlich.
Nachdem ich in den letzten Wochen so viele Sherlock Holmes Geschichten wie selten hintereinander gelesen habe, könnte man meinen, ich bräuchte eine Pause?!
Weit gefehlt, denn der doch zuweilen arrogante Detektiv ist für mich eine der liebsten Figuren, die die Buchwelt zu bieten hat. 
Daher freute es mich, als die Autorin mich um eine Rezension ihrer Novelle bat.
Nach den abendlichen Besuchen im Gentlemen`s Club finden sich einige betuchtere Gentlemen urplötzlich in dunklen Seitenstraßen wieder, nachdem sie zuvor dem Glückspiel gefrönt hatten. Sie sprechen von schauerlichen Figuren, Masken und zeitweilig sind sie auch längere Zeit außer Gefecht gesetzt. Doch das Wichtigste: Sie wurden alle ausgeraubt.
Sherlock Holmes wird vom Besitzer des Etablissements gebeten, sich umgehend dieses Falles anzunehmen, da seine Klientel sich ihrer Geldbörse nicht mehr sicher fühlt ...
Was soll ich sagen, auf gut 70 Seiten läuft Sherlock Holmes zur Bestform auf. Viele der kleinen Dingen aus dem Sherlock Holmes Universum finden in dieser Novelle Anklang, ohne sie dabei zu überladen.
Das Setting ist gut gewählt, die Gegenspieler aus der Londoner Unterschicht so gewählt, dass der Leser sich in die Geschichte hineinversetzen kann, ohne dass es allzu vieler Worte und Erklärungen bedarf.
Bissig und nachsichtig zugleich gibt Holmes in dieser Folge einen Auftritt, den Arthur Conan Doyle zu seinen besten Zeiten nicht ausgefeilter hätte formulieren können.
Die Geschichte ist für alle, die den Kanon gelesen haben und die dadurch die vielen kleinen Andeutungen in dieser Neuinterpretation verstehen, ein wahres Lesevergnügen, das den Leser oft schmunzeln lässt.

5 von 5 Lupen

Donnerstag, 9. Juni 2022

Bernhard Jaumann "Der Turm der blauen Pferde"

Kunst kann vieles sein.
Betörend, verheißungsvoll, bildend, aufrührerisch und manchmal klebt auch das sprichwörtliche Blut an den Bildern.
Rupert von Schleewitz wird mit seiner Kunstdetektei beauftragt, die Provenienz eines Bildes zu prüfen. Dabei handelt es sich nicht um irgendein Gemälde, sondern um das seit dem zweiten Weltkrieg verschollene Gemälde "Der Turm der blauen Pferde" von Franz Marc. Verschiedene Spuren wiesen zum einen auf Berlin als letzten Ort, an dem das Bild gesichtet wurde. Zum anderen gibt es die Vermutung, dass das Bild mit anderen Gemälden aus einem Zug im Berchtesgadener Land von der dortigen Bevölkerung geplündert wurde. Rupert und seine Angestellten Klara und Max bemühen sich bei ihren Ermittlungen nicht von Macht und Geld blenden zu lassen und nicht der gefälligsten Spur aufzusitzen, denn jeder der Beteiligten hat seine Gründe den Detektiven zumindest einen Teil der Wahrheit zu verheimlichen. So ist es kaum verwunderlich, dass erst viele Bilder begutachtet werden und Expertisen gemacht werden müssen, bis man schlussendlich feststellt, dass alles doch ganz anders war.

Einen Krimi fernab seines eigentlichen Wirkungskreises zu konzipieren und diesen so spannend zu schreiben, dass der Leser nur so durch die Seiten fliegt, das ist eine wahre Kunst.
Der Autor mischt in seinem Krimi, den Mythos um das Gemälde mit realen historischen Fakten, unterfütterte diese mit künstlerischem Fachwissen und bietet dem Leser gleichzeitig eine Aussicht, wie es hätte gewesen sein können.
Die Geschichte gliedert sich in zwei Erzählstränge und nimmt den Leser dabei in die verschiedenen Zeiten und auch an die unterschiedlichen Orte mit, denn bei diesem Buch lernt man soviel über Kunst und den Umgang mit Kunst, wie man es bei einem üblichen Krimi nicht erwarten würde. 

Eine wunderschöne, dadurch aber eine sehr spezielle Form eines außergewöhnlichen Kunstkrimis, der zugleich der Auftakt einer Serie um die Kunstdetektei von Schleewitz darstellt.
Ein Krimi, der soviel mehr bietet, als die klassische Krimihandlung, dass ich direkt um zweiten Band greifen möchte.

5 von 5 Leinwänden

Sonntag, 5. Juni 2022

Florian Beckerhoff "Herrn Haiduks Laden der Wünsche"

Mitten in Berlin führt Herr Haiduk seinen kleinen Laden. Alles für den täglichen Bedarf seien es Zigaretten, Zeitschriften oder Kaugummis kann man in seinem kleinen Laden, der einem Nadelöhr gleicht, erwerben. Zudem kann man bei ihm Pakete aufgeben und Lotteriescheine ausfüllen.
Alles in der Nachbarschaft ging seinen gewohnten Gang, bis Alma eines Tages einen Lotterieschein vor seiner Ladentür findet, der sage und schreibe 13 Millionen Euro wert ist. Ihr Plan: Sie will auf unkonventionelle Weise herausbekommen, wer den Schein verloren hat und den Schein dem rechtmäßigen Besitzer zuführen. Oder etwa nicht?
Als der junge Schriftsteller Paul einige Zeit später wieder in die Straße zurückkehrt, erzählt Herr Haiduk ihm diese Geschichte, die noch lange nicht vorbei ist. Doch was sind seine Hintergedanken bei der Erzählung?
Florian Beckerhoff führt dem Leser vor Augen, dass wir als Menschen völlig aus dem Häuschen geraten, wenn es um Geld geht. Keine Geschichte ist zu abstrus, keine Idee zu abwegig, um sie nicht für die Chance auf 13 Millionen Euro zu erzählen. Doch macht Geld wirklich glücklich? Spätestens in dem Moment, wenn alle meinen, sie hätten genau an dem Tag Lotto gespielt und es müsste ihr Gewinn sein, denn niemand sonst hätte soviel Anrecht auf den Schein, wenn Menschen vorbeikommen, die noch nie den Laden von Herrn Haiduk betreten haben, wird dem Leser schmerzlich bewusst, dass die Geschichte nicht weit von der Realität entfernt liegt, was sie auch oftmals schwer zu lesen macht.
Jeder hat sein Päckchen zu tragen und jeder Charakter steht für eine Gesellschaftsschicht, die auf ihre Weise zu bedauern ist und zumindest Mitleid erregt.
Sicherlich ist das Buch auch zeitweilig lustig, aber es überwiegt der ernste und nachdenkliche Ton, denn:
Brauchen wir Menschen wirklich Geld um glücklich zu sein? Oder übersehen wir nicht oftmals das Glück vor unserer Nase, weil wir nach Unerreichbarem streben?
Ein Buch, welches nachdenklich stimmt und trotz seiner 250 Seiten, nicht mal so eben weggelesen werden kann.

4 von 5 Glücksgefühlen