Dienstag, 30. September 2025

Marie Meier "Seelengrube 1"

Jules Mission ist gescheitert.
Allein sitzt sie in einem Gefängnis und weiß nicht, was die Zukunft ihr bringen wird. Doch wirklich allein ist sie nicht. Mika ist ihr näher, als es erst den Anschein hat und löst eine Kette von Veränderungen in ihrem Leben aus, die sie sich nie hätte vorstellen können ... und vielleicht auch nie wollte.

Marie Meier zeichnet im ersten Band ihres "Seelengruben"-Zyklus ein recht düsteres Bild.
Die Menschen befinden sich in unterschiedlichen Ebenen. Je ärmer sie sind, desto tiefer ist die Ebene, in der sie leben.
Neid, Missgunst und Groll sind die täglichen Begleiter der Menschen und im ersten Moment wirkt alles trist.
Welche Aufgabe die Zitadelle und auch die Avatare haben, löst Marie nach und nach auf. Wir begleiten Jule, die so gar nicht versteht, wer ihr Leben zu lenken beginnt.
Neben ihrer Entwicklung erzählt Marie von anderen Personae und schildert, wie sie versuchen, sich in einer Leistungswelt über Wasser zu halten.

Maries Erzählstil passt sich unheimlich gut den Szenen an. Mal langsam und detailgenau, dann wieder schnell und dynamisch, sorgen die Wechsel für Spannung und Neugier.

Ein guter Einstieg in eine Serie, die unserer Welt mit ihren Problemen nicht unähnlich und dabei doch so ganz anders ist.

4 von 5 Seelen

Montag, 29. September 2025

Nina Blazon "Hans Christian Andersen - Mit dem Märchendichter im Südwesten"

Hans Christian Andersen als Popstar?
Was im ersten Moment ein wenig verstörend wirken kann, wird im Laufe der Lektüre eine andere Lesart des großen Märchendichters.

Den meisten ist er als sensibel und vorsichtig bekannt. Aufgewachsen in Armut, bedarf es anfangs einer Gönnerin, damit er am Theater Fuß fassen kann. Denn ursprünglich wollte Hans Christian Theaterstücke und Gedichte schreiben. Das Theater wird sein ganzes Leben begleiten und so interessiert ihn nicht nur die Umsetzung eines Stückes in anderen Ländern, sondern auch die Theatergebäude an sich.

Mehrfach begibt es Hans Christian Andersen auf die Grande Tour oder eine Tour, wie er sie selbst auslegt. Beinahe immer wird er auf den Reisen begleitet und lernt so die aufkommenden Reisemöglichkeiten, wie z.B. die Bahn kennen.

Es ist erstaunlich, dass er sich mit seinen ganzen Ängsten, Paniken und seinem häufigen körperlichen Unwohlsein immer wieder auf den Weg macht. Doch in seinen Märchen, die er von seinen Reisen aus anderen Ländern mitbringt, spürt man, wie wichtig diese Erkundungen für ihn sind. Dabei profitieren seine eigenen Märchen von Begegnungen und Beobachtungen, erweitern seine Vorstellungskraft und spiegeln ebenfalls den Zeitgeist wieder.

Nina Blazon begibt sich mit dem Buch auf die Spuren von Hans Christian Andersen. Forscht nach, erzählt wie es heute ist und wo man den großen Märchenerzähler antrifft. Sie erzählt von Treffen mit den großen seiner Zeit, taucht in sein Tagebuch ein und bringt Anekdoten zu Tage, die die Lesenden in der heutigen Zeit schmunzeln lassen. Sie schafft den Spagat zwischen der bekannten Figur und der eher unbekannten Privatperson und zeigt uns, wer seiner Zeitgenossen ihn leiden konnte und wer ihm eher aus dem Weg ging. Nebenbei berichtet sie auch noch über Kunst und Kultur seiner Zeit und spannt den Bogen in die heutige Literatur.

Das alles schafft sie auf knapp zweihundert Seiten und schürt damit den Drang, sich mehr mit Hans Christian Andersen zu beschäftigen.

5 von 5 Märchendichtern

Samstag, 27. September 2025

Christina Comnick_Sebastian Mauritz "Sinn: Über Leben in Krisen"

Krisen kennt jeder. Ratgeber über Krisen kennt auch jeder. Braucht es da einen weiteren?
Wie es im Leben mit so vielen Dingen ist, es können mehrere Dinge nebeneinander existieren und zeitgleich auch einen unterschiedlichen Schwerpunkt bieten.
Während viele Ratgeber sich auf einzelne Verhaltensweisen fokussieren und damit nur einen Teilbereich des eigentlichen Problems angehen, versuchen die beiden Autoren hier eine etwas andere Herangehensweise.
Wer einen Sinn in seiner Aufgabe und seinem Leben findet, lebt reflektierter und kann auch Krisen besser überstehen. Klingt wie eine Weisheit eines Glückskeks', doch wenn man den Gedanken einen Moment wirken lässt, erkennt man, wie viel Macht hinter diesen Worten steckt.
Natürlich kann man schwerlich einen Sinn finden, wenn man mitten in einer Krise steckt, doch manchmal kann dieser Gedanke sogar Leben retten. 
Doch warum braucht man überhaupt einen Sinn und welcher ist am besten geeignet?
In ihrem Workbook bieten die Autoren vielseitige Aspekte. Zum einen bedienen sie sich die Forschungen und erklären, was im Lauf von Studien erkannt und vermerkt wurde. Dieses Feld ist wichtig für das bessere Verständnis, doch gerade hier wäre eine etwas weniger formelle Sprache besser, um auch den Leser abzuholen, der gerade in einer Krise steckt. Die Stärken des Workbooks entfalten sich erst nach den Grundlagen, da sich hier verstärkt um die Praxistauglichkeit gekümmert wird.
Wann und wo kann ich den Sinn in den Alltag integrieren und wie finde ich das, was Sinn überhaupt ist? Denn, man mag es kaum glauben, zu bestimmen, was Sinn, Bestimmung, Aufgabe etc ist, ist gar nicht so einfach, wie es im ersten Moment klingen mag.
Zusammenfassungen und Schaubilder am Ende eines jeweiligen Abschnittes vertiefen die Inhalte und fassen die Kernaussagen noch einmal zusammen.
Das Buch sollte man langsam lesen, sich erarbeiten, damit sich die Gedanken und Grundsätze verfestigen können. Denn, wie die das Buch immer wiederholt, Sinn ist eine Übungssache und diese lebt von Wiederholungen.

4 von 5 Sinnspendern

Rezensionsexemplar: Sinn Über Leben in Krisen

Donnerstag, 25. September 2025

Edward Brooke-Hitching "Die Galerie des Wahnsinns"

Bei Kunst wird oft von Schönheit gesprochen oder sie wird unterstellt.
Kunst kann aber auch immer eine Grundlage für ein Gespräch, eine Debatte sein. Hier bietet sich die Schönheit zwar auch an, doch ist es mehr das Abstrakte oder zumindest nicht Regelkonforme, das zum Stein des Anstoßes wird.
Ob man bei den ausgewählten Bildern, Plastiken oder Installationen wirklich immer von Wahnsinn sprechen sollte, finde ich an manchen Stellen übertrieben, doch liegt der Wahnsinn, ebenso wie die Schönheit, im Auge des Betrachters.

Nach einer kurzen Einführung in das Thema springen wir in die Zeit vor Christus. Ab hier nimmt uns der Autor mit durch die Zeit. Das Schöne an diesem Buch: Im Gegensatz zu anderen Kunstbüchern, begrenzt er sich nicht auf Europa, bei den passenden Werken schaut er über die europäischen Grenzen hinaus und zeigt, was es in Südamerika und Asien zu entdecken gibt.
Dabei ist das Buch im Wesentlichen so gestaltet, dass der Autor sich ein Werk aussucht und zu der Entstehung und auch dem geschichtlichen Hintergrund etwas erzählt. Vielfach werden zu den Texten ganzseitige Fotos abgedruckt, sodass man viele der erwähnten Details nicht nur erahnen, sondern erkennen kann. 

Die Mona Lisa würde ich wahrlich nicht dem Wahnsinn zuschreiben, doch wusstest ihr, dass es mehrere andere Interpretationen dieses Gemäldes gibt?

Kulte und deren Visualisierungen finden in diesem Bildband genauso Zuspruch, wie auch kurze Abhandlungen über Farben, Farbtechniken und Farbherstellung.

Das Buch ist wie ein Wimmelbild. Überall blitzen Anekdoten und unglaubliche Informationen hervor, die bei weitem nicht immer dem Wahnsinn dienen. Ungewöhnlich sind viele Werke allemal und es ist faszinierend in eine andere Welt der Kunst einzutauchen.

5 von 5 obskuren Schätzen

Autoreninterview Marie Meier Literaturinterview

Wer meinem Account schon länger folgt, weiß, dass ich es liebe, Romanfiguren zu interviewen. Dieses Mal hat sich Jule aus Marie Meiers "Seelengrube" Zeit für ein paar Fragen genommen.
Willkommen auf meinem Blog, Jule.

(Bild: Johanna Lehmert, Grafik: Maximilian Wust)

Als Figur in "Seelengrube" musst du das machen, was die Autorin vorgibt. Ist das immer leicht?
Jule: Nee, gar nicht. Mein Tag sieht normalerweise so aus: aufstehen, arbeiten gehen, dann Pizza und dazu eine nette Serie, manchmal auch ein Videospiel. Das ist natürlich nicht so spannend, sehe ich ein. Aber etwas weniger Action hätte es in der Geschichte auch getan. Ich meine, wieso müssen ständig Leute auf mich schießen? Ich wäre viel lieber eine Figur in einem netten Romance-Schinken. Vielleicht so eine High-School-Romanze, auch wenn ich da etwas jünger sein müsste. Ich wäre da so ne graue Maus, aber dann komme ich auf die neue Schule, alle finden mich cool und ein Werwolf-Vampir-Fee-Kerl will den Rest seines unsterblichen Lebens mit mir verbringen. So was. Das fände ich nett. Aber stattdessen werde ich von interstellaren Rebellen gefangen genommen und bedroht – außerdem muss ich in dieser nutzlosen Kraft besser werden, mit der ich unglücklicherweise geboren wurde …

Vor diesem Hintergrund: Siehst du positiv oder mit gemischten Gefühlen auf die nachfolgenden Bände?
Jule: Eher positiv. Klar, es passiert eine Menge Mist, aber auch einige gute Sachen. Den Werwolf-Vampir-Fee-Kerl habe ich vielleicht nicht bekommen, aber … Na ja. Ich gehe nicht leer aus. Auch so … so emotional, weißt du?

Aber erzähl doch mal, wie dein Alltag in Arges aussieht.
Jule: Ganz grob hab ich das ja schon beschrieben. Ich lebe im Fundament, das ist die zweittiefste Stadtebene. Da lebt man, wenn man nicht ganz Bodensatz ist, aber auch nicht richtig weit gekommen im Leben. Ich verschlafe meistens – aufstehen find ich echt schwer. Dann zwänge ich mich mit den ganzen Angestellten in die Bahn. Alle tragen Uniform oder Anzug – ich trage meistens meine Zitadellenuniform, dann rücken mir die Leute nicht so auf die Pelle. Früher bin ich dann zur Zitadelle gefahren, um Seminare zu besuchen und rufen zu lernen. Aber das mache ich eigentlich gar nicht mehr, ich bin ja auch … Ach, ist egal.
Auf jeden Fall mache ich momentan vor allen Dingen so Übersetzungsjobs für die interstellaren Handelsunternehmen. Viele sprechen nur Castil, aber gerade wenn die Leute mit Planeten im Rim handeln, brauchen sie eine Übersetzerin. Manchmal hänge ich dann in Hafenbüros rum, manchmal nehmen sie mich direkt mit. Mein zweites Standbein ist mein Job als Schiffsflüsterin. Unsere Raum-schiffe werden mit derselben Energie angetrieben, die ich auch kontrolliere, wenn ich rufe. Ich werde als Schiffsflüsterin ein Teil des Schiffs, bin dann quasi Antrieb und Schilde. Dank mir kann das Schiff auch den Raum falten. Das klingt episch, ist aber eigentlich ziemlich gechillt.
Ich verbringe viel Zeit in den Quartieren der Schiffsflüsterer, gucke Serien und bediene mich an der Minibar. Manchmal hab ich andere Jobs und … das kann man dann nachlesen.

Was magst du an dem Stilmix Science Fiction und Urban Fantasy?
Jule: An Science-Fiction mag ich den Komfort. Viele sagen, dass Arges ganz schön dystopisch ist. Aber wenn du nicht auf die Unterdrückung guckst und die reichen Arschlöcher, die an der Spitze stehen, also wenn du ganz fest die Augen zusammenkneifst, dann ist es schon ein toller Ort. Es gibt fast überall öffentliche Verkehrsmittel und sie sind immer pünktlich. Man kriegt so gut wie alle Dinge, die irgendwo im bekannten Kosmos produziert werden, weil Arges Hauptumschlagplatz für Waren ist. Die Entertainment-Kanäle haben Millionen von Serien, Filmen, Videospielen … Mit VR-Brillen kannst du deine Lieblingsstars anlecken – und die schmecken dann nach Pfefferminz oder so! Man kann quasi jede Krankheit heilen, aussehen wie man will, sein wer man will … wenn man nur genug Knete hat. Unsere Technologie ist die fortschrittlichste unter allen Planeten. Es ist cool – bis einem das Geld ausgeht. Dann ist es der schlimmste Ort im All, glaube ich.
Dass irgendetwas Fantasy ist, nehme ich gar nicht so wahr. Meine Kräfte stammen von einer hierzulande gut erforschten physikalischen Kraft. Wir haben einen eigenen Wissenschaftszweig dafür – den größten und am besten geförderten. Wir lachen Leute aus, die sagen, dass das Magie sei – das ist eine Meinung von Menschen, die noch nie Glimmer-Spektrogramme auswerten mussten. Erst seitdem ich das Monster kenne, verstehe ich ein bisschen besser, warum manche Menschen das, was ich tue, für phantastisch halten könnten.

Zurzeit sind in vielen Büchern "Buchspringer" unterwegs. Welche literarische Figur dürfte dich gerne besuchen?
Jule: Ich habe lange fast nur Fantasy gelesen – also ich persönlich fände so Werwolf-Vampir-Feen-Leute als Besucher schon ganz cool. Bei uns auf Arges gibt es die Comicreihe Red Hound, die handelt von einem Widerstandskämpfer. Ich lieb die sehr. Ich wünschte, es gäbe Red Hound wirklich und er würde mal vorbeikommen …
Meine Autorin sagt, dass sie gern mal die Crew aus Becky Chambers
Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten zu Besuch hätte.

Und welcher Charakter in "Seelengrube" erdet dich?
Jule: Fast alle meine Freunde tun das. Florence ist wie ein großer Bruder für mich. Er war früher auch an der Zitadelle und stammt auch aus der Unterstadt, er weiß, was ich durchgemacht habe und wie das Leben so für mich ist. Florence ist immer da – außer er muss in der Tapasbar seiner Eltern arbeiten. Emili ist eigentlich mein Vorgesetzter, doch das versteht er nicht so richtig. Deshalb sind wir Freunde. Mit ihm kann ich schweigen.
Meine Freundin Amy findet mich eigentlich zu geerdet – die hätte lieber, dass ich mal ein bisschen abgehobener werde.

Hast du ein Lebensmotto?
Jule: Nicht so richtig. Ich bin nicht so der „Live, Laugh, Love“-Mensch. Ich hab für jeden Tag ein eigenes Motto, je nachdem, wie es mir geht und wie düster die Welt gerade aussieht. Meistens ist es so was Uninspiriertes wie „Ich schaff das schon“ oder an schlechten Tagen ein „Morgen ist auch noch ein Tag“.


(Cover: Marie Meier, Grafik: Maximilian Wust)

Neugierig geworden? Dann schaut hier vorbei:

Mia Cassany "Das große Buch des Schreckens"

Mit der Dunkelheit kommt das Grauen in die Welt. Nicht, dass in Realität so wäre, da bedarf es nicht zwingend die Abwesenheit von Licht, aber in Erzählungen spielt die Nacht und ihre Schwärze eine große und wichtige Rolle. Dieser Band stellt eigene Bösewichte aus den Geschichten vor und zeigt, dass sie vielleicht gar nicht so böse sind, wie sie im ersten Moment ausschauen.

Mit ganzseitigen Bildern werden die Wesen der Dunkelheit und ihre Texte vorgestellt. Bei Frankenstein wird auch ein kleiner Exkurs über die Entstehung eingeflochten. 

Auf 52 Seiten lernt man so ein wenig über die schwarzen Gestalten und kann sich danach entscheiden, welche man zuerst kennenlernen will.

Durch die detaillierte Aufmachung und dem Gespür für Szenerie ist das Buch als kleine Übersicht auch für die Lesenden geeignet, die die Texte schon kennen. Im Wesentlichen richtet sich das Werk an Erstleser und führt sie in die Welt des Gruselns ein.


5 von 5 Bösewichtern

Mittwoch, 24. September 2025

Lucy Jane Wood "Rewitched"

Man nehme: eine ungeschickte Hexe, eine beste Freundin, einen Fluch, einen gutaussehenden Mann und einen Buchladen.
Fertig ist DAS cosy Herbstbuch für dieses Jahr. 
Doch fangen wir am Anfang an: Belladonna feiert ihren 30. Geburtstag, doch ihre magischen Kräfte hat sie in den letzten Jahren eher nicht gefeiert. Und so sind ihre Kräfte nahezu eingerostet. Doch ihr Hexenzirkel will sie nicht so ohne Weiteres in die Welt der Nichthexen entlassen und so wird die Möglichkeit gefunden, dass Belle dreißig Tage Zeit bekommt, ihr verlorenes Wissen zu aktivieren und sich des Zirkels als würdig zu erweisen.
Doch nebenher wird ihr Job im Buchladen täglich schwerer und auch die Beziehung zu ihrer besten Freundin bröckelt immer mehr.
Wie sagt man so schön, wenn etwas passiert, dann passiert alles gleichzeitig und so ist es auch in diesem Buch.
Doch wirkliche Hektik kommt eher selten auf. Nach und nach lernt man die Personen in Belles Umfeld kennen und zusammen mit ihr entdeckt man die neueren Charaktere. Während einige Wendungen bewusst in die Irre leiten, sind einige Pfade von Anfang an sehr deutlich gekennzeichnet und so wechseln sich Erwartung und Überraschung ab.
Der Autorin gelingt es dabei, trotz Spannung eine gewisse Ruhe und Bedeutung in dem Buch zu platzieren, weil es auch um das Thema Selbstfindung und Glaube an sich selbst dreht. Mit den richtigen Worten schafft sie es, alles zu thematisieren, ohne dabei einem Bereich zu viel Gewicht zu geben. Die angedeutete Liebesgeschichte passt sich dabei in die Gesamthandlung ein, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.
Ein rundherum schönes Buch. Zum Mitfiebern, zum Mitschwelgen und zum Mitwachsen.

4,5 von 5 Zaubertränken

Dienstag, 16. September 2025

Holly Jackson "Not quite dead yet"

Ein Schlag auf den Hinterkopf, dann ein erneuter, im Anschluss: tiefe Finsternis. Jet wird an Halloween in ihrem Zuhause angegriffen. Von wem? Das bleibt vorerst ein Rätsel. Auch wenn sie im Krankenhaus wieder aufwacht, sind ihre Tage gezählt, denn Komplikationen werden dazu führen, dass sie in wenigen Tagen wirklich tot sein wird. Während ihre Familie sie zu einem gefährlichen Eingriff drängen will, sieht sie in den letzten Tagen ihres Lebens die Chance ihren eigenen Mord aufzuklären.
Als wenn ein Thriller nicht schon spannungsgeladen genug wäre, setzt die Autorin mit der verbleibenden Lebenszeit ihrer Protagonistin noch eine ordentliche Portion Aufregung oben drauf. Sie schafft eine Atmosphäre, in der wirklich jeder mindestens einmal verdächtig ist und Jet an ihrer eigenen Menschenkenntnis zu zweifeln beginnt.
Was zum einen die Stärke des Buches ist, ist für mich aber zeitweilig aber auch ein Stück zu viel des Guten. Spannend ist das Buch bis zur letzten Seite und das Hin und Her, wer es letztlich warum war, ist auch nachvollziehbar, aber zwischendurch passieren so viele Zufälle, Widrigkeiten und Vorwürfe, dass es selbst für einen Thriller zu abwegig ist. 
Gut gelungen sind der Autorin die Charaktere, weil sie alle ihre eigenen Wesenszüge besitzen und nicht schlichte Verhaltensweisen der anderen durchgängig kopieren. 
Am besten zeigt sie die Beziehung zwischen Jet und Billy. Mit allen Facetten der Widersprüchlichkeiten sieht man, wie Menschen sich täuschen können, wenn man nicht miteinander spricht. Vielleicht der beste Part des gesamten Thrillers.

3,5 von 5 Kopfschmerzen

Samstag, 13. September 2025

Kai Focke "Hinterm Haus"

Leise quietscht das Gartentörchen, bevor wir uns "Hinterm Haus" wiederfinden.
Doch was gibt es hier zu entdecken?
Kurz- und Kürzestgeschichten, sie sind der Phantastik zuzuordnen, oder gar dem vom Autor selbst benannten Subgenre der Schmunzelphantastik.
Fremde Wesen und Kreaturen begegnen uns; die meisten sind lieb, andere muss man mit einer gewissen Skepsis betrachten.

Schuppen, Remisen, alte Mauern und viele mehr sind die Orte, die wir in dreiunddreißig Kurzgeschichten kennenlernen. Aufmerksame Leser des Autors werden einige Geschichten aus den Miniaturenbänden der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar wiedererkennen. Kai Focke hat sich einige der Erzählungen als Gerüst genommen und weitere neue Texte in seine Welt "Hinterm Haus" eingebettet.

Es darf gelacht, geschmunzelt, geseufzt und geheadbanged werden, denn auch ein Schuppen kann gerockt werden.

Untermalt werden einige Beiträge von Jessica Marquardts Illustrationen. Mal schlicht pointiert, mal mit großen Farbeinsatz und Witz beleuchten sie die Erzählungen noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive.

Den Abschluss bilden zwei Geschichten, die von Kai Fockes Wegbegleitern erdacht wurden. Friedhelm Schneidewind und Sabine Frambach begeben sich in das Universum der Remisen und steuern ihre Interpretation des Themas bei.

Durch die Kürze der einzelnen Beiträge lässt sich die Sammlung auch im vollgestopften Alltag unterbringen und nimmt nicht soviel Platz wie ein Schuppen ein. Der aufmerksame Leser wird zudem eine Fortsetzungsgeschichte finden, die fast romantisch ist.

4 von 5 Schmunzelkeksen

Freitag, 12. September 2025

Akram El-Bahay "Die Buchreisenden - Ein Weg aus Tinte und Magie"

Stell dir vor, du kannst im wahrsten Sinne des Wortes in dein Lieblingsbuch eintauchen. Du kannst eine Reise zwischen die Zeilen buchen. Die Schlacht bei Mordor betrachten, mit dem verrückten Hutmacher einen Tee trinken oder bei dem Sultan nach fliegenden Teppichen Ausschau halten. Das alles und noch viel mehr kannst du buchen. In einem kleinen Laden in der Charing Cross Road. Zwischen all den Buchläden befindet sich Libronautic Inc., ein Laden, der keine Bücher verkauft, sondern sie zugänglich macht.

Adam ist hier aufgewachsen. Endlich darf er eine eigene Reise betreuen und muss nicht mehr an die Hand genommen werden. Doch alles geht schief. Der Besucher verschwindet zwischen den Zeilen und eine Tür taucht auf. Während Adam von dem Geschehen völlig überfordert ist, sind die anderen Mitarbeiter der Meinung, er sei einfach noch nicht soweit. Doch die heile Welt hat einen Knacks bekommen und der Riss wird mit jedem gemurmelten Wort größer.

Akram El-Bahay zeigt in dem ersten Band seiner Dilogie, dass er es schafft, bekannte Geschichten mit seinen eigenen Erzählungen zu verweben. Passagen, die uns Werken der Weltliteratur bekannt sind, werden hier adaptiert und die Figuren auf seinen eigenen Text in ihrem Wesen und Verhalten angepasst. Er spinnt seinen eigenen Text so geschickt um die Worte anderer, dass ein Text entsteht, in den man im wahrsten Sinne des Wortes eintauchen kann.

Viele Informationen hält er, manchmal auch zu lange, zurück, um eine weitere Spannung aufzubauen, die das Buch eigentlich nicht nötig hat. Die Figuren bleiben dadurch in ihrem Verhalten und ihren Ambitionen ein wenig grau und zurückhaltend. Die großen Rätsel werden am Ende des ersten Bandes zumeist nicht beantwortet und es bleibt abzuwarten, wie sich die Ereignisse im zweiten Band entwickeln.

4 von 5 Buchreisenden

Montag, 8. September 2025

Annette Marie "Ein Cookie für den Dämon"

Wie bezwingt man einen Dämon? Indem man Cookies in den Bannkreis wirft? Vielleicht, vielleicht auch nicht?
Robins Eltern sind vor kurzem verstorben und so muss sie im Anwesen ihres Onkels unterkriechen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn während ihre Eltern so gar nichts mit Dämonenbeschwörung zu schaffen hatten, haust im Keller des Anwesens ein Dämon. Ein Dämon, der sich partout nicht bändigen lassen will.
Und Robin? Erst will sie nur die Bibliothek besuchen, doch viel schneller als ihr lieb ist, kommt sie zwischen die Fronten und das vermeintliche Zuhause wird zerlegt.

Als Nebenreihe zu "Spellbound" kann man die Reihe um Robin ohne Vorkenntnisse lesen. Die Zusammenhänge, die Gilden, die Feindschaften, alles wird zu Anfang und auch während der Handlung erläutert. Robin als Charakter wächst im ersten Band zunehmend mit der Gefahr, während ihr Dämon bis zum Schluss undurchsichtig bleibt. 

Die Autorin erzählt dabei viel über die erdachte Welt, ohne die Leser zu schnell durch Details zu verlieren. Allerdings fällt auf, dass sie eine Vorliebe für Farben hat und die Häufigkeit der Wiederholungen sind hier schon grenzwertig.
Ein netter Einstieg, der so manches Rätsel als Cliffhanger offen lässt.


3,5 von 5 Dämonen