Donnerstag, 1. Mai 2025

Autoreninterview James Goodwin Literaturinterview

Wer meinem Account schon länger folgt, weiß, dass ich es liebe, Romanfiguren zu interviewen. Dieses Mal hat sich der Bibliothekar Arthur Tingwell aus James Goodwins Krimi "Mord in Little Barkham" Zeit für ein paar Fragen genommen.
Willkommen in der Zukunft und im Internet, Mr. Tingwell.

(Cover: digital publishers, Grafik: Maximilian Wust)

Nach dem Schrecken des Zweiten Weltkrieges hat es Sie in das kleine, beschauliche Dorf Little Barkham verschlagen. Ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen?
Das kann man wohl sagen! Raus aus der Metropole London und rein in das idyllische Dorfleben. Wer träumt nicht von einem Leben auf einem Cottage, umgeben von wilder Heide und einem Birkenhain? Obendrein ist zwischen Dorking und Guildford, also unweit meiner neuen Heimat, Agatha Christie verschwunden. Wir erinnern uns: am 3. Dezember 1926 löste sich die Queen of Crime für elf Tage buchstäblich in Luft auf. Bis heute ist ihr Verschwinden ein Grund für allerlei Spekulationen.

Doch nach dem Mord ist es sicherlich vorbei mit der Idylle?
Zweifellos! Mrs Prudences Tod macht die Menschen um mich herum fassungslos. Meine Nachbarin, die verehrte Mrs Keene, hat es trefflich auf den Punkt gebracht: Keiner verdient so ein Schicksal. Keiner in Little Barkham.

Sie selbst nennen sich gerne "Bibliothekaris arrogantus". Nur weil Sie gebildet sind, meinen Sie auch arrogant zu sein? Oder ist das eher die Einschätzung Ihrer Mitmenschen?
Bisweilen kann es schon etwas Arrogantes haben, wenn man mit seiner Bildung hausieren geht. Sie müssen verstehen, ich liebe meine Romanwelten. Agatha Christies Mordkomplotte lassen mich ebenso wenig los wie Daphne Du Mauriers Schauerromanzen. Meine Schwärmerei wird allerdings nicht überall mit Wohlwollen aufgenommen.

Beschreiben Sie doch einmal einen typischen Tag in Little Barkham. Einen ohne Mord ...
Little Barkham unterscheidet sich darin kaum von den umliegenden Dörfern. Morgens fährt ein Großteil der Einheimischen per Überlandbus oder Auto nach London. Die meisten gehen dort ihrem Broterwerb nach. Die Daheimgebliebenen verrichten ihre Geschäfte vor Ort. Zum Beispiel Mr und Mrs Smolinski, die gemeinsam einen Krämerladen betreiben. Oder Mrs Chamberlain, die ein kleines Café nahe der Dorfkirche führt. Von denjenigen, die nicht in der Pflicht ihrer Arbeit stehen, besuchen etliche unsere Leihbücherei. Und damit wären wir bei mir und meiner Tätigkeit als hiesiger Bibliothekar.

Warum lieben Sie Agatha Christie und ihre Charaktere und nicht Sherlock Holmes? Liegt das an Ihrer Affinität zum Landleben?
Ich mag sowohl Agatha Christie als auch Arthur Conan Doyle. Doch Sherlock Holmes‘ Ausflüge ins Ländliche - wie bei „Der Hund der Baskervilles“ - sind mir seine liebsten Abenteuer. Was ich bei Agatha Christie bevorzuge, ist das Tableau an Verdächtigen, das sie uns mit jedem neuen Krimi präsentiert. Die Verdächtigen stehen eher im Mittelpunkt der Handlung, weniger ihre Detektive Miss Marple oder Hercule Poirot. Das gefällt mir ungemein.

Wie wichtig ist eine gute Menschenkenntnis in Ihrem Job bzw. auch beim Leben in einer kleinen Dorfgemeinschaft?
Ich werde oft als wahrer Menschenfreund bezeichnet. Meine Hoffnung ist, dass mit der Philanthropie auch meine Menschenkenntnis wächst. Hin und wieder habe ich mich in meinen Mitmenschen arg getäuscht, insbesondere in einige meiner Nachbarn. Angesichts dieser Fehlurteile würde ich schon sagen: Ja, eine gute Menschenkenntnis kann das Zusammenleben und letztlich auch meine Arbeit erleichtern. Schließlich ist der Buchgeschmack eines Menschen sehr individuell ausgeprägt.

Würden Sie denn noch einmal einspringen, wenn der Polizist wieder auf das falsche Pferd setzt?
Ah, Sie spielen auf Inspector Birdwhistle an. Aus meiner Sicht ein Kriminalist, der sich höchst eigenwilliger Methoden bedient. Andererseits muss ich zugeben, dass diese eifrige Beamtenseele eine seltsame Faszination ausstrahlt. Wenn es allein nach mir ginge, würde ich den Inspector gern dabei beobachten, wie er erneut aufs falsche Pferd setzt. Aber das soll keineswegs bedeuten, dass ich einen weiteren Mord in Little Barkham herbeisehne …

Neugierig geworden? Dann schaut hier vorbei:
digital-publishers.com/de/romane/mord-in-little-barkham-historisch-cosy-crime

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