Dienstag, 11. Januar 2022

Christoph Grimm "Virtuelle Welten"

Bei manchen Büchern kann man im Nachhinein froh sein, dass man sich nicht als E-Book sondern als Taschenbuch gelesen hat. Denn bei den "Virtuellen Welten" hätte man leichthin das Gefühl haben können, dass man ansonsten zum Ende des Buches von innen gegen den E-Book-Reader schlagen möchte, um aus den Geschichten wieder auszubrechen.
Denn mit 20 Geschichten und 20 verschiedenen Schreiberlingen hat Christoph Grimm eine Anthologie geschaffen, die den Lesenden nachdenklich stimmt, was Realität und was Virtualität ist.
Ein Spieler, der dem Alltag entflieht, sich in ein "Spiel" stürzt, verändert seine Realität, weil er in dem Spiel aufgeht. Doch was wenn es gar kein Spiel ist und er dadurch die Realität des anderen ändert?
Wenn der Mensch im hier und jetzt nur noch seinen Körper zurücklässt, um seinen Geist vollauf in Cyberspace einzuklingen und zu leben. Wenn die virtuelle Realität zum höchstens Maß aller Dinge wird und man in der eigentlichen Realität nur noch vor sich hinvegetiert, um auf die nächste Session zu warten.
Doch wohl das Schlimmste, was wenn man nicht mehr weiß, was Realität und was Virtualität ist?

In diesem vermeintlich enggesteckten Thema zeigen uns die 20 Geschichten aus den verschiedenen Aspekten, wo, wann und wie die Grenzen zwischen Realität und Virtualität verschwimmen und sich gar auflösen. Mal brutal, mal schonungslos ehrlich, mal tragisch, mal einfühlsam nähern sich die Geschichten auf ihre individuelle Weise dem Thema und zeigen dem Leser, wo wir momentan stehen, wohin die Reise in absehbarer Zeit hingeht und wo auf Dauer die Reise hingehen könnte.

Jede Geschichte wird eingeleitet durch eine Bebilderung von Detlef Klewer, die den Leser neugierig auf die Geschichte, da das Bild nur eine Idee der Geschichte wiedergibt und den eigenen Gedankenpalast anregt.

Mit knapp 400 Seiten eine angenehme Länge für eine Anthologie und wie immer bei Christoph Grimm wirkt nicht nur jede Geschichte einzeln für sich, sondern auch im Verbund ergänzen sich die Geschichten zu einem Ganzen.

4 von 5 virtuellen Welten

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