Montag, 4. Januar 2021

Christian Guay-Poliquin "Das Gewicht von Schnee"


Stell dir vor, du bist gefangen. Gefangen in deinem Körper, gefangen in einer Hütte.
Gefangen in dir, weil du einen schweren Autounfall hattest und man dich nur gerade eben noch retten konnte. Gefangen in einer Hütte, weil es schneit und es einfach nicht mehr aufhört. Es ist der härteste Winter seit Jahren.
Du bist abhängig. Abhängig von einem Fremden, der dich pflegen muss. Er hat sich dazu verpflichtet, weil es kein anderer tun will.
Nur ihr beiden. Allein. In einer Hütte im Schnee. Ab und zu kommt ein anderer Dorfbewohner und bringt Essen und Brennholz. Aber auch die Dorfbewohner haben es schwer.
Durch den Schnee gab es einen Stromausfall. 
Jeder ist sich selbst der nächste.

Was sich anhört, wie der Beginn eines Thrillers ist in Wirklichkeit ein Roman, der zum großen Teil in besagter Hütte spielt. Der Ich-Erzähler wollte im Dorf jemanden besuchen und ist dabei verunglückt. Sein Pfleger ist auch im Dorf gestrandet und soll den Kranken gesund pflegen, bis man weitersehen kann.
Der Schnee ist tägliche Begleiter der beiden, da sie ansonsten nahezu auf sich allein gestellt sind. Mit ihren Ängsten, ihren Sorgen und miteinander.

Das Buch zeigt, wie sich menschliche Beziehungen immer wieder verändern. Abhängigkeiten verschieben sich; das Individuum bricht aus der Gemeinschaft aus, um sich selbst zu verwirklichen.
Es ist ein leises Buch, in dem augenscheinlich nicht viel passiert, nun ja, wie auch bei dem Schnee, aber dessen Bedeutung sich erst nach und nach dem Leser offenbart. 

Kurze Kapitel und sehr viel Emotionen lassen den Leser durch das Buch fliegen und nach und nach ergibt sich beim Leser das Gefühl, welches auch der Ich-Erzähler haben muss.
Welches? Das muss man beim Lesen selber herausfinden.

Ein Buch, was nachhallt und einen nachdenklich stimmt.

4 von 5 Hütten


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