Donnerstag, 24. Oktober 2024

Autoreninterview Ingo Kohlschein

Hallo zusammen.
Der heutige Autor Ingo Kohlschein hat sich mit der Frage beschäftigt, was passiert, wenn die Männer auf den Mars auswandern müssen.

(Bild: A. Siebler, Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Auf irgendeine Weise begleitet mich das Schreiben schon mein Leben lang: Schülerzeitung, Reporter bei der lokalen Tageszeitung, Ausbildung zum Journalisten, Kurzgeschichten mit Freunden im Studium, Arbeit im Zeitschriften- und Buchverlag. Bei diesen Beschäftigungen diente das Schreiben allerdings meist als Mittel zum Zweck. Das ist nun anders. Endlich schreibe ich um des Schreibens willen. Die kreative Freiheit, die damit einhergeht, ist großartig.

Erzähl ein bisschen zum Entstehungsprozess von "Mater Terra" und warum es schon zu Beginn für dich klar war, dass es eine Trilogie werden würde.
Die Grundidee von Mater Terra ist ja, ob Männer und Frauen eigentlich dauerhaft auf diesem Planeten miteinander leben können. Der zündende Gedanke dafür stand vor vielen Jahren in einer Titelgeschichte des Magazins Spiegel. Dort stellten die Autoren die freche These auf, dass die Männer aussterben werden – als ein Prozess der Evolution. Diese Gedanken kreisten viele Jahre eher lose in meinem Kopf. Dann kam eins zum anderen, viele Inspirationen aus anderen Werken wie der Mars-Trilogie von Kim Stanley Robinson oder aus Rad der Zeit von Robert Jordan. Die Gräueltaten an Frauen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gaben dann den Ausschlag, dass ich anfing, Mater Terra tatsächlich zu schreiben. Wegen der Komplexität der Handlung stand von Beginn an fest, dass es mehr als ein einzelnes Buch werden würde.

In der Geschichte hat der Wechsel vom Patriachat zum Matriarchat stattgefunden. Glaubst du, dass es nie eine wirkliche Gleichberechtigung geben kann?
Ich bin ein Freund der Evolutionstheorie und frage mich immer, warum die Natur diese oder jene Entwicklung hervorgebracht hat. Denkt man die Evolution des Menschen ein paar Generationen weiter, wird sich die natürliche Fortpflanzung vermutlich erledigen. Menschen werden nach bestimmten Interessen oder Zwecken erschaffen. Damit dürfte die Frage nach dem Geschlecht weitgehend irrelevant werden. Das wäre dann endlich ein Durchbruch zum Thema Gleichberechtigung. Vorher habe ich da meine Zweifel.

In deinem Buch wird sehr viel "Technik" beschrieben. Wie viel Technik braucht dein SF-Text für dich, damit er sich ausgewogen anfühlt?
Das ist bei SF-Büchern oft eine Gratwanderung. Einige Rezensenten empfanden die Technik-Anteile in Mater Terra zum Beispiel als zu groß. Für mich waren diese Passage jedoch als Autor wichtig, da ich durch sie die Welt am Ende des 21. Jahrhunderts vors Auge der Leserinnen und Leser führen wollte. Aber klar, das nimmt jeder anders wahr. Ich mag technische SF-Aspekte, das merkt man wahrscheinlich beim Lesen von Mater Terra. Wichtig finde ich aber, dass – sofern die Handlung nicht in der fernen Zukunft spielt – die Schilderungen realistisch und glaubwürdig sind.

Welcher Charakter ist dir am ähnlichsten?
Das ist eine gute Frage und gar nicht einfach zu beantworten. Ich denke, ich bin zu 60% Diana, 30% Merkur und 10% Primus – also eine Mischung aus analytischem Denken, ein bisschen Größenwahn und schelmischem Humor. Die klassische Heldentugenden von Apoll und Athene liegen mir eher fern und Abebis Gewaltausbrüche hoffentlich auch.

Warum sind deiner Meinung nach viele SF-Texte eher der Dystopie als der Utopie zuzuordnen?
Das hat wohl mit der Natur des Menschen zu tun. Wir lieben einfach die Abgründe – zumindest sofern wir nicht persönlich davon betroffen sind. Zeitungen und Zeitschriften sind voll mit Tod, Drama und Verbrechen. Bei SF-Büchern kommt hinzu, dass vermutlich viele Autoren ihre Bücher auch als Warnung an die Gegenwart verstehen. Bei mir ist das ja auch so. Seht her: Wenn wir so weitermachen, gehen wir übel vor die Hunde.

Welches Buch liegt bei dir auf dem Nachttischchen?
Eigentlich lese ich meistens SF, Fantasy und Thriller. Zuletzt hat es aber ein ganz anders Buch auf meinen Nachtisch geschafft: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry der britischen Autorin Rachel Joyce. Kein sehr intellektuelles Buch, dafür ein kluges und einfühlsames. Es hat meinen Entschluss gefestigt, mich auch eines Tages von allem materiellen Überfluss zu trennen und mit dem Rucksack durch die Welt zu streifen.

Nachdem ihr Ingo kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:

materterra.space
instagram.com/ingokohlschein
facebook.com/profile

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.  

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