Hallo zusammen.
Nach einer längeren Pause habe ich wieder mehrere Autorinnen und Autoren gefunden, die mir meine Fragen beantworten wollen.
Den Anfang macht:
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe immer schon gern geschrieben, eigentlich seit ich es konnte. Zuerst, als mir die Sätze noch schwerfielen, waren das nur Comics. Meinen ersten Roman, mehr eine Kurznovelle ums Thema Zeitreisen, durfte ich dann vor der Klasse (der Zweiten damals) vorlesen. Der Applaus hat daraufhin endgültig meine Lust geweckt, nicht nur Geschichten zu lesen, sondern auch selbst zu kreieren. Auch wenn das positive Feedback vermutlich eher der Tatsache geschuldet war, dass meine Mitschüler dadurch für zwei Schulstunden vom Unterricht befreit wurden.
Mit über dreißig Kurzgeschichten und einem Roman hast du schon einiges an Schreiberfahrung sammeln können. Wie wählst du deine Themen aus, zu denen du schreibst?
Die Hauptquellen sind, wie vermutlich bei den meisten, andere Werke, der Alltag und die Frage nach dem „Was wäre wenn?“. Mein erster Roman „Land der verlorenen Dinge“ entstand schlicht aus dem Gedanken, was denn wäre, wenn es einen Ort gibt, an dem sich alle verlorenen Dinge sammeln (wobei ich längst nicht der Erste gewesen bin, der diese Idee hatte und romantechnisch umgesetzt hat … wie ich später herausfinden sollte).
Meine zweite Inspirationsquelle sind antike Philosophien, die oft einfach nur schlichte Fragen an das Leben, den Alltag und die Existenz darstellen – was sie bis heute wohl auch noch so spannend macht. Ein großer Teil meiner Kurzgeschichten entstand schlicht aus dem Wunsch, auf Gedanken von Xenophon, Parmenides, Thales und anderen Denkern von 500 vor bis 500 nach Chr. einzugehen. Sie sind also Abhandlungen, sagte mal jemand, mit Plasmakanonen, Schwertern und Morden.
Ich habe mehrere Texte lesen dürfen. Du schreibst nicht in einem bestimmten Genre sondern sehr breitgefächert. Ist dir das für deine Kreativität besonders wichtig?
Absolut. Ich mag den Gedanken nicht, mich auf ein Setting, ein Genre oder einen Schreibstil einzuschränken. Schon oft habe ich Science-fiction- oder Fantasy-Geschichten gelesen, bei denen ich das dringende Gefühl hatte, dass sie in anderen Welten deutlich besser funktioniert hätten. Ebenso ist es mir wichtig, dass ich Ideen entweder ernst oder mit viel Humor verfolgen kann. So manche düstere Geschichte bekommt weit mehr Inhalt, wenn man sie stattdessen mit Witz erzählt. Andere wiederum benötigen vielleicht die Einschränkungen der realen Welt oder die Befreiung durch ein wenig Phantastik.
Insbesondere die Philosophie wird erst recht spannend, wenn man ihre Thesen durch Zauberei oder Technologie umso mehr möglich macht. Ein Beispiel: Die Idee und daraus resultierenden Moralkonflikte um intelligente, empfindungsfähigen Maschinen (zuerst ausgesprochen hat sie übrigens der Philosoph Thales von Milet, im 5. Jh. vor Chr.) sind im heutigen Science-fiction alltäglich.
Oder besser: Jede Geschichte will auf ihre Art erzählt werden, denke ich. Manche als Krimi, andere als Space Opera oder als Dieselpunk-Slapstick um einen genozidalen Wuthering.
Was macht dir mehr Spaß: eine Geschichte zu konzeptionieren oder sie vorzulesen?
Das Konzeptionieren. Eine Idee erforschen, beleuchten und ausarbeiten, sie dabei in Kontext zu setzen, bereitet mir die meiste Freude. Sie anschließend vorzutragen, bedeutet mir tatsächlich nicht so viel. Jeder Kreative sucht natürlich sein Publikum, doch würde ich am Ende gerne meine Arbeiten für sich sprechen lassen und dabei darum bitten, die Kunst vom Künstler zu trennen. Ich habe bisher nur selten meine eigene Meinung in meine Werke fließen lassen, denn: „Glaube nie den Blödsinn, den du schreibst!“, warnte mein Tutor zu Recht und schon zu oft dachten Leser und Leserinnen, sie hätten mich anhand einer Kurzgeschichte, meiner Bilder oder meines Romans verstanden. Haben sie aber nicht. Niemand hat bisher je auch nur meine Lieblingspizza erraten können!
Mit wem würdest du gerne einmal zusammenarbeiten wollen?
Also zusammen eine Geschichte schreiben? Ganz klar mit Kai Focke, Christoph Grimm … und dir. Aber wenn wir gerade bei Wunschkonzerten sind, würde ich gerne mit Dan Abnett, H.P. Lovecraft und Stanisław Lem brainstormen. Und Tim White dabei zusehen, wie er seine Bilder grundierte.
Welche deiner Geschichten würdest du einem interessierten Leser als erstes vorschlagen?
So seltsam das klingen mag, aber das wäre eine Geschichte, die ich bisher nirgendwo (nicht einmal auf meiner Homepage) veröffentlicht habe: Sie heißt aktuell „Schnuller mit Schärfe“; ich habe sie vor zwanzig Jahren geschrieben und seitdem immer wieder marginal überarbeitet. Im Wesentlichen handelt sie von dem Wunsch, die Dinge beim nächsten Mal besser zu machen – wobei das in der Handlung sehr wörtlich genommen wird. Und auch wenn sie, selbst aus meiner Sicht, nicht zu meinen Besten gehört, so ist sie die Geschichte, die bisher am meisten ich gewesen ist. „Schnuller mit Schärfe“ drückt zudem auch am besten aus, was den geneigten Lesern und Leserinnen in meinen Werken erwartet: Zwischenmenschliches, die Suche nach Erlösung, nach Möglichkeit mit Phantastik.
Ich habe gehört, dass du in der nächsten Zeit mehr Comics machen möchtest. Wie schaffst du es deine Texte auf ein solches Minimum an Platz zu verdichten?
Indem ich meine Comics gar nicht erst als Textgeschichten entwerfe. Comics erzählen sich auf eine ganz eigene Art, sequentiell und meist überzeichnet. Die Texte dienen hierbei auch eher anderen Zwecken, indem sie entweder durch Quantität die Geschwindigkeit drosseln, auf Details aufmerksam machen, die sonst vielleicht einem Betrachter entgehen könnten und sonst eher kurz sein sollten. Charaktere zeichnen sich ausschließlich durch Interaktion mit ihrer Umwelt, Hintergründe ergeben sich aus dem Kontext. Das alles macht wiederum eigene Geschichten möglich oder andere nicht. Kaum ein Comic kann in einen Roman transferiert werden und vice versa (Ausnahmen wie „Spice and Wolf“ beweisen die Regel).
Wie auch bei den Genres für Kurzgeschichten oder Romanen, so entscheide ich oft während der Konzeptionsphase (also unter der Dusche), ob sich eine Idee, Aussage oder Prämisse eher als Geschichte, Comic oder vielleicht sogar nur als Gemälde umsetzen lässt. Außerdem kann man bei Comics so herrlich übertreiben. Das brauche ich manchmal.
Nachdem ihr wisst, was Maximilian schreibt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
https://www.maxmalt.de/category/blog/
www.instagram.com/maehcz
www.facebook.com/Maximilian Wust
In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.
Bin nur durch Ophion aus einer Kurzgeschichtensammlung auf dieses Interview gestoßen. Sehr empfehlenswert.
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