Donnerstag, 17. September 2020

Stefan Müller "Tibur und ich"


Oftmals ist es mit Büchern wie mit dem nach Hause kommen. Man setzt sich gemütlich mit dem Buch hin, genießt die Geschichte und fühlt sich auf eine besondere Art und Weise "zuhause".
Sicherlich schafft das nicht jedes Buch und definitiv ist auch nicht jedes Genre für dieses Gefühl geeignet, aber "Tibur und ich" zählt dazu.
Eine Erzählung, die in groben Zügen an Tom Sawyer und Huckleberry Finn erinnert, beschreibt die Geschichte zweier Jungen an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Zwei Jungen, die bisher eher Einzelgänger waren und die eine günstige Fügung nun zusammengebracht hat.
Jan, der sich bisher nur für wenig interessiert hat, wird durch Tibors Einzug in Jans Wohnhaus mit der Welt der Bücher konfrontiert, aber es ist nicht nur das. Tibor ist zum ersten Mal das für ihn, was er bisher nicht hatte, der beste Freund.
Sie zelten am Bach, sie gehen zusammen zur Schule, sie lesen gemeinsam. Was sich in vier Wochen entwickelt, geht so tief, dass die nackte Erkenntnis des Betrugs umso schwerer wiegt und die Freunde, kaum das sie sich gefunden haben, schon wieder entzweit.
Wie kann ein Mensch, dem man sich so völlig geöffnet hat, einen so bewusst verletzen, indem er seine Gefühle ignoriert und nicht mehr für ihn da ist?
Kann man eine solche Freundschaft überhaupt noch retten oder ist sie dazu verdammt so kurz nach dem Entstehen schon wieder zu Ende zu sein?
Das Buch spiegelt wunderschön die gegeneinanderkämpfenden Gefühle im Zuge des Erwachsenwerdens wieder und sowohl bei den freundschaftlichen Gefühlen als auch bei den Gefühlen, die das Bücher sammeln betreffen, muss der Leser oftmals sehr schmunzeln.
Die klare Sprache ohne viel Hektik und ohne weitere Effekthascherei lässt dem Buch Raum die eigentliche Geschichte zu entfalten. Der Leser kann sich auf die Probleme und Ängste der beiden Protagonisten einlassen und gegebenfalls kann man auch in den eigenen jugendlichen Erinnerungen schwelgen, denn eine Jugend hatte jeder und die Buchsammelleidenschaft ist vielen von uns bis heute geblieben.
Das Buch ist ein definitives Wechselbad der Gefühle, aber Stefan Müller hat sich ein Ende für seine Geschichte ausgedacht, die sich jeder Mensch im wahren Leben wünschen würde.

4 von 5 Bibliophilen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen