Mittwoch, 20. November 2024

Kamome Shirahama "Atelier of Witch Hat 1"

Was ist der erste Gedanke, wenn man ein neues Genre anfängt?
Nun, das kann natürlich bei jedem verschieden sein. Bei mir war eines der wenigen Genres, um die ich bisher einen Bogen gemacht habe, Mangas.

Ich liebe Comics, aber irgendwie habe ich in den Buchhandlungen nie einen Manga gefunden, der mich optisch ansprach. Die Augen zu groß, die Bilder zu hektisch oder auch zu unübersichtlich.

Gut, wenn man dann Mangas frei Haus geliefert bekommt. Ich schau gerade niemanden an. ;-)

Und ich muss sagen: Dieser Manga gefällt mir sehr. In schwarz-weiß gehalten, oftmals in der Optik von Tuschezeichnungen, überzeugt mich der erste Teil.

Natürlich geht es um eine Außenseiter-Geschichte. Ein Mädchen muss von zuhause weg und wird bei einem Zauberer in dessen kleiner Schule aufgenommen.
Als Außenseiterin hat sie es nicht leicht, aber die anderen schließen sie auf Grund ihrer besonderen Fähigkeiten langsam ins Herz.

Bibliophilie wohin man in diesem Band nur schaut und die Mischung mit Magie macht einen ganz besonderes Reiz aus.

Einen besseren Start in die Welt der Mangas - trotz der großen Augen - hätte ich kaum haben können.

5 von 5 Ateliers

Dienstag, 19. November 2024

Raphael Dorigo "Meotod - Die Wellen des Schicksals"

Nachdem der Wassermagier Lifan erwacht, erkennt er seine Umwelt nicht wieder. Auch weiß er seinen Namen nicht mehr. Kurz, er wird in der Stadt Gardby aufgenommen und ist nun Lifan. Der Frau Jörd ist er ihr Tagewerk und auch sonst integriert er sich gut in die Gemeinschaft. Doch immer hört er einen fernen Ruf. Er solle seine Menschen beschützen. Doch vor was? Den Wellen? Sich selbst?
Fantasy mit Religion zu vermischen ist nichts Neues. Fantasy mit Philosophie zu vermengen ist schon vorgekommen. Doch die Mischung aus Fantasy, Religion und Philosophie ist zumindest für mich eher ungewöhnlich.
Raphael Dorigo schafft mit "Meotod" den Spagat zwischen dem Mensch, der auszieht, um sich selbst zu suchen und zu finden und dabei seinen Platz in der Gemeinschaft zu fassen bekommt.
Oftmals sind solche Sinnsuchen davon geprägt, dass irgendwas, sei es das Selbst, die Anderen oder die Mission, vernachlässigt wird. Raphael geht in seinem Buch hin und lässt Lifan scheitern und verzweifeln, doch weder wird die Mission aufgegeben noch lässt sein Umfeld ihn allein. 
Vieles mag zu optimistisch klingen, doch zeichnet sich dadurch auch sein Werk aus. Denn es ist oftmals auch der Blick auf die Dinge und nicht nur die Dinge oder die Situation selbst. Wir können sehen, wie der Autor und sein Protagonist aus den verschiedenen Welten das Beste nehmen und es in dem Werk zusammenfließen lassen. Dabei kommt das Werk ohne Esoterik aus. Getragen durch ein wenig Magie, viele schlaue Gedanken und einen Funken Mystik finden die vielen Ideen von Raphael den Weg in den Kopf des Lesers und man betrachtet manches aus einem anderen Blickwinkel.

4 von 5 Wellen

Danke an den Autor für das Rezensionsexemplar. 

Donnerstag, 14. November 2024

Verleger-Interview Oliver Bidlo

Hallo zusammen.
Nachdem im letzten Monat die Anthologie "Campus 2049" erschienen ist, hab ich neben den Herausgebern auch den Verleger Oliver Bidlo interviewt.


Die Hochschul-Anthologie "Campus 2049" ist die erste SF-Anthologie in deinem Verlag. Siehst du das einmaliges Projekt?
Ja, das stimmt. Es ist die erste SF-Anthologie, passt aber perfekt in unser Programm. Und ich hoffe es wird nicht die letzte Anthologie bleiben. Tatsächlich ist es eine Überlegung auch von Seiten des Verlags selbst eine Anthologie im Bereich Fantasy und Science-Fiction über eine Ausschreibung anzustoßen.

Hast du dich als Hochschulprofessor in den Geschichten wiedergefunden?
Die Geschichten sind trotz ihrer Science-Fiction-Ausrichtung (es ist ja eine „nahe“ Science-Fiction) schon in Vielem nahe an dem, was tatsächlich in Zukunft passieren könnte. Es gibt viele Aufsätze, die auf KI abheben. Und hier wird ja schon an vielen Hochschulen und Universitäten intensiv darüber nachgedacht (auch sehr konkret in Arbeitsgruppen und Prüfungsordnungen), wie man KI einbinden, aber sich auch davor - im Rahmen von Prüfungsleistungen - „schützen“ kann. Damit wird eigentlich sehr offensiv umgegangen. Sprich: Man versucht KI einzubauen, Studierende in bestimmten Situationen (Recherche, Schreibblockaden usw.) konkret auch auf die Hilfe durch KI vorzubereiten. Aber immer mit dem Hinweis, dass das, was KI da schreibt auch falsch sein kann, dort (meist) Nachweise fehlen und die reine Übernahme von KI-Texten nicht im Sinne des „Erfinders“ ist.

Wie hat sich die Arbeit an der Anthologie von der Arbeit an deinen anderen Büchern unterschieden?
Die Arbeit hat unheimlich viel Freude gemacht, war aber auch herausfordernd. Die beiden HerausgeberInnen Kai Focke und Sabine Frambach haben ganz hervorragende Arbeit geleistet. Natürlich muss bei einem solchen Projekt viel besprochen und abgestimmt werden. Es waren viele Kommunikationskanäle, zwischen den beiden und uns, den Beitragenden (bzgl. Druckfahnen, Korrekturen und Versand der Belege), aber auch für einige Formalien die Kommunikation mit der Hochschule. So wurde - als ein Beispiel - für eine größere Anzahl von Exemplaren, die die Hochschule verschenken möchte, Banderolen produziert. Letztlich eine Kleinigkeit, die aber zusätzliche Abstimmung, was Layout, Corporate Design, Druck und Anbringung durch die Druckerei usw. erforderlich machte. Insgesamt hat alles sehr, sehr gut geklappt, was auch daran lag, dass die beiden HerausgeberInnen genug Zeit für alle Arbeitsschritte mit uns eingeplant haben.

Wie siehst du die Zukunft der Hochschule? Positiv oder negativ?
Oje, eine Frage, die einen interessanten und vielfältigen Punkt trifft. Steinalt bin ich ja noch nicht, kann aber schon gut knapp 20 Jahre als Dozent überschauen und dazu noch die Jahre als Student und Doktorand selbst. Bereits in dieser Zeit hat sich unheimlich viel verändert in den Abläufen, den Studierenden, den man gegenübersitzt, der Konzeption von Studiengängen usw. Wenn man nur einen Teil der Änderungen nimmt und auch der Zukunft diesen Wandel unterstellt, dann wird sich die Hochschule auch weiter wandeln. Manches wandelt sich zum Guten: So gibt es heute eine größere Bandbreite, was die Studierenden angeht. Während früher die allermeisten Studierenden direkt nach der Schule kamen, finden sich heute immer mehr Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen und mit sehr unterschiedlichen Biographien, die ein Studium beginnen. Das ändert - in meinen Augen zum Positiven - die Dynamik in den Studiengruppen. Ich denke das wird sich in Zukunft noch verstärken. Eine nicht so gute Veränderung betrifft das Lesen selbst. Es wird heute in der Breite nicht mehr so viel gelesen, wie es früher der Fall war. Längere Texte, also ganze Bücher, werden seltener gelesen, dafür gerne kürzere Texte oder Zusammenfassungen. Das aber ist -in wiss. Hinsicht - nicht gut, da es den Studierenden mitunter schwerer fällt, einem Gedankengang und einer Argumentationsentwicklung, der bzw. die sich über einen größeren Umfang aufbaut, zu folgen. Aber auch Lehrende selbst tragen dazu bei, wenn z.B. ein Fachbereich sich nicht mehr auf verpflichtend zu lesende Grundlagenliteratur einigen kann. Zu meiner Zeit gab es eine Liste von zu lesender Pflichtlektüre für das Grund- und das Hauptstudium, von der man nach dem Grund- wie nach dem Hauptstudium davon ausging, dass man diese auf jeden Fall gelesen hat, unabhängig von konkreten Seminaren. Das hatte den Vorteil, dass es eine grundlegende gemeinsame Kenntnisnahme über das Studienfach gab. Zu dieser Literatur konnten überdies immer auch Fragen gestellt oder Bezugnahmen erwartet werden (z.B. in Prüfungen, Referaten usw.).

Deine Affinität gilt in erster Linie der Phantastik und speziell dem Tolkien-Universum. Liest du selbst auch Science Fiction und wenn ja, was hat dich zuletzt beeindruckt?
Tatsächlich lese ich Science-Fiction eher selten (aber das kann sich alsbald ändern), dafür bin ich ein leidenschaftlicher Trekkie und schaue mir sehr gerne Science-Fiction Serien oder Filme an. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass meine und unsere Zeit ja doch begrenzt ist und man kaum alles lesen kann, was man gerne lesen möchte. Neben universitären und fachbezogenen Aufsätzen und Büchern, die ja in schier unglaublichen Mengen neu erscheinen, kommen dann die Leidenschaft zur Fantasy und die verlagsspezifischen Bücher bzw. Skripte, die zu lesen sind. Da wäre eine gute Idee, so wie du das oben ja in deiner Frage bereits angedeutet hast, weitere Science-Fiction-Anthologien über den Verlag zu publizieren. Dann könnte ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Denn die Geschichten werden natürlich auch von mir intensiv gelesen.

Gehen wir 25 Jahre zurück: was würdest du deinem Hochschul- und deinem Herausgeber-Ich raten?
Oje, eine nicht ganz leichte, aber sehr spannende Frage. Ich denke ein Rat wäre, nicht immer alles zu verbissen zu sehen, nicht immer von der denkbar schlechtesten Situation auszugehen. So habe ich z.B. früher sehr oft viel zu viel Material für Veranstaltungen vorbereitet, um sicher zu gehen, dass ich bei keiner aktiven Teilnahme von Studierenden nicht irgendwann ohne Material dastehe. Das führte öfters einmal dazu, dass ich das Material auch unterbringen wollte und die (immer stattfindende) dazutretende Teilnahme der Studierenden dann mitunter zu einer Zeitnot führte. Dem Verleger- und dem Herausgeber-Ich würde ich ebenfalls den Hinweis geben, dass Flauten dazugehören, aber gute Manuskripte und Projekte, aus denen sodann Bücher werden, schlussendlich immer „eintrudeln“ und sich ergeben. Aber ich denke, das nennt man Erfahrung, die man über die Zeit machen muss.

Wenn du eine Geschichte beigesteuert hättest, welchen Themenbereich hättest du dir ausgesucht?
Tatsächlich war es eine Idee, dass auch ich eine Geschichte beitragen könnte. Ich habe schon seit längerer Zeit einen Plot dazu im Kopf, den ich über eine Kurzgeschichte vielleicht hätte einbringen können. Der Plot stammt aus meiner Beschäftigung des Themas „Der Ausbruch des Phantastischen“. Es geht um einen jungen Hochschuldozenten der Informatik, der unmerklich einer sich im Netz gebildeten künstlichen Intelligenz über den „Ausgang“ eines 3-D-Druckers zu einer physischen Form verhilft. Nachdem er vor dem Bildschirm bei einer seiner Programmierarbeiten für einen 3-Druck eingeschlafen ist, findet er am nächsten Morgen im 3-D-Drucker ein Objekt vor, das zwar physisch vorhanden ist, aber in den (bisherigen) Gesetzen der Physik keine Entsprechung findet. Naja, das wäre die Skizze der Geschichte. Aber ich hatte leider keine Zeit, weiter daran zu arbeiten. Denn parallel zu dieser tollen Science-Fiction-Anthologie haben wir die neue Ausgabe des Hither Shore (akademisches Jahrbuch der Deutschen Tolkien Gesellschaft) bearbeitet und publiziert. Das waren die beiden großen Projekte der letzten Monate, an denen wir besonders intensiv gearbeitet haben.

Nachdem ihr Oliver kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:

oldib-verlag.de/oliver-bidlo

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.  

Dienstag, 12. November 2024

R. L. Stine "Gänsehaut - Die unheimliche Kuckucksuhr"

Es gibt diese Kinderbücher, die man auch als Erwachsener nie vergisst.
Und es gibt die Kinderbücher, die in der Kindheit einfach an einem vorbeiziehen.
Letztens stehen wir im Antiquariat und dieses Buch taucht aus den dunklen Ecken der Regale auf.
Euphorie bei den anderen, bei mir: Ratlosigkeit.
Schnell war klar, die Bildungslücke ist zu schließen.

Und so saß ich die letzten Tage schmunzelnd über meinem ersten Gänsehaut-Buch.

Das Leben hat natürlich zwischenzeitlich die eine oder andere Gänsehaut beschert und so ist nicht Grusel, welcher mich durch die Seiten begleitet.
Vielmehr ist eine Geschichte, die zeigt, wie anders das Leben als Kind ist, wo die Prioritäten liegen und worum man sich sorgt.
Ein Ausflug in eine Zeit, die so ganz anders war, obwohl sie Teil von einem ist.

Das Rätsel um die Kuckucksuhr und die damit verbundene Zeitreise sind charmant zu lesen und ich merke schnell, manche Dinge sind einem immer peinlich, egal, wie alt man wird.

In kurzen Kapitel wird die Geschichte schnell und dynamisch erzählt und wer weiß, vielleicht treffe ich in einem Antiquariat auf ein weiteres Buch und wage eine neue Zeitreise.

4 von 5 Kuckucksuhren 

Montag, 11. November 2024

Katja Jansen "Echoes from tomorrow"

Im Unterschied zu einem Roman bieten Kurzgeschichtensammlungen den Schreibenden die Möglichkeit, die Lesenden in völlig verschiedene Szenarien eintauchen zu lassen.

Mal düsterer, dann wieder hoffnungsvoller ist die Kurzgeschichtensammlung von Katja Jansen zu betrachten. Schon das Cover zeigt, dass sie sich auf die Social Science Fiction einlässt. Was natürlich nicht heißt, dass andere Aspekte der SF nicht beleuchtet werden. Doch in jeder Erzählung ist immer eine starke soziale Komponente enthalten.

Was macht die Zukunft, die Technik, unser Umfeld mit uns? Was bedeutet es, im Dschungel der Informationen "falsch" abzubiegen? Viele dieser Fragen spielen in mehreren Geschichten eine tragende Rolle.

Ihren Beruf (Doktor der Biomedizin) liest man in der einen oder anderen Kurzgeschichte heraus, und auch ihr Faible für Natur und Medizin wird gerade in diesen Geschichten deutlich.

Sie schafft aber auch Geschichten, die, darf man das eigentlich sagen, nicht mehr nur SF sind, sondern auch die Sphären der Phantastik berühren, was mir persönlich sehr gut gefällt.

Was mir tatsächlich selten passiert, ich habe eine Lieblingsgeschichte. In dieser (natürlich verrate ich nicht welche) schafft sie es nicht nur, Realität und Fiktion zu verwischen, sondern sie zeigt auch, dass sie verschiedene moralische Standpunkte einnehmen kann.
Eine abwechslungsreiche Sammlung, die ihre starken Geschichten hat und mit keiner Geschichte langweilt.

4 von 5 Echoes

Mein Dank an die Autorin für das Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 7. November 2024

Autoreninterview Christian Endres II

Hallo zusammen.
Es gibt Menschen, die kann man gar nicht oft genug interviewen. Christian Endres ist so eine Person. Dieses Mal geht es um seinen Roman "Wolfszone" und den dritten Band seiner Prinzessinnen.



Die Veröffentlichung von "Wolfszone" ist schon ein paar Tage her. Rückblickend gesprochen, bist du mit der Aufmerksamkeit für den Roman zufrieden?
Ich bin sehr dankbar, dass der Buchhandel meine jüngsten Romane so gut aufgenommen, so konsequent auf den Tischen zwischen Platzhirschen und Bestsellern präsentiert hat. Das ist wahnsinnig viel wert und bedeutet mir als Autor eine Menge. Auf der anderen Seite steht da jedoch der allgegenwärtige Algorithmus von Social Media und Co., und der kann selbst kybernetischen Wölfen zwischendurch Albträume bescheren … 

Ich habe es in meiner Rezi schon angesprochen, aber vielleicht kannst du noch einmal erläutern, wie es zu dem Roman kam?
Für das Magazin „Spektrum der Wissenschaft“ habe ich vor einigen Jahren eine Kurzgeschichte über nano-mutierte Cyborg-Wölfe und ihren Krieg mit den Menschen geschrieben. Daraus wurde dann mein Near-Future-Hardboiled-Roman um die Wolfszone in Brandenburg, und mit mehreren Handlungssträngen und Hauptfiguren, die es in der Story nicht gab: Einem Berliner Privatdetektiv, einer Fahrradkurierin und Drogenschmugglerin, einer Evolutionsbiologin, einem Bundeswehrsoldaten und einem der Maschinenwölfe. Ihre Erlebnisse zwischen Klimakrise und KI werden im Roman nach und nach verwoben und führen zu einem großen Showdown.

Wie sehr hat sich die Arbeit an "Wolfszone" von den "Prinzessinnen" unterschieden?
Das Gefühl des Schreibens ist eigentlich immer gleich – die Suche nach der großen Welle und dem Flow, dem perfekten Satz oder Dialog. Bei „Wolfszone“ kam allerdings hinzu, dass ich mit Krimi und Science-Fiction zwei Genres verschweißt habe, und obendrein die Grenze zwischen unserer Gegenwart und Zukunft verwischen wollte. Bei den „Prinzessinnen“ wiederum stehen neben der Tarantino-mäßigen Action wieder andere Dinge im Fokus, Selbstbestimmung, Found Family und vor allem das ständige Spiel mit den Klischees aus Fantasy, Märchen und Disney-Filmen. 

Wenn ich gerade davon spreche, dieses Jahr erscheint der dritte Band um die "Prinzessinnen". Warum geht es dieses Mal?
Die Prinzessinnen sind auch nach den beiden ersten Bänden „Fünf gegen die Finsternis“ und „Helden und andere Dämonen“ noch immer fünf ehemalige Thronfolgerinnen, die als rabiate Söldnerinnen durch eine Fantasy-Welt zwischen „The Witcher“ und „Dungeons & Dragons“ ziehen. Im neuen Band „Hoheitliches Gemetzel“ müssen sie einen Serienmörder jagen, der es auf klassische Königstöchter abgesehen hat und mehrere kleine Reiche in Angst und Schrecken versetzt. Allerdings verbirgt sich hinter dem mysteriösen Mörder mehr, als die Prinzessinnen ahnen, und das sorgt für noch mehr Gefahr ...

Bleibt es bei einer Trilogie? Oder darf man bei der Vielzahl der Prinzessinnen auf noch mehr Bände hoffen?
Die Trilogie ist so ein klassisches, so ein traditionsreiches Fantasy-Format – deshalb stellt dieser dritte Band für mich und die Gang zunächst mal einen richtigen Meilenstein dar. Einen Grund zum Feiern. Jetzt müssen wir einfach mal durchatmen und abwarten, wie sich alle Bände schlagen, nun, da es eben die Trilogie geworden ist. Es wäre schön, wenn die Serie noch ein paar Fans gewinnt, gute Verkäufe nach drei Büchern in knapp anderthalb Jahren dem Verlag und mir ein klares Zeichen geben. Ich hätte jedenfalls noch Ideen für weitere Abenteuer, und ich habe diese Figuren auch sehr lieb gewonnen.

Für die, die Bücher noch nicht kennen: Ist es so, dass ein Band einer Prinzessin gewidmet ist?
Nein. Die Bände sind immer aus der Sicht der jüngsten und vermeintlich unerfahrensten Prinzessin – Narvila – geschrieben, bis auf die Rückblenden in die Vergangenheit. Natürlich wandert der Fokus aber immer mal hierhin und dorthin, hat jede der Prinzessinnen in den Büchern ihre Momente und Spotlights. Wie es sich für eine gute, eingeschworene Truppe gehört! Das behält der Chronist im Blick, beziehungsweise ergibt es sich eigentlich von allein bei diesen Fünf. 

Eine böse Frage zum Schluss: Hast du eine Lieblingsprinzessin?
So böse ist die Frage gar nicht, denn ich kann sie eindeutig beantworten: Ich habe keine Lieblings-Prinzessin. Es gibt sicherlich immer Szenen, da macht diese oder jene Prinzessin besonders Spaß zu schreiben. Doch am Ende des Tages ist es gerade dadurch so cool und besonders, dass Narvila, Aiby, Decanra, Mef und Cinn dieser Verbund aus Charakteren, Marotten und Eigenschaften sind, und wie sie miteinander interagieren, und zusammen mit der Welt. 

Nachdem ihr wisst, was Christian schreibt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
christianendres.de
instagram.com/misterendres
facebook.com/MisterEndres
bsky.app/profile/misterendres.bsky.social

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Montag, 4. November 2024

Anja Stürzer "Somniaveris"

Eigentlich hatte sich Jochanan die Rückreise anders vorgestellt, doch als er wieder im Jahr 2121 ankommt, leugnen seine Eltern durch die Zeit gereist zu sein.
Warum?
Was war daran falsch?
Doch warum ist Akascha mitgekommen und warum darf er sie nicht sehen?

Mit vielen Fragen beginnt der zweite Teil um Jochanan, Akascha und Merlin. Während man als Leser jedes der fünf Kapitel hauptsächlich an der Seite eines Charakters erlebt, wird nahezu nebenher die Handlung vorangetrieben und diese ist zu Anfang noch recht diffus.

Anja Stürzer legt erst nach und nach und mit der Hilfe ihrer Figuren die Karten auf den zukünftigen Tisch und beleuchtet dabei nicht nur die reine Problematik, dass man sich selbst bei Zeitreisen nicht begegnen darf (wer denkt hier nicht an "Zurück in die Zukunft"?), sondern auch, dass ein Zeitsprung für die individuellen Charaktere zu Komplikationen führen könnte.
Denn was ist Ursache und was ist Wirkung?
Wo beginnt eine Zeitschleife? 

Spannend erzählt sie, was sich innerhalb eines Jahrhunderts ändern kann und was es heißt, für so ein wichtiges Projekt wie Zeitreisen Verantwortung zu übernehmen. Denn Verantwortung birgt unglaublich viele Gefahren.

Gerade die Perspektivwechsel unterstreichen die Vielschichtigkeit des Themas, da man immer wieder andere Blickwinkel des gleichen Probleme betrachtet. Ein Werk, dass einen über die Zukunft und ihre Chancen und Risiken nachdenken lässt.

4 von 5 Ampullen

Rezensionsexemplar vom Oldib-Verlag: oldib-verlag.de/belletristik/

Donnerstag, 31. Oktober 2024

Fiktiv-Interview Anja Bagus

Hallo zusammen.
Heute gibt es ein Fiktiv-Interview basierend auf den Charakteren aus Anja Bagus Roman "Hund &  Katz".


Baden-Baden, 1915.
Vor ihrer Schicht haben sich die Kommissare Weiterstätter (Hundveränderter) und Tannengrün (Katzenveränderte) Zeit für ein kleines Interview genommen.

Ihr arbeitet im Amt für Aetherangelegenheiten. Was unterscheidet das Amt von einer "normalen" Polizeistation?
Tannengrün: Zunächst mal: Wir heißen zwar Kommissare, sind aber keine Polizisten. Das ist wichtig, da die echten Polizisten sonst sauer werden.
Unser Amt ist eine Behörde, die im gewissen Sinne einer Polizei sehr ähnlich ist, aber vor allem immer dann gerufen wird, wenn es um Fälle geht, die mit Æther zu tun haben. Das kann tatsächlich sein, dass echter Æther irgendwo austritt oder vorzufinden ist, oder eine der Auswirkungen der Substanz eine wichtige Rolle spielt. Hauptsächlich geht es dabei um die Veränderten, also Menschen, die sich durch den Einfluss von Æther im Aussehen und teilweise auch Verhalten verändert haben. Die meisten Menschen sind dabei eigentlich nicht gefährlich, manche aber schon. So eine Veränderung zu einem Mannwolf ist nicht einfach so wegzustecken.

Weiterstätter: Wir werden also meistens gerufen, um Probleme, die zwischen der veränderten und der normalen Bevölkerung entstanden sind, zu lösen.
Eine andere Sache sind die Erwachten. Das sind Wesenheiten, die durch den Æther entstanden sind, oder eben erwacht sind, weil es sie möglicherweise früher schon gegeben hat. Dazu zählen kleine und größere Gottheiten, Sagengestalten oder andere Entitäten. Es ist halt schon anstrengend mit der Wilden Jagd, und auch so Wesen wie der Teufel (laut Registratur gibt es schon 54 Unterarten dieser Gattung) sorgen für Probleme.
Dann ruft man uns.

Wie kommt ihr im Alltag mit eurem veränderten Wesen in der Bevölkerung klar? Und welche Auswirkungen haben die Veränderungen auf euch selbst?
Weiterstätter: Im Jahr 1915 waren ca. 20% der Weltbevölkerung in irgendeiner Art und Weise verändert. Wir sind also immer noch eine Minderheit und es wird vermutet, dass das auch so bleibt. Warum sich jemand verändert und wann es passiert, ist immer noch ziemlich unklar. Man spekuliert, dass jemand, der mit seinem Leben sehr unzufrieden ist, oder einem bestimmten Aspekt davon, eher verändert wird, als jemand anders, der mit sich und seinem Leben sehr zufrieden ist. Für die meisten von uns ist die Veränderung zwar erst mal beunruhigend und die Gesellschaft findet es ebenfalls nicht gut, aber nach einige Zeit merken wir Veränderte, dass wir uns wohler in unseren Körpern finden. Der berüchtigte Mannwolf mit Schaum vorm Maul ist eher die Ausnahme. Die schnellen radikalen Veränderungen der Anfangszeit um 1910 herum sind ja größtenteils vorbei, sodass auch die Gesellschaft langsam merkt, dass wir gar nicht so schlimm und in manchen Fällen sogar eine Bereicherung sind.
Wir selbst sind sehr zufrieden mit unseren Veränderungen. Ich möchte nicht mehr auf meine gute Nase verzichten.

Tannengrün: Und ich nicht auf mein Fell.

Weiterstätter: Das ist heute besonders seidig.

Tannengrün: Wir sind im Dienst!

Weiterstätter: Das wird man doch noch sagen dürfen!

Ich durfte die Niederschrift eurer Fälle von Anja Bagus lesen. Ihr werdet vornehmlich bei Fällen mit Veränderten hinzugezogen. Ist es so, dass ihr durch eure eigene Veränderung eine gewisse Ruhe in den Fällen ausstrahlt und somit Situationen besser einschätzen könnt?
Tannengrün: Meistens können wir nur deswegen ruhig bleiben, weil wir zwei Dinge ganz genau wissen: Erstens steht das Amt hinter uns und zweitens sind wir uneingeschränkt füreinander da.
Wir sind schon so etwas wie die Spezialisten für die besonderen Fälle, aber das macht uns nichts.

Weiterstätter: Und es ist schon was dran, dass in unseren Schichten immer wieder die seltsamsten Dinge passieren ... ob das jetzt an uns liegt oder Zufall ist ... Ich bin jedenfalls immer wieder froh, dass meine Kollegin genau das kann, was ich nicht kann und umgekehrt.

Welcher Fall hat euch am meisten beeindruckt?
Tannengrün: Ich war mit der Wilden Jagd etwas überfordert. Da ging es mal wieder um Leben und Tod für einen unschuldigen Menschen, nur weil die Erwachten sich nicht einig waren. Diese mächtigen Entitäten sind sich oft nicht bewusst, was sie anrichten können.

Weiterstätter: Ich fand verständlicherweise die Sache mit dem Hofhund besonders schlimm.

Tannengrün (ihren Kollegen kurz streichelnd): Ja, das hatte der Arme nicht verdient.

Weiterstätter: Aber es am Ende irgendwie gut geworden.

Tannengrün: Am schlimmsten trifft es immer die Kinder. Weißt du noch, das kleine Hasenmädchen am Weihnachtsabend?

Weiterstätter (knurrt): Ja, da war der Krampus gerade zur rechten Zeit da. Diese Feiglinge.

Tannengrün: Eigentlich ist es oft schlimm, wenn wir gerufen werden. Und Leid ist nicht zu messen. Darum ... ist es schwer, einen schlimmsten oder beeindruckendsten Fall zu finden. Aber das mit dem Ei ...

Weiterstätter: Wo du Mutter geworden bist?

Tannengrün: Sei still.

Weiterstätter (streichelt seine Kollegin, die ihre Ohren angelegt hat): Er wird sich sicher einmal melden.

Tannengrün: Ich bitte um die nächste Frage.

Habt ihr mit den Täter, wenn man sie überhaupt so nennen kann, auch schon einmal Mitleid und mildert das Strafmaß?

Weiterstätter: Tatsächlich sind wir oft für Strafen gar nicht zuständig. Wir übergeben sowas an die Polizei. Wir regeln aber vieles ohne die, wenn es nur um Beschwerden oder Probleme der Bürger mit den Veränderten gibt. Und ja, da war dieser Storchenmann, der einfach ein Baby behalten hat ... Das war schon ein schwieriger Fall. Wer hatte das Schuld und gab es überhaupt einen Fall? Oft geht es erst einmal darum, zu verstehen, warum jemand etwas macht und warum jemand anders damit ein Problem hat. Wir haben ja den Leitspruch: Audiatur et alterapars – Auch die anderen sollen gehört werden. Das bedeutet viel reden und viel Verständnis. Im besten Falle jedenfalls.

Wie kann man sich die Zusammenarbeit zwischen Hund und Katz vorstellen?
Tannengrün: Meistens redet Weiterstätter erst mit den Leuten. Die denken dann, er wäre so ein scharfer Hund, dabei ist er der Nette von uns beiden.

Weiterstätter: Naja, ich bin halt so. Die meisten brauchen das ja, dass man ihnen zuhört. Wenn es brenzlig wird, dann kommt Tannengrün und fährt nicht nur sprichwörtlich ihre Krallen aus.

Tannengrün: Oft geht das halt hin und her. Kommt drauf an, wie sehr die Situationen eskalieren. Wir ergänzen uns dann da immer vortrefflich.

Wird es weitere Geschichten mit euch geben?
Tannengrün: Nunja, wir sind noch nicht am Ende unserer Laufbahn!

Weiterstätter: Ich hoffe es doch!

Nachdem ihr Tannengrün und Weiterstätter kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:

anja-bagus.de/shop

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.  

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Campino "Kästner, Kraftwerk, Cock Sparrer"

Es mag im ersten Moment irritierend wirken, wenn ein Star der Punkrockszene sich in einer bekannten deutschen Universität zu einer Gastprofessur einfindet, doch sollte man sich nicht täuschen lassen, denn Punkrock und Gedichte haben mehr gemeinsam, als es im ersten Augenblick den Anschein hat.
Doch von Beginn: Anfang des Jahres war Campino von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf eingeladen worden, sich mit dem Thema Gebrauchslyrik auseinanderzusetzen.
Seine zwei doch sehr unterschiedlichen Vorträge zeigen ein breites Spektrum seiner Gedanken, denn wer hätte ohne Weiteres geahnt, dass Campino viele Texte von Erich Kästner schätzt und gerade dessen Texten auch eine Alltagstauglichkeit - eben eine Gebrauchslyrik - unterstellt. Auch wenn sich das Wort vielleicht sperrig oder sogar prüde anhört, bietet die Gebrauchslyrik genau das, was es auch zum Songtexte schreiben braucht ... Hiervon erzähle ich aber einmal nicht zu viel. 
Doch ich kann sagen, es ist spannend, wie sich Campino durch die verschiedenen Lyriker oder auch Songwriter zu sich selbst entwickelt hat und wie diese ihn auch heute noch formen. 
Kritische Äußerungen hört man vermehrt in der zweiten Vorlesung, wenn es um das Thema KI und die Rechte an Texten geht und man spürt, dass es nicht alles nur Schabernack ist. 
Campino setzt sich mit seinen Kritikern ruhig und sachlich auseinander und zeigt, dass man seine Meinung auch gesetzt und fundiert darlegen kann, ohne das berühmte Hotelzimmer zu zerlegen.
Ein erfrischender Einblick und auch ein gutes Lehrstück darin, was Texte mit Lesenden machen und wie man Ideen vermittelt oder auch zum Nachdenken animiert.
Und wichtig: Ein Gedicht braucht keinen Refrain - Erläuterung hierzu, gibt es im Buch.

4,5 von 5 Songtexten

Weltenportal "Vampirausgabe"

Ein Tag vor Halloween und ihr habt noch nicht die passende Lektüre?
Da kann ich euch vielleicht einen Tipp geben.

Dieses Jahr haben wir beim Weltenportal eine Sonderausgabe zum Thema Vampire (weltenportalmagazin.de/ausgaben-archiv/sonderausgabe-vampire-10-2024/) gemacht, die ihr euch auf der Homepage herunterladen könnt.

Neben dreizehn Geschichten, die nicht unterschiedlicher sein könnten, haben wir im Magazinteil zusätzlich Fachartikel von Detlef Klewer und Friedhelm Schneidewind.
Weiterhin hat Judith Madera zwei Artikel über moderne Vampire und Vampire in Mangas und Animes beigesteuert.
Auf die Buchbesprechungen folgen schließlich Lyrik und zahlreiche Comics, um das Thema in seiner Vielfalt abzurunden.

Neugierig?

Und ja, ich habe in dieser Ausgabe ein kleines Jubiläum, da mit der Vampirausgabe meine zehnte Kurzgeschichte veröffentlicht wurde.

Wer wissen möchte, was eine Fledermaus und ein Eichhörnchen mit Vampiren zu tun haben, blättert in der Vampirausgabe zu meiner Geschichte "Das Vorurteil".