Sarahs Lesereise
Willkommen bei meiner Lesereise durch Raum und Zeit
Samstag, 30. August 2025
Helen Herbst "Lady Agnes und der tote Gärtner im Rosenbeet"
Doch als der Mord geschieht, können sich die drei Bewohner vor Besuchern kaum retten, auch wenn es zuweilen unangenehme Treffen sind. Schon im ersten Moment ist der Polizist äußerst feindselig und die alte Nachbarin, die eigentlich eher immer wie eine Dame wirkte, zeigt zunehmend gereizte Züge. Ausgerechnet in diesem Tohuwabohu wird Lady Agnes eingeladen, sich bei einer Gartenshow anzumelden, was im Dorf nicht bei allen auf Begeisterung stößt.
Detektivgeschichten sind dadurch gekennzeichnet, dass oftmals nicht die Polizei die Ermittlungen durchführt, sondern es sind die sogenannten einfachen Leute, die gerne belesen durch Kriminalromane, eine Ahnung vom Bösen und zwischenmenschlichen Beziehungen haben.
Die Gemütlichkeit fließt über die Eigenarten der Protagonisten und gerne auch deren Marotten in die Handlung ein. So ist es hier ein Haushalt, in dem alle Figuren größere und kleinere Geheimnisse haben und eine Schrulligkeit an den Tag legen, die immer wieder die Mundwinkel zucken lassen. Ein Butler, der schon morgens den Sonnengruß auf der eigenen Rasenfläche vollführt, ist schon ein sehr amüsantes Bild. Sonderlich komplex sind die Krimis nicht, da sie sich vielmehr auf die Personen und das Dorfleben konzentrieren.
Eine gelungene Mischung, die viele der englischen Werte hochhält und mit einem Augenzwinkern um moderne und auch tollpatschige Elemente ergänzt.
4 von 5 Rosengärten
Donnerstag, 28. August 2025
Autoreninterview Maria Orlovskaya
Diesen Monat habe ich eine Autorin gefunden, die dieses Jahr schon für ihre Texte ausgezeichnet wurde. Maria schafft es mit ihren Geschichten, die Lesenden zum Nachdenken anzuregen und über den Tellerrand zu schauen.
Du hast dieses Jahr den dritten Platz beim Kurt Lasswitz Preis für deine Kurzgeschichte geholt. Erzähl ein bisschen darüber, wie du diese Zeit erlebt hast.
Mittwoch, 27. August 2025
Ingrid Pointecker (Hrsg) "Der Dampfkochtopf"
Ran die Herde, den Aether aufgedreht und los geht es in der Steampunk-Küche. Es zischt, es wird gebrutzelt und die Gewürze fliegen in kleinen Luftschiffen tief.
Sechszehn Schreiberlinge haben sich zusammengefunden, um ein ganz besonderes Menu zu zaubern. Vorspeise, Hauptgang, Nachspeise, selbst für den abschließenden Espresso ist gesorgt.
Alle sechszehn Geschichten inkludieren mal mehr, mal weniger Steampunk-Elemente. Sie spielen zu einer Zeit, in der Technik eine andere war, als wie wir sie heute kennen. Ein bisschen Wahrheit und viel Dichtung tragen die Erzählungen und so tauchen historische Figuren wie Queen Viktoria auf, aber gleichzeitig gibt es Flughäfen für Luftschiffe.
Die Texte behandeln Staatsangelegenheiten, klassische Täuschungsgeschichten, finden Lösungen für die Armenspeisungen.
Denn: Dreh- und Angelpunkt aller ist ihr abschließendes Rezept. In einigen Texten schauen wir den Protagonisten im wahrsten Sinne des Wortes in die Töpfe, in anderen spielt die Zubereitung eine eher niedergeordnete Rolle.
Schlussendlich ist das Lesen ein Gaumenschmaus und man freut sich, wenn es aus der eigenen Küche wie von Zauberhand zu duften beginnt.
4 von 5 Rezepten
Freitag, 22. August 2025
R. L. Stine "Das Phantom in der Aula"
Ich habe wirklich schon den nächsten Gänsehaut-Roman gelesen, sie haben einen kleinen Suchtfaktor. ;-)
Tatsächlich ist es aber auch der vorerst letzte, ich muss mir erstmal weitere Bände besorgen oder ggf auch ausleihen.
Worum ging es bei dieser Episode?
In einer Schule soll ein Theaterstück ausgeführt werden. Ein Theaterstück, was schon vor siebzig Jahren auf die Bühne hätte kommen sollen, wenn der Hauptdarsteller nicht in der Nacht vor der Premiere verschwunden wäre. Seitdem ranken sich Rätsel und Mysterien um das Stück. Erst eine ambitionierte Lehrerin will dem Spuk ein Ende machen und die Premiere endlich nachholen.
Doch sie hat die Rechnung ohne das Phantom gemacht. Gibt es abseits des Stückes wirklich ein Phantom? Oder kann Alex sich mit seinen Scherzen einfach nicht zurückhalten?
Bei diesem Band hat mir besonders die Mischung aus Witz und Grusel gefallen. Durch die Witze wirkt der Grusel an bestimmten Stellen noch intensiver und man kann förmlich die alte Aula knarzten und quietschen hören. Großes Kopfkino ist garantiert. Bisher der beste Roman für mich aus der Serie, wenn auch nur knapp.
5 von 5 Theaterrequisiten
Dienstag, 19. August 2025
Mac Conin "Nirgendwann - Plan B war auch Mist"
Dreh- und Angelpunkt ist die Zülpicher Straße in Köln. Hier spielt der größte Teil der Geschichte. Erzählt aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten (u.a. auch ein Büdchen) erfährt man viel über das Leben um und auf der Straße. Wie die Menschen hier früher lebten, was sich verändert hat. Wer gegangen und wer geblieben ist. Einzelne Charakter verbringen nahezu ihr ganzes Leben hier (Herr Hänsel) und andere sind erst kurz dort (Jo). Doch für alle ist die Straße ein Zuhause. Unbewusst sind sie eine Gemeinschaft, wie sie das Büdchen in der heutigen Zeit kaum mehr kennt.
Das Büdchen nimmt in der Geschichte neben den anderen Erzählenden eine Sonderstellung ein. Eigentlich ein Institut des Viertels ist es mehr als ein schlichter Kiosk. Früher traf man sich hier und tauschte Neuigkeiten aus, doch wie sich die Gesellschaft verändert, ändert sich auch das Verhalten der Kaufenden. Vielfach ist das Büdchen ein Spiegel der Gesellschaft und wirft in die Handlung die eine oder andere Weisheit hinein, ohne dabei zu stören.
Die Geschichte wühlt dabei den Lesenden sehr oft auf. Alle Ungerechtigkeiten, die man sich vorstellen kann, treffen auf die verschiedenen Protagonisten und doch schafft es der Autor ein stimmiges Bild zu schaffen. Denn die Welt ist nicht rosarot. Manchmal vielleicht, aber definitiv nicht immer. Und so zeigt er an den verschiedenen Lebensläufen, was Stärke, Zusammenhalt und Gemeinschaft bedeuten, selbst wenn die Tage nahezu dunkel erscheinen.
Ein gelungenes Buch über menschliche Beziehungen und dem Wunsch ein sorgenfreies Leben zu führen.
Danke an den Autor für das Rezensionsexemplar.
Montag, 18. August 2025
R. L. Stine "Der Werwolf ist unter uns"
Besessen davon einen Werwolf zu fangen, verschlägt es Vater und Sohn nach Europa und dort in einen tiefen, dunklen Wald. Tagelang liegen sie auf der Lauer, bis der Vater einen Fallensteller als Werwolf ausmacht. Die große Maschinerie des Marketings wird angeworfen und kurz vor Kundgebung geschieht das Unfassbare.
Im Gegensatz zu den modernen Thrillern, in denen noch eine Abwegigkeit und noch eine Unmöglichkeit einen unglaublichen Täter hervorbringt, sind diese Bücher klarer in ihren Intentionen. Sicherlich ist das zum einem der Tatsache geschuldet, dass es sich um Kinderbücher handelt und zum anderen muss auf der Länge die Geschichte logisch zu Ende erzählt werden.
Spannung schafft der Autor in jedem Fall und wenn mir gerade kein Fell wächst, stehen mir die Haare doch noch ein wenig zu Berge.
4,5 von 5 Werwölfen
Samstag, 16. August 2025
Olivia Monti "Die Toten von nebenan"
Es beginnt ein Machtkampf zwischen Lebenden und Toten, Tober und den Toten und ...
Wer mit wem gegen wen und vor allem warum?
Ränkespiele zeichnen sich immer wieder durch wechselnde Konstellationen der Beteiligten auf und das ist auch hier der Fall.
Während Herrn Tober schnell böse Absichten unterstellt werden können, sind die Toten der Straße einem oftmaligen Hin und Her unterworfen, wie es auch im wahren Leben oft so spielt. Die Toten unterliegen dabei den gleichen Gefühlen wie die Lebenden und so sind Hass, Neid und auch Vorurteile im vermeintlichen Jenseits an der Tagesordnung.
Mit sehr kurzen Kapiteln hält die Autorin zusätzlich die Spannung hoch und die Situationswechsel erinnern an einen modernen Actionfilm.
Immer wieder ist es an den Figuren, Stellung zu beziehen, sich dem Bösen entgegen zu stellen und trotzdem das eigene Leben nicht aus den Augen zu verlieren. Hier bleibt die Autorin vage und lässt keine Figur über das gesellschaftliche "Richtig" und "Falsch" urteilen, was man zwischendrin annehmen könnte.
Ein Buch, was die Lesenden über Ungerechtigkeiten und Verhaltensweisen sinnieren und über den eigenen Umgang mit anderen nachdenken lässt.
4 von 5 Flüchen
Danke an die Autorin für das Rezensionsexemplar
Montag, 11. August 2025
Geoff Rodoreda "George Orwell in Stuttgart, Nürnberg, Köln"
In den Zwanziger und Dreißiger Jahren war er mehr in der Welt unterwegs als so manch anderer Engländer. Geboren in Bihar kommt seine Mutter erst später nach England zurück. Von dort zieht es ihn nach Burma zum Polizeidienst. Anschließend kränkelte er, bevor er in London einen Job als Buchhändler annimmt. Zwischenzeitlich zieht es ihn immer wieder zu seiner Tante nach Paris, dann zum Spanischen Bürgerkrieg. Erneut in England adoptieren seine Frau und er einen Sohn, bevor es ihn am 8.4.1944 über den Ärmelkanal für zwanzig Kriegsberichterstattungen nach Frankreich und schließlich nach Deutschland zieht.
Trotz Krieg, Krankheit und Kind widmet er sich mit Leidenschaft seinen Texten für The Observer und Manchester Evening News. Geoff Rodoreda hat aus den Berichten, vereinzelten Briefen und anderen Dokumenten die Zeit wiederaufleben lassen, die seiner Meinung nach prägend für die Erschaffung von "1984" ist. Sicherlich hat Orwell seine Idee zu dem Roman schon vorher gehabt, aber die Gespräche mit den Menschen vor Ort und ihre Verzweiflung spiegeln sich im Text wider. Dabei ist es vielfach erstaunlich, welche Position der bekannte Autor in seinen Ausführungen einnimmt.
Geoff Rodoreda konzentriert sich in seinem Text nicht nur auf den Monat in Deutschland. Er schildert in dem Buch fast das komplette Leben Orwells. Was im ersten Moment enttäuschend wirken kann, da die deutsche Episode nicht das ganze Buch umfasst, liefert es dafür ein besseres Verständnis von Orwell und seiner Einstellung. Ohne die bewussten Hinweise auf Orwells Episoden vor Deutschland wären viele seiner Äußerungen nicht nachvollziehbar.
Zahlreiche Zusammenfassungen innerhalb des Textes verfestigen die neuen Informationen und lassen Orwells Leben nicht allzu schnell am Leser vorbeiziehen.
Ein interessanter Blick hinter die Kulissen von "1984".
4 von 5 Staaten
Sonntag, 10. August 2025
Reinhard Kuhnert "Was unvergessen bleibt"
In der ersten Geschichte muss ein Mann seinen Hirntumor entfernen lassen und danach versuchen, sich an sein Leben zu erinnern. Die Flucht aus der DDR, der Verlust seines Bruders, Vaters und der seiner Mutter. Die erste enttäuschte Liebe, vieles, was verloren schien, treibt wieder an die Oberfläche und lässt ihn an die alten Zeiten denken.
Die zweite Geschichte beginnt mit einer Beerdigung. Nur zwei Menschen sind in das Dorf zurückgekehrt und nehmen Abschied. Was hatte der Mann falsch gemacht, dass sein Tod so wenige Menschen zu berühren scheint. Alles begann mit einer Karnevalsveranstaltung.
Die Fahrt nach Weimar läutet die dritte Geschichte ein. Bettina ist nicht begeistert, dass sie ihrem Bruder bei einem Gespräch mit der Mutter unter die Arme greifen soll. Tina war immer die Böse, die in den Westen gegangen ist und die Familie im Stich gelassen hat.
Für die vierte Geschichte geht es auf eine Insel, genauer gesagt, nach Irland. Eine Frau war unterwegs und als sie zurückkehrt, heißt es, ihr Mann sei verstorben. Doch Barde und Draufgänger, der er war, glaubt sie an eine Verwechslung.
So unterschiedlich die Erzählungen auf den ersten Blick sein mögen, alle handeln von den Beziehungen zwischen den Menschen und was im Leben wirklich zählt.
Ist eine Meinungsverschiedenheit so wesentlich, dass man den Kontakt abbricht?
Hat ein Mensch Schuld auf sich geladen, wenn er versucht seine Familie zu beschützen?
Was bleibt von uns, wenn wir unsere Erinnerungen verlieren?
Diese vermeintlich großen Fragen werden in schöne Erzählungen gepackt und zeigen, wie wir miteinander umgehen und wie wir es stattdessen lieber sollten.
4,5 von 5 Grenzgängern
Dienstag, 5. August 2025
Ben Guterson "Das World Famous Nine"
Doch als Zander von seinen Eltern zu der Inhaberin Zina, welche zugleich seine Oma ist, gebracht wird, häufen sich die Zwischenfälle in dem wunderschönen Kaufhaus. Während die ersten Tage der Erkundung des Gebäudes dienen, wird Zander immer mehr in die Geschichte des Haus hineingezogen und entdeckt, dass es ein Rätsel zu lösen gibt, was über die Zukunft des Kaufhauses entscheiden wird.
Wer bereits Bücher von Ben Guterson gelesen hat, weiß um seine Liebe für Rätsel und Gedanken, die man um die berühmte Ecke betrachten muss. So ist es auch hier.
Zander macht in den paar Tagen eine unglaubliche Entwicklung durch und ist nach den Ereignissen nicht mehr derselbe Junge wie zu Anfang der Geschichte.
Im Gegensatz zu seiner Reihe "Winterhaus" ist es hier an manchen Stellen ein wenig überzeichnet und man könnte fast meinen, man liest eine Heldengeschichte aus der Antike. Auch sprachlich bin ich an manchen Stellen nicht sicher, ob die Einordnung ab neun Jahren nicht etwas zu viel von einem jungen Leser erwartet, da der verwendete Wortschatz sehr beachtlich ist.
Schlussendlich ist es aber wieder ein gelungenes Buch, was die Neugier von Kindern bestärkt und sie anhält sich mit Rätseln zu befassen.
4 von 5 Aufzügen