Donnerstag, 18. Mai 2023

Autoreninterview Gesine Berg

Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Gesine hat gerade die erste Kurzgeschichte publiziert und erlebt mit den Mörderischen Schwestern, was eine Buchveröffentlichung für Überraschungen bereit hält. Aber jetzt lasse ich sie selbst zu Wort kommen:

Gesine Berg
Foto: Juliane Rudolph Fotografie Hamburg


Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Die Freude an Worten und dem Klang von Sprachen prägt mich seit meiner Kindheit. Mir spannende Geschichten auszudenken, ist seitdem Teil meines Lebens. Aufgewachsen bin ich in einem Elternhaus, in dem täglich gesungen, musiziert, gemalt und gelesen wurde. Daraus hat sich meine Liebe zur Kunst, zum Tanz und zu Büchern entwickelt.

Sowohl meine sprachliche als auch erziehungswissenschaftliche Ausbildung legten den Grundstein für eine permanente Auseinandersetzung mit Texten aller Art. Durch meine verschiedenen beruflichen Tätigkeiten waren das Lesen, Schreiben und Experimentieren mit Sprache schon immer wesentliche Bestandteile meines Alltags.

Letztlich verdanke ich es den Corona-Lockdowns und dadurch freigewordenen Kapazitäten, dass der drängende Wunsch, etwas „Größeres" zu schreiben, immer mehr Raum einnehmen konnte. Zudem ließ mich ein bestimmtes Thema nicht mehr los und damit stand recht schnell die Genre-Entscheidung fest. Zunächst wollte ich wissen, ob ich es überhaupt schaffen würde, meine Ideen und Gedanken zu verschriftlichen. Als sich Wort an Wort aneinanderreihten und die ersten Kapitel meines Kriminalromans entstanden, wurde mir klar, dass ich mich auf die spannende Reise ins Autorinnenleben begeben hatte.

Deine erste Kurzgeschichte wurde gerade in „Tatort Nord 2" veröffentlicht. Was ist es für ein Gefühl, den eigenen Text in einem Buch zu lesen?
„Bye-bye, Geronimo!“ habe ich im Sommer vergangenen Jahres (2022) geschrieben. Die Geschichte jetzt in gedruckter Form in einem Buch zu lesen, vermittelt mir ein unbeschreiblich gutes Gefühl. Besonders wenn ich damit auf fragwürdige Geschehnisse aufmerksam machen kann. Mehr dazu unter Frage 3).

Deine Geschichte umreißt neben dem Kriminalfall auch kritisch gesell-schaftliche Aspekte. Sind dir solche Themen für deine Geschichten wichtig?
Unbedingt. Krimis sind ein tolles Genre, um sich mit Abgründen, Graubereichen und Grenzüberschreitungen auseinanderzusetzen. 

Als mich die Anfrage erreichte, hatte ich spontan eine andere Geschichte im Sinn, die zwar auch in Norddeutschland aber in meiner Heimatstadt Otterndorf in Niedersachsen angesiedelt ist. Nach ein paar Tagen erfuhr ich, dass es Schleswig-Holstein sein musste. Kannst du denn die Geschichte nicht einfach an die Ostsee verlegen? - Nein! Meine Geschichten sind eng mit den Orten, Menschen und Vorkommnissen verwoben, sie entstehen unmittelbar, ich assoziiere sie mit den jeweiligen Gegebenheiten, der Atmosphäre und einer spezifischen Thematik.

Etwa zur gleichen Zeit erfuhr ich durch eine Bürgerinitiative von einem Bauprojekt in der Nähe von Heidkate, meinem Schauplatz in „Bye-bye, Geronimo!“. Eine Projektentwicklungsfirma plant den Bau eines überdimensionierten Hotelkomplexes mit „hochrentablen Ergebnissen“ in einer Gegend, die bisher vom Massentourismus verschont geblieben ist. - In „meinem Fall“ wird zumindest das Bauprojekt eingestellt. In der Realität stehen die Chancen auf einen ähnlichen Ausgang nicht so gut.

Wieviel steckt von dir in deiner "Ermittlerin" Kerstin?
Sicherlich spiegeln sich Anteile meiner Eigenschaften oder Wahrnehmungen auch in meinen Charakteren wider. Das mag im Fall von „Bye-bye, Geronimo!“ am ehesten auf Kerstin zutreffen. Beispielsweise entstanden einige Abschnitte der Handlung bei einem ausgedehnten Spaziergang entlang der Wasserkante wie Kerstin ihn unternimmt und schildern meine Eindrücke der Szenerie. Den Hühnergott habe ich tatsächlich bei dieser Wanderung entdeckt und mir gefiel die Idee, auch Kerstin einen finden zu lassen. 
Ich koche und dabei improvisiere ich auch sehr gerne. Zum Glück war ich aber noch nicht einer ähnlichen Situation wie Kerstin, da würde ich wohl eher nicht den Kochlöffel schwingen.
Als Kind habe ich gerne Sherlock Holmes gespielt und würde auch heute den Impuls verspüren, etwas auf eigene Faust zu unternehmen.
Ich kenne zudem das Gefühl, eine Chance aus lauter Vorsicht nicht ergriffen zu haben und mich hinterher über meine Zögerlichkeit zu ärgern.

Welche neuen Geschichten hast du in Planung?
Ich habe die Arbeit an dem Kriminalroman wieder intensiv aufgenommen, mit dem ich vor „Bye-bye, Geronimo!“ gestartet bin. Mein Plan ist, das Manuskript in diesem Jahr fertigzustellen, um dann auf Agentur- bzw. Verlagssuche zu gehen. Darüber hinaus möchte ich den ursprünglich für Tatort Nord 2 geschriebenen sowie einen weiteren Kurzkrimi, der mir persönlich thematisch sehr am Herzen liegt, überarbeiten und dafür Möglichkeiten zur Veröffentlichung suchen.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit den Mörderischen Schwestern?
Während der Arbeit an meinem Kriminalroman wuchsen mit jeder Seite auch meine kriminalistischen Fragen. Da ich kaum polizeiliche oder forensische Detailkenntnisse besaß, habe ich viel im Netz recherchiert. Dabei bin ich auf die Mörderischen Schwestern gestoßen. Ein Netzwerk von Frauen, deren gemeinsames Ziel die Förderung der von Frauen geschriebenen, deutschsprachigen Kriminalliteratur ist.

Informationsaustausch, Expertinnenwissen, gegenseitige Unterstützung und Förderung waren die überzeugenden Schlagworte und ich trat dem Verein im Oktober 2021 bei. Kurz darauf erfuhr ich vom Mentoring Programm und bewarb mich mit den ersten Seiten meines Manuskripts und einem Exposé. Noch nie zuvor hatte ich so etwas überhaupt verfasst. Umso glücklicher war ich über die Zusage einer von mir sehr geschätzten Autorin, mich ein Jahr lang als Mentorin zu begleiten. In dieser Zeit ist nicht nur mein Manuskript gewachsen, sondern auch mein Autorinnenwissen, das Vertrauen in meine Ideen und das Wissen über kriminalistische Fakten.

Am meisten freue ich mich als Einzelkind aber über die zahlreichen neuen Schwestern, die ich gewonnen habe. Eine von ihnen ist immer zur Stelle, wenn ich eine Frage habe, hält meine Hand, wenn ich vor einer Lesung aufgeregt bin, hilft mir Handlungsknoten zu entwirren oder schreibt mir aufbauende Nachrichten. Ein großes Geschenk!

Um im Gegenzug auch den Mörderischen Schwestern etwas zurückzugeben, unterstütze ich die Regionalgruppe Hamburg/Schleswig-Holstein ehrenamtlich bei der Vorbereitung und Umsetzung von Fortbildungen und bin Teil des Instagram-Redaktionsteams. 

Was liest du als Krimiautorin privat?
Ich lese gerne Krimis, besonders aus dem Bereich Nordic Noir. Kürzlich habe ich die fünfteilige Kopenhagen-Reihe von Katrine Engberg quasi inhaliert. Zudem mag ich als Frankreichfan auch Kriminalromane, die dort spielen; sehr gerne zum Beispiel die Provence-Reihe von Sandra Åslund um die deutsche Ermittlerin Hannah Richter oder ihre unter dem Pseudonym Sandrine Albert veröffentlichte Bordeaux-Reihe. Mir gefällt, dass beide Schriftstellerinnen aktuelle politische, umweltrelevante und gesellschaftskritische Themen in ihre Geschichten einbinden, gleichzeitig bekommen die Hauptcharaktere viel Raum für ihre persönliche Entwicklung. Darüber hinaus lese ich gerne die Krimis meiner "mörderischen" Regio-Schwestern wie zum Beispiel Sabine Weiß, Anke Küpper, Kathrin Hanke oder Eva Jensen. Bücher von Menschen zu lesen, denen ich persönlich begegnet bin, empfinde ich als etwas Besonderes. Ich nehme sie dann mit anderen Augen wahr.

Nicht zuletzt finden sich auch aus dem nicht-kriminellen Bereich viele geliebte Exemplare in meinem Bücherregal, u.a. von Zsuzsa Bank, Hanns-Josef Ortheil oder Bücher wie "Kant und das kleine rote Kleid" von Lamia Berrada-Berca. Aktuell lese ich den poetischen Roman "Was ihr nicht seht oder Die absolute Nutzlosigkeit des Mondes" von Magdalena Saiger. Ich habe sie auf der Buchmesse in Leipzig daraus lesen hören und die feinsinnigen Beschreibungen haben mich spontan in den Bann gezogen. 


Nachdem ihr wisst, was Gesine schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
https://www.gesineberg.de

In diesem Sinne, fröhliches Lesen und freut euch, wenn es ab Samstag eine Woche lang ein tägliches Interview im Spezialformat gibt.

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