Montag, 25. Juli 2022

Lisa Kirsch "Querbeet ins Glück"

Eigentlich hat Maddie keine Zeit. Neben ihren intensiven Trainingseinheiten für ihre erste große Musicalrolle braucht sie Zeit, um sich mit ihren Listen vom trubeligen Berliner Alltag zu erholen und sich zu strukturieren. Da passt es gar nicht in ihren Zeitplan, dass sich ihre Vermieterin Gabi im Hausflur verletzt und sie sich plötzlich um "Opa", das Kaninchen von Gabi, kümmern muss. Doch damit ist es nicht getan. Gabi gehört zur Grünen Freiheit, einer Gruppe von Hobbygärtnern, die neben Blumen auch Gemüse anbauen und jede, wirkliche jede, helfende Hand benötigen. Maddie versucht sich zwischen Proben, einkaufen, Opa versorgen, nun auch um die Parzelle im Garten zu kümmern - auch wenn sie überhaupt keine Ahnung hat. Doch Maddie wäre nicht Maddie, wenn sie nicht auch hier ihren ganzen Ehrgeiz reinlegen würde, denn weniger als 100% gibt sie nie.
Für Mo und Elvis ist die Grüne Freiheit nahezu ein zweites Zuhause. Im Trailer wird für alle gekocht, Elvis hat sogar schon sein eigenes Beet und Mo? Mo hilft überall dort, wo er gebraucht wird. Sei es bei schweren oder langwierigen Dingen oder eben wenn Hanni keine Zeit hat, Maddie in die Kunst des Gärtners einzuführen. Umso erstaunlicher, dass Mo langsam bemerkt, wenn Maddie einmal nicht in den Garten kommt ...

Was ist einem Menschen wichtig im Leben und vor allem, können sich Prioritäten ändern? Lisa Kirsch beweist, dass sie ein Gespür für menschliche Gefühle und für ihre Ängste hat. Nach "Das Glück in vollen Zügen" ist "Querbeet ins Glück" ein weiterer Roman, der sich mit den Problemen und Gefühlen seiner Protagonisten auf charmante Weise nähert. Erzählt wird aus der Sicht von Maddie, immer kontrolliert, immer auf die Karriere bedacht, ordnet sie alles, wirklich alles ihrem Traum von der Musicalkarriere unter. Womit sie ihr Umfeld oftmals vor den Kopf stößt.
Mo kümmert sich rührend um seinen kleinen Sohn Elvis. Selbst wenn er seinen Job gerne macht, nichts geht über seinen kleinen Sohn, aller Ärger und alle Enttäuschungen dieser Welt sollen vor ihm zurückgehalten werden. Doch zu welchem Preis und wie realistisch ist eine solcher Beschützerinstikt?

Freud und Leid sind bei den Büchern von Lisa Kirsch nah beeinander, wodurch man eine unglaubliche Empathie zu den Figuren aufbaut. Jeder hat, wie im wirklichen Leben, sein Päckchen zu tragen und dadurch wirken die Figuren soviel realistischer als in anderen Büchern. Situationen, in denen man den Kopf auf Grund von dummen Entscheidungen den Kopf schüttelt, gibt selten und man verfolgt gespannt, wie sich die einzelnen Figuren über den Sommer in Berlin entwickeln. Wie bei einer Zwiebel entblättern sich die Charaktere Seite um Seite dem Leser und mit jeder Seite wünscht man seinem jeweiligen Lieblingscharakter nur das Beste. Man freut sich über die Erfolge, man leidet bei den Rückschlägen.
Kurzum: Das Buch hat eine gnadenlose Sogwirkung. 

Wer aus meiner Generation ist und Filme wie "Center Stage", "Stomp" und "Save the last dance" liebte, wird von diesem Buch begeistert sein und zudem lernt man viel über das Gärtnern, die Natur und natürlich auch über das Zwischenmenschliche.

4,5 von 5 Gartenhandschuhen

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