Freitag, 31. Oktober 2025

Annabel Chase "Spellbound - Tod eines aufrechten Vampirs"

Spellbound - ein verschlafenes Dorf ... irgendwo im Nirgendwo.
Eigentlich wollte Emma zu einer Mandantin, als sie einen Engel an einer Klippe stehen sieht. Einen Engel?!?
So oder so ähnlich ist ihre Reaktion. Die Rettung gelingt, doch dafür ist sie danach eingeschlossen. In einer Welt, die vor magischen oder gar mystischen Wesen nur so wimmelt.
Frisch angereist wird sie direkt dem Hexenzirkel unterstellt, begibt sich in die entsprechende Ausbildung und darf nebenbei den Posten der Strafverteidigerin übernehmen, denn selbiger wurde kurz zuvor ermordet. 
In einer Welt von Sonderlingen herauszustechen, ist schon eine wirkliche Kunst, aber Emma schafft das. Einerseits mit ihrer Unbedarftheit und andererseits mit dem Wunsch, sich nicht anzupassen.
Schnell wird klar, dass es mehr zwischen Wand und Erde gibt und dass diese Begrenzung Fluch und Segen zugleich sein kann.

Mit dem Auftakt zu ihrer Serie "Spellbound" schafft es die Autorin in einem cosy crime mehrere Sachen anzugehen. Einerseits die Andersartigkeit und damit eine mögliche Besonderheit. Andererseits zeigt sie, dass das Genre des Krimis auch vor fremden Wesen keinen Halt macht. Denn Missgunst und Neid gibt es bei allen und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich entweder alle wieder lieb haben oder die nächste Leiche auftaucht. 
Achtung: Der Humor ist zeitweilig sehr trocken, dann aber auch mal wieder sehr düster. Freunde des britischen Humors werden ihre Freude haben, andere eher nicht so. 
Ein guter Einstieg in eine etwas andere Reihe.

4 von 5 Wesen

Christoph Grimm (Hrsg) "Bibbernächte"

Heute Abend noch nichts vor?
Wie wäre es passend zu Halloween mit ein paar Gruselgeschichten?

Bei der Neuveröffentlichung von "Bibbernächte" durfte ich auch eine kleine Geistergeschichte beisteuern, die in einem Museum spielt.
Inspiriert durch die Gänsehaut-Bücher unserer Jugend finden sich in dem Buch sechszehn nervenzerfetzende Geschichten, die von ruhelosen Geistern, unheimlichen Begegnungen und Geschöpfen, die in der Finsternis lauern, erzählen.

Kleine Kostprobe?

Hat sich auf dem Smartphone ein Dämon eingenistet?
Ist die neue Mitschülerin eine Hexe?
Zeigen Spiegel nur uns selbst?
Was führt der unheimliche Mann von nebenan im Schilde und was passiert eigentlich nachts auf dem Friedhof?

Gruselspaß garantiert. Also Süßes oder Saures auf den Tisch und die Nase ins Buch gesteckt.

Donnerstag, 30. Oktober 2025

Autoreninterview Helen Herbst

Hallo zusammen.

Diesen Monat habe ich eine Autorin gefunden, die uns mit ihren cosy crimes in eine etwas andere englische Gesellschaft führt und es ist spannend, ihr dabei zu folgen. 

(Foto: Birgit Poindl_Sabine Preißl (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Buchstaben haben mich von Anfang an fasziniert. Ich habe mit großer Freude lesen gelernt und schon früh angefangen, mit Sprache zu spielen – sei es beim Schreiben von Aufsätzen oder beim Analysieren von Grammatik. In der Volks-schule war ich ein richtiger Bücherwurm und habe alles verschlungen, was mir in die Hände fiel.
In meiner Jugend trat das Lesen etwas in den Hintergrund, das Leben war laut und bunt. Doch als ich später meine Kinder bekam und ihnen Geschichten vorlas, erwachte meine alte Liebe zu den Büchern wieder mit voller Kraft. Und mit ihr kam der Gedanke: Warum nicht selbst schreiben? Warum nicht eigene Welten und Figuren erfinden, denen andere genauso gern begegnen würden, wie ich es einst getan habe?
Das war mein Weg vom Bücherwurm zur Geschichtenerzählerin.

Wie kam es zu deinem Krimi „Lady Agnes und der tote Gärtner im Rosenbeet“?
„Lady Agnes und der tote Gärtner im Rosenbeet“ trug ursprünglich den Arbeits-titel „Warum der Gärtner sterben musste“. Es war das erste Exposé, das ich für meine Literaturagentin entworfen habe. Die Idee dazu kam mir an einem Dezembernachmittag. Ich saß am Schreibtisch und wusste nur, dass ich einen humorvollen Krimi entwickeln wollte.
Dann dachte ich daran, dass Adel mich schon immer fasziniert hat. Vor meinem inneren Auge sah ich eine elegante ältere Lady in ihrem Herrenhaus am Tisch sitzen. Sie war zwar privilegiert, aber wirkte unnahbar und einsam. Plötzlich kam der Butler durch die Tür herein. Ich habe ihn nicht herbeigedacht, er ist einfach gekommen. Dass der Gärtner gestorben ist, ist eine Hommage an das Sprichwort „Der Mörder ist immer der Gärtner“. Bloß: Der kann es ja in diesem Fall nicht gewesen sein.😊
Und so ist es bis heute. Dem Entwickeln der Geschichten liegt zuerst ein Plan zugrunde, eine gewisse Idee und zwischendurch verselbständigen sich Figuren und Szenen in meinem Kopf. Es ist die pure Freude für mich.

Gibt es für Lady Agnes ein konkretes literarisches Vorbild?
Eigentlich nicht im klassischen Sinn. Lady Agnes trägt jedoch Züge von Persönlichkeiten, die mich immer fasziniert haben. In ihrer Haltung und Unnahbarkeit erinnert sie mich an die Queen, wie ich sie bei Auftritten im Fernsehen erlebt habe – würdevoll, beherrscht und zugleich schwer zu durchschauen. Ihr Stil hat etwas von der Eleganz einer Anna Wintour, und ihr Wissensdrang spiegelt die Neugier vieler Menschen wider, die sich nie mit einfachen Antworten zufriedengeben.
Trotz ihrer adeligen Herkunft ist Lady Agnes im Kern ein Mensch wie jeder andere – mit Sehnsüchten, Sorgen und dem Wunsch, verstanden zu werden. Ich möchte, dass sie im Lauf der Reihe ihre durch Stand und Erziehung geprägte Distanz nach und nach verliert und lernt, Nähe zuzulassen. Denn genau darin liegt für mich ihr wahrer Reiz – hinter der Fassade einer Lady verbirgt sich ein verletzlicher Mensch mit Herz und Sehnsüchten.

Neben dem Kriminalfall räumst du auch mit Vorurteilen auf (Adel hat Besitz und Geld). Hat dich das bei anderen Büchern bewusst gestört, dass du hier eine andere Herangehensweise wählst?
Ja, da sprichst du einen interessanten Punkt an. Man denkt gemeinhin, adelig zu sein bedeute automatisch, über Geld und Macht zu verfügen. Dabei stecken dahinter oft viel Tradition, Verpflichtung und Verfall. Das wollte ich in meinem Buch – bei allem Humor – bewusst aufgreifen.
Lady Agnes lebt in einem bröckelnden Herrenhaus, mit mehr Stolz als Geld und sie muss sich behaupten, statt sich auf Standesprivilegien verlassen zu können. Das bringt Spannung und manchmal auch ein bisschen Melancholie.

Welcher ist dein liebster Charakter?
Ich liebe alle Bewohner des Herrenhauses – Lady Agnes, ihren Butler Henderson und die Köchin Grace. Und natürlich habe ich auch den Kommissar Edward Sterling und die Gerichtsmedizinerin Emily Corps ins Herz geschlossen. Deshalb fällt es mir gar nicht so leicht, einen Lieblingscharakter zu benennen.
Aber ich glaube, Henderson ist mir besonders nah gekommen. Er ist als Figur sehr greifbar geworden.
Vielleicht, weil sein ausgeprägter Aberglaube ihm etwas Eigenwilliges, fast Rührendes verleiht. Durch diese Eigenart spüre ich ihn beim Schreiben besonders deutlich – als würde er mir manchmal selbst zuflüstern, was als Nächstes passiert.

Viele Cosy Crimes werden direkt mit den großen Klassikern wie z. B. Agatha Christie verglichen. Worüber würdest du mit ihr sprechen, wenn du die Möglichkeit hättest?
Ich würde Agatha Christie gerne fragen, worauf sie beim Entwickeln ihrer Krimis besonderen Wert gelegt hat, mich nach ihren eigenen literarischen Vorbildern erkundigen und sie nach ihrer Schreibroutine fragen. Außerdem würde mich interessieren, ob sie heute einen Cosy Crime über Social Media, Influencer und moderne Skandale schreiben würde. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie daran großen Spaß hätte!

Wird es weitere Bände um Lady Agnes geben?
Ja, das wird es. Bereits nächstes Jahr, voraussichtlich im Sommer, wird ein neuer Band mit Lady Agnes erscheinen. So viel darf ich verraten: Dieses Mal dreht sich alles um Scones – und um einen vergifteten Gourmetkritiker.

Wer neugierig ist, kann sich hier mehr über Helen erfahren:

Nächsten Monat gibt es ein neues Interview.

Mittwoch, 29. Oktober 2025

Sophie Reyer "Tod bei den Salzburger Festspielen"

Else Heims soll den Tod spielen. Nicht, weil die anderen das unbedingt wollen, sondern, weil es nicht anders geht. Beide Schauspieler des Todes sind tot und das nur wenige Tage vor Beginn der Salzburger Festspiele.

Sophie Reyer verwebt Realität und Fiktion, mischt Glaubenssätze und Kulturen, wandelt Sühne in Schuld. In Rückblenden begibt sie sich mit dem Leser in die Vergangenheit von Else Heims. Wir begleiten den Aufstieg eines Stars, der dann während der Mutterschaft strauchelt, um in Folge des Glaubens und des wachsenden Ruhmes des eigenen Mannes in der Versenkung verschwindet.
Doch was, wenn sie noch "den" Auftritt gehabt hätte?
Wie wäre ihre Karriere im Anschluss verlaufen?
Was hätte sie noch schaffen können, wenn sie nach dem Rosenkrieg aus dessen Schatten hätte heraustreten können?

Während die Krimihandlung von Anfang an relativ offensichtlich gehalten und das Ende recht vorhersehbar ist, sind die kritischen Stimmen im Text umso lauter.
Menschen werden aufgrund ihres Glaubens oder ihres Geschlechts anders oder gar abwertend behandelt und so schafft es die Autorin dem Text auch eine Dynamik zu geben, die über den Krimi hinausgeht.
Denn sowohl Else als auch einzelne andere Figuren, stellen Fragen, die sich nicht so eben beantworten lassen.

Die Autorin weckt mit dem Krimi die Neugier auf eine Zeit, die noch gar nicht solange her ist. Das ist in meinen Augen der gelungenere Aspekt des Buches, auch wenn es ein Krimi ist.

3,5 von 5 Brettern, die die Welt bedeuten

Sonntag, 26. Oktober 2025

Stefanie Neeb "Copenhagen Cinnamon"

Eigentlich stolpert Jonna eher zufällig in das hyygelige Café von Mads, denn sie flüchtet gerade vor einem Streit mit ihrem Vater. Aus der Not wird eine Tugend und so übernimmt sie direkt eine Schicht inmitten von Kaffeesorten, Milchschaum und einem zuweilen sehr launischen Mads.
Denn nicht nur ihr Leben ist gerade von Problemen und Orientierungslosigkeit durchzogen, auch bei Mads stehen viele Zeichen auf Sturm und so ist es die Frage, bei wem der beiden sich das nächste Chaos manifestiert.

Oft gelten Bücher, die mit einem gemütlichen Cover aufwarten, als oberflächlich und ihre Handlung als zu vorhersehbar. 
Stefanie Neeb überrascht mit ihrer Geschichte, die sie kapitelweise mal aus der Sicht von Jonna, mal aus der Sicht von Mads erzählt. 
Probleme, Belastungen und nicht nur das reine Rosarot trifft hier auf die entspannte Atmosphäre Kopenhagens.
Sie schreibt die Geschichte so, dass die Charaktere einem beim Lesen zunehmend ans Herz wachsen und schafft es dabei, mit Überraschungen aufzuwarten, die immer logisch, doch dabei nicht immer vorhersehbar sind. 
Es ist ein Buch, welches Aufregung und Wut genauso in den Vordergrund stellt, wie auch die Entspannung und die Zuneigung. Es zeigt, wie vielschichtig Menschen sein können und wie oft man sich mit der Oberfläche zufrieden gibt, obwohl man soviel mehr bekommen könnte.

4,5 von 5 Kaffeesorten

Samstag, 25. Oktober 2025

Frankfurter Buchmesse Nachschau


Eine Woche ist die Frankfurter Buchmesse schon vorbei und selten haben die Eindrücke so lange nachgehallt wie dieses Jahr.
Die Frankfurter Buchmesse hat in den letzten Jahren umgebaut, die Gänge sind nicht mehr so voll und die Menschenmassen halten sich mehr in Grenzen als früher. 
Man kann mehr von den Ständen sehen, kommt zeitweilig auch ins Gespräch.
Alles in allem ein gelungene Überarbeitung.
Eine weitere gute Idee waren die vielen Fotoecken. 
Was ich allerdings schade finde, war die geringe Auswahl an Büchern.
Viele Stände hatten zwar nicht weniger Regalfläche als früher, aber dafür waren häufiger die gleichen Bücher zu sehen. 
Für nächstes Jahr würde ich mir noch ein paar coole Sitzecken wünschen. Dann wäre es perfekt.
Mit der richtigen Begleitung ist die Messe eines der schönsten Erlebnisse des Jahres. 😊
Und ja, dieses Jahr durfte nicht viel mit nach Hause, aber die Erinnerungen zählen.

Freitag, 24. Oktober 2025

Joe Pitkin "Exit Black"

Ein Hotel im Weltall. Klingt futuristisch, ist aber die Grundlage für "Exit Black".
Während die Forschungsstation weiterhin in Betrieb bleibt, reisen die ersten Übernachtungsgäste hinauf zum "Imperium".
Natürlich können sich nur die reichsten der Reichen eine solche Übernachtung leisten und so wird an nichts gespart. Training vor dem Flug, Weltraumspaziergang, Designerweltraumanzüge ...
Dagegen wirkt das Personal eher schlicht. Die Forschungsleiterin muss beim Empfang helfen und andere vermeintlich nicht forschungsbedingte Aufgaben fallen auf einmal ebenfalls in ihren Bereich.
Und auch beim Empfang kristallisiert sich zunehmend heraus, dass es nicht die Bildung ist, die eine Gesellschaft formt, sondern es ist und bleibt: das Geld.
Daher wundert es nicht, dass sich des Nachts die eingeschlichenen Terroristen zusammenfinden, um ihre Erpressung zu starten, doch das soviel schief laufen würde, hatte wohl keiner bedacht.

Ein Locked-Room-Mystery in Verbindung mit Science Fiction hätte mein Jahreshighlight werden können. Doch leider es ist das nicht geworden. Vieles ist dabei natürlich Geschmackssache, aber einige Sachen haben mir so gar nicht gefallen.
Der Anfang ist spannend aufgebaut und zieht den Leser direkt in die Geschichte. Der darauffolgende Szenenwechsel macht neugierig, doch schon der nächste Kapitelwechsel bremst meine Freude. Die Erzählperspektive wechselt ab hier fortlaufend und bremst damit oftmals die Handlung aus, da man sich wieder und wieder orientieren muss, bei welcher Figur man sich befindet und wann die Szene zeitlich spielt. Es ist sicherlich ein gutes Stilmittel, doch für mich wurde die Geschichte damit zu unübersichtlich.
Die nachfolgend einsetzende Action gibt der Eingruppierung als "Thriller" recht, doch auch hier hat mir die Umsetzung nicht zugesagt. 

Was mir richtig gut gefallen hat, sind die eingestreuten fachlichen Hinweise, wie der Wechsel zwischen Schweben und Schwerkraft und auch der Einsatz von den verschiedenen, technischen Möglichkeiten.

Auch wenn es mir in der Umsetzung nicht gefallen hat, sind mir bei der Geschichte keine inhaltlichen Fehler aufgefallen, sodass das Buch jemandem, der sich sowohl für Science Fiction als für Krimi interessiert, eine Lesefreude bereiten könnte.


3 von 5 Weltraumspaziergängen

Montag, 20. Oktober 2025

Andreas Russenberger "Arosa - wo auch Gauner Urlaub machen"

Arosa - ein Ort für Geld, Reichtum ... und entsprechende Gaunereien. Denn wo es Geld gibt, ist der Neid nicht fern und so hat Andreas Russenberger Arosa als den Ort seiner Kurzkrimis auserkoren.

Dabei sind es nicht immer die großen Diebstähle, Mord und Totschlag, derer er sich annimmt, sondern auch gerne die kleinen Bosheiten, die den Betroffenen ebenso zur Weißglut bringen können.

Bei seinen Kurzkrimis liefert der Autor eine bunte Bandbreite, die nicht nur bei den Textlängen und Inhalten, sondern ebenso bei den Handlungszeitpunkten und den Erzählperspektiven variiert. Mit jedem Seitenumblättern wirft er uns in ein neues Szenario, das sich in die Gesamtheit der Texte harmonisch eingliedert.

Mal mit einem Schmunzeln, mal mit einem Kopfschütteln liest man die Geschichten und ist auf Grund der Bandbreite oftmals erstaunt, dass es sich bei allen um den gleichen Autor handelt. 

Andreas Russenberger gelingt es, ohne sich selbst zu wiederholen, eine kriminelles Bild aufzubauen, das seinesgleichen sucht.


5 von 5 Kurzkrimis

Mittwoch, 15. Oktober 2025

Ulrike Gastmann "99 Lessons for Life"

Lebenstipps zu geben hat in den letzten Jahren massiven Zuwachs erfahren. Dabei wird in Werken oft nicht unterschieden, ob der Mensch wirklich etwas zu sagen hat oder ob sich dessen Name einfach nur gut verkauft.

'99 Lessons for Life' hat einen anderen Ansatz. Ulrike Gastmann hat 99 Viten versammelt und jeweils eine Kernaussage aus dem individuellen Leben zur Weisheit erkoren.
Durch die gelungene Gliederung sind die Texte mal humorvoll, mal tragisch und auch inspirierend. 

Allen ist dabei gemein, dass es sich um Personen aus den verschiedensten Sparten mit den vielfältigen Lebensläufen handelt, die aber immer eins gemeinsam haben: sie sind - in welcher Form auch immer - über sich hinaus gewachsen. Sie berühren die Menschen mit ihrem Leben oder ihren Taten und sind damit Wegweiser für andere Menschen.

Es bietet sich an, die Weisheiten portioniert zu lesen, um auch über das eine oder andere Schicksal nachzudenken.
Vielfach vergisst man, dass es auch wichtig ist, die Texte nicht nur zu lesen, sondern deren Inhalt auch zu verstehen und auch in das eigene Leben und zu integrieren. Und genau das benötigt Zeit.

Ein tolles Buch, wenn man sich in der Hektik des Alltags auf wesentliche Dinge konzentrieren möchte.

4 von 5 Lebensweisheiten

Montag, 13. Oktober 2025

Charles Derennes "Ungeheuer am Nordpol"

Denkt man an Literatur, die sich aus einem Tatsachenbericht und Fiktion zusammensetzt, kommt einem unweigerlich der Name Jules Verne und vielleicht noch H.G. Wells in den Sinn, der Name Charles Derennes wohl eher nicht. Dabei tut man dem Autor, der von 1882 bis 1930 lebte, unrecht. Auch wenn er nicht den gleichen Bekanntheitsgrad wie die Herren Verne und Wells besitzt, in seiner Ausdrucksweise und seiner Kreativität steht er den beiden in nichts nach.

Um die Jahrhundertwende beginnt der Kampf um die Eroberung der Pole. Gar nicht so leicht erscheint es, das richtige Gefährt für die Entfernung und auch für die bevorstehenden Strapazen zu finden. So ist es nicht ungewöhnlich, dass sich zwei Herren, Jean-Louis de Vénasque und Jacques Ceintras zusammentun, um Geld, Ausrüstung und eine Mannschaft zu organisieren, die ihr Gefährt auf den Weg bringen soll. Als die beiden schließlich unter Zeitdruck den Pol erreichen, finden sie Wesen vor, die so gar nicht menschlich sind.
Ein gegenseitiges Beobachten baut die Spannung langsam auf, um dann durch Verfolgung und Hass sich auf wenigen Seiten komplett zu entladen.

Wodurch dieser Roman besticht, ist die ungewöhnliche Erzählperspektive. Schon aus anderen Werken dieser Zeit kennt man, dass es nicht nur einen Erzähler gibt. In diesem Werk findet der Autor eine Möglichkeit, den Bericht so zu verschachteln, dass man immer wieder aus einer Sphäre auftaucht, um dann die Qualität des Textes und seinen Aufbau entsprechend zu würdigen.

Abgeschlossen durch eine historische Einordnung des Übersetzers zeigt das Buch, wie Autoren von anderen Autoren lernen können, wie sie sich beeinflussen lassen und doch ihre eigene Note einbringen. 

Denn Charles Derennes ist mitnichten eine Kopie von Jules Verne noch von H.G. Wells. 

4,5 von 5 Ungeheuern


Danke an den Verlag für das Rezensionsexemplar.