Sonntag, 27. April 2025

Henrietta Hamilton "Mord auf Westwater Manor"

In ihrem zweiten Fall ermittelt das inzwischen verheiratete Ehepaar Heldar außerhalb der bekannten Buchhandlung. Ein Kunde hat sie gebeten, eine Bestandsaufnahme seiner Bibliothek auf Westwater Manor durchzuführen. Doch als ob die beiden das Unglück anziehen, verletzt sich zuerst eine Person aus dem Haushalt, bevor es zu einem Todesfall kommt. Kurzum werden die beiden gebeten, sich des Falles anzunehmen und die Presse vom Anwesen fernzuhalten.
Während man sich bei anderen Krimis oftmals beschwert, dass man die Deduktionen der Ermittler nicht nachzuvollziehen kann, wird in diesem Band ein wahres Bombardement auf die Synapsen gestartet. Immer wieder spielen Johnny und Sally nach den jeweils neuen Informationen die Verdächtigen durch und kommen oft zu dem Schluss, dass es nahezu unmöglich scheint, dass sich die Personen nicht gesehen haben sollen. Doch wie so oft, ist Kommissar Zufall bei Krimis auch gerne mit von der Partie und so ist es in diesem Krimi ersichtlich, dass nicht ein allzu aufgesetzter Grund dem Tod voranging. 
Zuerst im Jahr 1957 veröffentlicht, merkt man dem Krimi an, wie sehr die englische Bevölkerung in Krieg und auch noch danach gelitten hat, was dem Inhalt eine Tiefe gibt, die in anderen Kriminalfällen nicht zu finden ist.
Neben Elementen des Detektivromans schleichen sich an einzelnen Stellen auch Bausteine des Spionageromans ein und runden den Inhalt, die Ambition und die Lösung ab.
Während man die modernen cosy crimes einfach mal so zwischendurch lesen kann, erfordert dieser Band eine gehörige Portion Gehirnschmalz. Während der Ermittlung, den zahlreichen Personen und Motiven nicht den Überblick zu verlieren, ist schon etwas anspruchsvoller und wird mit einem unüblichen, dafür sehr gelungenen Abschluss belohnt.

5 von 5 Bibliotheken

Samstag, 26. April 2025

Kurt-Jürgen Heering & Jo Müller "111 Gründe, das Böse zu lieben"

Jedem ist das Böse in irgendeiner Form schon einmal begegnet. Sei es im Film, im Buch oder gar in der Realität. Doch wie wäre es, wenn es das Böse überhaupt nicht gäbe? Wenn es aufhören würde, zu existieren?
Unabhängig davon, dass das einfach unmöglich ist, greifen die beiden Autoren diesen Gedanken mehrfach im Buch auf.
Seien es fiese Schurken, reale Banditen oder durchtriebene Mörder, was bleibt, ist trotz der Gewalt die Tatsache, dass das Gute nur durch das Böse seine Wirkung entfacht. Nur dann sieht man, was Menschen Gutes tun, wozu sie sie auch in der Lage sein können.
Doch stellen die beiden auch heraus, dass es gerade beim Film die Schurken sind, die das Publikum in ihren Bann ziehen. Der Joker brilliert neben Batman, um nur eines der zahlreichen Beispiele zu nennen. Sie erhalten die Auszeichnungen, weil es anspruchsvoller wirkt, einen bösen Charakter zu spielen als den Guten.
Natürlich ist die Auswahl eine Geschmacksfrage. Und so kommen einige Schurken in dem Buch vor, die man erwartet hat, ein paar sind überraschend und wieder andere scheinen zu fehlen. Im Nachwort wird erklärt, dass es schwer ist, eine verbindliche Auswahl zu treffen, weil immer wieder neue Ideen und Gründe auftauchen, doch letztlich muss man zu seiner Zusammenstellung stehen.
Gerade bei den literarischen und filmischen Gründen handelt es sich hauptsächlich um Inhaltsangaben. Wer sich auf diesen Gebieten bereits gut auskennt, wird in den Kapiteln nicht viel Neues entdecken.

3,5 von 5 Teufeln

Freitag, 25. April 2025

Tanja Karmann & Carsten Schmitt "Von Geisterhäusern und Totenbriefen"

Der Tod schwebt über allem und jedem. Der Endpunkt des Lebens ist der Totenschein. Ein vielleicht makaberer Gedanke, doch bietet er Raum für eine ungeahnte Inspiration und Kreativität.
Wenn man eine Zeitschrift konzipiert, die sich mit Schauer und Grusel auseinandersetzt, was läge da näher als den Tod als Thema zu wählen?
Im Schatten eines weltweiten Virus wurde die Idee geboren und hat inzwischen zu fünf Totenscheinen geführt. Doch wie sollte man die Optik der Zeitung in die digitale Welt bringen, wenn erst gerade wieder Messen und Cons möglich sind? Eine simple PDF würde dem Charme der Zeitung nicht gerecht, so musste ein E-Book daher, mit zwölf Geschichten, davon zwei zeitlosen Klassikern.
Doch betrachten wir das E-Book von Beginn an.
Jeder Totenschein stand unter einem Motto, welches im E-Book kurz erläutert wird. Jeweils eine Geschichte des jeweiligen Mottos sind von Tanja und Carsten im digitalen Totenschein abgedruckt. Themen sind z.B. "Dunkle Märchen", "Vampire & Wiederkehrer" und "Unheimliche Orte".
Ein jeder hat sofort eine Idee, wie die beiden das jeweilige Thema umgesetzt haben könnten und ich sage euch, ihr kommt nicht auf eine der Ideen. Wie beim ersten Thema zu vermuten ist, adaptieren die beiden bekannte Märchen, aber auf ihre sehr originelle Weise. Dabei erkennt man schnell die Schreibart des einzelnen und freut sich auf die unterschiedliche Herangehensweise. 
Innerhalb des Totenscheins bauen die beiden auch ihre jeweils eigene kleine Serie mit Texten um ihre eigenen Protagonisten auf und schaffen über die verschiedenen Themen trotzdem eine Verbindung zwischen den individuellen Geschichten. Als gute Autorin und guter Autor gestalten sie die Texte dabei so, dass man nicht zwangsläufig den vorigen Totenschein gelesen haben muss, um die Geschichte zu verstehen. Sie schaffen es aber, die Neugier zu wecken, dass der Leser die andere Geschichte ebenfalls kennen will. Und er wird dafür mit interessanten, spannenden und ungewöhnlichen Texten belohnt.

Abgerundet wird das E-Book und natürlich auch die Taschenbuchausgabe durch die zwei Klassiker: Edgar Allan Poe mit "Morella" und Hans Heinz Ewers "Die Spinne". Sie ergänzen die schon zuvor perfekte Stimmung um eine Art Schauer, die neben Tanja und Carsten heute nur wenige Autoren mit solchem Feingefühl formulieren können.

5 von 5 Totenscheinen

Danke an Tanja und Carsten für das Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 24. April 2025

Autoreninterview Christian Tobias Krug

Hallo zusammen.
Diese Woche darf ich euch einen Autoren vorstellen, der auch in meiner Anthologie "Hinter Mauern" vertreten ist. Abweichend zu der mittelalterlichen Kurzgeschichte geht es in diesem Interview mehr um seine Fantasywelten, mehr will ich aber noch nicht verraten.

(Foto: Christian Tobias Krug (privat), Grafik: Maximilian Wust)


Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Schon im Grundschulalter habe ich eigene Texte geschrieben – damals noch Märchen und kurze Erzählungen.
Meine erste Geschichte als Kind hieß übrigens „Das Radieschen“. In dem Märchen steckt ein Radieschen so tief in der Erde, dass ein gesamtes Dorf benötigt wird, es herauszuziehen. Dass ich später dann Dark Fantasy und sogar Horror schreiben würde, konnte ich mir in dem Alter allerdings beim besten Willen noch nicht vorstellen. Solche Sachen fand ich eher ... na ja, gruselig ;)


Du hast sowohl schon Kurzgeschichten verfasst als auch Romane geschrieben. Wie unterscheidet sich hier deine Arbeitsweise?
Romane plane ich in der Regel von langer Hand, mache mir viele Gedanken im Vorfeld und werkle im Kopf an der Handlung herum. Bei Kurzgeschichten folge ich hingegen meist ganz spontanen Impulsen. Wenn ich beispielsweise die Ausschreibung zu einer Kurzgeschichten-Anthologie lese, ist meine Teilnahme häufig davon abhängig, ob ich zum gegebenen Thema ganz spontan die zündende Idee im Kopf habe.

"So dunkel das Zwielicht" spielt mit verschiedenen Elementen, die man aus bekannten Werken kennt. Bewusst sind mir mindestens drei literarische Vorbilder aufgefallen. Wie kann ich mir den Entstehungsprozess deines Werkes vorstellen?
Schwarz-Weiß-Malerei hat mich schon immer genervt – im realen Leben, aber auch in Büchern. Speziell im Fantasy-Bereich sind die Rollen von Gut und Böse ja meistens ziemlich klar verteilt.
„So dunkel das Zwielicht“ bricht bewusst mit diesen gängigen Mustern. Ob Himmel oder Hölle – keine der beiden Seiten ist eindeutig gut oder böse. Nicht immer scheint das Licht strahlend hell, die Finsternis verbirgt mehr als nur Schatten.
Aber auch für einzelne Charaktere gilt: Die Hauptfiguren rund um Julian und Kyu-Min sind nicht unbedingt strahlende Helden; sie besitzen ihre Ecken, Kanten und zweifelhaften Eigenschaften – ebenso sind ihre Gegner nicht einfach bloß Bösewichte, sondern oft gezeichnet von persönlichen Tragödien oder selbst Opfer der Umstände.
Beim Schmökern begegnet der Leser vielen bekannten Figuren wie dem gefallenen Luzifer, Dämon Asmodeus oder Erzengel Michael ... diese erfahren hier jedoch eine eigene Interpretation und unterscheiden sich teilweise stark von ihren mythologischen Vorbildern.
Daneben wirft die phantastische Handlung auch immer wieder Fragen auf, die sich konkret auf das reale Leben beziehen: Ist gleichgeschlechtliche Liebe eine Sünde? Was bedeuten Gut und Böse überhaupt? Darf man Gewalt ausüben, solange es im Namen einer gerechten Sache geschieht? ...


Wie würdest du dir eine Welt vorstellen, in der die Übergänge zu anderen Sphären fließender sind?
Chaotisch ;) Geistig bin ich ja sowieso schon ständig in anderen Sphären unterwegs – heißt: Ich verbringe viel Zeit in meinen eigenen Fantasiewelten und komme deshalb öfter zu spät zu Verabredungen oder renne versehentlich gegen Straßenlaternen. Wenn ich mir jetzt vorstelle, man könnte diese Welten tatsächlich auch noch körperlich-real besuchen ... oh je, ich würde wohl in unserer alltäglichen Welt nicht mehr viel auf die Kette bekommen.

Was beeinflusst dich besonders beim Schreiben?
Meistens Ereignisse des realen Lebens. Nicht unbedingt nur schöne Momente, in meinen Romanen und Geschichten verarbeite ich viele meiner schmerzhaftesten und prägendsten Erlebnisse.

Welcher deiner Charaktere ist dein liebster?
Schwer zu sagen. Wahrscheinlich steckt in den meisten Charakteren ein kleines Stück von mir selbst. Julian beispielsweise symbolisiert wahrscheinlich meinen inneren Kämpfer; er ist stark, selbstbewusst und sehr ehrlich mit seinen Gefühlen – vor allem sich selbst gegenüber, was ja ebenfalls Mut erfordert. Der Dämon Belial wiederum steht wohl für meine verletzliche Seite; aus ihm spricht der verzweifelte Wunsch aufzugeben, der in schwierigen Situationen wohl jeden Menschen gelegentlich überkommt.
Es gibt aber auch Charaktere, die sind zwar nicht unbedingt sympathisch, aber dennoch als Figur interessant – zum Beispiel Despariel, der „Hauptfeind“ der Zwielicht-Serie. Er ist nicht einfach ein plumper Oberschurke, sondern auch ein tragischer, innerlich zerrissener Charakter. Denn obwohl er nach Rache an Julian strebt ( die menschliche Wiedergeburt seines dämonischen Bruders Raziel ), wünscht er sich gleichzeitig dessen Liebe und Anerkennung.

Gibt es etwas, was alle deine Geschichten miteinander verbindet?
Eine düstere, oft auch mystische Atmosphäre mit Grusel, Grauen, Gänsehaut ... aber in aller Regel mit positiven Untertönen, einem heiteren Ende und einer lebensbejahenden Botschaft.


Wer neugierig ist, kann sich hier mehr über Christian erfahren:
burgenweltverlag.de/interviews/krug-christian-tobias-2024-hinter-mauern.html
instagram.com/christian_tobias_krug/

Nächsten Monat gibt es ein neues Interview.

Dienstag, 22. April 2025

Makoto Yukimura "Vinland Saga 1"

Neben "Atelier of Witch Hat" ist über Umwege auch eine zweite Mangaserie bei mir auf dem SUB eingezogen. Während AoWH sich mit Zauberei, Büchern und verschiedenen Welten auseinandersetzt, mutet die "Vinland Saga" fast wie ein Geschichtsbuch im Mangaformat an. 

Die später so genannten Wikinger greifen im Frankenland eine Burg an. Dabei "unterstützen" sie vermeintlich eine Belagerung, um dann ihre eigene großzügige Beute vor den Augen der Belagerer abzuziehen. Bei ihnen ist ein junger Isländer, der eigentlich alles will, hauptsächlich seinen toten Vater zurück. Doch wie kam es dazu? Und was ist der Belagerung von England?
Die Wikinger sind immer die geschichtliche Episode gewesen, mit der ich nicht warm wurde. Oft als Brandschatzer und Mörder dargestellt, hatte ich kaum einen Bezug zu ihnen. Dementsprechend skeptisch habe ich den ersten Band zur Hand genommen. 

Im Gegensatz zu der Detailverliebtheit von AoWH sind hier die Zeichnungen auf Grund der Kampfszenen oft hektisch oder bestehen auch mal gerne nur aus einem "Wusch". Man kennt das aus alten Fernsehcomics, bei denen die Animation noch nicht fortgeschritten war. Viele Seiten beziehen sich auf Kampf, Demütigung und Brandschatzung.

Doch werden immer kleine historische Anmerkungen eingestreut und auch eine Sensibilität für das Leben der Wikinger geschürt. Denn Eis und Schnee machen das Leben und gerade den Ackerbau nahezu unmöglich. Doch muss man deswegen immer Krieg führen oder andere Dörfer überfallen? Vielleicht findet sich die Antwort in den nächsten Bänden.

4 von 5 Drachenköpfen

Sonntag, 20. April 2025

Walter Moers "Der Bücherdrache"

Der Buchling Hildegunst Zwei will unbedingt zu den Ormlingen gehören, so erzählt er es im Zwiegespräch mit Hildegunst von Mythenmetz. Um in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, muss er zum Ormsumpf reisen und dem Bücherdrachen Nathaviel eine seiner Bücherschuppen klauen. Sozusagen als Beweis, dass er ihn getroffen hat. Weiterhin soll er ihm eine Frage stellen.
Doch das Gespräch artet ein wenig aus, denn nachdem der Hype um den Bücherdrachen nachgelassen hat, seine Angewohnheit Buchlinge zu verschlingen, fanden nicht alle so passend, ist er froh über ein bisschen Gesellschaft. Hildegunst Zwei und der Bücherdrachen sprechen über Gott und die Welt, doch dann will der Drache ihn nicht gehen lassen. Zu viele Geheimnisse hat er ihm anvertraut und so bleibt ihnen keine Wahl ...

Wer schon Bücher von Walter Moers gelesen hat, weiß, dass man sie nicht mit anderen Werken vergleichen oder gar messen kann. Der Autor hat mit seinen Welten und dem Erzähler Hildegunst von Mythenmetz ein eigenes Universum geschaffen. Seine Kreativität, sein Humor, seine Bibliophilie und die  Illustrationen erwecken jede einzelne Geschichte so zum Leben, wie ich es selten erlebt habe. Man taucht direkt in die Geschichte ein und es selbstverständlich, dass der Drache spricht, gebildet und belesen ist. Walter Moers schafft es, alles ganz natürlich wirken zu lassen, sodass die Bücher ein Art "nach Hause kommen" darstellen und man seine Texte ungern verlassen will. Viel Charme, eine gehörige Portion Witz und ganz viel Liebe zum Details runden dieses vermeintlich kurze Werk um die Buchlinge und den gebildeten Bücherdrachen ab.

4 von 5 Bücherschuppen

Samstag, 19. April 2025

Kjell Bohlund "Die unbekannte Astrid Lindgren"

Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, jeder, aber wirklich jeder, hat schon einmal etwas von Astrid Lindgren gelesen? Oder zumindest etwas von ihr im Fernsehen angeschaut? Pippi, Michel, Ronja, Mio, Karlsson oder die Kinder aus Bullerbü. So viele Welten hat sie in den Zeiten nach dem Krieg erschaffen und auch heute noch sind ihre Bücher gern gelesen.
Doch was steckt hinter "die unbekannte Astrid Lindgren"?
So sehr ich mich mit der Autorin schon beschäftigt habe, bisher war mir ihre weitreichende Rolle bei Rabén & Sjögren im wahrsten Sinne des Wortes unbekannt.
Denn sie war dort nicht eine Sekretärin oder Lektorin. Nein, sie bestimmte mit Hans Rabén, zumindest offiziell, denn inoffiziell entschied sie oftmals selbst, welche Manuskripte angenommen wurden und welche nicht. Sie schaffte diese Arbeit auf halber Stelle, mit zwei Kindern und sie fand nebenher die Zeit zahlreiche eigene Bücher zu schreiben und durchs Land zu tingeln und die neuen Verlagsbücher vorzustellen.
Unglaublich? Ist aber belegt.
Kjell Bohlund hat sich durch Briefe, Texte und anderweitige Korrespondenz von Astrid Lindgren gelesen, sowie einige ihrer Weggefährten interviewt. Unterlegt mit Fotos und Zitaten aus Reden, Briefen und anderweitigen Texten formt er im Buch ein Bild von Astrid Lindgren, welches das bereits bestehende um ein Vielfaches erweitert.
Es war schon ein Drahtseilakt, in dem Verlag, in dem sie selbst veröffentlichte auch für das Verlagsprogramm zuständig zu sein. Doch der überwiegende Teil der Befragten findet ihre Vorgehensweisen mehr als gerecht und Nörgler gibt es leider immer und überall.
Abgerundet wird das Buch durch die Geschichte des Oetinger Verlags. Schon früh nach Verlagsgründung lernen sich Verleger und Astrid kennen und dem Verkauf ausländischer Lizenzen steht nichts mehr im Weg.
Ein wundervolles Buch über Kinderliteratur, Literatur im Allgemeinen, die Nachkriegszeit und über die Buchbranche.

5 von 5 Herausgeberinnen

Dienstag, 15. April 2025

Kamome Shirahama "Atelier of Witch Hat 5"

Prüfungen haben die Angewohnheit nicht so zu verlaufen, wie sie zu Anfang geplant waren. Und so finden sich die Mitglieder des Ateliers an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Verletzungen wieder. Jede kämpft so gut sie kann und jeder versucht die anderen zu beschützen. Doch ist es nicht die schiere Gewalt, die den Band dominiert. Zusammen gelingt es den Lehrern und Schülern sich aus der Dunkelheit zu befreien - doch zu welchem Preis?

Mit jedem Band wird die Nähe zu Sagen, Mythen, Redewendungen und auch Sprichwörter offensichtlicher. Jede Seite, jeder platzierte Vorwurf, jede Demütigung und jede Lüge sind fein gewebt, wenn es um die Welt der Magier und Zauberer geht. Dabei schwebt in diesem Band die Magie über den Prüflingen, die nicht mehr genutzt werden darf. Schon vor Zeiten wurde sie reglementiert und die so berühmte "dunkle" Seite versucht, die Prüflinge zu instrumentalisieren.

Kommt euch bekannt vor? Sicherlich, der Plot und die Herangehensweise ist nicht wirklich neu, aber die Welt, in der "Atelier of Witch Hat" spielt, unterscheidet sich doch sehr von den Texten, die ich bisher gelesen habe.
Mein liebster Band war dies sicherlich nicht, aber ich bewundere, wie durch die Zeichnungen und den Text eine immer größere Sogwirkung aufgebaut wird und man unbedingt weiter lesen möchte.

4 von 5 Ateliers

Montag, 14. April 2025

Harper Lin "Maggie Bell und die verfluchten Seiten"

Langsam aber sicher gewöhnt sich Maggie an ihren neuen Chef. Auch wenn sie immer noch nicht sein Sortiment schätzt, sein Vater würde sich im Grab umdrehen, gibt der Erfolg ihm recht. Gerade jetzt zu den Feierlichkeiten zum 4. Juli strömen noch mehr Besucher in den Buchladen und dabei erlebt Maggie eine Überraschung. Ihre verschwundene Schwester Angel steht mitten im Laden und verdreht den Männern den Kopf. Doch ihre Ankunft zieht zwielichtige Verfolger mit sich, von denen einer kurze Zeit später tot ist.

Es sei vorab gesagt, auch wenn dies der dritte Band einer Serie ist, kann man ihn ohne Probleme auch zum Einstieg lesen. Einzelne für die Handlung wichtige Informationen werden in diesem Band wiederholt und man befindet sich direkt im Geschehen. Abweichend zum ersten Band spielen nicht allzu viele Szenen im Buchladen, sondern auf Grund der Verfolgung trifft man Maggie viel innerhalb von Fair Haven an. 

Was die Autorin innerhalb dieses Bandes hervorragend schafft, ist die Rivalität zwischen den Schwestern herauszuarbeiten. Immer wieder zeigt es sich, wie schwer es ist, eine vermeintlich nahestehende Person zu akzeptieren, wenn man sie doch so gar nicht versteht. Viele der früheren und auch jetzigen Situationen resultieren aus diesem Konflikt und machen das Buch sehr spannend. Allerdings leiden darunter die anderen Aspekte. Wie schon erwähnt, kommt dieses Mal der Buchladen sehr zu kurz und auch der Todesfall steht sehr lange im Schatten der Verfolgungsjagd.

Dabei sind die Begebenheiten schlüssig aufgelöst und man bemerkt, dass die Autorin nicht ihren ersten Krimi schreibt. Die Pointen sitzen und die Charaktere bilden ein gutes Spektrum einer Kleinstadt ab.

4 von 5 Seiten

Samstag, 12. April 2025

Bernhard Kellermann "Der Tunnel"

Amerika. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Mac Allan hat sich langsam, aber stetig, die Karriereleiter hochgearbeitet. Sein neuestes Projekt: ein Tunnel zwischen Amerika und Europa. Doch bevor er mit den Arbeiten beginnen kann, muss er das Kapital heranschaffen. Im Lauf des Buches zeigt sich, dass das nicht die gewaltigste Aufgabe war und Mac ganz andere Schwierigkeiten zu meistern haben wird.

Mit Klassikern ist es bekanntlich immer so eine Sache, ob sie einem gefallen oder aber nicht. 
Während ich für Krimiklassiker schwärme, war "Der Tunnel" ein hartes Stück Arbeit für mich.
Bei Krimiklassikern liebe ich es, wenn der Autor es über Seiten schafft, eine gewisse Atmosphäre und ein Gefühl für die Charaktere aufzubauen, hier war ich stellenweise nur genervt. Bis die Handlung erstmal wirklich in Schwung kam, waren an die einhundert Seiten schon vorüber und der Gedanke, das Buch doch beiseite zu legen, war allgegenwertig. 
Doch ich wurde belohnt: der langsame Aufbau entfaltet sich im Lauf des Buches zu einer Dramatik, wie ich sie selten gelesen habe. Schicksalsschläge, Rückschritte, niederdrückende Gedanken, Seite um Seite zieht das Buch den Leser in den Bann und zeigt seine Stärken. 
Aus psychologischer Sicht ist das Buch ein wirklicher Meilenstein. Macht, Machtmissbrauch, Absturz und Resignation. Alle Themen werden in diesem Science Fiction Klassiker beleuchtet und durch Andreas Eschbach im Vorwort und Hans Frey im Nachwort abgerundet und in der heutigen Zeit verordnet. Denn vieles, was damals galt, ist auch heute noch aktuell. 
Ein moderner Klassiker, bei dem sich "dranbleiben" lohnt.

4 von 5 Tunnelmen