Donnerstag, 12. September 2024

Autoreninterview Erik Hauser

Hallo zusammen.
Heute stelle ich euch den Autor Erik Hauser vor. 

(Bild: Erik Hauser (privat), Grafik: Maximilian Wust)


Wie bist du zum Schreiben gekommen? 
Tatsächlich in der Schule. Ich konnte weder malen noch ein Musikinstrument spielen und in Sport  war ich eine Null. Ich wusste: mir blieb nichts anderes übrig, als Geschichten zu schreiben, um irgendwie aufzufallen. Die früheste Geschichte, an die ich mich erinnere, war ein Aufsatz in Deutsch in der 3. oder 4. Klasse, die Aufgabe: eine Fantasiegeschichte. Irgendwie ist es dabei dann geblieben. Auch dass ich immer noch in der Schule bin (als Lehrer) kann kein Zufall sein.

Ich habe gerade deine Hexennovelle gelesen. Wie kamst du auf die Idee, eine solche Geschichte in der heutigen Zeit anzusiedeln?
Bei Hexen denkt man normalerweise gleich ans Mittelalter, die Hexenprozesse und so weiter. Tatsächlich gibt es auch heute noch 'moderne' Hexen, die natürlich nichts – oder nur sehr wenig – gemein haben mit den durch Kirche und Staat verteufelten sogenannten 'Hexen' des Aberglaubens. Ich denke da z.B. an den Wicca-Kult der gerade in den letzten Jahren wieder Zulauf gewonnen hat. Seine Mitglieder sind, so weit ich das beurteilen kann, moderne selbstbewusste Frauen (und auch Männer), die ein anderes geschlechtsspezifisches Rollenverständnis als das traditionelle haben und sich über ihr 'Hexensein' definieren. 
Niemand von denen versucht anderen Menschen zu schaden – jedenfalls nicht mehr, als 'gewöhnliche' Sterbliche das auch immer mal wieder tun, glaube ich. In der Literatur sind die Hexen des Aberglaubens natürlich eine ideale Projektionsfläche für allerlei Ängste, wie auch Vampire, Werwölfe oder überhaupt 'Monster' jeder Art. Ich finde es also durchaus nicht so ungewöhnlich, 'Hexen' in der heutigen Zeit auftreten zu lassen, entweder als Bösewichte oder differenzierter. Der Ausgangspunkt von „Verhext, verzaubert – und verloren“ war aber eigentlich die Frage, wie Erinnerung und Identität zusammenhängen. Wer bin ich, wenn sich meine Erinnerungen verändern bzw. bin ich noch derselbe, wenn ich mich an bestimmte Dinge aus meiner Vergangenheit nicht mehr erinnern kann? Identität setzt sich aus der Summe unserer Erinnerungen (oder Erfahrungen) zusammen – aber was, wenn bestimmte Personen – nennen wir sie mal 'Hexen – die Macht haben, auf dieser Klaviatur zu spielen?

Als Roman gibt es von dir "Das Erbe der Wölfe", welcher in der Vergangenheit spielt. Du hast dir damit zwei sehr unterschiedliche Settings mit fantastischen Elementen für deine Geschichten ausgesucht. Was ist bei dir zuerst im Gedächtnis? Der Ort, an dem die Geschichte spielt oder die Handlung, die den Leser einfangen soll?
Beides geht Hand in Hand. Bei „Erbe der Wölfe“ hatte ich mehrere Schlüssel-szenen fertig im Kopf, eine der ersten – oder sogar die erste – war die eines jungen Mädchens, das auf der Suche nach ihrem entlaufenen Hund in den verbotenen Wald eindringt – ein typischer Initiationsmoment, bei dem Galina ihr bisheriges Leben hinter sich lässt und sich den Gefahren des Erwachsenseins stellen muss.  Da ich eine Werwolfgeschichte schreiben sollte, war auch das Setting früh klar: Es musste, um glaubhaft zu sein, ein abgelegenes Dorf in einer historischen Vergangenheit sein, wo der Aberglaube und die Bedrohung durch übernatürliche Mächte noch lebendiger waren. Ein bisschen hat sicherlich auch das beliebte Partyspiel „Werwölfe“ zu dem Plot beigetragen, da es ja auch in meinem Roman darum geht, dass die Dorfbewohner rätseln, wer die Werwölfe sein könnten. Die Figur der Galina entspricht in Teilen der Rolle des ‚blinzelnden Mädchens‘, da sie näher am Geschehen ist als die anderen Dorfbewohner.

Wie kann man sich deinen typischen Schreibtag vorstellen?​
An Schultagen, wenn ich unterrichten muss, nutze ich meine Freistunden, um in der Mensa oder im Lehrerarbeitszimmer zu schreiben. In den Ferien – so wie gerade jetzt (smiley) – gehe ich morgens mit meinen beiden Hunden spazieren und dann in ein Kaffee, wo ich mit meinem Laptop vor einem Cappuccino sitze und die Gedanken baumeln lasse. 
Auf diese Art und Weise kommt mir das Schreiben mehr wie Freizeit und weniger als Arbeit vor. Was gar nicht geht, ist zuhause im Arbeitszimmer vor dem Computer zu sitzen und auf den Bildschirm zu starren; zum einen komme ich mir dann wie eingesperrt vor und mir fällt nichts ein, zum anderen sind die Ablenkungen, wie mal schnell in ein Buch reinschauen, einen Tee machen oder eines der bekannten Computerspiele zur Ablenkung aufzurufen, zu verlockend für mich, um bei der Stange – heißt: beim Schreiben – zu bleiben. Aber allein für mich und doch nicht alleine, umgeben von Menschen in einer öffentlichen Stätte, einem Café, Restaurant etc., fällt es mir überraschenderweise leicht, konzentriert zu arbeiten. Nachmittags habe ich dann frei vom Schreiben, muss aber im Haushalt mithelfen, was auch nicht immer einfach ist (smiley).

Mit welchem deiner Werke sollte ein Leser beginnen, wenn er deine Texte kennenlernen möchte? 
Am besten mit der bereits erwähnten Novelle „Verhext, verzaubert – und verloren“, die ist als e-book erschienen und für 2.99 Euro ein echtes Schnäppchen, wenn ich mal so sagen darf. Sie ist außerdem spannend, gut geschrieben und bietet mit 58 Seiten (Verlagsangabe) kurzweiligen Lesespaß. Wem das gefallen hat, der findet Ähnliches in „Odem des Todes“ und „Ritt auf der Maschine“, beide Titelnovellen in den von Alisha Bionda herausgegebenen Anthologien von mir. Und natürlich hoffe ich, dass geneigte LeserInnen dann auch zu meiner Sammlung „Jenseits des Rheins“ oder zu dem Roman „Erbe der Wölfe“ greifen werden.

Welches Projekt wirst du als nächstes veröffentlichen? 
Schon seit längerem vorgesehen ist die Erzählsammlung „Von Werwölfen, Vampiren und anderen Mitmenschen“ im Ashera-Verlag, die thematisch mit „Das Erbe der Wölfe“ in Zusammenhang steht. Vielleicht kommt sie noch dieses Jahr heraus. Mit Ingrid Pointecker vom Verlag 'Ohne Ohren' habe ich eine Sammlung von Kurzgeschichten vereinbart („Das Gesicht im Staub und andere Schrecken des Alltags), deren Veröffentlichungstermin allerdings noch nicht feststeht; einige der Geschichten sind bereits im Magazin Zwielicht erschienen (so die mit dem 4. Platz beim Vincent-Preis 2023 bedachte Titelstory „Das Gesicht im Staub“).

Mit wem würdest du gerne einmal zusammenarbeiten? 
Da Verstorbene wie E.A. Poe, Thomas Owen oder Vladimir Nabokov nur sehr bedingt in Frage kommen (oder höchstens für eine geisterhafte Zusammenarbeit mit ungewissem Ausgang), Stephen King. - Mit wem ich bereits zusammen-gearbeitet habe, weil wir uns gut kennen, war Oliver Plaschka bei der Novelle „Die Wahrheit über Sherlock Holmes“. Das hat sehr gut geklappt. Ansonsten ist man als Autor ja eher ein ‚lone wolf‘, will heißen: am harmonischsten läuft es, wenn man selber alleine am Ruder steht und die Verantwortung trägt.

Nachdem ihr Erik Hauser kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
erikhauser.de

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Mittwoch, 11. September 2024

Edgar Allan Poe "Die schwarze Katze"

Edgar Allan Poe gilt in vielerei Hinsicht als Schöpfer diverses Genres. Wobei, Schöpfer wäre manchmal zu hoch gegriffen, da er sich z.B. bei der Schwarzen Romantik von E.T.A. Hoffmann inspirieren lässt. Doch schafft er mit seinem Ermittler C. Auguste Dupin die Gattung der Detektivgeschichten, die bis in die heutige Zeit zahlreiche Nachfolger gefunden hat.
Bei "Die schwarze Katze" und "Der Untergang des Hauses Usher" bedient er sich vielseitig des Schauers und des leichten Horrors. In beiden Geschichten spielt er mit den Sinnen seiner Figuren und damit auch mit der Wahrnehmung des Lesers.
Was kann sein?
Was ist Einbildung?
Es kommt nicht von ungefähr, dass sich viele Situationen einer schlaflosen Nacht anschließen und die Menschen zuvor schon in Aufruhr waren.
Weniger der Schauer als die schiere Vorstellung, wozu Menschen in der Lage sein können, ist es, die beim Lesen einen Kloß im Hals hervorruft, der sich auch nach dem Beenden der Lektüre nicht so ohne Weiteres zurückbildet. Zwar gefällt mir seine Erzählung "Der Doppelmord in der Rue Morgue" immer noch besser und auch die zuvor gelesenen Geschichten von Charles Dickens liegen mir mehr, doch muss ich Poe zugute halten, dass er es versteht, den Leser zu fesseln und ihm einen Schauer über die Arme laufen zu lassen und das ist wahrlich die Kunst eines guten Autors.

4 von 5 schwarzen Katzen

Dienstag, 10. September 2024

Henrietta Hamilton "Mord in der Charing Cross Road"

Ein Antiquariat mitten in der Charing Cross Road.
Man kennt sich, die Mitarbeiter, die Vorgesetzten und auch die Kundschaft, und doch ist es an einem Morgen kaum zu fassen, dass ein Mitarbeiter tot auf seinem Schreibtisch liegt.
Doch es ergeben sich gleich mehrere Fragen:
Warum war er noch so spät im Büro?
Was hat der Geist mit der Sache zu tun?
Und warum hatte sich Mr Butcher in den Wochen vor seinem Tod mit nahezu jedem Mitarbeiter gestritten?

Ein Krimi in einer Buchhandlung.
Kann es etwas Besseres geben? 
Ich denke nicht.
Henrietta Hamilton reiht sich bei Klett Cotta in die Riege der Autoren ein, die klassische Kriminalromane geschrieben haben. Ohne große Action oder reißerische Szenen kommen diese Bücher mit vielerlei Rätsel daher und sorgen für die eine oder andere Knobelstunde.
Charmant geschrieben, dazu trägt äußerst das Setting bei, aber auch die doch sehr unterschiedlichen Charaktere mit ihren kleinen und großen Problemen. Ein Ermittlerpaar, dass sich durch eine schnelle Auffassungsgabe und Einfühlungsvermögen auszeichnet, sind die Zutaten, um eine Geschichte zu ersinnen, die durch Finesse und Fingerspitzengefühl den Leser in die Buchhandlung und zeitgleich in den Bann zieht. Durch das gemächliche Erzähltempo entsteht trotz der Sogwirkung des Buches keine Hektik. Man gibt der Erzählung ihren Handlungsspielraum und zollt einer Schriftstellerin Tribut, die ihr Handwerk versteht.

5 von 5 Antiquariaten

Donnerstag, 5. September 2024

Autoreninterview Ute Zembsch

Hallo zusammen.
Heute stelle ich euch eine Autorin vor, die sich völlig in ihrer Zeit verliert: Ute Zembsch

(Bild: Ute Zembsch (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich wuchs mit Büchern auf, schrieb aber nur für mich kurze Texte oder Gedichte. Das änderte sich mit unserem Mittelalterverein und den Pen-and-Paper-Abenteuerrunden, die sich daraus entwickelten. Ich spielte über einen längeren Zeitraum begeistert eine Kriegerin, die 2013 unbedingt eine Hintergrund-geschichte in Romanlänge verdiente. Dabei merkte ich, wie viel Spaß mir das Schreiben bereitet, und widmete mich erst einem historischen Fantasyroman, ehe ich das Henkersweib verfasste.

Diese Woche ist dein neues Buch "Der Stab der Seherin" erschienen. Erzähl ein bisschen über die Entstehungsgeschichte des Buches.
Frauen stehen bei meinen Romanen im Vordergrund, denn über sie wird kaum etwas in den Geschichtsbüchern erzählt. Mir drängte sich auf, den ersten Feldzug des Frankenkönigs Karl im Jahr 772 aus Sicht einer Sächsin zu schildern. Aber nicht irgendeiner, was gewiss mit meiner nordisch-schamanischen Ausbildung zu tun hat. Mein Mann und ich besuchten Obermarsberg, wo damals die Eresburg und die Irminsul standen. Es fühlte sich richtig an, genau diese Frau zu Wort kommen zu lassen, die berichtet, welchen Schrecken die Franken über die Sachsenstämme gebracht hatten.

Wie sehr unterscheidet sich das Arbeiten an einem Einzelband und einer Trilogie?
Trilogie? *grins* Ich arbeite gerade an Band 4. Vielleicht führe ich auch mein Spielweib und meine Seherin in weitere Abenteuer. Ich plane meine Romane als umsichtiger Mensch so, dass sie zunächst einzeln stehen können. Nachdem das Henkersweib gut ankam, schrieb ich die Fortsetzung. Jeder Folgeband zieht weitere Recherchen mit sich, aber die Charaktere werden immer vertrauter, wie Freunde. Ich muss weniger überlegen, wie die Figuren in der entsprechenden Szene authentisch reagieren. Bei einem neuen Roman brauche ich eine Weile, bis ich sie wirklich kenne.

Warum hast du dir das Mittelalter für deine Geschichten ausgesucht?
Bereits in der Schulzeit war Geschichte mein Lieblingsfach. Besonders das Mittelalter und die Antike begeistern mich sehr. Statt wer wann gegen wen kämpfte, finde ich den Alltag viel interessanter, über den ich auch in Social-Media-Beiträgen und Blogartikeln berichte. Und ich rücke die Frauen von damals -bekannte und unbekannte- mehr in den Fokus. Je mehr ich über meine Lieblingsepoche herausfinde, desto lebendiger wird sie für mich. Das größte Lob für meine Romane ist die Glaubwürdigkeit und es toll zu finden, nebenbei etwas über das Mittelalter zu erfahren. Ich möchte zudem zeigen, dass ein schlichteres Leben mit engerer Verbindung zur Natur lebenswert ist, sowie mit beliebten Irrtümern aufräumen.


Wie wichtig ist es für dich und deine Geschichten, dass du das Mittelalter lebst?
Sehr wichtig, denn so kann ich mich viel tiefer in die Epoche, das Leben in dieser und die Gedankenwelt der damaligen Menschen einfühlen. Für diese Menschen waren teilweise andere Werte oder Vorstellungen real, die ich in meinen Romanen als alltäglich einbinde. Dass ein Herr mit seinen Leibeigenen tun durfte, was er wollte, war zu dieser Zeit normal und wurde von allen anerkannt – heute sieht es anders aus.

Hast du in deinen Geschichten einen Lieblingscharakter?
Meine Haupt- und Nebencharaktere finde ich alle einzigartig, zumal ich sie als eigenständige Individuen darstellen möchte. Mich für nur eine Figur zu entscheiden, fällt da schwer, ich mag einige sehr gerne. Meist fühle ich mich mit der jeweiligen Hauptfigur sehr eng verbunden, da ich aus ihrer Perspektive erzähle und so in ihrem Kopf bin.

Wo kann man dich demnächst lesen hören und sehen?
Mitte September 2024 findet das Literaturfestival in Weinheim statt und ich darf an dem Samstag meine „Seherin“ vorstellen. In Planung ist auch eine Lesung in einer kleinen Bücherei ein paar Ortschaften von mir entfernt. Schau einfach auf meine Homepage, dort stehen die Lesungstermine.

Nachdem ihr Ute kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:

autorin.utezembsch.de/
instagram.com/utezembsch

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.  

Mittwoch, 4. September 2024

Nina George und Jens J. Kramer "Die magische Bibliothek der Buks"

Kinderbücher werden oftmals abgetan, dass sie für Erwachsene nicht lesenswert seien. Wie unrecht diese allgemeine Tatsache den Büchern tut, erlebt man gerade bei diesem Buch. Viele kleine versteckte Hinweise auf Klassiker der Weltliteratur oder auch auf das allgemeine Weltgeschehen versteht man erst zur Gänze, wenn man schon viele Bücher gelesen hat.

Aber ich greife vor: Die vier Kinder Mira, Nola, Finn und Thommy sind eigentlich normale Schulkinder, wenn da nicht immer leicht der Drang zum über die Stränge schlagen wäre. Eines Tages entdecken sie ein verstecktes Gebäude, in dem Buks - Buchschutzgeister - leben und die Bücher vor ihrer Vernichtung beschützen, denn, in der Welt gibt es keine Bücher und auch keine Träume mehr.
Das Orakel der Buks hat die Kinder auserwählt, die Verbindung nach Draußen wieder herzustellen und so müssen die überwachten Kinder immer wieder Wege in die Bibliothek finden - und das natürlich unentdeckt.

Eine Welt ohne Bücher? Allein für diesen Gedanken müsste man das Buch unter Horror einsortieren. Doch tatsächlich ist das Buch, das als Start einer Reihe dient, soviel mehr. Es ist eine Ode an die Freundschaft, an das Lesen, an das Denken und auch daran, zu erkennen, was es zu beschützen gilt.

Alles im Buch ist auf Kleinigkeiten ausgelegt, allein die Namen der Buks sind mit Liebe zum Details ausgesucht und die Figuren entsprechend konzipiert, dass einem beim Lesen immer weiter das Herz aufgeht. Gerade die Kapitel in der Bibliothek haben eine so starke Sogwirkung, dass man förmlich durch die Seiten gleitet.

4,5 von 5 Buks

Dienstag, 3. September 2024

Charles Dickens "Im Tunnel"

"Im Tunnel" umfasst zwei Kurzgeschichten von Charles Dickens, die der Gattung Schauergeschichten zugeordnet werden können. Charles Dickens, der sich sonst durch das Aufzeichnen der gesellschaftlichen Missstände in Werken wie "Oliver Twist" einen Namen gemacht hat, veröffentliche auch Sachtexte über Londons Elendsvierteln und eben diese Schauergeschichten.
Wer bereits "Eine Weihnachtsgeschichte" gelesen hat, weiß, wie Charles Dickens mit Geistern oder anderem Übersinnlichen umgeht. Es wird viel angedeutet, doch gleichzeitig soll es auch so realistisch wie möglich beschrieben werden.
So spielt "Im Tunnel" in einem Eisenbahntunnel und erzählt die Geschichten von einem Wärter, der in unregelmäßigen Abständen Lichter sieht. Während in "Des Mordes angeklagt" sowohl Täter als auch Opfer ihr Spiel mit dem Sprecher der Geschworenen treiben.
Immer ist es der Schauer, der beim Lesen über den Rücken läuft und einen beim Lesen diese Ebene des Nichtwissens betreten lässt.
Gibt es diese Ahnungen oder ist alles pure Fantasie?
Wenn es nur Fantasie ist, gestaltet Dickens sie wirklich gut, auch wenn er für mich immer der Schöpfer von Scrooge sein wird.

Abgerundet wird die Ausgabe durch zahlreiche Worterläuterungen und einer kurzen historischen Einordnung der Texte in Dickens Gesamtwerk und in die damalige Zeit.

4 von 5 Schauern