Mittwoch, 31. Mai 2023
Christian Endres "Die Prinzessinnen"
Halt - Stop.
Ich will die mögliche Irreführung direkt am Anfang aufdecken, denn mit Prinzessinnen im Sinne von Märchen oder eines großen Comiczeichners hat dieses Buch so rein gar nichts zu tun.
Denn diese Prinzessinnen morden und brandschatzen, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Natürlich gegen Geld und natürlich für die Ehre - versteht sich, aber eben keine Puffärmel und Rüschen.
Dabei hat jede Prinzessin ihre Geschichte, die man nach und nach im Buch erfährt, so wie es in die Ausbildung der neue Prinzessin passt. Eigentlich sollte Narvila entführt werden, doch als die Prinzessinnen sie zurückgeben wollen, hat sie genug vom Elend einer Prinzessin. Immer wieder entführt zu werden oder alternativ auf den Prinzen zu warten, ist nicht Jederfraus Geschmack.
So jagt sie den anderen nach und stellt sich der Bewährungsprobe, denn es ist nicht leicht eine Prinzessin zu sein.
Kämpfe gegen Sturm und Sand, Morde an Satyrn, Ogern oder gar verschrobenen Zirkeln sind das tägliche Geschäft natürlich neben Personenschutz und halsbrecherischen Befreiungsaktionen.
Die Prinzessinnen bekämpfen alles, was sich ihnen in den Weg stellt und dabei sind die fünf so individuell, wie es in ihrem Berufszweig nur möglich ist.
Schon das Cover deutet an, dass es sich nicht um die klassische Prinzessinnengeschichte handelt und doch brauchte ich einige Kapitel, um in den Text zu finden. Die Sprüche derb und oftmals unter der Gürtellinie wirken am Anfang in etwa so, als ob die Frauen unbedingt den Männern in jeglicher Art nacheifern und damit eine gewisse Verrohung einhergeht. Sicherlich ist dies auch oftmals der Fall, doch liest man, was sie alles schon erdulden mussten, versteht man ihre Gedanken umso mehr.
Der Autor zeichnet eine Helden- vielleicht auch Antiheldengattung, die mir so noch nicht untergekommen ist und setzt neben Sprüchen gerne auf wirkliche alle Wesen aus der Fantasy, die man sich vorstellen kann. Daher wird es den Prinzessinnen auch auf 480 Seiten nicht langweilig.
4 von 5 Äxten
Montag, 29. Mai 2023
George Orwell "Die großen Essays"
Dabei lässt er sich auch das einen oder andere Mal zum Thema Literatur verleiten und sein Text über "Bücher vs Zigaretten" nimmt wahrlich jedem "Nichtleser" den Wind aus den Segeln, aber sonst ...
George Orwell nimmt bei seinen Situationsbeschreibungen kein Blatt vor den Mund. Ist es düster - wird es so beschrieben, ist es grausig - ebenfalls.
Doch das ist nicht das, was den Leser spätestens ab dem dritten Text ein wenig auf die Nerven geht. Fachlich mag er versiert sein, dass spreche ich ihm gar nicht ab, aber seine zeitweilige Arroganz trieft ein ums andere aus den Texten und er lässt seine Regierung, seine Literaturkollegen und alle anderen in einem schlechten Licht dastehen.
Er weiß es besser, er hat die Ahnung, oftmals überlagert das die durchaus interessanten Texte und macht sie dem Leser madig.
Trotz allem kann man Orwell nicht absprechen, dass er an den richtigen Stellen Verweise zu anderen Literaten oder Geschehnissen macht und zumindest oberflächlich scheinen seine Fakten der Realität standzuhalten.
Auch geschichtlich lernt man viel über die Essays und findet eventuell den Zugang zu geschichtlichen Aspekten, die einen vorher nicht interessiert haben. Orwell schafft es hier Neugier zu schüren und den Leser zur weiteren Recherche animieren zu wollen.
Für mich wiegt allerdings der Schatten seiner Arroganz in den Texten schwerer, sodass ich vermehrt froh war, wenn ich wieder ein Kapitel geschafft hatte. Schade.
3,5 von 5 Artikeln
Zeitschrift des Monats "!Time Machine"
Zumeist sind es Bücher, die einem als Leser ins Auge springen, dabei gibt es wahrlich viele andere Möglichkeiten an Texte, Berichte und Geschichten zu kommen. Dieses Jahr nehme ich euch einmal im Monat in die Welt der Zeitschriften mit. Die Zeitschriften umfassen die verschiedenen Genres wie Krimis, Fantasy, Science-Fiction oder bilden ein buntes Crossover. Von Printausgaben über Downloads, von kostenlosen Exemplaren bis hin zum Hochglanzmagazin ist so manches dabei, was das Leserherz höher schlagen lassen kann. So genug der Einleitung, schauen wir uns die fünfte Zeitschrift an:
Jede Ausgabe läuft dabei unter einem speziellen Thema, sodass interessierte Leser:innen mit der jeweils für sie spannendsten Ausgabe in die Welt der !Time Machine eintauchen können.
Sonntag, 28. Mai 2023
Franziska Henze "Tatort Nord 2"
Bei dem zweiten Band von "Tatort Nord" wäre das definitiv ein ganz großer Fehler!
Wie schon der erste Band besticht der zweite durch eine Themen- und Ortsvielfalt, die geradezu außergewöhnlich ist. Jede Autorin erzählt ihre Geschichte an einem ausgewählten Platz der Nord- oder Ostsee und die Tathergänge gleichen sich in keiner Weise.
Mit der auffallend sehr gut zusammengestellten Anthologie haben sich die drei Herausgeberinnen übertroffen. (Ich warte sehnsüchtig auf Band 3 😏.)
Bei den 23 Kurzgeschichten ist so ziemlich alles dabei, was sich der Leser wünscht. Neben einem Krimidebüt, Gesine Berg, sind auch sehr bekannte Autorinnen wie Sabine Weiß mit von der Partie.
Mal lustig, mal gruselig, mal nachtragend, mal bösartig, mal am Puls der Zeit, mal in die Vergangenheit gewandt, bietet jede Geschichte die Möglichkeit in eine andere Welt abzutauchen und dem Alltag zu entfliehen. Dabei hat jede Autorin ihre Sprache und ihr Tempo, um innerhalb ihrer Kurzgeschichte die Spannung so sehr aufzubauen, dass man als Leser das Buch nicht zur Seite legt, um den Blick aufs Meer, den Sand und den heimatlichen Teich oder Balkon zu richten.
Bei meinem Lesetempo sind die jeweiligen Geschichten in zehn bis zwanzig Minuten zu lesen, also perfekt für ein Sonnenbad oder für die Zeit zwischen zwei Runden im Meer.
Also ab in den Strandkorb oder aufs Strandtuch, Buch zur Hand und achtet darauf, wer euch den Rücken eincremt. 😏
5 von 5 Tatorten
Freitag, 26. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Christoph Grimm
Donnerstag, 25. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Tanja Brink
Mittwoch, 24. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Wolfgang Kemmer
Dienstag, 23. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Christian Endres
Montag, 22. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Monika Grasl
Sonntag, 21. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Christoph Heiden
Hallo zusammen.
Zur Veröffentlichung meiner ersten Anthologie "En Passant - Die Reisen des Sherlock Holmes" habe ich mir in Zusammenarbeit mit Christoph Grimm und dem Burgenwelt-Verlag eine Sonderausgabe von #AutoralsLeser ausgedacht. Sieben Tage lang, stellen sich sechs Autor:innen und die Verlegerin den drei Fragen zu #AutoralsDetektiv. Jeden Tag gibt es einen Beitrag mit einem Autor der Anthologie.
Samstag, 20. Mai 2023
#AutoralsDetektiv: Jana Hoffhenke
Morgen stellt der erste Autor seine Antworten zu Sherlock Holmes vor.
Donnerstag, 18. Mai 2023
Autoreninterview Gesine Berg
Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Gesine hat gerade die erste Kurzgeschichte publiziert und erlebt mit den Mörderischen Schwestern, was eine Buchveröffentlichung für Überraschungen bereit hält. Aber jetzt lasse ich sie selbst zu Wort kommen:
Foto: Juliane Rudolph Fotografie Hamburg
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Die Freude an Worten und dem Klang von Sprachen prägt mich seit meiner Kindheit. Mir spannende Geschichten auszudenken, ist seitdem Teil meines Lebens. Aufgewachsen bin ich in einem Elternhaus, in dem täglich gesungen, musiziert, gemalt und gelesen wurde. Daraus hat sich meine Liebe zur Kunst, zum Tanz und zu Büchern entwickelt.
Sowohl meine sprachliche als auch erziehungswissenschaftliche Ausbildung legten den Grundstein für eine permanente Auseinandersetzung mit Texten aller Art. Durch meine verschiedenen beruflichen Tätigkeiten waren das Lesen, Schreiben und Experimentieren mit Sprache schon immer wesentliche Bestandteile meines Alltags.
Letztlich verdanke ich es den Corona-Lockdowns und dadurch freigewordenen Kapazitäten, dass der drängende Wunsch, etwas „Größeres" zu schreiben, immer mehr Raum einnehmen konnte. Zudem ließ mich ein bestimmtes Thema nicht mehr los und damit stand recht schnell die Genre-Entscheidung fest. Zunächst wollte ich wissen, ob ich es überhaupt schaffen würde, meine Ideen und Gedanken zu verschriftlichen. Als sich Wort an Wort aneinanderreihten und die ersten Kapitel meines Kriminalromans entstanden, wurde mir klar, dass ich mich auf die spannende Reise ins Autorinnenleben begeben hatte.
Deine erste Kurzgeschichte wurde gerade in „Tatort Nord 2" veröffentlicht. Was ist es für ein Gefühl, den eigenen Text in einem Buch zu lesen?
„Bye-bye, Geronimo!“ habe ich im Sommer vergangenen Jahres (2022) geschrieben. Die Geschichte jetzt in gedruckter Form in einem Buch zu lesen, vermittelt mir ein unbeschreiblich gutes Gefühl. Besonders wenn ich damit auf fragwürdige Geschehnisse aufmerksam machen kann. Mehr dazu unter Frage 3).
Deine Geschichte umreißt neben dem Kriminalfall auch kritisch gesell-schaftliche Aspekte. Sind dir solche Themen für deine Geschichten wichtig?
Unbedingt. Krimis sind ein tolles Genre, um sich mit Abgründen, Graubereichen und Grenzüberschreitungen auseinanderzusetzen.
Als mich die Anfrage erreichte, hatte ich spontan eine andere Geschichte im Sinn, die zwar auch in Norddeutschland aber in meiner Heimatstadt Otterndorf in Niedersachsen angesiedelt ist. Nach ein paar Tagen erfuhr ich, dass es Schleswig-Holstein sein musste. Kannst du denn die Geschichte nicht einfach an die Ostsee verlegen? - Nein! Meine Geschichten sind eng mit den Orten, Menschen und Vorkommnissen verwoben, sie entstehen unmittelbar, ich assoziiere sie mit den jeweiligen Gegebenheiten, der Atmosphäre und einer spezifischen Thematik.
Etwa zur gleichen Zeit erfuhr ich durch eine Bürgerinitiative von einem Bauprojekt in der Nähe von Heidkate, meinem Schauplatz in „Bye-bye, Geronimo!“. Eine Projektentwicklungsfirma plant den Bau eines überdimensionierten Hotelkomplexes mit „hochrentablen Ergebnissen“ in einer Gegend, die bisher vom Massentourismus verschont geblieben ist. - In „meinem Fall“ wird zumindest das Bauprojekt eingestellt. In der Realität stehen die Chancen auf einen ähnlichen Ausgang nicht so gut.
Wieviel steckt von dir in deiner "Ermittlerin" Kerstin?
Sicherlich spiegeln sich Anteile meiner Eigenschaften oder Wahrnehmungen auch in meinen Charakteren wider. Das mag im Fall von „Bye-bye, Geronimo!“ am ehesten auf Kerstin zutreffen. Beispielsweise entstanden einige Abschnitte der Handlung bei einem ausgedehnten Spaziergang entlang der Wasserkante wie Kerstin ihn unternimmt und schildern meine Eindrücke der Szenerie. Den Hühnergott habe ich tatsächlich bei dieser Wanderung entdeckt und mir gefiel die Idee, auch Kerstin einen finden zu lassen.
Ich koche und dabei improvisiere ich auch sehr gerne. Zum Glück war ich aber noch nicht einer ähnlichen Situation wie Kerstin, da würde ich wohl eher nicht den Kochlöffel schwingen.
Als Kind habe ich gerne Sherlock Holmes gespielt und würde auch heute den Impuls verspüren, etwas auf eigene Faust zu unternehmen.
Ich kenne zudem das Gefühl, eine Chance aus lauter Vorsicht nicht ergriffen zu haben und mich hinterher über meine Zögerlichkeit zu ärgern.
Welche neuen Geschichten hast du in Planung?
Ich habe die Arbeit an dem Kriminalroman wieder intensiv aufgenommen, mit dem ich vor „Bye-bye, Geronimo!“ gestartet bin. Mein Plan ist, das Manuskript in diesem Jahr fertigzustellen, um dann auf Agentur- bzw. Verlagssuche zu gehen. Darüber hinaus möchte ich den ursprünglich für Tatort Nord 2 geschriebenen sowie einen weiteren Kurzkrimi, der mir persönlich thematisch sehr am Herzen liegt, überarbeiten und dafür Möglichkeiten zur Veröffentlichung suchen.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit den Mörderischen Schwestern?
Während der Arbeit an meinem Kriminalroman wuchsen mit jeder Seite auch meine kriminalistischen Fragen. Da ich kaum polizeiliche oder forensische Detailkenntnisse besaß, habe ich viel im Netz recherchiert. Dabei bin ich auf die Mörderischen Schwestern gestoßen. Ein Netzwerk von Frauen, deren gemeinsames Ziel die Förderung der von Frauen geschriebenen, deutschsprachigen Kriminalliteratur ist.
Informationsaustausch, Expertinnenwissen, gegenseitige Unterstützung und Förderung waren die überzeugenden Schlagworte und ich trat dem Verein im Oktober 2021 bei. Kurz darauf erfuhr ich vom Mentoring Programm und bewarb mich mit den ersten Seiten meines Manuskripts und einem Exposé. Noch nie zuvor hatte ich so etwas überhaupt verfasst. Umso glücklicher war ich über die Zusage einer von mir sehr geschätzten Autorin, mich ein Jahr lang als Mentorin zu begleiten. In dieser Zeit ist nicht nur mein Manuskript gewachsen, sondern auch mein Autorinnenwissen, das Vertrauen in meine Ideen und das Wissen über kriminalistische Fakten.
Am meisten freue ich mich als Einzelkind aber über die zahlreichen neuen Schwestern, die ich gewonnen habe. Eine von ihnen ist immer zur Stelle, wenn ich eine Frage habe, hält meine Hand, wenn ich vor einer Lesung aufgeregt bin, hilft mir Handlungsknoten zu entwirren oder schreibt mir aufbauende Nachrichten. Ein großes Geschenk!
Um im Gegenzug auch den Mörderischen Schwestern etwas zurückzugeben, unterstütze ich die Regionalgruppe Hamburg/Schleswig-Holstein ehrenamtlich bei der Vorbereitung und Umsetzung von Fortbildungen und bin Teil des Instagram-Redaktionsteams.
Was liest du als Krimiautorin privat?
Ich lese gerne Krimis, besonders aus dem Bereich Nordic Noir. Kürzlich habe ich die fünfteilige Kopenhagen-Reihe von Katrine Engberg quasi inhaliert. Zudem mag ich als Frankreichfan auch Kriminalromane, die dort spielen; sehr gerne zum Beispiel die Provence-Reihe von Sandra Åslund um die deutsche Ermittlerin Hannah Richter oder ihre unter dem Pseudonym Sandrine Albert veröffentlichte Bordeaux-Reihe. Mir gefällt, dass beide Schriftstellerinnen aktuelle politische, umweltrelevante und gesellschaftskritische Themen in ihre Geschichten einbinden, gleichzeitig bekommen die Hauptcharaktere viel Raum für ihre persönliche Entwicklung. Darüber hinaus lese ich gerne die Krimis meiner "mörderischen" Regio-Schwestern wie zum Beispiel Sabine Weiß, Anke Küpper, Kathrin Hanke oder Eva Jensen. Bücher von Menschen zu lesen, denen ich persönlich begegnet bin, empfinde ich als etwas Besonderes. Ich nehme sie dann mit anderen Augen wahr.
Nicht zuletzt finden sich auch aus dem nicht-kriminellen Bereich viele geliebte Exemplare in meinem Bücherregal, u.a. von Zsuzsa Bank, Hanns-Josef Ortheil oder Bücher wie "Kant und das kleine rote Kleid" von Lamia Berrada-Berca. Aktuell lese ich den poetischen Roman "Was ihr nicht seht oder Die absolute Nutzlosigkeit des Mondes" von Magdalena Saiger. Ich habe sie auf der Buchmesse in Leipzig daraus lesen hören und die feinsinnigen Beschreibungen haben mich spontan in den Bann gezogen.
Nachdem ihr wisst, was Gesine schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
https://www.gesineberg.de
In diesem Sinne, fröhliches Lesen und freut euch, wenn es ab Samstag eine Woche lang ein tägliches Interview im Spezialformat gibt.
Sonntag, 14. Mai 2023
Simon R. Green "Die dunkle Seite der Straße"
Doch der Schein trügt. Schnell wird klar, dass es auf dem Anwesen nicht mit rechten Dingen zugeht und mindestens eine geheime Organisation mit ihren langen Fingern nach dem Anwesen greift. Doch bleibt dies nicht das einzig Mysteriöse.
Spätestens nach dem ersten Mord stellen sich die Nackenhaare auf, denn nicht nur der Mordende treibt sein Unwesen. Wie in locked-room mysteries üblich, ergeben sich nach und nach Streitereien und Ängste dominieren schnell das literarische Geschehen, denn wer ist wer und vielmehr wer ist was?
Wer einen klassischen Weihnachtskrimi erwartet, sollte hier auf der Hut sein. Der Lindwurm-Verlag legt mit "Die dunkle Seite der Straße" den ersten Teil um Ismael Jones vor. Einen eher ungewöhnlichen Ermittler, auch wenn man dies oft als Phrase abtut, der inmitten einer Familien-Weihnachtsfeier auf Hochtouren zu ermitteln beginnt. Dabei wird in Rückblenden von seinem früheren Leben und den bis heute spürbaren Auswirkungen berichtet.
Manchmal etwas blutrünstig, manchmal lustig, mit einer großen Prise englischen Humor (denn aus England kommt das Buch - trotz allem), ist das Buch eine Unterhaltung der etwas anderen Art.
Wahrlich muss man sich auf den Text und seine Geschichte einlassen und doch lohnt sich der Blick über den berühmten Tellerrand. Sicherlich ist es in einigen Kapiteln zuviel von allem und doch ist es ein Buch, dass man zu Ende lesen muss, weil man wissen will, was sich der Autor noch alles einfallen lässt, um den Leser zu überraschen und aus der Komfortzone herauszuholen.
4 von 5 verschneiten Manors
Donnerstag, 11. Mai 2023
Autoreninterview spezial "Art Skript Phantastik Verlag"
Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Doch dabei dreht es sich nicht um eine Autorin, sondern um die Verlegerin Grit Richter. Mit ihrem Verlag Art Skript Phantastik bereichert sie seit über zehn Jahren die Buchwelt. Aber genug der einleitenden Worte, hören wir einmal, was sie zu erzählen hat:
Wie bist du dazu gekommen, deinen eigenen Verlag zu gründen?
Der Vater meines besten Freundes hatte ein Skript an einen Verlag gebracht und fragte mich, ob ich die Illustrationen dazu anfertigen wolle (damals konnte ich noch besser zeichnen). Ich sagte zu und am Ende hab ich das komplette Buch gemacht, mit Cover und Buchsatz und allem drum und dran. Ich habe das Skript auch gelesen und fand es super spannend. Da kam dann die Idee, dass ich selbst einen Verlag gründen könnte. Also hab ich mich beraten lassen, ein Buch über Verlagsgründung gelesen, einen Existenzgründungskurs bei der IHK gemacht, einen 2-Jahres-Plan erstellt, Gründungszuschuss beantragt und innerhalb von einem halben Jahr stand der Verlag.
Gibt es eine Tätigkeit, die du am liebsten wegdelegieren würdest, aber es nicht kannst?
Hmm, spontan fällt mir da keine ein. Die Sachen, die ich wirklich nicht gerne mache (Lektorat, Steuerzeug) ist schon ausgelagert. Und den Rest mache ich ganz gerne.
Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Ich versuche jeden Morgen ca. 2-3 Stunden nur für den Verlag zu arbeiten (danach beginnt meine reguläre Arbeit, in dem Job mit dem ich meine Rechnungen zahle!). Diese Morgenstunden können aber mit komplett verschiedenen Themen gefüllt sein. Manche lese ich Manuskripte, manchmal mache ich Social Media Planung, manchmal gestalte ich Cover. Je nach dem, was gerade ansteht. Heute zum Beispiel mache ich dieses Interview.
Auf welchen Messen kann man dich dieses Jahr noch besuchen?
Geplant sind in jedem Fall die Buch Berlin, der BuCon in Dreieich und die ComicCon in Stuttgart. Und ich arbeite darauf hin, dass ich 2024 auch auf der Leipziger Buchmesse sein kann.
Was muss ein Manuskript haben, damit es dich in den Bann zieht?
Eine originelle Geschichte oder einen besonderen Schreibstil, im Idealfall beides zusammen. Ich möchte lesen, dass Autor*innen sich Gedanken über ihre Geschichte gemacht haben. Ich weiß, das klingt ziemlich basic, aber ich bin leicht zufriedenzustellen und schnell begeisterbar.
Kannst du jedes Buch, was dir persönlich gefällt, auch veröffentlichen?
Nein, dazu fehlt das Geld! Ich kann im Jahr nur 4-6 Bücher veröffentlichen und die Finanzen spielen dabei eine große Rolle. Lektorat, Korrektorat, Sensitivity Reading und Druckerei möchten alle bezahlt werden. Cover und Buchsatz mache ich als Grafik-Designerin selbst, aber theoretisch fließt auch das in die Gesamtkalkulation mit ein. 2022 hab ich einige dicke Bücher veröffentlicht, das hat sehr in die Finanzen reingehauen. Dafür gibt es dieses Jahr ein paar dünnere Bücher, in der Hoffnung, dass das einen Ausgleich schafft. Ich muss oft lange planen und manche Autor*innen möchten nicht so lange auf ihre Veröffentlichung warten. Die letzten Jahre haben da nicht wirklich geholfen. 2019 gab es Probleme bei den Buchgroßhändlern, dann kam Corona (was auf der einen Seite gut für meinen OnlineShop war, aber auf der anderen Seite schlecht für den Verkauf über Buchhandlungen), mittlerweile sind wir mitten in der Papierkrise und Bücher herstellen ist eine sehr teure Angelegenheit geworden. Kurz gesagt: Ich würde gerne sehr viel mehr Bücher herausbringen, aber finanziell ist das nicht möglich.
Gibt es eine Neuerscheinung in deinem Verlag, auf die du dich dieses Jahr besonders freust?
Hmm, schwierige Frage. Ich glaube, ich freue mich auf alle gleichermaßen stark. Wie soll ich mich auch entscheiden? Da ist ein Buch, das mich in kuschelige Watte eingepackt hat. Ein Buch, bei dem ich fingernägelknabbernd vor dem Rechner saß. Ein Buch, das ich gerettet habe. Ein Buch, das mir von einer bekannten Person vermittelt wurde. Sie alle haben ihre eigene Geschichte und ich freue mich darauf, sie in die Welt zu schicken.
Nachdem ihr wisst, was Grit verlegt, könnt ihr hier in ihrem Sortiment stöbern:
artskriptphantastik.de
In diesem Sinne, fröhliches Lesen und freut euch, wenn es demnächst ein weiteres Interview gibt.
Sonntag, 7. Mai 2023
Alex Johnson "Schreibwelten"
Die Bronte-Geschwister schrieben immer zusammen und lasen sich aus ihren neuesten Texte vor und andere Autoren suchen bewusst Cafés zum Schreiben auf, da die Atmosphäre ihre Synapsen auf Betriebstemperatur bringen.
Ein weiteres Vorurteil, dass ein Autor einen Schreibtisch oder ein Arbeitszimmer braucht, wird genauso revidiert. Es genügen ein Schuppen, eine Hütte, ein Billardzimmer, ein Auto oder gar ein Turmzimmer. Man merkt bei diesem knapp zweihundert Seiten starken Buch schnell, alle sind Autoren und Autorinnen, aber damit hören die Gemeinsamkeiten oftmals schon auf.
Während die einen früh morgens schreiben, schreiben die anderen abends.
Andere müssen vorher lesen, bevor sie selbst zur Feder greifen können, andere müssen erst ihre nüchterne Korrespondenz erledigen, bevor sie sich der Fiktion bedienen können.
Fünfzig Autoren und Autorinnen werden auf jeweils mindestens zwei Seiten in Buch vorgestellt. Neben dem Text findet sich eine Illustration der hauptsächlichen Schreibstätte. Mal ordentlich, mal produktiv zerwühlt, gewähren gerade die Malereien einen ungewöhnlichen Blicke in die kreativen Geiste.
Abgeschlossen wird das Buch durch einen Anhang, in dem alle Orte aufgelistet werden, die man besuchen kann, um den großen Schriftstellern nah zu sein. Mal sind es die alten Wohnhäuser oder auch mal Bibliotheken, die sich der Schreibtisch und Pulte angenommen haben.
Das Buch erweckt den Wunsch, mehr über das Leben der Autorinnen und Autoren zu erfahren und verlängert die Wunschliste zu kaufender Bücher ungemein.
Ein tolles Buch zum Schmökern und immer wieder Eintauchen.
5 von 5 Schreibtischen
Danke an wbg-wissenverbindet.de für das ausgefallene Rezensionsexemplar.
Donnerstag, 4. Mai 2023
Autoreninterview Nicole Hobusch
Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Kurzgeschichten sind eine Geschichte für sich, selten erfahren sie die Wertschätzung, die ihnen zusteht. Nicole ist eine Autorin, die in den Kurzgeschichten ein Zuhause gefunden hat und ein Händchen für gute Erzählungen hat. Aber jetzt lasse ich sie selbst zu Wort kommen:
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich schreibe jedenfalls nicht, seit ich einen Stift halten kann. Ich war in der Schule unfassbar faul, Aufsätze waren eine Qual für mich. Während des Studiums habe ich angefangen, einige Ideen aufzuschreiben, habe aber nie irgendetwas beendet. Das hat sich dann erst 2016 geändert, als ich eine ziemlich schwierige Zeit hatte. Da war das Schreiben meine Therapie, meine Parallelwelt, in der ich alles so machen konnte, wie ich es wollte. Und seitdem habe ich nicht mehr aufgehört.
Wieviel deines Alltages steckt in deinen Geschichten?
Eher weniger. Ich schreibe viel Scifi und Fantasy, ich bin froh, dass mein Alltag anders aussieht als der meiner Charaktere. Ich muss nicht jeden Tag aktiv ums Überleben kämpfen. Und so kaputt wie die Welten in meinen Geschichten ist unsere zum Glück noch nicht.
Kurzgeschichten und Anthologien findet man auf dem Buchmarkt leider längst nicht oft genug, warum hast du dir trotzdem diese Textlänge ausgesucht?
Das ist die Schuld einer Freundin. Sie hat mich irgendwann mal auf eine Ausschreibung aufmerksam gemacht. Ich hatte zu dem Zeitpunkt die letzte Kurzgeschichte in der Schule geschrieben, saß an einem mittlerweile fünfbändigen Fantasy-Meisterwerk, mit dem ich sicherlich weltberühmt geworden wäre, und musste erstmal googeln. Die Geschichte hat es wirklich in die Anthologie geschafft. Dann habe ich gesehen, dass es zig Ausschreibungen gibt, und von da war ich infiziert. Kurzgeschichten machen Spaß, sie sind anspruchsvoll und gleichzeitig überschaubar.
Du lädst Autorenkolleg:innen zu einer Abendgesellschaft ein. Wer würde mit dir am Tisch sitzen?
Ja, da fallen mir einige ein. Neben mir sitzt bitte Terry Pratchett, auf der anderen Seite Justin Cronin. Dann fehlen noch Neil Gaiman, Tad Williams und John Ajvide Lindqvist. Eine männerdominierte Runde, merke ich grad. Wolfgang Hohlbein und Stephen King hätte ich auch gerne dabei, und jetzt fallen mir immer weitere Namen ein, aber es gibt ja nur fünf Plätze. Man kann nicht alles haben.
In der Weltenportal 5 wird es wieder eine Geschichte von dir zu lesen geben? Was war deine erste Reaktion auf die Zusage?
Das weiß ich noch ganz genau. Ich war gerade im Urlaub auf Langeoog, als die Mail von Chris kam. Der erste Satz lautete: „Hatte ich dir eigentlich schon geschrieben, dass ich deine Geschichte in WP 5 eingeplant habe?“ Nein, hatte er nicht… Ich habe mich wirklich sehr gefreut. Ich war echt nervös, weil ich die Zusage zur ersten Geschichte schon nach zwei Tagen hatte. Es ist ja kein Selbstläufer, dass eine weitere Geschichte dann auch genommen wird.
Wie lange braucht eine Geschichte, bis du sie jemand anderes zu lesen gibst?
In der Regel nicht lange. Ich muss die Rohfassung innerhalb von drei Tagen stehen haben, sonst wird das schwer. Meine Gedanken hüpfen dann schon zum übernächsten Thema. Nach der Rohfassung beginnt das Überarbeiten, das mag ich. Und dann kommen die Testleser. Ich würde sagen, wenn ich mir Zeit lasse, schicke ich meinem kleinen Lesezirkel nach einer Woche einen Text. Je wichtiger mir die Ausschreibung ist, desto mehr Leute bekommen ihn zu sehen. Das klingt jetzt, als wäre ich extrem fleißig und diszipliniert. Das ist nicht so, ich muss mich selbst austricksen. Ich arbeite anfallsartig, in der Zeit muss ich also viel schaffen.
An wie vielen Geschichten arbeitest du maximal gleichzeitig?
An definitiv zu vielen. Ich habe keine Ahnung, es ist ziemlich chaotisch. Ich fange viele Dinge an und bringe nicht alle zu Ende. Ich habe zum Beispiel auch vier lange, noch aktive Manuskripte. Sporadisch schreibe ich wie besessen daran weiter, dann kommt mir wieder meine Kurzgeschichten-Planung dazwischen. Das ist das Gute an Kurzgeschichten, da hat man viel Abwechslung.