Donnerstag, 4. Februar 2021

Autoreninterview Darius H. Hamudi

Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einem interessanten Autor gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Wie beeinflussen uns unsere Taten und wie gehen wir im Alltag damit um?
Unser heutiger Autor zeigt auf, dass uns gewisse Ereignisse selbst nach langer Zeit noch im Arbeitsalltag begleiten und wir so gar nichts dagegen machen können.

Herzlich Willkommen, Darius H. Hamudi. 


Wie kamst du zum Schreiben?
Ich beobachte meine Umwelt und habe immer irgendwelche Ideen im Kopf. Manche verfliegen, andere verdichten sich immer weiter. Dann fange ich an zu recherchieren. Und wenn sich über Wochen und Monate etwas zusammengebraut hat, schreibe ich es in relativ kurzer Zeit runter. Es ist einfach unglaublich befriedigend, wenn dann der fertige Text vor mir liegt und aus der Idee eine Geschichte geworden ist. Das literarische, kreative Schreiben hat mich schon immer begleitet. Das ist Teil meines Lebens, sonst würde mir etwas fehlen.

Wodurch wurde die Idee zu "Banksternovelle" ausgelöst?
Mehrere Studierende waren als Soldaten in Afghanistan stationiert und haben mir am Rand des Unterrichts von den Absurditäten ihrer Einsätze erzählt. Einer hatte richtig viele Leute kommandiert und fand sich nach Dienstzeitende als Wachmann im Objektschutz wieder, mit zwei Mann unter sich. Zur selben Zeit habe ich mich für den VWL-Unterricht mit der Finanzkrise von 2008 beschäftigt. Besonders die Casino-Mentalität im Investment- Banking fand und finde ich skandalös. Das hat sich in meiner Fantasie automatisch zusammen gefügt: Der Afghanistan-Veteran steht vor der Bank und sorgt für Sicherheit, aber drinnen fährt ein junger Investment-Banker das Institut vor die Wand.

Welcher der Hauptcharaktere ist dir persönlich am ähnlichsten und warum?
Hm, eigentlich keiner. Ich erzähle nicht gerne von mir. Überhaupt mag ich Literatur gar nicht, die Nabelschau betreibt. Mir macht es Spaß, mich in meine Figuren einzufühlen wie ein Schauspieler. Ich habe mal gelesen, dass Robert De Niro sich exzessiv auf seine Rollen vorbereitet. Ich mache das im Prinzip genauso, allerdings nur mental. Das ist ein Spiel mit Identitäten. Der Trader Raimund ist auch ein Spieler. Aber ihm geht es nicht um Kunst oder Wahrheit, sondern um Geld. An Manderscheid gefällt mir seine Sorgfalt und sein Verantwortungsbewusstsein. Sinzig und Sedelmayr sind meine beiden Buffo-Figuren. Ich spiele zwar auch gerne Schach und esse ab und zu mal eine Rosinenschnecke, aber das ist nicht mein Lebensinhalt.

Warum muss die Geschichte in Frankfurt spielen, damit sie so funktioniert und die entsprechende Wirkung auf den Leser hat?
Ich habe mal jemanden aus dem Rhein-Main-Gebiet getroffen, der hat gesagt, er komme aus Bankfurt. Frankfurt ist der wichtigste Finanzplatz in Deutschland und Sitz der EZB. Wo sollte meine Banksternovelle sonst spielen? In der Schulzeit habe ich mal beim Börsenspiel der Sparkasse mitgemacht. Ich habe mit meiner Gruppe vollkommen unseriös für das ganze Spielgeld hochspekulative Optionsscheine gekauft. Pädagogisch wertvoll finde ich das im Rückblick nur bedingt. Jedenfalls sind wir damit auf dem dritten Platz gelandet und durften stilecht im damals brandneuen ICE mit über 200 Stundenkilometern nach Bankfurt brausen und durch eine Glasscheibe die Händler auf dem Parkett bestaunen. Das ist eine völlig eigene Welt. Ein Kapitel der Banksternovelle heißt „Boys in the Bubbles“. Das bringt es auf den Punkt. So ähnlich heißt ein Song von Paul Simon, aber da sitzt ein Boy in einer Bubble. In Bankfurt schäumen die Jungs viele Blasen auf.

Welcher ist dein Lieblingsort in Frankfurt?
Das ist schwer zu sagen, ich habe mehrere eindrucksvolle Erinnerungen an Frankfurt. In der Vorbereitung der Banksternovelle habe ich mal einen ausgedehnten Spaziergang durch das Bankenviertel unternommen, habe mir die Hochhäuser angesehen und war sehr beeindruckt von dieser Architektur der Macht. Es war schon dunkel und die Gebäude wurden durch Scheinwerfer illuminiert. Da müssen Beleuchtungskünstler am Werk gewesen sein, Lichtarchitekten.

Alle Börsenspiel-Gewinner haben damals in der Helaba gemeinsam zu Mittag gegessen. Die Kantine lag ziemlich weit oben, und der Ausblick war einfach unglaublich. Diesen Ort hatte ich vor dem geistigen Auge, als ich das Kapitel „Die Quadratur des Schnitzels“ geschrieben habe. Der Trader Raimund trifft dort seinen Vorgesetzten. Anstatt ihn zu kontrollieren und die Risiken zu beschränken, schneidet er gewissenhaft sein Schnitzel in kleine Vierecke und erhöht dessen Limits.

Lokalkolorit ist heute in Büchern oft ein wichtiger Aspekt. Wie schaffst du es, das in dein Buch einzubringen und den Leser gedanklich durch die Straßen wandern zu lassen?
Du meinst bestimmt den Novellenanfang, den kleinen Park hinter dem Turm. Den gibt es in Wirklichkeit gar nicht. Vielleicht gibt es ihn doch, aber ich kenne ihn nicht. Ich brauchte aus dramaturgischen Gründen eine Grünfläche, anhand der ich zeigen konnte, dass Manderscheid völlig traumatisiert aus Afghanistan zurückgekehrt ist und noch immer in Kriegs- und Bedrohungsszenarien denkt. Dieser fiktive Schauplatz fühlt sich für mich allerdings genauso real an wie die Orte, an denen ich schon gewesen bin. Beim Schreiben habe ich die Szenerie die ganze Zeit sehr lebhaft vor dem inneren Auge. Wahrscheinlich teilt sich das beim Lesen mit. Es freut mich, dass du in Gedanken einen Spaziergang durch Frankfurt unternehmen konntest.

Dankeschön [auch an dich] für das Interview. Alles Gute für „Sarahs Lesereise“ und noch viele inspirierende Expeditionen, wünsche ich dir. :)



Damit ist das Interview leider schon vorbei. Ich hoffe, es hat euch genauso gut gefallen, das Interview zu lesen, wie es mir gefallen hat, mit Darius das Interview zu führen. Unter dem Label "Autoren-Donnerstag" könnt ihr noch einmal das gesamte Interview nachlesen.

"Danke" Darius, für die Zeit, die du dir für die Antworten genommen hast und "Danke" an euch, dass ihr euch die Zeit fürs Lesen genommen habt.

Die Fotos hat der Autor selbst zur Verfügung gestellt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen