Hallo zusammen.
Nach Frank Weinreich habe ich noch einen Lektor gefunden, der mir ein paar Fragen möchte.
(Bild: Markus Rohde (privat), Grafik: Maximilian Wust)
Wie bist du Lektor geworden?
Ich vermute mal, doch ziemlich ungewöhnlich, quasi als Quereinsteiger. Seit Ende der 1990er war ich knapp 10 Jahre hauptsächlich journalistisch tätig. Ich studierte ab 2001 Germanistik und Philosophie und übernahm 2007 die Chefredaktion der Zeitschrift „SpaceView“ (und später der neu gegründeten „Geek!“).
Schon seit meiner Zeit im Gymnasium war ich regelmäßiger Leser der Star-Trek-Romane und fand es sehr schade, als Heyne damals die Veröffentlichung schrittweise einstellte. Andreas Mergenthaler, den Verlagsleiter von Cross Cult, kannte ich von einer anderen Geschichte und so machte ich ihn 2007 auf dieses Manko aufmerksam. Mergenthaler, selbst Star-Trek-Fan, gefiel die Idee sehr gut, die Romane zurück nach Deutschland zu bringen. Cross Cult veröffentlichte zu dem Zeitpunkt jedoch ausschließlich Comics und so bat er mich, das Projekt zu betreuen und umzusetzen. Zunächst war ich also Lektor eines Testballons von drei Trek-Romanen. Als diese erfolgreich liefen, bauten wir die Sparte aus und über die Jahre gesellten sich immer weitere Genres oder Franchises hinzu. 2011 entdeckte ich, dass die Romane zur TV-Serie „Castle“ (die angeblich die Figur der Serie verfasste) in Deutschland noch niemand eingekauft hatte. Wir sicherten uns die Rechte und damit unseren ersten großen Romanbestseller. Die Händler glaubten anscheinend nicht groß an die Romane und bestellten zunächst sehr verhalten vor, aber die Fans kauften und kauften und urplötzlich bestellte Thalia bei uns palettenweise. Der nächste größere Coup gelang uns 2012 mit den erstmals ungekürzt übersetzten James-Bond-Originalromanen von Ian Fleming. In den folgenden Jahren baute ich als Programmleiter der Romansparte ein immer umfangreiches Programm auf – mit Science-Fiction-, Fantasy-, Horror und Thrillertiteln und inzwischen längst auch Romance und Young Adult.
Obwohl … Eigentlich hab ich viel früher als Lektor begonnen. ;-) In der vierten Klasse hatte meine beste Freundin Kürzestgeschichten über die Abenteuer eines Regenwurms verfasst. Mein neunjähriges Ich hat sie dann zu weiteren Geschichten angetrieben, die wir zusammenkopiert und damals für, ich glaube, eine Mark an unseren Klassenlehrer verkauft haben.
Hast du selbst auch den Drang zu schreiben?
Den Drang definitiv nicht. Autoren sind da ja auch durchaus sehr unterschiedlich … Manche „müssen“ regelrecht jeden Tag schreiben. Bei anderen – wie auf jeden Fall bei mir – ist das Verfassen von Texten eher ein Kampf, ich muss mir diese immer erarbeiten. Das war schon stets bei meinen journalistischen Texten und Rezensionen Ende der 90er bis Ende der 2000er so. Früher, viel früher, vor vielen Jahren hatte ich durchaus einige Plotideen und auch Storys begonnen. Ich hab mich aber da beruflich sehr wegentwickelt. In Ansätzen hab ich das vielleicht noch ausgelebt, als wir bei Cross Cult eigene Projekte entwickelt haben. Ich hatte damals die Idee zu dem Roman „Divided States of America“ (der dann Ende 2017 erschien) über einen verrückten neuen amerikanischen Präsidenten und einem aus der politischen Situation entstehenden Bürgerkrieg. Da hab ich zum Beispiel dann sehr intensive Telefonate mit Claudia Kern geführt und wir haben gemeinsam fabuliert und Ideen durchgesprochen. Die brillante Umsetzung geht aber selbstverständlich komplett auf die Kappe der großartigen Claudia Kern.
Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Puuh, selten irgendwie alltäglich. In dem Sinne, dass es nie gleich ist. Oft einfach, weil gerade immer was anderes brennt. Die größte Konstante sind wohl die Mails, viel zu viele Mails. Da kommen Vorschläge von Agenturen; ich organisiere die Termine und Aufträge bzw. Kapazitäten der Übersetzer, Außenlektoren und Korrektoren für uns. Für die Monatsproduktionen werden die Umschläge der Bücher begutachtet und geschliffen, Skripte bearbeitet und mit dem Setzer die Bücher für den Druck fertig gestellt. Halbjährlich gibt es neue Programme … Dafür müssen Projekte gescoutet und kalkuliert werden, die Cover und Präsentationstexte erarbeiten wir und dann entstehen die Kataloge. Und mindestens drölfzig Dinge hab ich vermutlich noch vergessen. Es wird einem definitiv nie langweilig. Nur wenn die Belege dann von der Druckerei ankommen, dann setz ich mich doch einmal fünf Minuten hin, lehn mich zurück … und schau mir das Schmuckstück an, dass da in monatelanger Arbeit entstanden ist. Das muss sein.
Was ist der für dich spannendste Arbeitsabschnitt?
Wie eben erwähnt, bleibt es eigentlich meistens „spannend“, weil man quasi immer wieder von einem Abenteuer ins nächste hüpft. Was ich aber irgendwie in knapp 20 Jahren Berufserfahrung nie ablegen konnte, ist die Spannung, wenn die fertigen Bücher ankommen. Auf der einen Seite genießt man das Ergebnis, auf der anderen … bibbert man, was für einen Fehler man möglicherweise trotz diverser Bearbeiter, trotz diverser Durchgänge dann doch übersehen hat.
Wie lektorierst du einen Text, der dir persönlich nicht zusagt?
Letztlich auch nicht anders als jeden anderen Text. Es ist mein Beruf, da darf mir das nicht im Weg stehen. Als Programmleiter lektoriere ich ja inzwischen weniger, als dass ich neue Titel scoute bzw. das Programm zusammenstelle. Einen persönlichen Geschmack sollte man natürlich nie gänzlich außen vorlassen, aber viel wichtiger ist eigentlich schon, sich bewusst zu werden, eine gewisse Distanz wahren zu müssen. Dass es eben nicht das private Lesen ist. Ich muss ja den Geschmack der Zielgruppe unseres Programms im Auge behalten und einschätzen. Und da kann ich dann durchaus Romane in der internen Runde „hypen“, die mir persönlich gar nicht einmal so zusagen würden.
Was ist dein witzigstes Erlebnis, das dir während eines Lektorats passiert ist?
An brüllend witzige Dinge erinnere ich mich nun nicht unbedingt. Aber es gibt durchaus immer mal wieder skurrile Sachen. Oft bekommt man englische Skripte bereits in einem frühen Stadium. Da gab es schon Personen, die starben und im nächsten Kapitel wieder lebten. Einmal gab es ein Skript, in dem geschah eine Szene dreimal hintereinander komplett unterschiedlich. Das waren wohl die entworfenen Alternativen. Natürlich werden solche Dinge im Original vor Erscheinen noch behoben. Durchaus überraschend war auch, dass ich mich schon mehrfach persönlich in Romanen wiedergefunden habe – weil die Autoren mich eingebaut haben. Das ist … seltsam.
Ich vermute mal, doch ziemlich ungewöhnlich, quasi als Quereinsteiger. Seit Ende der 1990er war ich knapp 10 Jahre hauptsächlich journalistisch tätig. Ich studierte ab 2001 Germanistik und Philosophie und übernahm 2007 die Chefredaktion der Zeitschrift „SpaceView“ (und später der neu gegründeten „Geek!“).
Schon seit meiner Zeit im Gymnasium war ich regelmäßiger Leser der Star-Trek-Romane und fand es sehr schade, als Heyne damals die Veröffentlichung schrittweise einstellte. Andreas Mergenthaler, den Verlagsleiter von Cross Cult, kannte ich von einer anderen Geschichte und so machte ich ihn 2007 auf dieses Manko aufmerksam. Mergenthaler, selbst Star-Trek-Fan, gefiel die Idee sehr gut, die Romane zurück nach Deutschland zu bringen. Cross Cult veröffentlichte zu dem Zeitpunkt jedoch ausschließlich Comics und so bat er mich, das Projekt zu betreuen und umzusetzen. Zunächst war ich also Lektor eines Testballons von drei Trek-Romanen. Als diese erfolgreich liefen, bauten wir die Sparte aus und über die Jahre gesellten sich immer weitere Genres oder Franchises hinzu. 2011 entdeckte ich, dass die Romane zur TV-Serie „Castle“ (die angeblich die Figur der Serie verfasste) in Deutschland noch niemand eingekauft hatte. Wir sicherten uns die Rechte und damit unseren ersten großen Romanbestseller. Die Händler glaubten anscheinend nicht groß an die Romane und bestellten zunächst sehr verhalten vor, aber die Fans kauften und kauften und urplötzlich bestellte Thalia bei uns palettenweise. Der nächste größere Coup gelang uns 2012 mit den erstmals ungekürzt übersetzten James-Bond-Originalromanen von Ian Fleming. In den folgenden Jahren baute ich als Programmleiter der Romansparte ein immer umfangreiches Programm auf – mit Science-Fiction-, Fantasy-, Horror und Thrillertiteln und inzwischen längst auch Romance und Young Adult.
Obwohl … Eigentlich hab ich viel früher als Lektor begonnen. ;-) In der vierten Klasse hatte meine beste Freundin Kürzestgeschichten über die Abenteuer eines Regenwurms verfasst. Mein neunjähriges Ich hat sie dann zu weiteren Geschichten angetrieben, die wir zusammenkopiert und damals für, ich glaube, eine Mark an unseren Klassenlehrer verkauft haben.
Hast du selbst auch den Drang zu schreiben?
Den Drang definitiv nicht. Autoren sind da ja auch durchaus sehr unterschiedlich … Manche „müssen“ regelrecht jeden Tag schreiben. Bei anderen – wie auf jeden Fall bei mir – ist das Verfassen von Texten eher ein Kampf, ich muss mir diese immer erarbeiten. Das war schon stets bei meinen journalistischen Texten und Rezensionen Ende der 90er bis Ende der 2000er so. Früher, viel früher, vor vielen Jahren hatte ich durchaus einige Plotideen und auch Storys begonnen. Ich hab mich aber da beruflich sehr wegentwickelt. In Ansätzen hab ich das vielleicht noch ausgelebt, als wir bei Cross Cult eigene Projekte entwickelt haben. Ich hatte damals die Idee zu dem Roman „Divided States of America“ (der dann Ende 2017 erschien) über einen verrückten neuen amerikanischen Präsidenten und einem aus der politischen Situation entstehenden Bürgerkrieg. Da hab ich zum Beispiel dann sehr intensive Telefonate mit Claudia Kern geführt und wir haben gemeinsam fabuliert und Ideen durchgesprochen. Die brillante Umsetzung geht aber selbstverständlich komplett auf die Kappe der großartigen Claudia Kern.
Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Puuh, selten irgendwie alltäglich. In dem Sinne, dass es nie gleich ist. Oft einfach, weil gerade immer was anderes brennt. Die größte Konstante sind wohl die Mails, viel zu viele Mails. Da kommen Vorschläge von Agenturen; ich organisiere die Termine und Aufträge bzw. Kapazitäten der Übersetzer, Außenlektoren und Korrektoren für uns. Für die Monatsproduktionen werden die Umschläge der Bücher begutachtet und geschliffen, Skripte bearbeitet und mit dem Setzer die Bücher für den Druck fertig gestellt. Halbjährlich gibt es neue Programme … Dafür müssen Projekte gescoutet und kalkuliert werden, die Cover und Präsentationstexte erarbeiten wir und dann entstehen die Kataloge. Und mindestens drölfzig Dinge hab ich vermutlich noch vergessen. Es wird einem definitiv nie langweilig. Nur wenn die Belege dann von der Druckerei ankommen, dann setz ich mich doch einmal fünf Minuten hin, lehn mich zurück … und schau mir das Schmuckstück an, dass da in monatelanger Arbeit entstanden ist. Das muss sein.
Was ist der für dich spannendste Arbeitsabschnitt?
Wie eben erwähnt, bleibt es eigentlich meistens „spannend“, weil man quasi immer wieder von einem Abenteuer ins nächste hüpft. Was ich aber irgendwie in knapp 20 Jahren Berufserfahrung nie ablegen konnte, ist die Spannung, wenn die fertigen Bücher ankommen. Auf der einen Seite genießt man das Ergebnis, auf der anderen … bibbert man, was für einen Fehler man möglicherweise trotz diverser Bearbeiter, trotz diverser Durchgänge dann doch übersehen hat.
Wie lektorierst du einen Text, der dir persönlich nicht zusagt?
Letztlich auch nicht anders als jeden anderen Text. Es ist mein Beruf, da darf mir das nicht im Weg stehen. Als Programmleiter lektoriere ich ja inzwischen weniger, als dass ich neue Titel scoute bzw. das Programm zusammenstelle. Einen persönlichen Geschmack sollte man natürlich nie gänzlich außen vorlassen, aber viel wichtiger ist eigentlich schon, sich bewusst zu werden, eine gewisse Distanz wahren zu müssen. Dass es eben nicht das private Lesen ist. Ich muss ja den Geschmack der Zielgruppe unseres Programms im Auge behalten und einschätzen. Und da kann ich dann durchaus Romane in der internen Runde „hypen“, die mir persönlich gar nicht einmal so zusagen würden.
Was ist dein witzigstes Erlebnis, das dir während eines Lektorats passiert ist?
An brüllend witzige Dinge erinnere ich mich nun nicht unbedingt. Aber es gibt durchaus immer mal wieder skurrile Sachen. Oft bekommt man englische Skripte bereits in einem frühen Stadium. Da gab es schon Personen, die starben und im nächsten Kapitel wieder lebten. Einmal gab es ein Skript, in dem geschah eine Szene dreimal hintereinander komplett unterschiedlich. Das waren wohl die entworfenen Alternativen. Natürlich werden solche Dinge im Original vor Erscheinen noch behoben. Durchaus überraschend war auch, dass ich mich schon mehrfach persönlich in Romanen wiedergefunden habe – weil die Autoren mich eingebaut haben. Das ist … seltsam.
Wenn du auf der Arbeit soviel liest, nimmst du privat überhaupt ein Buch zur Hand?
Das auf jeden Fall. Leider viel, viel weniger, als ich gerne würde, weil mir schlicht die Zeit fehlt bzw. ich eben auch oft privat berufliche Skripte lese (was dann natürlich irgendwie auch nicht mehr privat ist ;-)). Aber natürlich liebe ich Erzählungen, die Welten, die Erkenntnisse. Die Bandbreite ist da durchaus auch recht groß. Ich lese Manga (grad immer mal wieder welche von Junji Itō), Comics (zuletzt „Laura“ von Guillem March), Sachbücher (grad „Die orange Pille“ von Ijoma Mangold) oder eben Romane (grad Don Winslow und Stephen King).
Das auf jeden Fall. Leider viel, viel weniger, als ich gerne würde, weil mir schlicht die Zeit fehlt bzw. ich eben auch oft privat berufliche Skripte lese (was dann natürlich irgendwie auch nicht mehr privat ist ;-)). Aber natürlich liebe ich Erzählungen, die Welten, die Erkenntnisse. Die Bandbreite ist da durchaus auch recht groß. Ich lese Manga (grad immer mal wieder welche von Junji Itō), Comics (zuletzt „Laura“ von Guillem March), Sachbücher (grad „Die orange Pille“ von Ijoma Mangold) oder eben Romane (grad Don Winslow und Stephen King).
Nachdem ihr Markus kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
instagram.com/markusrohde4000
xing.com/profile/Markus_Rohde
realvirtuality.info/2013/08/der-herr-der-geeks-ein-treffen-mit-markus-rohde
In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.
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In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.
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