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Donnerstag, 26. Dezember 2024

Autoreninterview Anja Stürzer

Hallo zusammen.
Anja Stürzer kennt man, wenn man die Phantastische Bibliothek in Wetzlar besucht hat. Was sie zu sagen hat, lest ihr hier.

(Foto: Anja Stürzer (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe mir immer schon gern Geschichten ausgedacht, diese aber meistens nicht aufgeschrieben. Außerdem habe ich Literaturwissenschaft studiert. Als meine beiden Kinder klein waren, brauchte ich einen Ausgleich zur Kinder-betreuung und war abends öfter mal in einer Chatgruppe zum Thema „Herr der Ringe“ unterwegs. Wir haben dort kurze Stories geschrieben und uns später auf der damaligen „Ring-Con“ getroffen, einer Fan-Convention. Das war zu der Zeit, als die Peter-Jackson-Verfilmungen ins Kino kamen. Auf der RingCon habe ich Vorträge z.B. zu Harry Potter gehalten und Kontakte zu anderen Vortragenden geknüpft, darunter der Verleger Oliver Bidlo, der mich eines Tages fragte, ob ich nicht etwas in der Schublade liegen hätte. Hatte ich natürlich, ich gab zu der Zeit gerade Shakespeare-Seminare. Ich habe dann eine Einführung zu Shakespeare bei ihm veröffentlicht.  Über diese Kontakte kamen Anfragen von anderen Verlagen zu anderen Projekten.

Mit "Somniaveris" legst du den zweiten Band einer Zeitreisegeschichte vor. Hast du schon zu Beginn des Projektes damit gerechnet, dass es einen zweiten Band geben wird oder hat es sich erst später so ergeben?
Ich hatte einen zweiten Band nicht von vornherein geplant. Es war aber von Anfang an klar, dass am Ende des ersten Bandes eines der Kinder mit in die Zukunft reisen würde, und ich hatte gehofft, dass sich daraus eine Fortsetzung ergeben würde. Man will ja wissen, was Akascha, das Mädchen, das mit in die Zukunft reist, dort erlebt. Ich hatte auch gleich Ideen dafür, musste aber zehn Jahre lang warten, bevor ich sie schreiben konnte, weil die Rechte für die Figuren nicht bei mir lagen. Das Projekt ging ja von dem Verlag Mixtvision aus, die damals eine/n Autor/in für ein besonderes Format suchten: fünf Heftchen in einem Schuber, Thema Klimaveränderung. Da habe ich ein Konzept für erarbeitet. Leider hat sich Mixtvision damals gegen eine Fortsetzung entschieden.

Aber vielleicht erzählst du auch ein wenig zum Inhalt und wie du auf die Geschichte gekommen bist?
Der erste Band sollte auf Wunsch des Verlages Mixtvision ein „Öko-Science-fiction-Thriller“ für 9-10-Jährige sein. Ich habe mir damals überlegt, wie man so etwas für Kinder spannend und lesbar aufbereiten könnte. Die Erderwärmung ist ja ein riesiges, unglaublich komplexes und damals noch recht abstraktes Problem, das viele unterschiedliche Aspekte hat. Ich habe dann das sich schon damals abzeichnende Artensterben als Thema vorgeschlagen, weil der Verlust der Tiere etwas ist, das Kinder sehr konkret beschäftigt, und weil das Arten-sterben mindestens genau so fatal für die Menschheit ist wie die Klima-veränderung. Als ich damals „Somniavero“ schrieb, ging gerade die UNO-Artenschutzkonferenz ohne Ergebnis zuende – genau wie dieses Jahr die UN-Weltnaturkonferenz COP16 in Kolumbien. Das finde ich unglaublich frustrierend. Alle Menschen wissen, wie essentiell Natur- und Artenschutz für unser Überleben ist. Und dennoch scheitern effektive Maßnahmen an den Wirtschaftsinteressen und der Profitgier großer Konzerne und totalitärer Staaten… aber zu didaktisch sollte das nicht rüberkommen, daher habe ich das nicht explizit thematisiert, sondern lieber die verschiedenen Perspektiven der Kinder gegenübergestellt. 

Was die konkrete Handlung angeht, so sollte das ja ein Thriller sein, also brauchte ich eine spannende Verfolgungssituation, und sie sollte nicht zu sehr in der Zukunft spielen, damit die Kinder noch Anknüpfungspunkte haben und sich mit den Figuren identifizieren können. Daher habe ich im ersten Band die Zeitreisegeschichte mit dem Wissenschaftler Dr. Paulus entwickelt, der dem kleinen Zeitreisenden auf der Spur ist. Aus dieser Konstellation ergab sich dann auch die Handlung der Fortsetzung. Ich habe mich gefragt, was die einzelnen Figuren wollen, welche Ziele sie verfolgen, welche Entscheidungen sie treffen müssen, und wie die Welt und die Stadt Berlin sich in der Zeit bis 2121 entwickelt haben. Dass Akascha draußen vor der Stadt landen würde, war von Anfang an klar. Ihr Ziel ist es daher zunächst mal, Jochanan wiederzufinden. Und sein Ziel ist es, herauszufinden, was mit ihr passiert ist. Aber dann kommen die Interessen der anderen Figuren ins Spiel: Merlin, der inzwischen ein ganz alter Mann ist und ein ganzes Leben hinter sich hat, und Dr. Paulus, der es natürlich auch in die Zukunft geschafft hat. Und eine neue fünfte Figur, ein Mädchen, das zum „Pack“ gehört, zu den Menschen, die außerhalb der sicheren und komfortablen Mauern der Stadt leben. 

Wird es einen weiteren Band geben?
Ich habe tatsächlich eine Fortsetzung im Kopf, die die Reihe abschließen soll. Am Ende des zweiten Bandes reisen ja wieder zwei Figuren durch die Zeit und verändern die Vergangenheit, womit sie eine Ursache für die Ausgrenzung des Packs beseitigen. Aber das Problem des Artensterbens ist damit noch nicht gelöst. Die Frage, die im dritten Band im Mittelpunkt stehen wird, ist, ob und wie die Protagonisten meiner Zeitreisegeschichte darauf Einfluss nehmen könnten. Das ist natürlich keine Kleinigkeit… aber Dr. Paulus hat da so eine Idee ;-). Und natürlich steht die Frage im Raum, wie die Freunde alle wieder zusammenfinden können. Ob ich den dritten Band realisieren kann, hängt aber davon ab, ob der zweite Band Erfolg hat und genug Leser/innen findet. 

Welche der Figuren ist dir persönlich am ähnlichsten?
Ich glaube, das ist Akascha. Als ich damals die erste Szene mit ihr geschrieben haben, rannte sie barfuss durch die Straßen Berlins, verfolgt von einem älteren Mann, dem sie die Brieftasche geklaut hat. Ich war als Kind eine schnelle Läuferin und erinnere mich sehr genau an das Gefühl, vor jemandem wegzu-rennen – auch wenn ich keine Taschendiebin war, sondern nur Klingelstreiche gemacht habe! Aber natürlich hat Akascha eine ganz andere Geschichte als ich, sie ist eine Entwurzelte, die ihren Platz in der Welt sucht. Ein bisschen von mir steckt in allen Figuren, denke ich. Merlins Rationalität, Jochanans anfängliche Naivität, die Selbstgerechtigkeit von Dr. Paulus… man hat ja nicht nur gute Charaktereigenschaften ;-).

Du schreibst ansonsten auch Kurzgeschichten. Wie entscheidest du, ob du einen Plot kurz und pointiert erzählst oder ob er sich für ein längeres Stück Literatur eignet?
Es gibt viele Definitionen für Kurzgeschichten, eine davon, die sehr praxis-tauglich ist, lautet: Beschreibe einen Moment, nach dem nichts mehr ist, wie es vorher war. Das trifft es ganz gut. Eine Kurzgeschichte habe ich meist komplett im Kopf, wenn ich anfange zu schreiben, weil es vor allem um diesen einen Moment geht, den es zu fassen und zu beschreiben gilt. Längere Geschichten brauchen natürlich auch einen Wendepunkt, aber der Plot ist viel komplexer. Vor allem aber stehen hier die Figuren und ihre Motivationen im Vordergrund. Es gibt eine berühmte Definition über das Verhältnis von Handlung und Figuren von Henry James, wonach die Figur die Handlung bedingt und die Handlung die Figur illustriert: "What is character but the determination of incident? What is incident but the illustration of character?“. Manche meiner Figuren entwickeln ein Eigenleben, und daraus ergibt sich mitunter die Idee für einen Roman. Umgekehrt muss ich erstmal viel Zeit in die Figurenentwicklung stecken, wenn ich die Idee für einen längeren Plot habe. Davon gibt’s noch ein paar in meiner Schublade! ;-).

Wenn du durch die Zeit reisen könntest, welches Buch würdest du beim Entstehungsprozess begleiten wollen?
Definitiv Shakespeare’s „Hamlet“! 

Nachdem ihr wisst, was Anja schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
amazon.de/stores/author/anja_stürzer

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Anthologie "Hinter Mauern"


Während die meisten von uns das Essen der letzten Tage und die dazugehörigen Gespräche zu verdauen versuchen, steht mein Bruder Medicus schon wieder in seinem Kräutergarten oder wahlweise in seiner dazugehörigen Hütte und versucht das nächste Rätsel zu lösen.
Ihr kennt Bruder Medicus noch nicht?
Nun, das könnt ihr ändern.
Ihn und die Protagonisten der anderen sechszehn Geschichten trefft ihr in der Burgenwelt-Anthologie "Hinter Mauern".
Alle Texte sind um mindestens eine Mauer angesiedelt. Die Geschichten spielen im Mittelalter, wobei die Orte, die Mauern und die Zeiten jeweils variieren.
Manchmal trifft man in einem Text auch auf mehrere Mauern, da sich sowohl eine physische als auch eine gesellschaftliche aus der Erzählung herauslesen lassen kann.

Und da Weihnachten auch immer eine Zeit ist, um "Danke" zu sagen, möchte ich auch bei allen Beteiligten danken.
Zuerst an großes Danke an Jana, denn ohne ihren Glauben an die Idee, hätte es dieses Projekt gar nicht gegeben.
Danke an die Autorinnen und Autoren, dass ihr Jana und mir eure Texte anvertraut habt.
Danke an Detlef Klewer, dass er mit seinen Bildern die Geschichten visualisiert.
Danke an die vielen kleinen und großen Helfer hinter den Kulissen.
Danke an die Rezensentinnen und Rezensenten, dass ihr auf das Buch hinweist und eure Meinung in Worte fasst.
Danke an jeden, der dem Buch ein Zuhause gibt. 

Schaut doch einmal vorbei, hier geht's zum Buch: burgenweltverlag.de/anthologien/hinter-mauern-fluch-oder-segen.html

J.W. von Goethe "Faust"

Goethe trifft Busch.
So kurz und prägnant könnte man das Buch bezeichnen.
Faust auf knapp 70 Seiten zu kürzen, wobei die Seiten klein sind, und diese dann auch noch mit Illustrationen von Wilhelm Busch zu unterbrechen, hat schon was.
Denn die Kernaussage von Faust wird deutlich, auch wenn alle Irrungen und Wirrungen ausgeblendet werden.
Warum es bei Faust geht, weiß jeder, doch lohnt sich der Griff zu der gekürzten Fassung?

Ich glaube, es ist wie so oft, eine persönliche Entscheidung. Goethe-Liebhaber können in der Kürzung eine Verunglimpfung ihres Idols sehen, Geschmäcker sind eben verschieden.
Ich empfinde diese kurze Einführung in Faust eher als Möglichkeit, Leser auf das Werk sowohl von Johann Wolfgang von Goethe als auch auf Wilhelm Busch aufmerksam zu machen.

Zwei sehr unterschiedliche Schriftsteller, die vor allem den deutschsprachigen Raum sehr beeinflusst haben, treten in der beschriebenen Kürze, in eine Welt, die immer schnelllebiger und hektischer wird und in der Kürze oftmals zu Lasten von Tiefe geht.

Von Wilhelm Busch habe ich schon viel gelesen, von Goethe nicht so sehr.

Die Zeit wird zeigen, ob das Werk auch bei mir den Wunsch geschürt hat, Faust komplett zu lesen oder ob ich bei anderen Klassikern bleibe.

4 von 5 Klassikern

Mittwoch, 25. Dezember 2024

Autoreninterview Katja Jansen

Hallo zusammen.
Kennt ihr schon Katja Jansen? Sie schreibt spannende Sci-Fi-Kurzgeschichten, mit etwas ... Ach, lassen wir sie selbst erzählen.

(Foto: Katja Jansen (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Die Jugendbücher von Wolfgang und Heike Hohlbein haben damals den Traum in mir entfacht, selbst eine phantastische Geschichte zu erzählen. Die Rohfassung meines ersten Romans beendete ich am Abend vor meinem 18. Geburtstag – ein Versprechen an mich selbst, das ich unbedingt halten wollte. Doch die Reali-sierung einer Veröffentlichung brauchte ihre Zeit: Mehrere Überarbeitungen, finanzielle Hürden zum Self-Publishing und das Leben ließen sie zunächst ruhen, bis ich zu meinem 30. Geburstag, dank der Unterstützung meiner Familie und Freunde, die Möglichkeit bekam, Schatten über Yagrolor in die Welt zu tragen.

Meine Social Sci-Fi Kurzgeschichten fanden ihren Ursprung in Ausschreibungen, die mich mit ihren Themen inspirierten. Schnell zeichnete sich ein Schwerpunkt meiner Geschichten ab: innovative Technologien und ihr Einfluss auf den Menschen und seine Menschlichkeit. Die Ideen flossen, eine nach der anderen, und bald war genügend Material für eine eigene Sammlung zusammen – Echoes from Tomorrow.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie stark beeinflusst dein Arbeitsalltag deine Geschichten?
Der Arbeitsalltag beeinflusst mich vor allem darin, zu wenig Zeit zum Schreiben meiner Geschichten zu haben! Beruflich schreibe ich ich in Vollzeit über biomedizinische Innovationen, was mir bei den Kurzgeschichten natürlich zugutekommt – sei es durch eigenes Fachwissen oder zielgerichtete Recherche. Doch letztlich stehen in meinen Geschichten weniger die Technologien selbst im Mittelpunkt, sondern ihre Auswirkungen auf den Menschen. Und da spekuliere ich wie jeder andere. Also vielleicht eine solide 6?

Jede Autorin und jeder Autor hat eine eigenständige Vorgehensweise. Wie ist es bei dir? Fallen dir zuerst die Charaktere oder die Geschichten ein?
Ich bin sehr plotgetrieben: Meine Geschichten beginnen immer mit einer Idee und der Suche nach einem passenden Twist. Bei den Kurzgeschichten war es eine bestimmte Technologie, für die ich mich entschied. Daraufhin dachte ich über die ethischen Dilemmata nach, die sie mit sich bringen könnte, und über die Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung von Leben und Menschlichkeit.

Mir ist es wichtig, nicht mit erhobenem Zeigefinger zu schreiben, denn auch in der echten Welt gibt es selten nur Schwarz und Weiß. Deshalb wollte ich die Technologien und die Beweggründe der Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Der Plot, die Technologie und der Twist waren der Grundstein, auf dem ich dann die Charaktere aufgebaut habe.

Wie lange hast du an "Echoes from tomorrow" gearbeitet?
Von der ersten Kurzgeschichte bis zur Veröffentlichung der insgesamt 16 vergingen 1.5 Jahre. Das Schöne an Kurzgeschichten ist, dass man sie relativ schnell schreiben und nach und nach ins Lektorat geben kann. Das geht deutlich schneller, als einen ganzen Roman erst zu schreiben, in seiner Komplexität zu überarbeiten und dann das Lektorat anzugehen. Außerdem brachte jede neue Geschichte einen frischen Motivationsschub. Statt einen Marathon zu laufen, rennt man mehrere kleine Sprints und staunt, wie viel schneller man auf diese Weise vorankommt, ohne außer Atem zu geraten.

Hast du eine eigene Lieblingsgeschichte von dir?
Ich liebe jede Geschichte auf ihre eigene Weise. Aber müsste ich mich entscheiden, wäre "Der geborene Ermittler" meine Wahl. Ich denke, dass diese Geschichte den stärksten Twist und gute Fragen bereithält, über die die Lesenden nachdenken können.

Wenn du mit sechs verstorbenen Autorinnen und Autoren an einem Tisch sitzen könntest, wen würdest du einladen?
Was für eine faszinierende und zugleich einschüchternde Vorstellung! Auf jeden Fall Michael Ende, der die Phantastik auf sehr zugängliche Weise mit einer Prise Philosophie gewürzt hat – genau das ist auch mein Ansatz. Die Unendliche Geschichte, zusammen mit Märchenmond von Wolfgang und Heike Hohlbein, war die treibende Inspiration für Schatten über Yagrolor. Wolfgang Hohlbein habe ich übrigens schon getroffen, zum Glück lebt er ja noch. J.R.R. Tolkien wäre ebenfalls dabei – allein schon, um damit angeben zu können. Doch vor allem wegen seiner Fähigkeit, phantastische Wesen so zu gestalten, dass sie die Fantasy für viele Jahre prägen würden. Isaac Asimov darf nicht fehlen: Als Pionier der Science-Fiction und Schöpfer der Robotergesetze hätte er zweifellos spannende Einsichten zu bieten. Friedrich Schiller würde ich als Denker einer anderen Epoche einladen. Besonders Don Carlos hat mich sprachlich beeindruckt, und seine Philosophie, in der er Kunst – und damit meiner Einsicht auch das geschriebene Wort – als Mittel zur moralischen und sozialen Verbesserung der Gesellschaft versteht, spricht mich sehr an. Und natürlich muss noch weibliche Präsenz an den Tisch kommen: Ursula K. Le Guin, deren sprachliche und philosophische Tiefe ihrer Geschichten mich ebenfalls begeistern konnte, auch wenn ich noch viele ihrer Werke lesen muss. Den sechsten Platz halte ich offen für die Person, die sich der Runde anschließen möchte.

Arbeitest du schon an einem neuen Projekt?
Ja, eine meiner Kurzgeschichten hat mich zu einem Cyberpunk-Roman-Projekt inspiriert, dem ich mich im Moment widme. Außerdem lächeln mich hin und wieder ein paar Anthologieausschreibungen an ...

Nachdem ihr wisst, was Katja schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
katjajansen.de
instagram.com/katja.jansen_autorin

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Jodi Taylor "Doktor Maxwells festliches Zeitchaos"

Irgendwie scheint es die Norm zu werden, dass an Weihnachten im St. Mary`s etwas passiert, dass einen unerlaubten Sprung in die Vergangenheit rechtfertigt.
Dieses Mal hat ein Mitglied des Instituts eine Glock beim Sprung in Hatschepsuts Zeit verloren und natürlich darf auf Grund der Zeitachse diese dort nicht verbleiben. Was bleibt Max also anderes übrig, als sich mit dem bewährten Team in die Vergangenheit aufzumachen?
Natürlich darf das andere Team sie nicht sehen und gleichzeitig darf in der Vergangenheit möglichst nichts verändert werden. Schwierig wird es allerdings, wenn die Zeitgenossen mit der Waffe fangen spielen oder sie wie ein Spielzeug nutzen. Da heißt es Ruhe bewahren und das ist nicht gerade Max' Stärke.

Bei der inzwischen vierten Kurzgeschichte spürt man, dass das Team inzwischen zusammengewachsen ist und die eine oder andere Eskapade durchgestanden hat. Sowohl zum Positiven als auch zum Negativen. Dass der Ausflug nicht ohne Folgen für das Team enden kann, ist schon direkt zu Anfang ersichtlich und doch bin ich gespannt, wenn ich es denn mal endlich schaffe, die Serie zu lesen, ob dieses Sequel zu den entsprechenden Personaländerungen führt, wie es den Anschein hat.

Man fliegt auch bei dieser Geschichte förmlich durch die Seiten und genießt ein weiteres Weihnachtsabenteuer mit dem doch sehr chaotischen Haufen. 

Von allen Kurzgeschichten finde ich in dieser den geschichtlichen Anteil am geringsten, doch was man lernt, ist wieder wunderbar in die Geschichte eingebettet. Das beeindruckt mich an dieser Reihe immer am meisten.

4,5 von 5 Zeitreisen

Ben Kryst Tomasson "Der Weihnachtsmordclub"

Während Kari Blom ihren Weihnachtsurlaub auf dem Festland verbringt und auch die Kinder der Häkelmafia anderweitig beschäftigt sind, sieht sich die Häkelmafia einem etwas anderen Weihnachtsfest gegenüber. Sonst genießen sie die Zeit mit ihren Liebsten und sind auch froh, einmal ohne die anderen alten Damen zu sein.
Doch allein Weihnachten verbringen, kommt für keine der vier Damen in Frage.

Und so finden sie sich in den Tagen vor Weihnachtenn in der Kirche von Archsum wieder. Sie proben mit den anderen Freiwilligen ein Theaterstück, backen Plätzchen und natürlich häkeln sie.

Bis … ja, bis der Weihnachtsstern vom Himmel fällt und jeder Friede passé ist.

Während sonst Kari Blom die Protagonistin der Buchreihe ist, liegt der Fokus in diesem Band auf der Häkelmafia. Themen wie Alter, Weisheit und durch die Kirche auch ein wenig Glaube, rücken in den Mittelpunkt und nehmen ein wenig von der Leichtigkeit der vorigen Bände. Nicht, dass dieser Band besonders trist ist, den Eindruck will ich nicht erwecken, aber kennt man die früheren Bände, bemerkt man den Unterschied. Mit dem Setting tritt der Autor in große Fußstapfen der locked-room-mysteries, wobei er für sich eine elegante Auflösung findet und nicht Altbewehrtes einfach übernimmt.

Ein Band, der ein bisschen mehr in die psychologische Tiefe hinter das Verbrechen blickt und zeigt, dass selbst in einer kleinen Gemeinschaft viel Missgunst herrschen kann.

4 von 5 Häkelnadeln

Dienstag, 24. Dezember 2024

Autoreninterview Raphael Dorigo

Hallo zusammen.
Wer Fantasy schreibt, muss sich oft mit den Großen des Genres messen und sich dabei abheben. Heute stelle ich euch jemanden vor, der genau das versucht.

(Foto: Raphael Dorigo (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Sobald ich lesen konnte, habe ich etliche Geschichten verschlungen, und sobald ich schreiben konnte, habe ich Geschichten geschrieben. Zu meiner ersten Geschichte in der Schule bekam ich sehr positive Rückmeldungen, und ab da hatte es mich endgültig erwischt. Allerdings schrieb ich bis vor drei Jahren nur gelegentlich für mich selbst Geschichten - beruflich schreibe ich zwar auch, aber nur für Marketing- und Kommunikationszwecke. Die Idee für "Meotod" hat mich dann erstmals dazu bewogen, mich professioneller mit dem Story-Handwerk zu beschäftigen und Verlage anzufragen.

"Meotod" hat neben seiner Fantasyseite auch sehr viele philosophische Ansätze. War dir das von Anfang an wichtig? Oder hat sich das beim Schreiben so ergeben?
Die Philosophie war der Ursprung der Idee für die Story. Ich bin ja christlich aufgewachsen, war dann einige Jahre als atheistischer Blogger unterwegs und machte mich schliesslich auf eine Weisheitssuche, die mich nach und nach "nachhause" führte. Auf dieser Weisheitssuche habe ich mich sehr intensiv mit Rationalität und Weisheit, Religion und Wissenschaft, Psychologie und mehr beschäftigt. Aus dieser Beschäftigung heraus kam mir die Idee für den Gegenstand "Meotod", der im Zentrum der Geschichte steht.

Welcher ist dein liebster Charakter?
Mit Knyjar kann ich mich sehr identifizieren, und zugleich ist er mir ein Vorbild darin, was er letztlich trotz all seinen Strapazen und Schwächen schafft. Ich mag aber auch Forunan sehr - er basiert auf einer faszinierenden christlichen Legende und ich bringe durch ihn Humor in die Story, der in meinem Leben eine große Rolle spielt.

Wenn du nur eine Minute hättest, einen Leser von deinem Buch zu überzeugen, was würdest du sagen?
Wie kommt man mit dem Schicksal zurecht? Ist das nicht vielleicht die wichtigste Frage des Menschseins? In Meotod kannst du dich auf einer epischen Abenteuer-reise auf kurzweilige, berührende Weise mit dieser Frage auseinandersetzen. Die Kraft jahrtausendealter Weisheiten und Symbole trifft dabei auf subtil eingewobene zeitgenössische Philosophie und moderne Story-Elemente. Das Resultat ist eine unterhaltsame und zugleich tiefgründige Reise, die in Erinnerung bleibt.

Kannst du dir vorstellen, die Geschichte weiterzuerzählen?
Ja und nein. Ich habe die Geschichte so angelegt, dass man diverse Fäden für Vorgeschichten aufgreifen könnte, und auch ein paar kleine Fragen offen-gelassen, die Fortsetzungen ermöglichen würden. Zugleich aber hätte ich mehr Lust darauf, etwas Neues zu schreiben, zum Beispiel eine Geschichte in der Gegenwart mit magischen Elementen. Und ich glaube auch nicht, dass sich um Meotod eine massive Fanbase entwickeln wird, die unbedingt eine Fortsetzung möchte. Das Buch kann auch sehr gut alleine bleiben.

Wo schreibst du am liebsten?
An einem ruhigen, bequemen, komfortablen Ort. Inspiration hole ich mir gerne an den verschiedensten Orten, aber wenn es um das Verarbeiten dieser Inspirationen geht, sitze ich am liebsten drinnen an einem Tisch oder allenfalls auf einem Bett. 

Arbeitest du gerade an einem neuen Text?
Aktuell nicht. Einerseits brauche ich nach Meotod erstmal eine Pause, andererseits bin ich im letzten August Vater geworden und konzentriere mich jetzt erst einmal auf Frau und Sohn, auf meinen Job und die Suche nach einer grösseren Wohnung. Zwischendurch schreibe ich Predigten oder eventuell Blogbeiträge für meine Website, aber auf etwas Buchtaugliches von mir wird man wahrscheinlich noch eine ganze Weile warten müssen. 

Nachdem ihr wisst, was Raphael schreibt, könnt ihr hier mehr über er erfahren:
instagram.com/rdorigo_autor
rdorigo.ch

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Nadine Buch (Hrsg) "Großelterngeschichten"

Jeder hat "seine" Erinnerung an die Großeltern. Diese kann schön oder auch eben nicht so schön sein. Woran das liegt, hängt im Wesentlichen von den Familienverhältnissen ab. Sind die Großeltern noch die Kriegsgeneration, so können sie zumeist die Sorgen und Ängste der folgenden Generationen nicht wirklich verstehen, hatten sie doch mit ganz anderen Entbehrungen zu kämpfen als mit einem lahmen Internet.
Doch auch spätere Jahrgänge zeigen, wie oft und schnell sich die Welt verändert und das Werte damit oftmals nicht Schritt halten können.
Wenn ein Partner nicht mehr da ist, konzentriert sich die Zuwendung auf die nächsten, damit aber auch die Verantwortung.
Warum ich das alles erzähle? Weil das einige der Facetten sind, über die man ansprechen kann, wenn man von Großeltern spricht. Es ist nicht alles schlecht, aber es ist auch nicht alles gut.
Es kann Liebe geben, aber auch Desinteresse.
Und wie immer, wenn ich eine Anthologie von Nadine Buch zur Hand nehme, bin ich über ihre Fähigkeit, so viele Facetten in einer Anthologie zusammenzutragen, erstaunt und zugleich begeistert. 
Kein Thema ist vergessen, die Oma, die die Entbehrung des Krieges erdulden musst. Die Oma, die ihr Zuhause verlassen musste, die Oma, die dem Enkel etwas zusteckt und natürlich die Oma, mit der man Detektiv spielt. Und natürlich die Geschichte, die ein wenig aus der Zeit gefallen und ein bisschen mystisch wirkt, darf auch nicht fehlen.
Mal lustig, mal lehrreich, mal traurig, aber immer unterhaltsam, ist es eine wunderbare Kurzgeschichtensammlung, die zeigt, wie wichtig die Menschen in unserer näheren Umgebung sind.

5 von 5 Großeltern

Samstag, 21. Dezember 2024

Autor*innenkollektiv Winterworte "Wolfswinter"

"Man sucht sich einen Wolf."
"Einem Wolf im Schafspelz darf man nicht trauen."
"Man dreht jemanden durch den Wolf."
"Er ist ein einsamer Wolf."

Der Wolf ist in vielerlei Sprichworten in unseren Sprachgebrauch verwurzelt. Dabei ist es in erster Linie nebensächlich, ob wirklich von dem Tier oder dem entsprechenden Menschen die Rede ist.

Das Autor*innenkollektiv Winterworte hat sich dem Wolfsthema angenommen und ihm als Nebenschauplatz das Thema Hunger hinzugefügt.
Sieben Geschichten präsentieren sich auf 92 Seiten und zeigen, dass das Thema "Wolf" trotz seiner fortwährenden Präsens noch nicht abgeschlossen ist.

Gleich die erste Geschichte zeigt, dass auch verschiedene "Wölfe" aufeinandertreffen können und ihre Umwelt ins Wanken bringen können.
Denn der Wolf ist immer ein Auslöser, zum Guten oder auch zum Bösen.
Er und sein Erscheinen deuten immer den Richtungswechsel innerhalb einer Geschichte an. Dabei sind die Geschichten oft von Düsternis, Trauer oder Wut getragen. Starke Gefühle, die alle Geschichten auf ihre individuelle Art in ganzer Pracht zeigen. Die dunkle Stimmung passt zur Jahreszeit, somit hätte das Kollektiv auch keinen besseren Veröffentlichungstermin wählen können.

Sprachlich unterscheiden sich die Geschichten sehr voneinander, was die Abwechslung innerhalb der Anthologie garantiert.

Doch die Texte sind nichts für schwache Nerven. Einige der Content Notes betreffen: Kannibalismus, Mord, Gewalt und Rassismus.

Wer sich diesen Themen stellen kann, erlebt, was und vor allem wer alles ein Wolf sein kann.

4 von 5 Wolfsrudeln

 Danke an die Autor*innen für das Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 19. Dezember 2024

Autoreninterview fiktiv Corinna Griesbach

Im Stil klassischer Briefromane entfaltet Corinna Griesbachs unheimlicher Roman "Luciens Manuskript" mit seiner Aufmachung nostalgische Gefühle. Während des Textes kommunizieren die Verlagsassistentin Cindy und der Lektor Merlin sowohl per SMS als auch per Mail. Für dieses Interview nutzen die beiden die gleichen Möglichkeiten.


SMS an Cindy:
Hättest du nach all der Zeit noch einmal damit gerechnet, von Lucien zu hören? 
Liebe Sarah! Interessant, dass mich jemand nach meiner Meinung fragt. Luciens seltsame Geschichte ist ja in aller Munde, aber was diese Sache mit MIR gemacht hat, scheint ja niemanden zu interessieren. Nun, es hat mich umgehauen. Er war ja völlig von der Bildfläche verschwunden. Es war fast so, als wäre meine Erinnerung an ihn ... reine Einbildung. Und dann: Liegt da Luciens Manuskript. Und ich sag dir was: Ich habe nur die ersten Kapitel gelesen und geheult, geheult, geheult. 

E-Mail an Merlin:
Bist du anfangs vor der Arbeit an Luciens Manuskript zurückgeschreckt? 
Was? Allein seinen Namen zu lesen, hat mich unfähig gemacht, klar zu denken. Aber ich wollte den Text natürlich unbedingt lesen und habe den Auftrag angenommen. Ein Konglomerat aus Fotos, Zeitungsausschnitten, Handgeschriebenem und Computerausdrucken.
Cindy (sie arbeitet bei Darkness), wollte mich noch warnen. Ich müsse das nicht tun. Aber es war doch Lucien ...
 
E -Mail an Lucien:
Möchtest du dich zu dem Manuskript in irgendeiner Weise selbst äußern? 

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SMS an Cindy:
Glaubst du Lucien hat die Geschichten wirklich alle erlebt? 
Wenn jemand das wirklich erlebt hat, dann er. Also: Einiges hat er ja erzählt bekommen. Du musst das verstehen, er betritt einen Raum, und die Leute vertrauen ihm. Erzählen ihm die irrwitzigsten Geschichten. Warum tun sie das? Hilft er ihnen? Findet er einen Ausweg für sie?
Heraus aus einer Welt, in der Tote die besseren Menschen sind? Nein, er lässt sich hineinziehen in diese Zwischenwelt. Und dann, ganz zu Anfang des Manuskripts: Er zerrt seine Nichte (oder wer auch immer sie ist) zu einer merkwürdigen Lesung. Ob ich daran glaube, dass das Mädchen dann in diese Voodoo-Sache reingezogen wurde? Absolut. Auf jeden Fall.


E-Mail an Merlin:
Warum ist dir die Arbeit an dem Manuskript wichtig? 
Ganz ehrlich: Ich will ihm für eine kurze Zeit wieder nahe sein. Ich kann dir versichern, dass ich ein eigenes Leben habe. Ich liebe meinen Mann und habe unseren Sohn mehr und mehr ins Herz geschlossen. Aber die Zeit mit Lucien ... wird immer etwas Besonderes für mich bleiben. Und – um ehrlich zu sein, ich hoffe immer noch, dass er mich mal mit einem Wort erwähnt. Dass er mir irgendwo zwischen den Zeilen sagt: Ja, ich habe dich auch geliebt.

SMS an Cindy:
Und ist es überhaupt wichtig, ob er alles erlebt hat? 

Tja ... WENN er das alles wirklich erlebt hat, hat das sogar strafrechtlich Relevanz. Dafür spricht, dass er unglaubliche Ereignisse immer angezogen hat. Dass dort, wo er auftauchte, sich auch immer ein Weg ... ein Spalt ... in eine andere, undenkbare, unwahrscheinlichere Welt geöffnet hat. Und wir, die wir ihn liebten, mussten mit ihm hineinsehen.

E-Mail an Merlin:
Wünschst du dir, dass Lucien wieder eine Rolle in deinem Leben spielt? Oder tut er es durch das Manuskript bereits? 
Sarah, Liebes! Kennst du mich bereits so gut? Ich bin auf dem Weg nach M., zu ihm!

SMS an Cindy, E-Mail an Merlin:
Wie würdest du Lucien und sein Leben in drei Worten beschreiben? 
Cindy: Sonderbar. Merkwürdig. Weird.
Merlin: OMG

Nachdem ihr wisst, was Corinna schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
instagram.com/corinna_griesbach_autorin
verlag-torsten-low.com/de/luciens-lektor-corinna-griesbach.html

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Sonntag, 15. Dezember 2024

Corinna Griesbach "Luciens Manuskript"

Als Cindy "Luciens Manuskript" auf ihrem Schreibtisch liegen sieht, ist sie vom Donner gerührt. Schon lange hat sie nichts mehr von ihm gehört und nun soll sie sein Manuskript zusammen mit Lektor Merlin durcharbeiten. All die Geschichten, die Lucien in seinem Manuskript erzählt, lassen die beiden nebenher immer wieder über seine Verschrobenheit schreiben.
Mal unterhalten sie sich über ihre Vergangenheit mit Lucien, dann wieder über die Ereignisse, die in den Geschichten passierten, die sie gerade gelesen haben. Doch auch die Recherche zu dem Manuskript und das Privatleben der beiden wird ein ums andere Mal erzählt und auch die Wut, die Lucien bei den beiden zurückgelassen hat, kommt zwischen den Zeilen nicht zu kurz. 
Was Lucien in den einzelnen Geschichten erlebt, erscheint mal gruselig, dann aber auch wieder unglaublich.
Corinnas Erzählung reiht sich ein in die Schauergeschichten rund um Frankenstein, Dracula und andere Viktorianische Literatur.
Denn wie schon erwähnt, besteht der Text aus verschiedenen Elementen. Zu einen gibt es die Texte, die Lucien geschrieben hat, dann wird aber auch die Unterhaltung von Cindy und Merlin via SMS oder auch E-Mail niedergelegt. Vieles erinnert in der Aufmachung an die klassischen Briefromane und doch ist die Erzählung an die heutige Zeit perfekt adaptiert. Probleme, Sorgen und Nöte haben sich in den Jahren verändert, aber manche Gedanken bleiben bei den Menschen auch Jahrzehnte nach der Viktorianischen Ära gleich.
Wer sich vor den Weihnachtstagen noch einmal so richtig gruseln will oder offen für WEIRD FICTION ist, sollte zu Corinnas Buch greifen, solange Lucien es sich mit der Veröffentlichung nicht noch anders überlegt.

4,5 von 5 Schauergeschichten

Die Autorin hat mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

Freitag, 13. Dezember 2024

Ruth Ware "Agatha Christie - Miss Marple"

Treffen sich zwölf Autorinnen und wollen der großen Dame des Kriminalromans mit ihren Darstellungen von Miss Marple Tribut zollen. So oder ähnlich könnte man die Überschrift zu diesem Buch setzen. Zwölf zumeist bekannte Kriminalautorinnen haben sich daran gewagt, was andere Autoren schon mit Hercule Poirot gemacht haben, sie haben sich ihre eigenen Fälle für Miss Marple erdacht.

In zwölf Kurzgeschichten entdeckt Miss Marple viele Orte außerhalb ihres geliebten St. Mary Mead und trifft ihre Freundinnen oder ihren Neffen, die jeweils direkt oder indirekt in die Geschehnisse verwickelt sind. 

Während alle Kurzgeschichten in ihrer Logik und ihrer Auflösung gut bis sehr gut abschneiden und auch die Fallauswahl gut zusammengestellt ist, hapert es für mich bei eigenen Geschichten mit der Darstellung der Protagonistin.
Sicherlich handelt es sich bei Miss Marple um eine ältere Dame, die körperlich nicht jeden Tag auf der Höhe ist, aber ihr Verstand, und dieser ist eklatant wichtig für ihre Beobachtungsgabe, ist glasklar.
Schon bei Agatha Christie wurde sie ein wenig unterschiedlich dargestellt.
Mal war sie etwas verschwiegener, mal von Anfang an etwas mitteilsamer, aber nie hat sie die Menschen in ihrer Umgebung hinsichtlich ihres Geisteszustandes getäuscht.
In ein paar Geschichten der neuen Anthologie nutzen die Autorinnen das Alter als Stilmittel, um dem Charakter eine individuelle Färbung zu geben.
Wem das nichts ausmacht, dem kann ich die Anthologie ans Herz legen. Wer den "klassischen" Charakter liebt, so wie ich es tue, sollte sich bewusst sein, dass es nicht Christies Miss Marple ist, die man beim Lesen antrifft.

4 von 5 Ermittlerinnen

Donnerstag, 12. Dezember 2024

Autoreninterview Jan Nowatschek

Hallo zusammen.
Heute gibt es ein Autoreninterview mit Anhang, denn der Autor hat jede Menge Wichtel im Gepäck.


(Foto: Jan Nowatschek (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe immer schon gerne Kurzgeschichten geschrieben oder mich versucht in jeglichen Bereichen kreativ auszuleben und als ich dann die Idee für dieses Buch und die Welt hatte, habe ich es einfach durchgezogen und umgesetzt.

Hast du einen Lieblingswichtel in Eldergrove?
Ja, während dem Schreiben ist mir in der Tat, die kleine Faelan am meisten ans Herz gewachsen. Und da es am Anfang eigentlich ganz anders geplant war, freut es mich am Ende umso mehr, welche besondere Bedeutung ihr im Laufe der Geschichte zu Teil wird.

Wie hast du die Welt um Eldergrove geplant?
Ja, ich habe mir erstmal alle Ideen und Anregungen gesammelt und aufgeschrieben. Dann habe ich mir versucht, jeden Aspekt der Welt und der Charaktere so gut es geht bildlich vorzustellen und auszumalen. Während dem Schreibprozess habe ich dann doch nochmal viel umgeworfen, aber am Ende hat sich alles wirklich harmonisch zusammengefügt. Mir war es sehr wichtig, dass man die "Welt" auch als solche wahrnimmt als Leser, deswegen hat auch so gut wie jeder Wichtel einen Namen, denn du sollst das Gefühl bekommen das diese Welt "wirklich" existiert, egal, ob du gerade liest oder nicht.  Du bist einfach nur ein Besucher der den Ereignissen beiwohnt, aber eben nicht der Mittelpunkt, um den sich alles dreht. Deswegen auch die vielen kleinen Details, man soll sich einfach auch ein Stück weit darin verlieren können.

Woher kommt deine Liebe zu Wichteln?
Ja, die kleinen Wichtel fand ich eigentlich immer schon niedlich, deswegen habe ich ja auch meinen Instagram Account "OneWichtelADay" ins Leben gerufen, wo ich jeden Tag verschiedene Dinge poste, entweder Zitate oder lustige Anekdoten aus meinem Leben. Daraus ist dann auch wiederum die Idee für das Buch entstanden. Ich wollte einfach mal eine andere Geschichte erzählen, mit Protagonisten die man so vielleicht nicht kennt. Mit Wichteln die nicht nur das Weihnachtswichtel "Klischee" bedienen, sondern in einer eigenen Welt mit Problemen, Sorgen und Ängsten zu kämpfen haben, die sie bewältigen müssen.

Wie lange hast du an Eldergrove geschrieben?
Von der Ideenfindung bis zur Veröffentlichung könnte man sagen ca. 1 Jahr.

Wer sind deine schriftstellerischen Vorbilder? Ich habe da so meine Vermutung. 😉
Ja, das stimmt, das ist nicht wirklich schwierig. Ich habe mich natürlich auch bei meinem Buch sehr von J.R.R. Tolkien und Herr der Ringe beeinflussen lassen, aber ich mag auch sehr gerne George R.R. Martin oder J.K. Rowling.

Was schreibst du als nächstes?
Ja, ein zweiter Band zu Eldergrove ist schon fast fertig und wenn das Interesse weiter anhält soll auch noch ein dritter oder vierter Band folgen.

Nachdem ihr wisst, was Jan schreibt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
instagram.com/onewichteladay

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Dienstag, 10. Dezember 2024

Kamome Shirahama "Atelier of Witch Hat 2"

Nachdem mich der erste Band sehr für Mangas - oder zumindest für diese Reihe eingenommen hat - lässt mich der zweite Band ein bisschen nachdenklich zurück.
Die Handlung wird schlüssig voran getrieben und doch merkt man, dass die Personen gerade ein wenig stagnieren. Die Beziehungen sind noch nicht entwickelt und ein leichtes Hin und Her lotet noch aus, wer mit wem hinterher kann und wer eben einfach nicht. 
Zeichnerisch sind viele "große Augen" in diesem Band vertreten, was nicht so meine "cup of tea" ist.
Doch der liebgewonnene Hauptcharakter entdeckt die weiterhin für sie noch unbekannte Welt und es ist spannend, sie dabei zu begleiten.
Auch die Magie wird liebevoll weiterentwickelt und lässt den Leser in eine Welt voller Fantasie und Ideenreichtum eintauchen.
Mir fehlen allerdings immer noch ein wenig die, ich nenne sie einmal, Erklärboxen aus den Comics, in denen ein bisschen Rahmenhandlung und Hintergrundinfos eingestreut werden.
Vielleicht gibt es die im nächsten Band.

4 von 5 Ateliers

Sonntag, 8. Dezember 2024

Rebecca Maly "Der Weihnachtsfriede"

Der Weihnachtsfrieden von 1914 um die Stadt Ypern (Belgien) ist wohl eines der merkwürdigsten Ereignisse in der Geschichte.
Im ersten Kriegsjahr stehen sich zumeist Deutsche und Engländer auf belgischen Gebiet gegenüber, als plötzlich am Weihnachtsabend Weihnachtslieder gesungen werden. Historisch belegt, steigt die Autorin kurz vor den Gesängen ein und schildert, wie sich in einer ganz obskuren Situation Deutsche und Engländer im Niemandsland treffen, zusammen trinken und essen, um im Anschluss Fußball zu spielen.
Franz berichtet diese Ereignisse seiner Schwester und kann sein Glück kaum fassen. Doch die Ruhe währt nur kurz. Bald fliegen die Geschosse wieder tief und treffen ihre Ziele.
Der Engländer Arthur, mit dem Franz sich gut versteht, schreibt ebenfalls Briefe und es entwickelt sich eine Brieffreundschaft.
Flüssig geschrieben, konzentriert sich die Autorin in der ersten Hälfte des Buches zumeist auf die Kriegspause und nicht auf die Schrecken davor und danach. Sie zeichnet ein warmes, geselliges Bild von der Stimmung und den Gesprächen zwischen den Menschen. Abgekapselt von den erlebten Schrecken strahlen die Taten während der Weihnachtstage in meinen Augen ein bisschen weniger hell, als sie es in der historischen Realität tun.
Was mich aber ziemlich erstaunt, ist der zweite Teil des Buches. Ich möchte glauben, dass es solche Begebenheiten gegeben hat, allerdings hatte ich eine solche Wendung bei dem Klappentext überhaupt nicht erwartet und war enttäuscht, dass der erste Abschnitt so kurz gehalten wurde.
Inhaltlich und strukturell ist das Buch stimmig erzählt, nur ist es nicht das, was ich erwartet habe, daher:

3 von 5 Tannenbäumen

Donnerstag, 5. Dezember 2024

Autoreninterview Mary Stormhouse

Hallo zusammen.
Letzte Woche erschien das neue Buch von Mary Stormhouse. Der richtige Zeitpunkt ein Interview zu führen.

(Foto: Mary Stormhouse (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich habe schon als Kind geschrieben und wollte Schreiben zum Beruf machen. Da ich pragmatisch veranlagt bin, ging ich in die Werbung. Erst nach meinem Ausstieg aus Werbeagenturen habe ich 2022 meinen ersten Roman veröffentlicht.

Du bist dieses Jahr mit dem Phantastikpreis Seraph ausgezeichnet worden. Motiviert dich die Auszeichnung wieder an den Schreibtisch zu gehen und neue Geschichten zu schreiben oder musst du so einen Preis erst einmal sacken lassen?
Sie motiviert vor allem dadurch, dass ich das Gefühl habe, mich jetzt wirklich "Autorin" nennen zu können. Vorher hatte ich mit dem Imposter-Syndrom zu kämpfen. Und das ist echt sehr cool.

Wie kann man sich die Entwicklung einer Geschichte bei dir vorstellen?
Durch einen Trigger werde ich inspiriert und schreibe erst einmal die Idee auf. Wenn ich gerade an nichts anderem arbeite, prüfe ich dann, ob sie wirklich funktioniert. Dann kommen die Charaktere und der grobe Story Aufbau. Gerade Chars prüfe ich immer, ob ich wirklich alle brauche. Wenn ich anfange, zu schreiben, habe ich eine grobe Plotline, die ich aber oft über den Haufen werfe, wenn die Charaktere was anderes vorhaben.

Und konkret: Wie kam es zu "The Olympian Job"?
In "The Olympian Job" clashen Charaktere aus einer Rollenspielrunde mit meiner Liebe zu Mythologie, Xena, Fremdsprachen und Heist-Filmen.

Das Cover zu "The Olympian Job" ist ein richtiger Hingucker. Wie wichtig sind Cover und Gestaltung für dich?
Das Cover ist ja das Aushängeschild des Buches. Bei einem Buch mit coolem Cover wird eher der Klappentext gelesen. Ich bin sehr Happy mit dem Cover, dass Vinachia Burke designt hat und das perfekt zur Story und zu mir passt.

Mit welcher der Personen aus "The Olympian Job" würdest du gerne einen Kaffee trinken gehen?
Makani! Vermutlich würden wir Kaffee mit Schuss trinken, aber sie steht mir von allen Figuren am nächsten.

Was sind deine nächsten Projekte?
Bereits zur Leipziger Buchmesse erscheint mein nächster Roman im WunderZeilen Verlag, in dem eine Gruppe Cosplayer die Hauptrolle spielt. Außerdem arbeite ich an einer Space Opera, die ich selbst herausbringen werde.

Nachdem ihr wisst, was Mary schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
instagram.com/marystormhouse

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Montag, 2. Dezember 2024

Jan Nowatschek "Die Verschwörung von Eldergrove"

In "Eldergrove" scheint die Welt noch in Ordnung. Mehrere Generationen von Wichteln leben in den beiden Stadtteilen ein geschäftiges, aber doch ruhiges Leben. Doch mit einem Mal wird hinter vorgehaltener Hand getuschelt. Der eine oder andere Nachbar wird auf einmal nicht mehr gesehen und zurück kehren sie auch nicht.
Einzelne Wichtel schmieden einen Plan, doch die Falschen wollen sich ihre Karten nicht aus der Hand geben.

In mehreren Handlungssträngen erzählt der Autor die Geschichte von dem Wichteldorf "Eldergrove" und einem gewissen Claus. Auf 320 Seiten zeigt er uns, was es heißt, wenn schöne Dinge wie Weihnachten, Nächstenliebe und Zusammengehörigkeit kräftigt durchgeschüttelt und man sich lediglich auf die Macht konzentriert.

In vielen detaillierten Beschreibungen entsteht die Welt von "Eldergrove" im Kopf des Lesers und man fiebert mit, wenn einzelne Wichtel dazu bestimmt sind, für die Gemeinschaft einzutreten. Dabei spürt man an vielen Stellen die Nähe zu großer Fantasieliteratur, die der auf seine Welt adaptiert. 

Ein Buch, was zeigt, wie fragil eine Gesellschaft sein kann, wenn man darauf bedacht ist, genau zuzuhören.

4 von 5 Wichteln

Danke an den Autor für das Rezensionsexemplar.