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Donnerstag, 29. August 2024

Autoreninterview Ben Männel

Hallo zusammen.
Heute stelle ich euch einen Autor vor, der gerade seinen ersten Roman veröffentlicht hat: Ben Männel.

(Bild: Ben Männel (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich wollte schon immer Geschichten schreiben und Autor werden. Ich habe auch vorher schon Texte und Kurzgeschichten geschrieben, nur habe ich sie entweder nie beendet oder veröffentlicht. Der Young Storyteller Award, hat mich dann ermutigt, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen. 

Was hat dich bewogen, deine Geschichte bei Story.one zu veröffentlichen?
Das war, wie gesagt, der „YSA 24“, da muss man ja über Story.one veröffentlichen. Es war eine interessante Erfahrung, da mir die Plattform vorher nichts gesagt hat. 

Aber nun zum Inhalt: Worum geht es in der Erzählung und wie viel deiner eigenen Geschichte steckt darin?
In meinem Buch „Vier letzte Wochen“, geht es um die Themen Sterben und Abschiednehmen. Nach wie vor Themen, die noch immer Tabuthemen in der Gesellschaft sind. Wir begleiten Lucas und Paul, die sich auf die letzte gemeinsame Reise begeben. Persönlich steckt mein Wissen und meine Erfahrungen rund um die Thematik drin, da ich lange selbst im Pflegebereich gearbeitet habe. Natürlich habe ich auch selbst schon Verluste hinnehmen müssen, auch diese Gefühle und Gedankengänge sind im Roman zum Teil enthalten. 

Wie lange hast du an "Vier letzte Wochen" gearbeitet?
Die Idee zum Buch hatte ich schon vor Jahren, angefangen zu schreiben habe ich sie aber erst dieses Jahr im Januar. Mit Unterbrechungen. Finalisiert und überarbeitet habe ich das Buch im April, die letzten Änderungen kamen dann im Juni dazu, wo ich das ganze auch für den YSA angepasst habe. 

Als Buchblogger veröffentlichst du wie ich regelmäßig Rezensionen. Meinst du, dass Menschen, die viel lesen, ein Händchen für Texte haben?
Bedingt. Vielleser sind sehr vertraut mit Texten und Geschichten. Man lernt und verinnerlicht Aufbau, Dramatik, Figurenentwicklung, aber auch Rechtschreibung und Ausdruck. Wenn man sehr viele Bücher liest, bleibt auch viel hängen. Allerdings ist das natürlich noch lange kein Selbstläufer. Kreativität, Ansporn und Durchhaltevermögen, sind wiederum Dinge, die dir Bücher nicht unbedingt näher bringen können. Die hat man eben oder nicht. Dennoch sind diese Eigenschaften erforderlich, um Autor zu werden und Bücher zu schreiben. 

Arbeitest du bereits an deinem nächsten Text?
Aktuell arbeite ich sogar an zwei neuen Geschichten, die unterschiedlich nicht sein könnten. Beide sind allerdings noch recht am Anfang, daher weiß ich auch nicht, wann und ob diese Geschichten erscheinen. Aber es sind zwei Ideen, die ich zumindest aktuell bearbeite. 

Auf welchen Messen oder Lesungen kann man dich demnächst treffen?
Messen sind jetzt aktuell keine geplant, ich hatte überlegt die Buchmesse in Frankfurt anzusteuern, aber das wird organisatorisch sehr kompliziert, deswegen habe ich mich dagegen entschieden. Meine ersten Lesungen sind für August und September geplant, allerdings stehen da noch die genauen Daten und Termine aus, sodass ich da noch nichts Konkretes sagen kann. 

Nachdem ihr Ben kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:

instagram.com/buchkomet
buchkomet.wordpress.com


In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.  

Anja Bagus "Hund & Katz - Geschichten aus dem Amt für Aetherangelegenheiten"

Baden-Baden, 1915.
Der Aether hat die Menschen zu Veränderten gemacht. So sind die beiden Protagonisten Oberkommissarin Tannengrün und Oberkommissar Weiterstätter Katz und Hund.
In siebzehn Kurzgeschichten erzählt Anja Bagus, was es damit auf sich hat, wenn man in die Welt des Steampunks und hier speziell in die Anderswelt katapultiert wird.
Menschen gibt es noch, aber der Aether hat viele verändert. Mal haben sie nur äußere Veränderungen, mal sind auch die Wesenszüge der Tiere übernommen. So ermitteln die beiden Tierveränderten gerne während der Nachtschichten, wenn die "normalen" Kollegen schlafen, in den Bereichen, die mit dem anders sein zu tun haben und so von der vermeintlichen Norm abweichen. 
Womit ich schon bei der Kernthematik des Buches bin. Viele der Geschichten drehen sich um das anders sein und die Folgen, die es auf die eigene Person und die direkte Umwelt hat. 
In einem Fall verändert sich ein Mann kurz vor seiner Hochzeit. Gerade diese Geschichte zeigt, wie sehr wir als Gesellschaft auf das Äußere reagieren und unsere Vorurteile leben. Wie die Geschichte ausgeht, müsst ihr schon selber lesen, aber es sei gesagt, Steampunk ist für mich bisher eher ein spannendes (Krimi) oder lustiges Genre gewesen. Anja Bagus zeigt, wie viel psychologische Tiefe man dem Steampunk gerade durch die Veränderung mit dem Aether geben kann. Die Geschichten hallen im Gedächtnis nach und die eine oder die andere lassen einen auch Tage später noch nicht los. 
Ein Buch, was subtil zeigt, wie viel in unserer Gesellschaft schief läuft und dass es oft die kleinen Dinge des Alltages sind, die uns den Nerv rauben oder uns mit einem Lächeln den Tag genießen lassen können.

4,5 von 5 Ämtern

Montag, 26. August 2024

Seicho Matsumoto "Tokio Express"

Zwei Tote am Strand. Ein Mann und eine Frau. Zwischen ihnen eine kleine, leere Flasche. Alles deutet auf einen Doppelselbstmord hin. Der Mann war in einen Korruptionsskandal verstrickt und sah keinen Ausweg. Doch nimmt der erfahrene Polizist kleinste Unstimmigkeiten wahr und es stellt sich die Frage, geschah alles so oder ist nichts so, wie es scheint?

Mit seinen gut 200 Seiten kommt dieser feine Krimi als strukturiertes Gedankenexperiment daher. Zweifel werden gesät, nur im sie im nächsten Moment zu zerstreuen. Doch bei den zwei unabhängigen Polizisten bleibt immer der Zweifel offen. Immer wieder taucht eine Kleinigkeit auf, die nicht ins Mosaik passt und die Gedankengänge der beiden stört. Wer behält hinterher recht? Oder war alles doch nur ein ganz großes Missverständnis?

Langsam, schon fast gemächlich, baut sich die Spannung in dem Krimi auf, der bereits in den 1950er Jahren erschien. Er ist fern ab von heutigen Thrillern mit ihrer Brutalität und besticht durch Raffinesse und Fingerspitzengefühl.

Natürlich muss man sich auf die Sprache und die entschleunigte Erzählstruktur einlassen. Anfänglich passiert nicht viel und die ersten Misserfolge laden nicht dazu ein, ein Problem oder das geschürte Missverhältnis nachzuvollziehen. Doch je weiter die Geschichte fortschreitet, desto mehr erkennt man das feine Geflecht, auf dem alles aufbaut. Hier eine Rechnung, da ein vorbeirennendes Paar, alles für sich Kleinigkeiten und doch essenziell.

Ein Krimi zum Mitraten und für einen langen Atem, denn einfach ist es nicht, die Handlungen im Überblick zu halten.

5 von 5 Zügen

Donnerstag, 22. August 2024

Autoreninterview Benjamin Keck

Hallo zusammen.
Gerade ist der zweite Band von Benjamin Kecks Palneor-Saga erschienen. Der perfekte Zeitpunkt, ihn zu seiner Schriftstellerei zu befragen.

(Bild: Benjamin Keck (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Angefangen habe ich eigentlich mit Gutenachtgeschichten für Kinder bzw. deren Eltern (die aber unveröffentlicht sind), weil ich damals NachhilfeschülerInnen hatte, die nicht gerne lesen bzw. nicht vorgelesen bekamen und das wollte ich ändern. Nach ca. dreißig kurzen Geschichten über die Ameise Lubisdu dachte ich mir dann irgendwann, dass mir das Schreiben doch ziemlich Spaß macht, ich aber gerne was anderes Schreiben würde und dann kam schnell der Gedanke: Ich lese seit Ewigkeiten wirklich viel Fantasy, ich könnte doch auch mal versuchen, ein Fantasybuch zu schreiben – und siehe da, kann ich 😊.

Mit "Die Gruben von Itar - Die Palneor-Saga I" legst du den ersten Band deiner neuen Trilogie vor. Wie bist du auf die Idee zu der Geschichte gekommen?
Auf die Ideen-Frage kann ich irgendwie nie so ganz genaue Antworten geben, weil da immer ganz viele Faktoren mit hineinspielen. Bei den Gruben wollte ich mal versuchen – im Gegensatz zu den Chroniken von Ereos – mal eine Geschichte bzw. die Welt ganz langsam in der Geschichte aufzubauen und während die Geschichte auf einem sehr begrenzten Raum spielt zugleich die Teile der Welt nebenbei einzuführen bzw. erleben zu lassen. Und dann hatte ich noch so Szenen im Kopf, die ich irgendwie gerne schreiben wollte. Gelegentlich liest man von Geschichten, die in Tavernen beginnen - ich wollte mal eine in einem Gefängnis anfangen lassen. Ich mag Ungerechtigkeiten gar nicht, darum wollte ich mal sehen, was man machen kann, wenn die Protagonistin in einem Fürstentum voller Ungerechtigkeit und keinerlei Gleichberechtigung aufwächst und dieses plötzlich verlassen muss und eine ganz neue Welt zu entdecken hat.

Wie wichtig war dir im Vorfeld das Worldbuilding?
Mächtig wichtig.

Auf deiner Internetseite kann man sich zu der Saga die Karte von Palneor anschauen. Wie wichtig ist dir diese visuelle Umsetzung?
So richtig wichtig. Ich brauche immer eine Karte von der Welt und dem Land, damit ich Entfernungen richtig in der Geschichte angeben kann bzw. zum Beispiel nur mit dem Lineal nachmessen muss wie lange man von der einen Stadt in die andere Stadt braucht und das alles Hand und Fuß hat. Und dann fällt es mir mit Karten leichter, geografische Gegebenheiten nicht zu vergessen und einzubauen.

Wie unterscheiden sich "Die Gruben von Itar" von deinen früheren Texten?
Eine ganz neue Geschichte in einer ganz neuen Welt.

Woran erkennst du eine gute Plot-Idee?
Puh. Nicht. Gut oder schlecht kann ich irgendwie schwer beurteilen, aber Plot-Idee die mir gefallen, erkenne ich daran, dass sie mich neugierig machen bzw. ich die Geschichte lesen oder schreiben will.

Ein Tag ohne Schreiben ist für dich ...
Mittelerfreulich, aber kommt sehr regelmäßig vor, weil ich neben dem Schreiben noch nen Nebenjob hab und an Tagen, an denen ich dort arbeite, komm ich nicht zum Schreiben. Aber sobald das dann wegfällt, ist die Antwort: die Ausnahme. Dann wird jeden Tag geschrieben 😃. Manchmal mehr, manchmal weniger. Und einen Tag in der Woche gibt’s vielleicht nen Pausetag, mal schauen. 😊

Nachdem ihr Benjamin kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
benjaminkeck.com
instagram.com/benjamin.keck

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview.  

Jim Butcher "B steht für Bigfoot"

Es ist schon schlimm der Nachfahre eines Bigfoot zu sein, vor allem wenn man noch zur Schule geht.
In seiner zweiten Kurzgeschichte wird Harry Dresden von einem Bigfoot engagiert, damit er in der Schule seines Sohnes nach dem Rechten sieht.
Mit ausgeprägten Heilkräften ausgestattet sind die Wunden bis zuhause meist vergangen, aber das miese Gefühl bei den Eltern bleibt.
Somit wird Harry in den Schulalltag eingeschleust - als Hausmeister.
Schnell sind die Schurken erkannt, aber guter Rat ist bekanntlich teuer und somit bleibt nur ein Funken Magie übrig, um der Situation Herr zu werden.

Ganz anders als die erste Kurzgeschichte spielt die zweite mit den verschiedenen Vorurteilen, einerseits in der realen, andererseits in der magischen Welt.
Mit viel Charme und Witz fühlt man sich an die eigene Schulzeit erinnert und erkennt, es geht vielen ähnlich.
Doch solange es andere interessiert, ist man nicht allein - und wenn das Gegenüber den Putzlappen schwingt.

43 Seiten vergehen wie im Fluge und machen Lust auf die Buchreihe.

5 von 5 Magiern

Dienstag, 20. August 2024

Jules Verne "Fünf Wochen im Ballon"

Hört man Jules Verne, denkt man direkt an "In 80 Tagen um die Welt" oder "20.000 Meilen unter dem Meer". Doch forscht man nach, stellt man schnell fest: Jules Verne war ein Vielschreiber. Nicht nur, dass er thematisch sehr variiert geschrieben hat, sein Stil erinnert an die damaligen Reiseberichte. Immer wieder muss man sich ins Gedächtnis rufen, dass es sich um einen fiktiven Text handelt, der massiv mit historischen Fakten untermauert ist.

"Fünf Wochen im Ballon" hat gerade zu Beginn eine starke Ähnlichkeit mit "In 80 Tagen um die Welt". Ein verrückter Forscher sitzt in seinem Club und sinnt über das Leben, da manifestiert sich der Gedanke einer Forschungsreise. Ein Begleiter ist schnell bei der Hand, der andere muss erst noch überzeugt werden und dann geht es schon los. Entlang bisheriger Reiserouten und Erkenntnisse fahren die drei durch die Lüfte und erleben nicht nur Abenteuer, sondern sie müssen das eine oder andere Mal dem Teufel ein Schnippchen schlagen. Fremde Völker, Wassermangel, Krankheit, alles, was neben der Fahrt hemmend wirkt, fließt in die Geschichte ein und man hat zeitweilig den Eindruck mit im Ballon zu stehen.

Unabhängig dessen, dass ich nie in einen Ballon steigen würde, hat mir die Fahrt Spaß gemacht. Nach den anfänglichen Ähnlichkeiten nimmt die Geschichte eine sehr eigenwillige Fahrt auf und man hat mit den drei Figuren sehr unterschiedliche Charaktere, die man begleitet. In meiner Übersetzung wurde die originale Sprache verwendet, was in den ersten Kapiteln bei Rechtschreibung und Wortgebrauch noch störend wirkt, entfaltet später seinen ganz eigenen Charme.

Gerade Jules Vernes Art die Kapitel in Stichworten zu Beginn zusammenzufassen, schafft einen starken Wiedererkennungswert. Der Mann weiß einfach, die Leser an sich zu binden. Nach vielen kleinen und großen Abenteuer landet man auf der letzten Seite und obwohl manche Szenen wiederholenden Charakter haben, sitzt jede Szene am richtigen Ort.


4 von 5 Ballons

Donnerstag, 15. August 2024

Autoreninterview spezial Jessica Marquardt

Hallo zusammen.
In meinem Autoreninterview spezial habe ich dieses Mal Jessica Marquardt zum Thema Illustrationen befragt.

(Bild: Jessica Marquardt (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Zeichnen gekommen?
Ich male schon immer gerne, als Kind, als Teeny und auch heute noch. Mein Glück war wohl, dass meine Eltern bereits früh viele Lobpreisungen ausgestoßen haben, wenn die kleine mal wieder irgendwas gekritzelt hat. Was sich in meinen 20ern und 30ern verändert hat, war der Anspruch an mich selbst, besser werden und lernen zu wollen. Wie alle Künstler, habe ich mir Vorbilder gesucht und diese eingehend studiert um meinen eigenen Zeichenstil zu entwickeln. Ich liebe meine Buchprojekte in Kooperation mit den Autoren, aber am Ende entscheidet doch der Autor oder Verlag über seine Protagonisten - am liebsten arbeite ich an meinen eigenen phantastischen Figuren, die einer ganz anderen Welt entspringen. Dabei erzählen die Bilder ihre eigene Geschichte und jeder Betrachter hat dazu eine andere Fantasie.

Sorry, aber die Frage muss sein. Wie kam es zu dem Namen "Knödellustration"? 
KNÖDELLUSTRATION ist ein Kunstwort für meine eigenen Werke, welches vor ca 10 Jahren entstand. Damals fragte ich mich, wie ich eine gewisse Niedlichkeit mit Illustration verknüpfen könnte um den Zeichnungen der kleinen frechen Wesen einen ausdrucksstärkeren Genre-Begriff zu geben. Im Freundeskreis etablierten wir irgendwann das Verb knödeln als ein Synonym für eine herzliche Umarmung. Da schien es logisch darauf zurück zu greifen. 
So werden Fotos von Freunden zu Karikaturen durch "verknödeln" und besonders niedliche Charaktere als "knödellig" bezeichnet. Es hat sich einfach "verselbstknödelt". Aber die Quintessenz daraus ist, ausnahmslos jeder mag Knödel - es gibt ja auch eine Fülle an schmackhaften Varianten auf dem ganzen Globus, von Semmelknödel bis Goyza aus Japan erfreuen sich die Teigtäschen und Bällchen großer Beliebtheit. Und dank ihrer Formenvielfalt sind sie so wandelbar and dennoch immer knuffig, harmlos und soooo lecker! Somit könnte man sagen sind Knödellustrationen knuffige Snacks für den Phantastik-Hunger.
 
Wie gelingt dir als Naturwissenschaftlerin der Spagat zwischen Realität und Phantastik?
Ich war schon immer ein großer Fantasy-Film und Buch Fan und später auch noch mehr Science-Fiction. Die Science in Sci-Fi ist wohl einer der Verknüpfungspunkte mit meiner naturwissenschaftlichen Ausbildung. Während des Studiums (Umweltwissenschaften) muss man so einige seltsame Begriffe aus Boden- und Pflanzenkunde lernen, einer dieser Begriffe, der mich bis heute nicht loslassen will ist "Graswurzelfilzmoder" - eine Humusform. Das Wort inspirierte mich zu 
4 Charakteren, die ich bis heute leider noch nicht in einer Geschichte umsetzen konnte. Aber im Schreiben liegt auch definitiv nicht meine Stärke. Ich glaube die nüchterne Wissenschaft und im Allgemeinen die Geschäfts- und Arbeitswelt in Bürojobs und mit Exceltabellen ist für die meisten Menschen nicht die Erfüllung ihrer Berufung, sondern Mittel zum Zweck. Was uns aus dem Alltag herausholen und Abenteuer erleben lässt sind die Geschichten aus anderen Welten, die uns träumen lassen, so geht es mir jedenfalls. Ich nutze die Malerei und Illustration als Gegenpol zum Alltäglichen.

Ich kann mir vorstellen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, ein Buch zu illustrieren. Wie läuft bei dir der Entscheidungsprozess ab?
Ich bin ein Dinosaurier was das angeht, ich arbeite nur rein analog, Papier, Stift und Pinsel - fertig. Grundlage sind zunächst die Figuren und ihre Umgebung. Autoren haben manchmal recht genaue Vorstellungen von einer Szene, die es gilt umzusetzen. Beim ersten Gespräch lege ich meine Ideen und Vorschläge zu bestimmten Passagen vor und versuche diese mit den Vorstellungen des Gegenübers abzugleichen. Das klingt simpel und ist es zuweilen auch, so findet man im Austausch den gemeinsamen Nenner und wo die Reise hingehen soll. Danach starte ich mit rudimentären Bleistiftskizzen und je nach Feedback werden diese verfeinert. Das hat sich bei meinen Projekten bewährt. Aber ich will mich nicht dem digitalen Zeichnen verschließen, daher übe und lerne ich nebenbei auch viel und verbinde manchmal eine digital Nachbearbeitung von analogen Arbeiten.
 
Womit illustrierst du am liebsten? 
Ich liebe Aquarell- Farben. Sie sind wunderbar unkompliziert und können, in Schichten aufgebaut zum Leuchten gebracht werden. Die Zeichnung selbst mache ich mit schwarzen Finelinern und setze dann mit einem weißen Stift noch Highlights. Aber ich experimentiere auch gern mit Kreiden und Mischtechniken oder den Papierstrukturen, das kann ein Bild sehr lebendig machen.
 
Welches phantastische Wesen liegt dir am meisten?
Ich kann mich nicht entscheiden! Trolle sind auf jeden Fall in den Top 10, ich mag ihre verdutzen Gesichtsausdrücke und ihr schlichtes Gemüt. Aber ich erfinde auch gerne neue Mischwesen denen ich selbst Flügel, Hörner und Fell geben darf, sie entspringen meiner Fantasie und - das klingt wahrscheinlich etwas verrückt - sie wachsen mir einfach sehr ans Herz, wenn ich sie male.
 
Was unterscheidet dich von anderen Illustratoren?
Um ehrlich zu sein kenne ich keine Illustratoren. Ich habe bisher immer direkt mit Autoren zusammen gearbeitet, das ist eine sehr persönliche Ebene, ich könnte mir vorstellen dass das bei anderen nicht der Fall ist. Gerne würde ich auch über den Bereich Kinderbuchillustration hinaus Kooperationspartner kennenlernen, die Lust haben ein Phantastik-Werk für Erwachsene mit meinen Arbeiten umzusetzen, das wäre mein Traum. 
Als Leser haben mich schon so manche Buchcover davon abgehalten, eine Geschichte zu lesen und mich gelehrt, dass das man sich davon niemals abhalten lassen sollte. Ich gehe davon aus, dass ein Verlag einen Zweck verfolgt, wenn er bestimmte Illustrationen auswählt - manchmal denke ich mir, dass das mit ein bisschen mehr Herz und Humor passieren dürfte. Aber das ist nur meine persönliche Präferenz. Ich habe einfach meine eigenen Erfahrungen gesammelt und für mich festgelegt, dass ich es liebe meinen Humor und eine gewisse Situationskomik mit in die Szene einzubauen und aus den grinsenden Gesichtern und dem Feedback der Besucher meiner Ausstellungen entnehme ich, dass ich da einen Nerv treffe. Das Leben ist ernst genug.


(Illustration: Jessica Marquardt, Bild wurde für das Interview von ihr zur Verfügung gestellt.)

Nachdem ihr Jessica kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
facebook.com/Knoedellustration
instagram.com/gnomenfrau

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Peter Stamm "Otto von Irgendwas"

Es ist cool, ein Schloss zu besitzen. Man kann durch die Gänge tollen, sich verstecken und die Weiten der Flure erkunden. Doch wenn man bis auf die Angestellten allein dort lebt, ist es nicht sehr abwechslungsreich. Otto von Irgendwas hat jeden Tag den gleichen Ablauf: Fechten, Baden, Frühstücken und Lernen, denn zur Schule geht er auch nicht. Stattdessen kleidet er sich wie seine Ahnen. Doch das ist nicht weiter schlimm, denn außer seinen Angestellten sieht ihn keiner.
Bis … bis er das Liegestuhlmädchen kennenlernt.

Eine Kindergeschichte, die auch einen Erwachsenen anrührt. In kurzen Kapiteln lernen wir den kleinen Otto von Irgendwas kennen, der in seiner Nussschale so gar nichts vom Leben mitbekommt. In seinem Schloss, geführt in der Tradition seiner Ahnen, bekommt er gar nicht mit, was in der Welt um ihn herum passiert - bis zu dem Tag, an dem sich alles ändert.
Das Buch zeigt auf vielseitige Art, dass Veränderung nicht immer etwas Schlechtes bedeuten muss, sondern dass es eher darauf ankommt, was man daraus macht und mit wem man es tut.
Die Bilder von Ole Könnecke untermalen sehr passend die Stimmung des Buches und so hält das Buch neben der wichtigen Grundidee einige Schmunzler bereit.

Ein Buch für kleine und große Menschen -  mit dem Auftrag, das Herz ein kleines bisschen leichter zu machen.

5 von 5 Schlössern

Mittwoch, 14. August 2024

Ingo Kohlschein "Mater Terra I"

Die Welt ist von Krieg und Leid zerfasert und doch scheint es Hoffnung zu geben. Nach dem letzten Krieg ist das Patriachat zerstört und die Frauen bauen in Afrika eine neue Zivilisation auf. Aus allen Ecken der Welt strömen die Frauen hierher, um in einer Gemeinschaft zu leben, die ohne Gewalt und Polizei auskommt. Doch auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Die Männer sind auf den Mars verbannt und haben sich um den Abbau der Erze zu kümmern, natürlich nicht freiwillig. Denn nun dominieren die Frauen das Geschehen und die Männer sind ihnen nahezu ausgeliefert, bis ein Mann einen Plan ersinnt …

In einer nüchternen, teilweise sehr distanzierten Sprache führt uns der Autor in seine Welt um Mater Terra in seinem Auftaktsband seiner Trilogie ein. Das Setting rund um die Menschen entfaltet sich nach und nach in den ersten Kapiteln und die vorherrschende Technik wird sehr dezidiert erklärt. Ob alles in Realität umsetzbar wäre, bleibt an manchen Stellen fraglich, aber der Autor hat für seine Welt ein passendes Gerüst gebaut, indem er seine Handlungen spielen lässt.

Viele Charaktere formen die Welt von Gaia und Mars und so ist es anfangs ein Kennenlernen und Einschätzen der Charaktere. Wer verhält sich wie? Für welchen Charakter entwickelt man Sympathie? Die Erzählung lässt sich Zeit, Spannung kommt erst ungefähr nach einem Drittel auf, wenn die Welten dargelegt und die Positionen bestimmt sind.

Denn wer hat das Recht über den anderen zu herrschen? Oder: wer muss sich beherrschen lassen?

Was für mich allerdings die Geschichte an mehreren Stellen ausbremst, sind die Beschreibungen der zur Verfügung stehenden Technik. Der Erzählfluss wird schon durch den Perspektivwechsel gebrochen, was für die Spannung an manchen Stellen richtig gut funktioniert. Doch wenn gerade in Schlüsselszenen die Spannung hinter die Erklärung tritt, ist an diesen Stellen das Potenzial des Textes nicht voll ausgeschöpft. Für einen Science Fiction Thriller müsste hier auf mehr Erzähltempo gesetzt werden.

3,5 von 5 Welten

Donnerstag, 8. August 2024

Autoreninterview spezial Markus Rohde

Hallo zusammen.
Nach Frank Weinreich habe ich noch einen Lektor gefunden, der mir ein paar Fragen möchte.

(Bild: Markus Rohde (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du Lektor geworden?
Ich vermute mal, doch ziemlich ungewöhnlich, quasi als Quereinsteiger. Seit Ende der 1990er war ich knapp 10 Jahre hauptsächlich journalistisch tätig. Ich studierte ab 2001 Germanistik und Philosophie und übernahm 2007 die Chefredaktion der Zeitschrift „SpaceView“ (und später der neu gegründeten „Geek!“).
Schon seit meiner Zeit im Gymnasium war ich regelmäßiger Leser der Star-Trek-Romane und fand es sehr schade, als Heyne damals die Veröffentlichung schrittweise einstellte. Andreas Mergenthaler, den Verlagsleiter von Cross Cult, kannte ich von einer anderen Geschichte und so machte ich ihn 2007 auf dieses Manko aufmerksam. Mergenthaler, selbst Star-Trek-Fan, gefiel die Idee sehr gut, die Romane zurück nach Deutschland zu bringen. Cross Cult veröffentlichte zu dem Zeitpunkt jedoch ausschließlich Comics und so bat er mich, das Projekt zu betreuen und umzusetzen. Zunächst war ich also Lektor eines Testballons von drei Trek-Romanen. Als diese erfolgreich liefen, bauten wir die Sparte aus und über die Jahre gesellten sich immer weitere Genres oder Franchises hinzu. 2011 entdeckte ich, dass die Romane zur TV-Serie „Castle“ (die angeblich die Figur der Serie verfasste) in Deutschland noch niemand eingekauft hatte. Wir sicherten uns die Rechte und damit unseren ersten großen Romanbestseller. Die Händler glaubten anscheinend nicht groß an die Romane und bestellten zunächst sehr verhalten vor, aber die Fans kauften und kauften und urplötzlich bestellte Thalia bei uns palettenweise. Der nächste größere Coup gelang uns 2012 mit den erstmals ungekürzt übersetzten James-Bond-Originalromanen von Ian Fleming. In den folgenden Jahren baute ich als Programmleiter der Romansparte ein immer umfangreiches Programm auf – mit Science-Fiction-, Fantasy-, Horror und Thrillertiteln und inzwischen längst auch Romance und Young Adult.
Obwohl … Eigentlich hab ich viel früher als Lektor begonnen. ;-) In der vierten Klasse hatte meine beste Freundin Kürzestgeschichten über die Abenteuer eines Regenwurms verfasst. Mein neunjähriges Ich hat sie dann zu weiteren Geschichten angetrieben, die wir zusammenkopiert und damals für, ich glaube, eine Mark an unseren Klassenlehrer verkauft haben.

Hast du selbst auch den Drang zu schreiben?
Den Drang definitiv nicht. Autoren sind da ja auch durchaus sehr unterschiedlich … Manche „müssen“ regelrecht jeden Tag schreiben. Bei anderen – wie auf jeden Fall bei mir – ist das Verfassen von Texten eher ein Kampf, ich muss mir diese immer erarbeiten. Das war schon stets bei meinen journalistischen Texten und Rezensionen Ende der 90er bis Ende der 2000er so. Früher, viel früher, vor vielen Jahren hatte ich durchaus einige Plotideen und auch Storys begonnen. Ich hab mich aber da beruflich sehr wegentwickelt. In Ansätzen hab ich das vielleicht noch ausgelebt, als wir bei Cross Cult eigene Projekte entwickelt haben. Ich hatte damals die Idee zu dem Roman „Divided States of America“ (der dann Ende 2017 erschien) über einen verrückten neuen amerikanischen Präsidenten und einem aus der politischen Situation entstehenden Bürgerkrieg. Da hab ich zum Beispiel dann sehr intensive Telefonate mit Claudia Kern geführt und wir haben gemeinsam fabuliert und Ideen durchgesprochen. Die brillante Umsetzung geht aber selbstverständlich komplett auf die Kappe der großartigen Claudia Kern.

Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Puuh, selten irgendwie alltäglich. In dem Sinne, dass es nie gleich ist. Oft einfach, weil gerade immer was anderes brennt. Die größte Konstante sind wohl die Mails, viel zu viele Mails. Da kommen Vorschläge von Agenturen; ich organisiere die Termine und Aufträge bzw. Kapazitäten der Übersetzer, Außenlektoren und Korrektoren für uns. Für die Monatsproduktionen werden die Umschläge der Bücher begutachtet und geschliffen, Skripte bearbeitet und mit dem Setzer die Bücher für den Druck fertig gestellt. Halbjährlich gibt es neue Programme … Dafür müssen Projekte gescoutet und kalkuliert werden, die Cover und Präsentationstexte erarbeiten wir und dann entstehen die Kataloge. Und mindestens drölfzig Dinge hab ich vermutlich noch vergessen. Es wird einem definitiv nie langweilig. Nur wenn die Belege dann von der Druckerei ankommen, dann setz ich mich doch einmal fünf Minuten hin, lehn mich zurück … und schau mir das Schmuckstück an, dass da in monatelanger Arbeit entstanden ist. Das muss sein.

Was ist der für dich spannendste Arbeitsabschnitt?
Wie eben erwähnt, bleibt es eigentlich meistens „spannend“, weil man quasi immer wieder von einem Abenteuer ins nächste hüpft. Was ich aber irgendwie in knapp 20 Jahren Berufserfahrung nie ablegen konnte, ist die Spannung, wenn die fertigen Bücher ankommen. Auf der einen Seite genießt man das Ergebnis, auf der anderen … bibbert man, was für einen Fehler man möglicherweise trotz diverser Bearbeiter, trotz diverser Durchgänge dann doch übersehen hat.

Wie lektorierst du einen Text, der dir persönlich nicht zusagt?
Letztlich auch nicht anders als jeden anderen Text. Es ist mein Beruf, da darf mir das nicht im Weg stehen. Als Programmleiter lektoriere ich ja inzwischen weniger, als dass ich neue Titel scoute bzw. das Programm zusammenstelle. Einen persönlichen Geschmack sollte man natürlich nie gänzlich außen vorlassen, aber viel wichtiger ist eigentlich schon, sich bewusst zu werden, eine gewisse Distanz wahren zu müssen. Dass es eben nicht das private Lesen ist. Ich muss ja den Geschmack der Zielgruppe unseres Programms im Auge behalten und einschätzen. Und da kann ich dann durchaus Romane in der internen Runde „hypen“, die mir persönlich gar nicht einmal so zusagen würden.

Was ist dein witzigstes Erlebnis, das dir während eines Lektorats passiert ist?
An brüllend witzige Dinge erinnere ich mich nun nicht unbedingt. Aber es gibt durchaus immer mal wieder skurrile Sachen. Oft bekommt man englische Skripte bereits in einem frühen Stadium. Da gab es schon Personen, die starben und im nächsten Kapitel wieder lebten. Einmal gab es ein Skript, in dem geschah eine Szene dreimal hintereinander komplett unterschiedlich. Das waren wohl die entworfenen Alternativen. Natürlich werden solche Dinge im Original vor Erscheinen noch behoben. Durchaus überraschend war auch, dass ich mich schon mehrfach persönlich in Romanen wiedergefunden habe – weil die Autoren mich eingebaut haben. Das ist … seltsam.

Wenn du auf der Arbeit soviel liest, nimmst du privat überhaupt ein Buch zur Hand?
Das auf jeden Fall. Leider viel, viel weniger, als ich gerne würde, weil mir schlicht die Zeit fehlt bzw. ich eben auch oft privat berufliche Skripte lese (was dann natürlich irgendwie auch nicht mehr privat ist ;-)). Aber natürlich liebe ich Erzählungen, die Welten, die Erkenntnisse. Die Bandbreite ist da durchaus auch recht groß. Ich lese Manga (grad immer mal wieder welche von Junji Itō), Comics (zuletzt „Laura“ von Guillem March), Sachbücher (grad „Die orange Pille“ von Ijoma Mangold) oder eben Romane (grad Don Winslow und Stephen King).

Nachdem ihr Markus kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
instagram.com/markusrohde4000
xing.com/profile/Markus_Rohde
realvirtuality.info/2013/08/der-herr-der-geeks-ein-treffen-mit-markus-rohde

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Jim Butcher "Wiedererwachter Glaube"

Als Detektiv hat man es nicht leicht. Vor allem dann nicht, wenn man noch in der Ausbildung ist und zudem die potenziellen Kunden sich als Betrüger herausstellen. Weiterhin sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es nicht von Vorteil ist, wenn die zu rettende Person sich wehrt. Wenn sich dann noch ein Troll in den Weg stellt, dann hat man auf 31 Seiten ganz großes Kino.

"Wiedererwachter Glaube" ist eine Short Story aus dem Universum von Harry Dresden und ist vor seinem ersten Fall angesiedelt. 

Auf den 31 Seiten kommt die Spannung nicht zu kurz und man erkennt trotz der Kürze, was und wie Magie in der Serie wirken kann.
Natürlich bleiben die Figuren ein wenig blass, aber das ist sicherlich der Länge der Geschichte geschuldet.

Vielleicht ist es aber auch der Trick des Autors, um die Leser zu seinen Büchern zu ziehen, denn wenn man zu viel verrät, warum sollte man dann noch die Bücher lesen?

Ein guter Einstieg in eine weitere mystische Welt.

4 von 5 Magiern

Mittwoch, 7. August 2024

Axel Scheffler "Über das Halten von Eichhörnchen"

Oftmals sind es die kleinen, im ersten Moment unscheinbaren Bücher, die einen beim Lesen überraschen.

Mit ganz viel Herz und wunderschönen Zeichnungen von Axel Scheffler schleicht sich "Über das Halten von Eichhörnchen" ins Herz. Ursprünglich wurde der Text in einer englischen Kinderenzyklopädie im Jahr 1910 abgedruckt. Für die vorliegende Ausgabe übernahm Harry Rowohlt die Übersetzung.

Wie groß muss der Käfig sein?
Welches Utensilien müssen neben einem Ast in den Käfig eingebaut werden?
Wie ernährt man ein Eichhörnchen in den eigenen vier Wänden?
Und vor allem: Welches Eichhörnchen ist überhaupt für das Halten beim Menschen geeignet?

Diese und mehrere andere Fragen werden auf 40 Seiten mit wunderschöner Bebilderung geklärt und es zeigt wieder einmal, ein Buch kann auch ein trübes Herz erwärmen.

5 von 5 Eichhörnchen

Donnerstag, 1. August 2024

Autoreninterview Fabian K. Roth

Hallo zusammen.
Heute will ich euch auch einmal wieder einen Autor vorstellen, der seine eigene Science Fiction Welt geschaffen hat.

(Bild: Fabian K Roth (privat), Grafik: Maximilian Wust)

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ursprünglich habe ich wissenschaftliche Illustration studiert. Dort wollte ich so gut wie möglich zeichnen und malen lernen, um fremde Welten zu erfinden und darzustellen, denn das hat mir schon immer viel Spaß gemacht. Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich meine Fantasie und meine Ideen besser mit dem Schreiben ausdrücken kann. Mit Bleistift und Pinsel fühlte es sich trotz aller Übung immer schwierig an, bis ich mit dem Endprodukt halbwegs zufrieden war. Das Schreiben hingegen fiel mir von Anfang an leicht. So wurde die Tastatur zum Ersatz für Pinsel und Bleistift.

Hast du dich für das Genre Science-Fiction entschieden oder hat es dich eher gefunden?
Es kam eigentlich nie etwas anderes in Frage. Science-Fiction ist für mich das spannendste Genre, weil es erlaubt, in Unterhaltung verpackte Prognosen über unsere Welt, das Universum, ja die ganze Wirklichkeit zu machen und daraus Fragen an das Hier und Jetzt und an unser eigenes Handeln zu stellen. Science-Fiction eignet sich dafür besonders gut, weil die Gegenwart der Ausgangspunkt für die mögliche Zukunft ist und damit immer einen Funken Realität in sich trägt. Hier können die ganz großen Fragen gestellt werden: Wie entwickeln sich KI nicht nur in 50 Jahren, sondern in den nächsten 100.000 Jahren? Wie gehen wir damit um, wenn die Simulation von „Realität“ plausibel wird? Und wir sind mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht alleine im Universum, aber sind wir als Menschheit in unserer jetzigen Form je reif genug für die Begegnung mit einer anderen Zivilisation? Und was kann jeder Einzelne tun, damit die Ethik in einer so (erschlagend) komplexen Welt nicht untergeht? Ich würde zwar auch gerne einen Fantasy-Roman schreiben, aber dort könnte ich diese Fragen nicht ausreichend beleuchten.

Wie kam es zu "Ghostnet"?
Über Umwege arbeitete ich kurzzeitig als Story Writer in der Computerspielindustrie - für meine Bewerbung schrieb ich eine Kurzgeschichte, in der eine Gruppe Arbeitsloser in einer düsteren Zukunft Gesetzlose jagt, um deren elektronische Implantate zu verkaufen und so zu überleben. Diese Kurzgeschichte wurde später das erste Kapitel von Ghostnet.

Welche Figur aus "Ghostnet" ist dir charakterlich am ähnlichsten?
Einerseits Glitch, weil ich wie er oft das Gefühl habe, in dieser Welt verloren zu sein. Wie er bin ich manchmal kurz davor aufzugeben. Aber dann kommt Nikka in mir zum Vorschein, weil ich glaube, dass wir etwas an unserer Gesellschaft ändern müssen. Es liegt an uns, die reale Welt zu einem angenehmeren Ort für alle bewussten Lebewesen zu machen, egal ob Mensch oder Tier. Aufgeben ist keine Option. Wenn wir nicht kämpfen, haben wir schon verloren.

Hast du deine eigenen Zukunftsängste in "Ghostnet" einfließen lassen?
Auf jeden Fall. Natürlich ist das Szenario von Ghostnet aus Gründen der Unterhaltung bewusst übertrieben. Ich glaube nicht, dass die Welt so eintritt, wie sie im Roman beschrieben wird. Aber Ghostnet ist in erster Linie eine Wirtschaftskritik, und die ist absolut ernst gemeint. Ein gesunder Kapitalismus muss den Menschen, der Erde und der Ethik dienen. Das heißt, der wirtschaftliche Ertrag und das damit verbundene Wachstum müssen sich positiv auf die Lebensbedingungen von Mensch und Tier und auf die Umwelt bzw. unseren Planeten auswirken.

Gegenwärtig ist jedoch genau das Gegenteil der Fall: Längst hat die Wirtschaft einen Großteil der natürlichen Ressourcen ausgebeutet, und immer größere Teile der Bevölkerung fühlen sich zunehmend ausgebeutet. Wichtige wirtschaftliche Rahmenbedingungen werden so gesetzt, dass finanzkräftige Personen oder Institutionen immer mehr Geld auf sich ziehen können. Das ist absolut fatal, denn die globale Geldmenge ist begrenzt (sonst würde die Wirtschaft nicht funktionieren). Immer weniger haben immer mehr. Das dämmert langsam auch dem Mittelstand. Und diejenigen, die von den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen profitieren, tun alles dafür, dass sich daran nichts ändert. Irgendwann kann sich die Bevölkerung nicht mehr dagegen wehren.

Deshalb können solche gigantischen Monster wie Amazon entstehen, die vom Hersteller über den Zwischenhändler bis zum Angestellten alles aussaugen. Kaum jemand macht in diesem System noch Gewinn, sondern vor allem Amazon und die oberen Etagen werden immer reicher. Amazon ist das beste Beispiel für die Metapher des Geisternetzes. Schuld daran ist auch der Kunde, der alles immer billiger und noch billiger haben will. Ja, ein gesunder Kapitalismus ist sehr wertvoll, weil er es ermöglicht, jede Leistung gegen jede andere Leistung zu tauschen und darüber hinaus Anreize schafft, etwas für das Gesamtsystem zu tun. Aber es ist ein fataler Irrtum zu glauben, die Wirtschaft sei ein starres System.  Sie entwickelt sich ständig weiter wie alles andere auch. Es ist gefährlich zu glauben, dass der wirtschaftliche Aufschwung, den viele von uns in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts erlebt haben, ein Selbstläufer ist. Denn das Wachstum stützte sich in erster Linie auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen.

Ich glaube, dass das derzeitige Wirtschaftssystem, so wie es sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, eine der Hauptursachen für den Großteil dessen ist, was auf der Erde schief läuft. Und trotzdem machen alle mit. Arbeiten nur noch mehr. Noch beunruhigender wird die Situation, wenn künstliche Intelligenz in eine kannibalische Wirtschaft integriert wird. Und da wären wir wieder beim Geisternetz. Aber wenn nicht wir etwas ändern, wer dann? Wir müssen handeln, solange es noch geht. Denn irgendwann wird es keinen Ausweg mehr geben. Das ist Glitchs, Nikkas und meine Botschaft in Ghostnet.

An was schreibst du zur Zeit?
An der englischen Übersetzung von Ghostnet sowie Band 2 und 3 der Trilogie. Spoiler: Es gibt kein Happy End.

Mit wem würdest du gerne einmal zusammen schreiben?
Mit einem Comiczeichner oder einem Drehbuchautor. Ich glaube, Ghostnet würde sich sehr gut als Comic oder Film eignen. Das würde mir großen Spaß machen.

Nachdem ihr Fabian kennengelernt habt, könnt ihr hier mehr über ihn erfahren:
fabian-roth.com
fantasybasel.ch/de/fabian-roth
vfitbasel.com

In diesem Sinne: Fröhliches Lesen und freut euch auf das nächste Interview. 

Bella Ellis "Die verschwundene Braut"

In der Kriminalliteratur findet man gerade in den letzten Jahren immer häufiger die Variante, dass historische Personen als Ermittler oder Detektivinnen eingesetzt werden. Dabei ist es interessant zu beobachten, welche Persönlichkeiten hierfür herausgegriffen werden. Mal sind es Krimiautorinnen, mal auch eine Person von Adel oder wie in diesem Fall, die drei Bronte-Schwestern.

Eine Bekannte von Charlotte Bronte erscheint unerwartet wieder im Leben der drei, nur um ihnen zu erzählen, dass ihre Herrin spurlos verschwunden ist. Übrig blieb im Zimmer nur eine Menge Blut. Die drei, die sich durch ihre vorigen Tätigkeiten als Kenner menschlicher Regungen sehen, beginnen im Umfeld des Hauses zu ermitteln und schon bald ist klar; der Ehemann ist ein Grobian und ein Trinker.
Doch je mehr die drei sich mit dem Fall beschäftigen, desto verzwickter werden die Möglichkeiten und die Rettung aller Beteiligten scheint immer unwahrscheinlicher.

Bella Ellis schreibt in einem ruhigen Stil - ähnlich dem von Jane Austen und den Bronte-Schwestern. Die Spannung wird sehr langsam aufgebaut und man hat teilweise das Gefühl mit den Schwestern durch das Moor zu wandern, um die kleinen Informationen am Wegesrand aufzusammeln.
Neben dem Kriminalfall erzählt die Autorin viel über die Gesellschaft jeher Zeit und auch über das Familiengefüge der Brontes. Der Vater Pfarrer, der Bruder, man würde heute verkrachte Existenz sagen, alle zerren an den Schwestern, dass sie sich nicht richtig verhalten und somit einen Schatten auf die Familie werfen würden.

Ob einem der Kriminalfall oder die Nebenhandlung besser gefällt, bleibt jedem selber überlassen, aber wem "nur" ein Kriminalfall zu wenig ist, sollte das Buch zur Hand nehmen und in eine Zeit eintauchen, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann.

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