Seiten

Mittwoch, 31. August 2022

Astrid Lindgren "Die Kinder aus Bullerbü"

Nachdem Ronja Räubertochter vor kurzer Zeit ihren Zauber entfaltet hat, lag es nahe, dass kurzfristig ein weiterer Astrid Lindgren Klassiker vom SuB befreit werden musste. Sicherlich ist das nicht ganz richtig, da ich das Buch als Kind mehrfach gelesen habe, aber trotzdem sieht man Bücher nach einigen Jahren anders, selbst wenn die Begeisterung bleibt.

Die sechs Kinder von Bullerbü leben auf drei Höfen und gehen im Nachbardorf zur Schule.
Ihre kleine Welt dreht sich um die Höfe, die Tiere und die Menschen, die mit ihnen in Bullerbü leben. Ihre Welt ist überschaubar, nahezu unkompliziert und fernab von jeglicher Großstadt mit ihren Sorgen und Nöten.
Das Buch ist in viele kurze Kapitel unterteilt und erzählt von den kleinen Geschehnissen, die sich zu den verschiedenen Jahreszeiten begeben und was es heißt, wenn alle Schüler einer Schule im gleichen Raum unterrichtet werden. Charmant mutet da der Name der Lehrerin an, der doch mit Lundgren eine gewisse Ähnlichkeit zu der Autorin hat.

In stürmischen Zeiten bietet somit ein Kinderbuch-Klassiker einen ruhigen Hafen, in dem ein bisschen was passiert, ohne dabei in große Hektik zu verfallen und zeigt dem Leser, dass es ab und zu auch einer ruhigen Geschichte bedarf, um den Kopf und das Herz zu klären.

5 von 5 Kindergeschichten

Dienstag, 30. August 2022

Ju Honisch "Weltendiebe"

Was vermag das Gleichgewicht zu stören, dass sich Wesen aufmachen um durch Dimensionen zu reisen?
Sei es Eigennutz?
Sei es Verzweifelung?
Und was, wenn zwei Widerstreiter einander verfolgen, um sich gegenseitig am Gelingen der Mission zu hindern?
Anne und ihre Familie haben es seit dem Tod von Annes Eltern schwer. Anne muss sich als junge Frau sowohl um ihre kleine Schwester als auch um ihre kranke Großmutter kümmern. So wird das Studium an den Nagel gehängt, ein Job ist gefunden und doch ist nicht alles gut. Denn nachdem das Büro umzieht, verhält sich Oma Marion ganz seltsam. Anne dürfe unter keinen Umständen in den Keller. Doch womit Marion nicht gerechnet hat; der Keller kommt plötzlich hinauf.
Mit seinen 700 Seiten ist das Buch von Ju Honisch kein Buch für zwischendurch und doch braucht es diese Länge um die verschiedenen Welten und ihre Mitspieler dem Leser nahezubringen.
Beginnend in dieser Welt wird die Geschichte auf zwei Zeitachsen aufgebaut und je weiter die Geschichte fortschreitet, umso mehr Dimensionen werden in die Erzählung eingepflochten. Gerade die Kürze der Kapitel und eine Sprache, die durch wenige Fantasiewörter auskommt, machen es dem Leser dabei leicht, den Überblick zwischen den Szenerien zu bewahren.
Verschiedene Wesen und unterschiedliche Ambitionen trachten danach, die jeweilige Welt zu verändern oder zu bewahren, wodurch der klassische Kampf von Gut gegen Böse sich hier auf mehreren Schauplätzen abspielt.
Als Jugendbuch angelegt ist es für mich ein Buch, in das man auch als Erwachsener gut abtauchen kann, da das Eintauchen in fremde Welten alters- und zeitlos ist, ohne das es ein Ablaufdatum gibt.
Ein Buch, was sich gerade für die kommende dunkle Jahreszeit anbietet und zeigt, dass viele Dinge oft nicht so sind, wie sie im ersten Moment scheinen.

4 von 5 Wänden

Danke an die Autorin für das Rezensionsexemplar.

Donnerstag, 25. August 2022

Autoreninterview Kai Focke Teil 1

Hallo zusammen.
Nach längerer Zeit gibt es wieder ein Autoreninterview und ich kann euch sagen, es lohnt sich.
Kai Focke, Vertreter der Schmunzelphantastik, schafft es in seinen Kurzgeschichten, den Leser zum Lachen, zum Nachdenken, selten aber zum Weinen zu bewegen (und wenn dann sind es Freudentränen). Doch ich will hier nicht zuviel erzählen. Lassen wir ihn doch selber sprechen:


(Kai Focke) 
Foto von privat


Hast Du ein schriftstellerisches Vorbild und wenn ja, wie eiferst Du ihm nach?
Ein in Anführungszeichen schriftstellerisches Vorbild habe ich nicht, doch bewundere ich Menschen mit speziellen schriftstellerischen Fähigkeiten und Kenntnissen, die ich auch gern hätte. Und so  lange sie ich sie nicht – oder noch nicht – habe, versuche ich mich, von diesen Menschen inspirieren zu lassen. Zum Beispiel Marion Zimmer-Bradley, der es – vor allem innerhalb ihres Darkover-Zyklus – gelungen ist, Fantasy und Science-Fiction widerspruchsfrei miteinander zu verbinden oder Robert Lynn Asprin, der – als Herausgeber der Thieve’s-World-Anthologien – ein ​geniales Shared-World-Konzept erdacht und umgesetzt hat; zudem die epischen Darstellungen eines J. R. R. Tolkiens, Kai Meyers äußerst originelle Figuren, aber auch die mitreißenden Krimi-Plots eines Dashiell Hammett. Die Liste ist lang und letztlich findet sich bei jeder diese Personen etwas, woran man den eigenen Schreibstil schärfen und in jedem der Werke ein Funke, an der sich die eigene Inspiration entzünden kann. Okay, das war jetzt ungewollt lyrisch.

Was ist für Dich spannender: Dir eine neue Geschichte auszudenken oder die Reaktionen bei einer Lesung zu beobachten?
Leider bekomme ich beim Lesen gar nicht so viel von den Publikumsreaktionen mit. Klar würde ich es bemerken, wenn faule Eier und getragene Socken auf die Bühne fliegen, doch kam dies zum Glück noch nicht vor. Bei einer Lesung bin ich, obwohl ich häufig den Augenkontakt zum Auditorium suche, stark auf den Text fokussiert. Wahrscheinlich nimmt man mich dabei anders wahr. Die Reaktionen erfahre ich erst im Nachgang, bei den Gesprächen mit dem Publikum – und das ist dann natürlich äußerst spannend. Die Spannung beim Erschaffen einer Geschichte und die Reaktionen beim Vorlesen lassen sich zumindest in meinem Fall schlecht gegeneinander aufwiegen.

Hast Du in Deinen Geschichten einen wiederkehrenden Charakter?
Sogar mehrere, wobei einer dahingehend hervorsticht, dass er bereits in fünf Geschichten mitgewirkt hat, von denen vier bereits veröffentlicht sind. Mit ihm kann ich mir sogar einen kurzen Roman vorstellen: Meister Empetanes, seines Zeichens Alchemist und Dämonologe. Ein kleiner Mann, mit gewachsten Spitz-bart, fleckiger Lederschürze und berufsbedingt kurzem Kurzhaarschnitt. Er ist Stolz auf seine Handwerkskunst und schert sich wenig um die akademischen Magier und Elementaristen, die abfällig auf ihn herabblicken, da er eben kein Studium abgeschlossen hat. Da seine Geschäfte – ein Alchemieladen, unter dem sich ein Beschwörungskeller befindet – nicht immer florieren, nimmt er teilweise dubiose Aufträge an, die zu allerlei kuriosen Verwicklungen führen. Weitere, mehrmals aufgetretene Charaktere, die noch Potenzial für zukünftige Geschichten besitzen sind Fräulein Beth, ein im Homeoffice arbeitender Sukkubus, sowie der bislang namentlich ungenannter Agent im Ruhestand des Großkaiserlichen Informationsdiensts. Interessierte werden demnächst auch hierzu Infos auf meiner Homepage – literaturfragmente.de – finden.

Nächste Woche geht es weiter mit Teil zwei des Interviews. Ich hoffe, ihr seid wieder dabei.
Zwischenzeitlich könnt ihr auch schon einmal bei ihm vorbeischauen:
literaturfragmente.de/
instagram.com/literaturfragmente

Samstag, 20. August 2022

Andreas Storm "Das neunte Gemälde"

So ziemlich jeder Mensch hat bereits den Ausspruch gehört, "Ist das Kunst oder kann das weg?"
Doch neben dem Geschmack ist es gerade die Provenienz, die entscheidet, ob ein Gemälde wertvoll ist oder nicht. Was macht man als Kunstsachverständiger, wenn man ein Bild angeboten bekommt, dass mit der eigenen Familiengeschichte korrespondieren soll? 
Genau diesem Problem sieht sich Lennard Lomberg gegenüber, als eines Tages sein Handy läutet. Ihm bleibt gar nichts anderes übrig, als mit diesem Menschen ein Treffen zu vereinbaren. Doch letztlich erscheint diese Person nicht. Stattdessen stehen ein paar Tage später Polizisten in seinem Büro und wollen erfahren, wie seine Beziehung zu der Person war.
Ein Ränkespiel, welches den Leser in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und sogar kurzzeitig weiter zurück in die Zeit vor den Ersten Weltkrieg versetzt. Ein Gemälde mit irritierender Signatur taucht auf und beeindruckt in den folgenden Jahrzehnten immer wieder die Menschen, ohne dass es der Öffentlichkeit zugänglich wäre. Zu sehr sind die Besitzer an das gebunden, was im Zusammenhang mit dem Erwerb passiert ist.
Angesiedelt in den Jahren 1943, 1966 und 2016 sieht sich der Leser zudem äußerst unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Situationen gegenüber. Denn so sehr die Geschichte um "Das neunte Gemälde" dominiert, historische Begebenheiten und Tatsachen werden im Kriminalroman genauso ins Feld geführt und erläutern geradezu die Handlungsweisen der jeweiligen Protagonisten.
Die Geschichte um das Gemälde begann mit einer Täuschung und es sollte dazuführen, dass im Laufe der Jahrzehnte immer mehr Blut an dem Gemälde klebte.
Meine Begeisterung für Bücher mit kunstgeschichtlichem Hintergrund ist in den letzten Monaten fortwährend gewachsen und ich muss sagen, das nächste Buch wird es richtig schwer haben.
Zeitenwechsel, daher einhergehende Perspektivwechsel, geschichtliche Hintergründe, ausgestaltete Figuren, Ortswechsel, zumeist kurze Kapitel. Andreas Storm hat in seinem ersten Roman alles richtig gemacht, indem er den Leser auf Grund des erzählerischen Tempos an sich bindet und ihm gleichzeitig eine wahre Fülle an geschichtlichen, künstlerischen und gesellschaftlichen Hintergrundinformationen mitgibt. Viele Informationen wären für das Verständnis des Krimis nicht notwendig und doch schafft es der Autor, sie so einzubauen, dass sie die Geschichte erfolgreich ergänzen.
Es machte soviel Spaß den ersten Band zu lesen, dass die Messlatte für den zweiten Band unglaublich hoch ist. Ich bin gespannt.

5 von 5 Gemälden

Dienstag, 16. August 2022

Kai Focke & Sabine Frambach "Türen, Tore & Portale"

klopf ...
Klopf ...
KLOPF ...
Behäbig schlägt der Buchdeckel zurück und ebnet dem Leser den Weg zu den 55 Türen, Toren und Portalen dieser Anthologie.
55mal führen uns Sabine Frambach und Kai Focke vor, welche Möglichkeiten sich hinter den Durchgängen ergeben. Ob fantastisch, historisch, märchenhaft, dämonisch oder schmunzelnd, alle Geschichten in der Anthologie sind einzigartig und entführen den Leser in eine andere Welt, die sich hinter diesen Öffnungen befindet.
So vieltürig wie die Durchgänge sind, so abwechslungsreich sind die Geschichten. Man findet sogar Zurechtweisungen, denn hat schon jemals jemand eine Tür Kritik an ihrer Handhabung verlauten hören?
Kürzest- und Kurzgeschichten sowie die Autorin und der Autor wechseln sich bei den Geschichten ab und natürlich darf auch eine Hommage an den Ort ihres Kennenlernens, die Phantastische Bibliothek Wetzlar, in Form einer Geschichte nicht fehlen.
Doch was rede ich hier um den heißen Brei, das Buch ist freilich schon erschienen und wartet hinter der Tür eines jeden Buchhändlers darauf entdeckt und gelesen zu werden.
Somit, öffnet die Haustür, seid lieb zu ihr und begebt euch in den nächsten Buchladen, ohne nach dem Durchgang zu vergessen, was ihr in der Buchhandlung wolltet.

4 von 5 Türklopfern

Danke für das Rezensionsexemplar: Pmachinery 

Samstag, 13. August 2022

Sylvain Cordurié "Sherlock Holmes & die Vampire von London"

Im Laufe seiner Pastiches hat sich Sherlock Holmes schon so manchem Gegner stellen müssen, nun ist die Zeit der Vampire.
Mai 1891: Sherlock Holmes kommt nach seinem Aufenthalt in der Schweiz in Frankreich an, wo er bemüht ist, die letzten Gespielen von Moriarty dingfest zu machen, als er eingeladen wird, sich mit dem Clanchef der Londoner Vampire, Selymes, zu treffen. Ein Machtkampf tobt innerhalb des Clans, bei dem auch das englische Königshaus nicht verschont bleibt. Die Queen ist wahrlich not amused
Eine wirkliche Wahl hat Holmes bei diesem Auftrag nicht, denn Selymes schreckt weder vor der Bedrohung von Watson und Mycroft noch vor der Betörung von Holmes selbst zurück. Denn nicht er ist das Biest sondern der Abtrünnige. Während Holmes um sein eigenes Leben bangt, muss er gleichzeitig alles tun, um Watson aus der Ferne zu beschützen und sich selbst gleichzeitig auf eine Seite stellen. Doch wen wählen, wenn man die Auswahl zwischen einem Vampir und einem Vampir hat?
Der Meisterdetektiv trifft auf den Blutsaugender der Mythologie. Ein Treffen der Giganten könnte man es auch nennen. Denn Holmes klarer Verstand trifft auf ein Wesen, welches eigentlich gar nicht sein darf. Doch weit gefehlt, denn der Einfluss der Vampire reicht in diesem Comic bis weit hinauf in das englische Königshaus und wird in gewisser Weise auch von ihm unterstützt. Ein alternatives London, wie viele es in der Literatur wohl geben mag, erhebt sich aus der Vielzahl der Sherlock Holmes Pastiches, um auch Leser von Vampirgeschichten für sich zu gewinnen. Denn während andere Gegner in Sherlock Holmes Geschichten oftmals nur einen kleineren Part in der Geschichte übernehmen, sind sowohl Text als auch Zeichnungen gerecht aufgeteilt. Sherlock Holmes muss sich seines enormen Gedankenpalastes bedienen, um mit den Vampiren mithalten zu können, ohne dabei sein Leben zu verlieren.
Der Comic ist hauptsächlich in der Nachtstunden angesiedelt, was die bedrückende Stimmung bildhaft unterstreicht und imposante Kampfszenen merklich hervorhebt.
Sowohl Leser von Sherlock Holmes Pastiches als auch Leser von Vampirromanen kommen hier mehr als auf ihre Kosten, wenn sie ihrem Geist dem Unmöglichen öffnen, denn wie können Wesen, die nicht existieren, uns so in den Bahn ziehen?

5 von 5 Vampirzähnen

Freitag, 12. August 2022

Astrid Lindgren "Ronja Räubertochter"

Ein Hauch von Nostalgie kommt auf, wenn man zu einem alten Kinderbuch-Klassiker greift.
Die Geschichte, man hat sie vor Jahren, wenn nicht sogar vor Jahrzehnten, gelesen, ist einem in ihren Einzelheiten aus dem Gedächtnis entschwunden, wirkt auf einen erwachsenen Leser ganz anders.

Ronja lebt mit ihren Eltern und Vaters Räubern auf einer alten Burg, als eines Tages ein Riss durch das Gelände geht und einen Teil der Burg abspaltet. Wenig später hat sich in dem abgetrennten Bereich Birks Vater mit dessen Räuberbande eingenistet.
Die Co-Existenz bleibt nicht lange unentdeckt und obwohl die Väter sich früher freundschaftlich zugewandt waren, wollen sie einander nicht akzeptieren. Nur die Kinder sehen das ganz anders. Als Birk von Ronjas Vater festgehalten wird, stellt sie sich gegen ihren Vater und hält zu Birk, um im Anschluss einen Sommer mit ihm im Wald zu verbringen.
Es bedarf oft nicht "großer" Autoren oder "großer" Worte, um zu zeigen, was im Leben wichtig ist. Den Menschen nicht auf Grund seiner Familie zu verurteilen und ihn für sich selbst zu sehen, seine Stärken und seine Schwächen. Das ist es, was Astrid Lindgren mit dieser schönen Geschichte dem Leser mitgibt.

Würde uns allen nicht ein bisschen Lindgren gut tun?
Und woher weiß man in Realität, dass man alles richtig gemacht hat?
Wenn der andere dir gegenüber steht und dich über das ganze Gesicht anstrahlt.
Nur weil du da bist.

5 von 5 Räubern

Donnerstag, 11. August 2022

Regina Schleheck "Die Weissagung des Drachen"

Oftmals ist die Realität zu bitter, sodass sich der Leser gerne in die Welt der Fantasy flüchtet.
Auch wenn es hier um die großen Dinge geht, man kann die Reise des Helden begleiten, man kann mitfiebern, man kann seine Erfolge feiern und ihn bei Misserfolgen anfeuern, dass er auch in den dunkelsten Momenten nicht aufgegeben soll. Denn meist gibt es am Ende ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt und die Schrecken der Reise vergessen macht.
Die Autorin führt uns mit "Die Weissagung des Drachen" in eine Welt, die eine gefühlte Mischung aus Fantasy, Märchen, Sagen und Fabeln darstellt.
Erzählt wird die Geschichte von Tim und Cora, die in einem abgelegenen Tal von Coras Mutter aufgezogen werden. Wie bei so vielen Kindern ist das Tal irgendwann zu klein für die beiden und sie begeben sich auf die Suche nach dem Ort, von dem Coras Mutter vor Jahren geraubt wurde. Sie treffen auf die verschiedensten Wesen, die ihnen selbstverständlich nicht alle freundlich gesonnen sind, um letztlich auf ihrer Suche eines der größten Rätsel der Menschen zu lösen.
Auf knappen 110 Seiten baut die Autorin im Kopf des Lesers eine Welt auf, die aus verschiedenen Erzählungen zehrt. Ein modernes Märchen, was sich aus der Vielzahl bekannter Geschichten zu einem neuen Mosaik zusammensetzt.
Sprachlich ist die Novelle von Märchen inspiriert, greift dabei aber auf den modernen Wortschatz zurück.
Eine Geschichte, die Mut macht, etwas zu wagen, denn es könnte auch alles besser werden als es im Moment schon ist.

4 von 5 Weissagungen

Danke an den Verlag für das Rezensionsexemplar: pmachinery

Mittwoch, 10. August 2022

Thomas Müller "Schönen Urlaub, Schatz"

Was will der Deutsche für einen Urlaub?
- Ballermann?
- Kultur?
- Nordsee?

Stellvertretend für den vermeintlichen deutschen Durchschnitt reist der Protagonist Thomas Müller seit Jahren immer wieder in die Türkei. All inclusive. Versteht sich.
Pool : Check
Bier : Check
Frauen : Check 
Fertig sind die Vorurteile zum all inclusive Urlaub. Jeden Abend sternhagelvoll und am Morgen einen Kater, der sich gewaschen.
Eine Woche.
Jedes Jahr. 
Dies zu lesen kann belustigend sein, dies zu lesen kann auch eine gehörige Portion Fremdschämen verursachen. Der Autor nimmt seine "Urlaubsanekdoten" mit Humor und zeigt auf seine Weise, was es heißt, eine Urlaubstradition fernab von Job und Familie zu haben.
Mit 140 Seiten ist es ein Buch, welches man gut zwischendurch lesen kann, wenn man sich mit dieser Reisekultur auseinandersetzen, sie aber nicht selbst live erleben will. Denn beschreiben kann Herr Müller seine Erlebnisse trotz zeitweiliger Filmrisse noch ganz gut und ihm ist nahezu nichts peinlich.
Im Vergleich fand ich "Schöne Bescherung, Schatz" besser, der Humor kam dort nicht so mit dem Holzhammer daher, aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

3 von 5 Liegestühlen

Montag, 8. August 2022

Tag der Buchliebhaber

Für uns Lesende ist eine Welt ohne Bücher nahezu unvorstellbar. Sieht man einmal von der Form des Buches ab, begeistern Taschenbücher, gebundene Bücher, E-Books, Groschenromane und weitere vielfältige Angebote den heutigen Buchmarkt.
Doch das war nicht immer so und welchen Tag könnte man besser wählen, um über sie zu berichten, als den heutigen.
Denn in früheren Zeiten, als Gutenberg noch nicht seine berühmte Maschine erfunden hatte, wurden Bücher von Hand geschrieben. Bücher war ein Wertgegenstand und Bibliotheken waren ein Kleinod an Wissen und somit auch von Macht. 


Heute haben die damaligen Bibliotheken zwar oftmals ihren Informationsauftrag in weiten Teilen eingebüßt, aber sie haben eine neue Aufgabe erhalten. Sie sind zu Pilgerstätten für alle Buchliebhaber geworden. Das Bild oben stammt aus dem Kloster Schussenried und gilt als die schönste Bibliothek Süddeutschlands. Mehrere Etagen voller Bücher, Figuren und Marmor schmücken diesen prächtigen Saal, der zum Erkunden und Stöbern einlädt.


Neugierig geworden, dann seht euch doch auf der Internetseite des Klosters um und vielleicht habt ihr damit euer nächstes Urlaubsziel schon gefunden.

Hier findet ihr das Kloster, die Öffnungszeiten und weitere Informationen: 
Kloster Schussenried 

Oder klickt auf die folgenden Bilder der Pressemitteilung:



Die Bilder und die Pressemitteilung wurden von den Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württembergs zur Verfügung gestellt.

Sonntag, 7. August 2022

Petra Dittrich "Meine Inselbuchhandlung"

Sind die Arbeitstage eines Lesenden schwer (und er befasst sich nicht hauptberuflich mit Büchern), kann der Gedanke aufkommen, wie schön es wohl sein würde, wenn man einen eigenen Buchladen hätte.
Für die meisten Menschen bleibt dies ein lang gehegter Traum, Petra Dittrich hat sich ihn auf Rügen erfüllt. Dabei erzählt sie in ihrem Buch, dass es keineswegs eine Entscheidung im zarten Teenageralter war, die sie Buchhändlerin werden ließ. Kurz nach dem Mauerfall hieß es, runter von der Insel und ab nach Berlin. Eine Weile ging das gut, dann kehrte sie kurzzeitig nach Rügen zurück, um im Anschluss ihr Glück in Hamburg zu versuchen. Einige Zeit war sie hier glücklich, doch die Position zwischen Angestellten und der Geschäftsleitung war nicht ihr dauerhafter Wunsch und so kehrte sie abermals zur Insel zurück ... und blieb. 
In Gingst hatte sie weit ab vom mondänen Binz ein Ladenlokal gefunden und richtete sich dort mit ihren Bücher und mit ihrem gesamten Leben in der darüberliegenden Wohnung ein. Dass das Leben Veränderungen (gute und schlechte bekanntlich) bereithält, ist hinlänglich bewiesen und so hat sie seit der letzten Rückkehr auch auf der vermeintlich kleinen Insel viel erlebt.
Sie hat sich einen Laden aufgebaut, der nicht nur die Blockbuster verkauft, sondern vornehmlich Bücher, die die Leserschaft begeistern sollen. Lesungen wurden gehalten, vergrößert, eine Katze ging verloren, wie das Leben so spielt und alles in ihrem kleinen Laden.
Sprachlich ist das Buch und seine Buchvorschläge gut zu lesen und man fühlt sich zeitweilig, als würde man der Autorin beim Kassieren über die Schulter schauen oder sie beim Organisieren einer Lesung beobachten. Doch manchmal fehlte mir ein bisschen etwas. Der Teil, bis sie die Buchhandlung eröffnet, ist für ihre Geschichte sicherlich wichtig, aber mir bei der Kürze des Buches ein wenig zu lang. Das Zwischenmenschliche steht oft im Vordergrund und doch hatte ich ein bisschen mehr "Insider"-Geschichten speziell aus dem Laden gewünscht (sicherlich gibt es solche Passagen, ich hätte nur gerne davon gelesen).
Um einen Einblick, in die Welt einer Buchhändlerin zu erhalten, ist das Buch geeignet und die Sprache tut ihr übriges, dass man als Leser das Wohlgefühl einer kleinen Buchhandlung spürt.

3,5 von 5 Buchhandlungen

Mittwoch, 3. August 2022

Frank Berzbach "Die Schönheit der Begegnung"

Jedem Menschen passiert es nahezu täglich: Man begegnet einem neuen Menschen.
Ob es bei einem flüchtigen Vorübergehen bleibt, ob sich ein kurzes Gespräch entwickelt, ob es die falsche Zeit und der falsche Ort ist, oder ob es mehr wird, kann man im ersten Moment nie genau wissen.
Welche Möglichkeiten sich aus einem scheinbar zufälligen Treffen ergeben, denn laut Schicksal gibt es keine Zufälle, erzählt Frank Berzbach in "Die Schönheit der Begegnung".
32 erste Treffen stellt er dem Leser vor, in denen sich der Ich-Zähler und Linh das erste Mal treffen und kennenlernen. Dabei werden kleine feine Details in fast jeder Geschichte erwähnt, so unterschiedlich die Begegnungen ansonsten auch sind.
Mal witzig, mal charmant, mal als kleine Zeitreise getarnt, sind alle Geschichten durch eine individuelle Note geprägt und zeigen dem Leser, wie vielfältig das Leben und die Treffen mit anderen Menschen sein können.
Beim Lesen lacht der Leser, wenn er sich selbst wiedererkennt oder er eine Situation erfasst, die er durch eine andere miterlebt hat. Wie wichtig dabei auch das Umfeld ist, wird in einzelen Geschichten charmant herauskristallisiert und man bemerkt, dass auch wenn ein Mensch viel allein ist, er trotzdem nicht einsam ist.
Das Buch macht Mut mit offenen Augen durch das Leben zu gehen und Menschen zu betrachten, denn wer weiß, was für Schätze man so entdecken kann.

4,5 von 5 Begegnungen