Seiten

Freitag, 31. März 2023

Agatha Christie "Die Schattenhand"

Jerry Burton soll sich von den Strapazen seines Unfalls erholen. Daher ordnet sein Arzt eine Abkehr vom Stadtleben an und Mr Burton findet sich kurze Zeit später mit seiner Schwester und seinem Paar Krücken in dem beschaulichen Dorf Lymstock wieder. Doch anstatt des ruhigen Dorfes bestimmen Neid und Missgunst den täglichen Plausch. Hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt und die sich im Umlauf befindlichen Briefe tragen nicht dazu bei, dass die Dorfbewohner harmonisch miteinander leben. Das berüchtigte Fass läuft über, als es die erste Tote gibt. Zweifelhaft bleibt, ob sie ihren Gefühlen nachgegeben hat oder ob gar ein Brief ihre Tat ausgelöst hat ...

Während moderne Thriller öfters auf Aktion, Hetze und Brutalität abstellen, geht es in den Krimis oft gemächlicher zu. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie mit einer Toten oder einem Toten auskommt. Die Finesse liegt bei ihr in der Konzeption, der Planung und oftmals in den winzigen Details, die ihre Bücher auszeichnen. So ist dieser Band zwar ein Miss Marple Krimi, allerdings begleitet der Leser den größten Teil der Zeit Mr Burton und man fragt sich, warum es ausgerechnet dieser Charakter ist, der dem Leser die Geschichte nahebringt.
Ein ungewöhnlicher Krimi, der zeigt, dass es keine blutüberströmten Leichen oder wilde Verfolgungsjagden bedarf, um den Leser zu fesseln.

4,5 von 5 Briefen

Zeitschrift des Monats "Future Fiction Magazine"

Zumeist sind es Bücher, die einem als Leser ins Auge springen, dabei gibt es wahrlich viele andere Möglichkeiten an Texte, Berichte und Geschichten zu kommen. Dieses Jahr nehme ich euch einmal im Monat in die Welt der Zeitschriften mit. Die Zeitschriften umfassen die verschiedenen Genres wie Krimis, Fantasy, Science-Fiction oder bilden ein buntes Crossover. Von Printausgaben über Downloads, von kostenlosen Exemplaren bis hin zum Hochglanzmagazin ist so manches dabei, was das Leserherz höher schlagen lassen kann. So genug der Einleitung, schauen wir uns die dritte Zeitschrift an:


Name: Future Fiction Magazine
Turnus: zweimal jährlich
Preis: E-Book 3,99 Euro - Taschenbuch 7,00 Euro
Bezugsadresse: https://www.futurefiction.org/future-fiction-magazine
Seitenumfang: circa 100 Seiten

Bei dem Future Fiction Magazine handelt es sich - in der vorliegenden Ausgabe - um ein recht neues Magazin, das bei Amazon sowohl als E-Book als auch in gedruckter Version bezogen werden kann.  Mit seinen gut einhundert Seiten ist es eine perfekte Lektüre für die Abendstunden. Mehrere Kurzgeschichten wechseln sich hier mit zumeist einem Sachtext und einem längeren Interview ab.

Die deutsche Ausgabe ist ein Ableger des weltweit existierenden Future Fiction Netzwerkes. Ziel der Magazine ist es, eine einzigartige, weltweite Durchmischung von Geschichten und Beiträgen zu erreichen, da sich die Science Fiction in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich gebärdet. In der deutschen Publikation wird natürlich auch die deutsche Science Fiction bedient, aber in der abgebildeten Ausgabe findet sich sowohl afrikanische als auch südamerikanische Science Fiction in Form von Kurzgeschichten. Passend dazu widmet sich das Interview mit Peter J. Maurits der Frage: Ist die afrikanische Science Fiction eine andere als z.B. die Amerikanische oder die Deutsche?

Die Kurzgeschichten des Future Fiction Magazine sind innerhalb der Science Fiction der #nearfuture zuzuordnen und orientieren sich sehr nah an der Realität. 

Während andere Magazine auch zahlreiche Illustrationen oder Grafiken beinhalten, ist das FFM dahingehend schlicht. Die Autor:innen werden mit einem Foto vorgestellt und in die Kurzgeschichten beginnen mit kleinen Grafiken.

Rezensionen oder Buchvorstellungen findet man in dieser Zeitschrift nicht. Sie fokussiert sich auf die in ihr selbst publizierten Texte und deren Autor:innen. In den drei erschienenen Magazinen gibt es in jeder Ausgabe frischen Wind bei den Geschichten  und bisher gibt es bei den Autor:innen keine "Wiederholungstäter:innen".

Hier geht es zur Webseite: www.futurefiction.org/future-fiction-magazine

Die nächste Ausgabe erscheint voraussichtlich im April 2023.

Donnerstag, 30. März 2023

Autoreninterview Ellis Corbet

Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Ellis Corbet bringt morgen ihren zweiten Guernsey Krimi "Das Schweigen der Klippen" heraus. Was bietet sich da besser an als ihr heute ein paar Fragen über das Schreiben und ihre vielfältigen Projekte zu stellen. Doch vorab: Wer ist Ellis Corbet? Wisst ihr das schon? 


Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Das ist tatsächlich schon einige Jahre her! Mein erstes Buch ist vor mittlerweile über zehn Jahren erschienen. Damals habe ich in Kärnten gelebt und eine Freundin von mir hat Krimis geschrieben. Als ich ihr erzählt habe, dass ich wahnsinnig gern Krimis lese, meinte sie, dass ich es doch einfach mal ausprobieren sollte mit dem Schreiben. Das habe ich getan und seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen!

Musst du die Orte, über die du schreibst, gesehen haben?
Ich finde es total wichtig, tatsächlich an dem Ort gewesen zu sein, über den man schreibt. Die Atmosphäre, das Leben, das will ich einfach spüren, ich will da gewesen sein. Nur so kann ich etwas wirklich erfahren – und oft sind es dann auch umgekehrt Orte, die mich zu Geschichten inspirieren!

Wie kam es zu der Idee eine Krimi-Serie auf Guernsey anzusiedeln?
Die Kanalinseln, und vor allem das kleinere Guernsey, sind einfach wunderbar! Schon beim ersten Betreten der Insel habe ich mich in Guernsey verliebt. Diese Liebe wollte ich gern mit meinen Leserinnen und Lesern teilen, der Welt die Schönheit Guernseys zeigen. Und wenn man dann an der Küste entlangstreift, die vielen abgelegenen Wanderwege entlangläuft, da kommen einem schon unendlich viele Ideen, wie und wo man jemanden literarisch „ermorden“ könnte ;-)

Was gefällt dir beim Schreiben mehr? Charaktere oder den Fall zu planen?
Beides! Meist entwickelt sich das eine aus dem anderen, ist miteinander verbunden. Grundsätzlich fange ich meist mit einer Person an, einem Charakter, und beginne dann, daraus einen Fall zu entwickeln. 

Wie sieht dein perfekter Schreibtag aus?
Viel Ruhe, viel Tee und kein einziger Termin. Am liebsten schreibe ich tatsächlich bei gutem Wetter, obwohl es ja eigentlich egal sein sollte. Aber wenn die Sonne scheint, habe ich grundsätzlich mehr Motivation. Im Sommer schreibe ich auch wahnsinnig gern draußen. Dann brauche ich viel Tee oder auch mal einen Latte macchiato, und wenn es dann noch ein Stück Kuchen gibt, ist mein Schreibtag perfekt.

Gibt es ein literarisches Vorbild, dem du nacheiferst?
Nicht direkt, nein. Ich möchte meinen eigenen Stil finden, meine eigenen Geschichten erzählen. Aber natürlich gibt es Autor*innen, die ich großartig finde wie beispielsweise Charlotte Link, sie ist einfach großartig darin, Hochspannung aufzubauen ebenso wie Harlan Coben. Kate Penrose liebe ich für ihr atmosphärisches Schreiben und Paula Hawkins für ihre innovativen Ideen, sie hat das Thema "unzuverlässiges Erzählen" absolut perfektioniert.

Wie entscheidest du, welchem Schreibprojekt du deine Zeit widmest?
Das mache ich ganz langweilig der Reihe nach: Wenn ich eine Idee habe, arbeite ich so lange daran, bis ich sie für ausgereift halte - entweder wird dann daraus mein nächstes Buch, dann schreibe ich die nächsten Monate ganz an dieser Idee, oder ich merke, dass es doch nicht reicht für einen fesselnden Roman und dann gehe ich die nächste Idee an. 



Nachdem ihr wisst, was Ellis schreibt, könnt ihr hier mehr über sie erfahren:
instagram.com/dorotheaboehme
www.dorotheaboehme.de

In diesem Sinne, fröhliches Lesen und freut euch, wenn es demnächst ein weiteres Interview gibt.

Demian Lienhard "Mr. Goebbels Jazz Band"

Man lernt bekanntlich nie aus und so kann ein Buch über ein Thema, bei dem man sich vermeintlich gut auskennt, den Leser sehr überraschen.

Deutschland zur Zeit des zweiten Weltkrieges: Während die Propagandamaschine läuft und läuft, kommt es zur Gründung einer eher ungewöhnlichen Band: Mr Goebbels Jazz Band. Ihre Auftritte werden im Auslandsradio speziell nach Großbritannien gesendet und mit aktuellen Nachrichten und Vermisstenmeldungen unterfüttert. Lord Haw-Haw moderiert die Show und ist federführend auch dafür zuständig, dass der Schweizer Schriftsteller Fritz Mahler über diese besondere Band ein Buch schreiben soll. Denn die Band besteht aus bekannten Musikern, die sonst keine Auftritte bekommen würden. Was das bedeutet, dürfte jedem klar sein. Über mehrere Jahre werden die Band und auch der Schreibprozess begleitet und es zeigt sich, dass neben dem Krieg auch ganz andere nahezu alltägliche Probleme die Protagonisten bedrücken und heimsuchen.

Mit seinem zweiten Buch legt Demian Lienhard den Fokus auf Stück Geschichte, welche nicht jedem allzu geläufig sein dürfte. Vieles ist sehr nah an der Realität gehalten, sodass beim Lesen oft die Frage aufkommt, ob man einen Sachtext liest oder doch einen Roman. Der Erzählstil ist dabei sehr ungewöhnlich gehalten, was beim Lesen dazuführt, dass er zeitweilig sehr sperrig wirkt.
Dabei sind es oft die kleinen, individuellen Entscheidungen oder auch Betrügereien, die manche der Protagonisten beim Leser zunehmend unsympathisch werden lassen und man sich fragt, ob nicht zunehmend sich jeder selbst der Nächste ist. 
Gerade der Abschluss lässt den Leser verwirrt zurück und hallt noch lange nach, denn man bleibt immer wieder an der Frage hängen: Was ist real oder was ist Propaganda?

4 von 5 Bands

Dienstag, 28. März 2023

Jacqueline V. Droullier "Das Einhorn und die Macht des Lichts"

Oftmals vergisst man als Erwachsener wie einfach Dinge im Leben sein können.
Alles muss durchdacht, kompliziert oder gar verkopft sein, dass vieles durch Einfachheit brillieren kann, zeigt diese Geschichte.

Es war einmal, so fängt die Geschichte zwar nicht an, aber sie könnte es. Es war einmal ein Pferd, das von Geburt an anders war, anders als sein Vater, anders als die Herde.
Das Besondere wird von anderen aber nicht gesehen und somit fühlt es sich unter den anderen unwohl. Der Tag kommt, an dem es Mut zeigt und dafür bestraft wird.

Kommt es zum guten Ende?

Geschichten für jüngere Menschen unterscheiden sich in ihrer Erzählung sehr von denen für Erwachsene. Es wird viel mehr Wert darauf gelegt, Gut und Böse abzugrenzen, das erwachsene Grau wird ausgeblendet und stattdessen gezeigt, was im Leben wichtig ist. Gerade aus diesem Grund tut es auch Erwachsenen gut, diese Bücher zu lesen. Nicht nur, um nostalgische Gefühle an ein anderes Leben heraufzubeschwören, sondern auch weil diese Geschichten den Geist und die Seele heilen können und ihnen Zuversicht spenden.

Die Lehre, die man aus diesem schönen kleinen Buch zieht, ist, etwas besonderes steckt in jedem von uns, man muss es nur ausleben dürfen, umso mehr strahlt das Innere.

Vielen Dank für diese Geschichte.

5 von 5 Wanderungen 

Montag, 20. März 2023

Ben Kryst Tomasson "Sylter Gier"

Sylt - Die Insel der Reichen und Schönen.
Zum achten Mal ermittelt Kari Blom auf der Insel und sieht sich in mehrfacher Hinsicht in der Zwickmühle. Sie ist nach ihrer Hochzeit mit Jonas Voss schwanger und das Krümelchen macht sich langsam - aber sicher - bemerkbar. In mehreren Arztpraxen und auch in einem Schwangerenzentrum soll es zu Abrechnungsbetrügen gekommen sein. Perfekt, dass Kari genau einen solchen Kurs besuchen wollte. Mit der Häkelmafia taucht sie in die Interna der Ärzte auf der Insel ein, doch so einfach wie es im ersten Moment wirkt, ist die Sache nicht. Bald gibt es den ersten Toten zu beklagen und auch die schöne Fassade im Schwangerenzentrum bekommt zunehmend Risse...

Ben Kryst Tomasson legt auch mit diesem Band wieder vielfältig den Finger auf die große Sylter Wunde: Die Schere zwischen arm und reich.
Menschen, die auf Sylt arbeiten, können sich oftmals nur das kleinste Loch zum Leben leisten oder müssen gleich aufs Festland auswandern, um jeden Tag nach Sylt zu pendeln. Die Wut der Inselbewohner wird in seiner Bücher öfters laut und doch schafft es der Autor, gerade durch die Häkelmafia, ein gute Prise friesischen Witz in den Krimi einfließen zu lassen, damit der Krimi auch seine charmante Seite hat.
Einen wesentlichen Raum nehmen in seinen Krimis die Beziehungen zwischen den Hauptpersonen ein. Während die Fälle in sich abgeschlossen sind, entwickeln sich die Beziehungen zwischen der Häkelmafia, Kai, Jonas, Hannah und all den anderen Nebenfiguren im Laufe der Reihe, daher würde ich dringend empfehlen, die Reihe chronologisch zu lesen.
Tomassons Krimis zeichnen sich durch ein hervorragendes Lokalkolorit aus, dass sich sowohl in den Wegbeschreibungen als auch in der friesischen Natur widerspiegelt.
Der vorliegende Fall war in meinen Augen nicht der stärkste, aber mit Sicherheit der actionreichste Fall der Reihe und es bleibt abzuwarten, wie Kari nach der Schwangerschaft weiter undercover ermitteln möchte.

4 von 5 Abrechnungsbogen

Dienstag, 14. März 2023

Ben Guterson "Die Einsteins und der geheimnisvolle Turm"

Können Bücher uns Menschen heilen? Können sie uns eine innere Zufriedenheit und Gelassenheit geben, wie es z.B. ein Gespräch nicht erreichen kann? Kann ein Buch soviel Trost spenden, dass man danach gestärkt in die Welt hinausgehen kann?
Die Familie Einstein hat ihr jüngstes Kind Susan verloren. Das nächstjüngere Kind Zack gibt sich die Schuld daran und ist auch noch nach einem Jahr eher in sich gekehrt und hat oftmals wenig Freude. Der Umzug nach Vista Point sowie die Renovierung ihres neuen Zuhauses soll die Familie wieder zusammenführen und neue gemeinsame Erinnerungen schaffen, damit man nicht nur in der Vergangenheit lebt. Doch oft ist es Zack, der Susan im Alltag integriert und darauf hinweist, wie sie sich in den jeweiligen Situationen gefühlt hätte. Während die anderen Geschwister Pläne schmieden, welche Hobbies sie in Vista Point angehen wollen und auch die Eltern nach und nach im neuen Zuhause ankommen, bleibt Zack zunehmend in sich selbst gefangen, bis er Ann kennenlernt. Mit ihr erlebt er auf dem Gelände rund um das Anwesen kleine und große Überraschungen und sein Schmerz lässt immer mehr nach ...
Jedes Mitglied der sechsköpfigen Familie Einstein geht mit dem Verlust anders um. Der eine lässt es nicht an sich heran, der andere überspielt den Schmerz, die eine möchte am liebsten gar nicht mehr über Susan reden und die nächste ist je nach Tagesform ansprechbar oder auch nicht.
So unterschiedlich die Geschwister in dem Buch sind, so unterschiedlich sind auch die Menschen in unserem eigenen Umfeld. Einige ziehen sich vollkommen zurück, andere grübeln nur noch und wieder andere versuchen sich fortwährend abzulenken.
Das Buch zeigt wunderschön in kleinen und großen Sequenzen, was es bedeutet einen Menschen zu verlieren und wie man gleichzeitig wieder nach vorne schaut. Sich für Neues interessiert und die Waage zwischen Vermissen und eigenem Leben halten kann.
Meine Augen blieben beim Lesen oftmals nicht trocken und auch wenn man viele Dinge instinktiv weiß, zu lesen, wie Figuren mit Schmerz umgehen und dabei nicht zerbrechen, kann ein Weg sein, sich selbst Satz für Satz wieder zusammenzusetzen, das Leben jeden Tag wieder ein bisschen mehr zu genießen und die Freude langsam wieder Einzug halten zu lassen.

4,5 von 5 Türmen

Montag, 13. März 2023

Friedrich Dürrenmatt "Der Besuch der alten Dame"

"Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein" oder alternativ "Wie käuflich können Menschen sein?", ich kann mich bei dem Theaterstück von Dürrenmatt aus dem Jahr 1955 immer noch nicht entscheiden, was für mich besser zutrifft.
Ein Dorf, irgendwo in Deutschland. Die Stadt ist runtergewirtschaftet, alle müssen knabsen. Da kommt "Der Besuch der alten Dame" ganz recht. Früher hat sie in der Stadt gelebt, hat es in den letzten Jahrzehnten zu Wohlstand gebracht und will nun ihr altes Städtchen wiedersehen. Im Gepäck: Eine große Menge Geld, dafür das ein altes Unrecht gesühnt wird.
Doch wer opfert sich, die Tat umsetzen, damit das Geld fließt?
Auf gerade einmal 160 Seiten zeigt Dürrenmatt, wie dünn doch die menschliche Moral an vielen Stellen sein kann. Polizist, Bürgermeister, Lehrer und selbst der Pfarrer als verschiedene Instanzen der Gesellschaft schließen alle die Augen. Auch wenn die alte Dame mit ihrem Rechtsempfinden per se recht haben könnte, so ist es doch die Brutalität und Planung, die den Leser das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Sicherlich ist die Geschichte nicht so verschachtelt wie die modernen Psychotriller, doch lässt diese Erzählung ebenso tief in die menschliche Seele blicken wie es heutige Werke tun.
Ein Klassiker, der mit seiner Aussage auch den Nerv der heutigen Zeit trifft, denn verraten und verkauft werden so manche Menschen auch heute noch, um ein größeres Ziel zu schützen.

4 von 5 Bahnhöfen

Sonntag, 12. März 2023

Andreas Eschbach "Der schlauste Mann der Welt"

Während wir Lesenden gefühlt jeden Tag durch die Gegend rennen, um die eine oder andere Aufgabe zu erfüllen, hat Jens Leunich erkannt, dass es im Leben Besseres gibt, als sich immer wieder vor den Karren zumeist anderer Leute spannen zu lassen. Er kultiviert das süße Nichts tun. Wobei er natürlich schon was tut, aber es beschränkt sich auf Essen, Schlafen, Affären und Reisen. Auf Grund seiner Vergangenheit muss er nicht arbeiten und so ist es die erste Arbeit seit langem, als er beginnt, in seinen letzten zehn Tagen sein Leben herunterzuschreiben. Und was war das für ein Leben. Die besten Luxushotels waren ihm gerade gut genug und seinen Sinn für guten Geschmack hat er sich bis zuletzt bewahrt.
In den Tagen an seinem Laptop erzählt er über sein Leben, über die Gesellschaft und wie sich die Welt in den Jahren, oftmals zum Schlechten, verändert hat. Kleine Anekdoten gepaart mit historischen Tatsachen lassen beim Lesen die Grenze zwischen Fiktion und Realität verschwinden und man gerät beim Lesen in eine nostalgische Stimmung, die oft den Grund, warum Jens sich dieses Leben erlauben kann, in den Hintergrund stellt.
Andreas Eschbach zeigt mit seinem neuen Roman, wie vermeintlich leicht es doch ist, der Gesellschaft nicht zur Last zu fallen und doch gleichzeitig mit dem Konsum der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Doch subtil zeigt er, wenn ohne auch ohne den erhobenen Zeigefinger, was der Mensch im Laufe eines Lebens an Zerstörung und Missgunst miterleben kann. Das Buch wirkt dadurch nicht trist oder deprimierend, die Entwicklungen wie z.B. die Zerstörung des Great Barrier Reefs werden als Tatsache in Jens' Text über eine seiner Reisen eingebaut.
Geradezu nüchtern berichtet Eschbach über ein Leben, in dem ein Mensch nur in den Tag hineingelebt hat, ohne große Pläne, nur zu seinem Vergnügen. Es ist interessant zu lesen, was man machen könnte, wenn man genug Geld hätte, um nicht arbeiten zu müssen und wie viele Annehmlichkeiten man sich im wahrsten Sinne des Wortes erkaufen kann. Ob das den eigenen Geschmack trifft, ist eine ganz andere Frage, die man sich nach der Lektüre dieses lehrreichen Werkes gerne stellen kann.

5 von 5 Tagen

Donnerstag, 9. März 2023

Autoreninterview Spezial "Riedbuchmesse"

Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Doch dabei dreht es sich nicht im erster Linie um die Autorin selber, sondern um ihre Mitarbeit bei der Buchmesse Riedbuchmesse, welche am 11. + 12.03.23 in Stockstadt am Rhein stattfinden wird. Also herzlich Willkommen zum Autoreninterview Spezial mit Britta Röder.


Wie wird man Mitveranstalterin einer Buchmesse?
Das war eigentlich ganz einfach. Mit meinem 2011 erschienenen Debütroman DIE BUCHWANDERER war ich als Autorin mit einer Lesung auf der Buchmesse in Stockstadt. Ich hatte eine sehr hohe  Erwartungshaltung in Bezug auf das Publikumsinteresse. Und wurde prompt ernüchtert. Es kamen viel weniger Menschen als ich erwartet hatte.
Ich machte dafür das in meinen Augen nicht ausreichende Marketing verantwortlich. Ich fand in Sachen Publikumswerbung sollte einfach mehr passieren.
Doch mir wurde klar, dass die Messe ja vor allem von Ehrenamtlichen organisiert wird. Und dann sagte ich mir: Meckern ist leicht, aber aufs Machen kommt es an.
Also habe ich Kontakt zum Team aufgenommen und ganz konkret Unterstützung angeboten, womit ich eine offene Tür eingerannt habe.
 
Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß?
Die Menschen!
Zuerst einmal unser Buchmesse-Team. Wir sind ein Haufen aus echten Bücherverrückten. Da sind meine beiden Autorenkollegen René Granacher und Ralf Schwob, der Bürgermeister von Stockstadt Thomas Raschel, Christiane Müller-Kaffke und Moni Seib, die die ganze Orga um die Messe machen und Buchhändlerin Lucia Bornhofen.
Und dann die ganzen Büchermenschen, die zur Messe kommen. Der Austausch vor und während der Messe, das Vernetzen, das Fachsimpeln, das Ideen-spinnen.
Wenn die Messe läuft besuche ich alle Stände, mache Fotos, die ich hinterher einstelle. Manche Lesungen moderiere ich an, auch das eine große Freude.

Wie "wählt" man die Aussteller*innen aus?
Die Teilnehmer melden sich an und meistens reicht der Platz für alle. Ansonsten entscheidet „Wer zuerst kommt …“ Aber bisher haben wir immer für alle eine Lösung gefunden.

Unter uns: Welche Aufgabe würdest du am liebsten sofort abgeben? ;-)
Keine. Ich darf mich ja um das Kümmern, was mir am meisten Spaß macht. Großer Respekt gehört meinen Kolleginnen, die die ganze Organisation verantworten. Und den vielen helfenden Händen im Hintergrund beim Auf- und Abbau, beim Saubermachen etc.

Was ist dein Aufgabenbereich bei der Riedbuchmesse in Stockstadt?
Mein Part ist der Social Media Bereich. Um die Buchmesse zu supporten, habe ich das „Literaturportal Südhessen“ auf Facebook eingerichtet.
Im Vorfeld der Messe platziere ich dort kleine Porträts zu den austellenden Verlagen und teilnehmenden Autorinnen und Autoren.
Die meisten unserer Akteure sind „kleine“ Indiebook-Verlage und Autorinnen und Autoren bzw. auch Selfpublisher:innen. In der Regel erfahren diese keine große öffentliche Aufmerksamkeit. Das ist total schade, denn gerade jenseits des Mainstreams können Leserinnen und Leser so viel entdecken.
Ich freue mich, wenn ich mit meinen kleinen Posts die Neugier des Publikums ein wenig auf diesen Bereich der Literatur lenken kann.
Und ich freue mich, unseren Austellenden mit den Posts etwas in die Hand zu geben, das diese für ihr Marketing weiter verwenden können.
In diesem Jahr ist noch der Insta-Kanal „riedbuchmesse“ hinzugekommen, den ich parallel bespielt habe.

Kann man sich als Autor*in oder Verlag noch bewerben?
Die Buchmesse findet am 11. und 12. März 2023 statt. Also ist es für 2023 inzwischen zu spät. Die Anmeldefrist endet in der Regel kurz vor Weihnachten des Vorjahres. Denn im neuen Jahr geht es gleich an die Programm-Gestaltung. Am besten rechtzeitig Kontakt zu uns aufnehmen per Anruf bei der Stadt Stockstadt am Rhein oder per E-Mail. Oder gerne auch an mich.
Nicht zu spät ist es, die Buchmesse zu besuchen! Wer sich als Autor:in oder Verleger:in interessiert, macht sich so sowieso am Besten ein Bild von uns.

Gibt es jemanden, auf den du dich bei der Messe am meisten freust?
Viele unserer Gäste kommen seit Jahren. Da ist das Wiedersehen fast wie ein kleines Familientreffen. Es ist schön viele bekannte Gesichter zu sehen. Aber am meisten freue ich mich, auf die ganz neuen Begegnungen. Auf die Überraschungen, die man vorher gar nicht auf dem Schirm hat.
Wir haben ein sehr buntes Programm vorbereitet. Auf der Website (www.riedbuchmesse.de) kann man sich das abrufen. Ich bin sicher, da ist für jeden etwas Vorfreude dabei. Mit Michael Kibler haben wir am Samstag-Abend ab 17:30 Uhr einen Krimi-Höhepunkt. Es gibt hochkarätige Lyrik und auch eine musikalische Lesung mit Flamenco-Musik, um nur ein paar der vielen Highlights zu nennen.



Sonntag, 5. März 2023

Michael Ende "Momo"

Zeit ... Raum und Zeit ... Die Zeit rinnt mir durch die Finger ... Ich habe keine Zeit ...
Schier unendliche viele Redewendungen drehen sich um die Zeit oder darum, dass man keine hat. Fünfzig Jahre ist das Buch "Momo" inzwischen alt und doch hat es in vielerlei Hinsicht nichts von seiner Aktualität eingebüßt.
Momo ist ein kleines Mädchen, was gerne anderen Menschen zuhört. Ob jung oder alt, alle streben sie zu der kleinen Ruine, die sie sich als Unterkunft ausgesucht hat. Immer mit dabei, ein kleines Frühstück, ein Snack oder andere Leckereien, denn Momo besitzt nahezu nichts und kann sich nicht selbst versorgen, was für die Bewohner des Dorfes allerdings kein Problem darstellt.
Immer kommen die Kinder auch zum Spielen zu ihr, doch von einem auf den anderen Tag haben alle keine Zeit mehr. Sie müssen mehr arbeiten oder lernen oder sonstige Dinge tun, die vom schönen Müßiggang oder vom kreativen Spielen ablenken. 
Eine Schildkröte führt Momo in den Bereich der Stadt, wo mit der Zeit ganz anders umgegangen wird, doch ihr Ausflug verändert ihre Freunde umso mehr.
Was ist einem Menschen im Leben wichtig? Erfolg? Ruhm? Ehre? Auskommen? Liebe? Und denkt man in der heutigen Zeit, die sich wenn auch in anderer Form im Buch Seite um Seite widerspiegelt, überhaupt noch darüber nach? Man funktioniert, man geht zur Arbeit, macht den Haushalt, geht Einkaufen, kümmert sich um die Menschen um einen herum. Doch man selbst? 
Viele der kleinen Gespräche, die in dem Buch geführt werden, könnten nahezu identisch auch heute noch geführt werden. Ab einem gewissen Alter hat man keine Zeit, man versucht sie sich zu nehmen, mit mehr oder minder großem Erfolg.
Das Buch mit seiner bildhaften Umsetzung der Zeit öffnet gerade dem erwachsenen Leser die Augen und lässt ihn manche Entscheidungen hinterfragen und manche ebenso bereuen. Ein Buch, dass einen aufrüttelt die grauen Männer aus dem eigenen Leben zu vertreiben und die schönen Momente zu genießen und zu mehren.

5 von 5 Uhren

Samstag, 4. März 2023

Jakob Wassermann "Akten zur Verteidigung Caspar Hausers"

Die Geschichte von Caspar Hauser gleicht einer Tragik, die besser nicht ersonnen werden konnte. Jeder, der die Skulptur ins Ansbach, den gedrungenen Körperbau und die hängenden Schultern gesehen hat, kann vielleicht in Ansätzen erahnen, wie sehr er in seinem Leben gelitten hat. Dabei ging es sowohl zu seinen Lebzeiten als auch in der Literatur hoch her. War er wirklich von Adel oder war er ein Hochstapler? Verstört und unterentwickelt, taucht er 1828 in Nürnberg auf und spricht zuweilen gar nicht, bis wenig. Nach und nach erzählt er vermeintlich aus seiner Vergangenheit, in der bei Wasser und Brot in einem dunklen Raum gehaust haben soll.
Viele Autoren haben sich schon während Caspar Hausers Lebzeiten und noch viel mehr noch danach, mit seiner Abstammung und seinem Verhalten beschäftigt. War er der Sohn, der nicht hatte sein dürfen oder war alles ein großes Hirngespinst?
Es gibt diese Autoren, die schreiben ein Werk und dieses lässt sie ihr ganzes Leben nicht mehr los. Ein solcher Autor war Jakob Wassermann. Schon früh war er von der Geschichte um Caspar Hauser fasziniert und doch hat es lange Zeit gedauert, bis er seinen Text hierzu fertiggestellt hatte. Viel Kritik musste er im Folgenden einstecken und doch schlichen sich immer wieder Anmerkungen oder Bezüge in seine nachfolgenden Werke. 
"Akten zur Verteidigung von Caspars Hausers", herausgegeben von Claudius Weise, gibt einen umfassenden Überblick in das Leben Jakob Wassermanns und wie es von Caspar Hauser beeinflusst wurde. Durch Tagebucheinträge und Anmerkungen seiner Ehefrauen sowie seiner eigenen Texte, Tagebucheinträge und Briefe zeigt sich das Bild eines Autoren, der nicht besessen, aber doch sehr stark durch sein Werk geprägt war und den die fortwährenden Diskussionen müde gemacht haben. 
Ein interessantes Werk, das in vielfältiger Weise einen Einstieg in die Legende Caspar Hausers bietet.

4,5 von 5 Kriminalfällen

Donnerstag, 2. März 2023

Autoreninterview Spezial "Messe Fabula est"

Hallo zusammen.
Wieder habe ich mich auf die Suche nach einer interessanten Autorin gemacht und habe jemand Nettes gefunden, die mir meine Fragen beantworten möchte.
Doch dabei dreht es sich nicht im erster Linie um die Autorin selber, sondern um ihre Mitarbeit bei der Buchmesse Fabula est, welche am 20.05.23 in Solingen stattfinden wird. Also herzlich Willkommen zum Autoreninterview Spezial mit Christina Willemse.

Wie wird man Mitveranstalterin einer Buchmesse?
Die Idee zur Fabula est kam von mir. Ich habe diese Messe also ins Leben gerufen und sie auch die ersten beiden Male größtenteils "alleine" stattfinden lassen. Da der Aufwand, auf Grund der hohen Nachfrage, aber zu hoch für mich alleine wurde, habe ich mich auf die Suche nach einem Kooperationspartner gemacht. Zu meinem Glück habe ich sehr schnell den Hybrid Verlag als Partner gewinnen können.

Was macht dir bei den Vorbereitungen am meisten Spaß?
Der Kontakt zu den Teilnehmern.

Wie "wählt" man die Aussteller*innen aus?
Wir "wählen" im Grunde nicht aus. Jeder ist herzlich willkommen. Einzige Grenze ziehen wir bei rechtsradikalen Büchern/ Verlagen oder DKZV Verlagen.

Unter uns: Welche Aufgabe würdest du am liebsten sofort abgeben? ;-)
Marketing, eindeutig. Insbesondere das vor Ort Marketing in Form von Plakaten und Flyern verteilen/aufhängen. Das ist einfach nicht so meins, auch wenn es eine sehr wichtige Aufgabe ist.

Was ist dein Aufgabenbereich bei der Fabula est?
Das Eintragen der Anmeldedaten und Bestätigen der Anmeldung/Buchung. Generell der komplette Kontakt mit den Teilnehmern inkl. beantworten von Fragen rund um die Anmeldung/Buchung. Ich bin im Grunde die erste Ansprechspartnerin für die Teilnehmer. Auch pflege ich den Großteil der Daten in die Webseite ein. Ich stelle ebenfalls die Teilnehmer in den sozialen Medien vor.

Desweiteren bin ich für das, wie bereits oben schon erwähnte, verteilen der Plakate usw. vor Ort zuständig.

Kann man sich als Autor*in oder Verlag noch bewerben?
Ja, das ist noch möglich. Ein paar Tische haben wir noch frei.

Gibt es jemanden, auf den du dich bei der Messe am meisten freust?
Ja und nein. Natürlich freue ich mich bekannte Gesichter wiederzusehen. Einige der Teilnehmer sind schon seit der ersten Fabula est dabei und da freut es mich natürlich immer sehr, sie erneut begrüßen zu dürfen. Desweiteren habe ich zu dem einen oder anderen Autor auch privat Kontakt, was dann noch mal eine andere Ebene von Wiedersehensfreude ergibt.

Aber im Grunde freue ich mich auf jeden Teilnehmer und suche auch immer tapfer nach dem direkten Kontakt zu diesen.