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Freitag, 30. Juni 2023

Ulla Coulin-Riegger "Es wird so unbemerkt zu spät"

Eine oder vielmehr "die" neue Krankheit zu erforschen, das sieht Dr. Rafael Lenz als seine Aufgabe an. Neben all der Theorie begibt er sich selbst Tag für Tag in die Gruppensitzungen und versucht mit seinen drei Fragen die Menschen zu heilen. Wenn alle anderen schlafen, schlägt er sich nach der Sitzungen noch die Nächte um die Ohren, um mit Artikeln und Interviews die Presse, die Rentenkasse und auch die Arbeitgeberverbände vor dem drohenden Arbeitnehmerschwund zu warnen. Doch so richtig ernst nehmen sie ihn nicht. Vielmehr befürchten sie, dass die Aufmerksamkeit das Problem eher verstärkt, als das es gelöst wird. Doch wer am Ende Recht behalten wird, bleibt lange Zeit fraglich.

Ulla Coulin-Riegger studierte Psychologie und arbeitet seit 1996 als Verhaltenstherapeutin. Warum ich das erwähne? Weil man beim Lesen immer wieder merkt, dass die Geschichte sehr nah am Alltag und den damit verbundenen Problemen geschrieben ist. Nicht, dass ich den Alltag einer Therapeutin kenne, aber in der heutigen Zeit sind auch in der Arbeitswelt psychische Krankheiten und deren jeweilige Auswirkungen zwangsläufig ein Thema.

Ungeschönt, dabei aber nicht brutal, zeigt die Autorin, was Probleme mit Menschen machen und auch, wie der Therapeut durch die Sitzungen beeinflusst wird. Helfen oder helfen lassen, aufstehen oder liegen bleiben, viele Probleme, die anfangs klein erscheinen, bekommen gerade durch ihre Fortdauer eine enorme Macht über den Geist und es ist bedrückend, wie man als Leser manche Verhaltensmuster vorhersehen kann. 

Dabei ist das Buch nicht pessimistisch, es ist sehr rational geschrieben. Schildert Probleme, zeigt Auswege, die mal genommen, mal umgangen werden und weisen somit auch dem Leser auf, dass man immer eine Wahl hat. Man muss sich nur entsprechend entscheiden.

Mit gut 200 Seiten hat das Buch genau die Länge, um sich dem Thema mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zu widmen, ohne sich dabei zu sehr zu wiederholen.

Ein Buch, dass die Augen öffnet und den Leser anschließend bewusster durch den Alltag gehen lässt.

4,5 von 5 Therapiesitzungen

Zeitschrift des Monats "Veilchen"

Zumeist sind es Bücher, die einem als Leser ins Auge springen, dabei gibt es wahrlich viele andere Möglichkeiten an Texte, Berichte und Geschichten zu kommen. Dieses Jahr nehme ich euch einmal im Monat in die Welt der Zeitschriften mit. Die Zeitschriften umfassen die verschiedenen Genres wie Krimis, Fantasy, Science-Fiction oder bilden ein buntes Crossover. Von Printausgaben über Downloads, von kostenlosen Exemplaren bis hin zum Hochglanzmagazin ist so manches dabei, was das Leserherz höher schlagen lassen kann. So genug der Einleitung, schauen wir uns die sechste Zeitschrift an:


Name: Veilchen
Turnus: alle drei Monate
Preis: E-Book/Magazin 3,50 Euro (Abopreis)
Bezugsadresse: geschichten-manufaktur.de
Seitenumfang: bis zu 40 Seiten

Bei dem Veilchen handelt es sich um eine kleine, dafür feine Literaturzeitschrift. Sie besticht durch diverse Kürzest- oder Kurzgeschichten aus den verschiedensten Genres. Zumeist lassen sich hier auch neue Autor:innen entdecken, da die Herausgeberin auf Geschichten nicht auf Namen setzt. 
Bei den Texten handelt es sich oftmals um leise Geschichten, die sich erst nach und nach bei Kopf des Lesers entfalten und somit ihre Kraft und Stärke ausdrücken. Gegenwartsliteratur, Glossen und Satiren sind in dieser Zeitschrift oftmals zu finden.
Untermalt werden die Geschichten durch Gedichte, Rezensionen und durch einen Wettbewerbskalender, in dem kommende Ausschreibungen mit ihren Vorgaben aufgelistet werden.

Hier geht es zur Webseite: geschichten-manufaktur.de

Die nächste Ausgabe erscheint voraussichtlich im Juli 2023.

Donnerstag, 29. Juni 2023

#AutoralsDetektiv: Anke Elsner


Hallo zusammen.
Zur Veröffentlichung meiner ersten Anthologie "En Passant - Die Reisen des Sherlock Holmes" habe ich mir in Zusammenarbeit mit Christoph Grimm und dem Burgenwelt-Verlag eine Sonderausgabe von #AutoralsLeser ausgedacht. Einmal in der Woche folgen nach der Veröffentlichungswoche die weiteren Interviews.

Weiter geht's mit: Anke Elsner

Welche Sherlock Holmes Geschichte von Arthur Conan Doyle hat dich in die Welt des Detektivs geführt und was hat dir an ihr gefallen?
Keine Ahnung, ist zu lange her; ich mag am liebsten „Der Hund von Baskerville“ und „Das gefleckte Band“. Die beiden Geschichten sind so schön hinterhältig.

Sherlock Holmes hat im Laufe der Jahre viele Veränderungen in den Pastiches durchgemacht. Welchen Holmes magst du am liebsten?
Kann ich nicht sagen, ich kenne nur die Fernsehfassung mit Benedict Cumberbatch, und da finde ich die ersten Folgen total genial in ihrer Verknüpfung von Jetztzeit und Holmes-Geschichte.

Hand aufs Herz: Was zeichnet deine Holmes Geschichte in der Anthologie aus?
Der Plot ist spannend, der Stil entspricht dem Conan Doyles und die beiden Protagonisten zeichnen sich durch genau die Eigenarten aus, die man auch in den originalen Holmes-Geschichten findet. Also für Holmes-Liebhaber eine fesselnde Lektüre - hat man mir gesagt ;-)

Nächste Woche stellt ein weiterer Autor seine Antworten zu Sherlock Holmes vor.

Mittwoch, 28. Juni 2023

Diana Wynne Jones "Aya und die Hexe"

Aya geht es im Waisenhaus St.-Morwald eigentlich sehr gut, alles hört auf ihr Kommando und daher kann sie gar nicht verstehen, was es für einen Vorteil bringen sollte, wenn sie jemand mit nach Hause nähme. Einzig der Gedanke, dass eine mächtige Hexe sich ihrer annehmen würde, das könnte Ayas kleines Herz durchaus etwas schneller schlagen lassen. Auch wenn sie dafür ihren besten Freund Pudding verlassen müsste.
Doch nichts ist so einfach wie es scheint und die Hexe Bella Yaga hat durchaus ihre eigenen Pläne mit Aya, das diese so gar nichts mit Ayas Vorstellungen zu tun haben, darüber kommt es über kurz oder lang zu Reibereien.
Mit knapp 110 Seiten ist dies eine kleines Buch für zwischendurch, was einen immer wieder schmunzeln lässt. Zwar ist die Idee eines kleinen, aufmüpfigen Mädchens nicht neu (man denke an Pippi Langstrumpf oder ähnliche Figuren), aber das Zusammenspiel zwischen Aya, Bella Yaga, Mandrakus und Thomas sind äußerst unterhaltsam.
Besonders gelungen ist die Interaktion zwischen den Worten und den Illustrationen. Mal als kleines Detailbild, mal als ganzseitige Bibliothek versprühen die Darstellungen ihren eigenen Charme und untermalen zugleich die jeweilige Stimmung des Kapitels. Eine perfektes Zusammenspiel und ein Augenschmaus für den Leser.

4 von 5 Hexen

Sonntag, 25. Juni 2023

Verity Bright "Ein allzu englischer Mord"

Eigentlich hat es Eleanor als Frau in den 1920-er Jahren ganz gut getroffen. Sie reist um die Welt, auf der Suche nach neuen Reiserouten für den zunehmend erstarken Tourismus.
Doch als ihr Onkel stirbt, muss sie nach England zurückkehren und sowohl den Titel als auch das Herrenhaus übernehmen, denn sie ist die letzte ihrer Familie. Empfangen wird sie von nunmehr ihrem eigenwilligen Personal, mit dem ihr Onkel zuvor ein doch eher freundschaftliches Verhältnis zu haben schien. Gerade deswegen scheint das versnobte Verhalten des Butlers umso aufdringlicher und sie entflieht in einer regnerischen Nacht dem häuslichen Druck und beobachtet nicht weit entfernt einen Mord. Als sie kurze Zeit später am Ort des Geschehens auftaucht, gibt es allerdings keine Leiche sondern nur eine Blutlache. Was tun? 
Die Polizei ist schnell außen vor, ohne Leiche kein Verbrechen und Lady Eleanor sieht sich gezwungen den Fall selbst in die Hand zu nehmen.
Wieder einmal eine neue Cosy crime Serie, die um die Leserschaft buhlt. Wieder einmal sind die 1920-er Jahre der Handlungszeitpunkt. Ist diese neue Serie, denn es stehen die nächsten Bände schon zur Veröffentlichung bereit, eine Serie, die man lesen sollte?
Die Werbung verspricht das Lesevergnügen einer Agatha Christie und das Buch kann dem Vergleich durchaus stand halten. Zwar merkt man dem Buch an, dass es das erste der Reihe ist, viele Sachverhalte werden zu oft wiederholt und einige Dinge zu plakativ unterstrichen, doch die Serie punktet dafür an mehreren anderen Stellen. Gut gefiel mir vor allem das Verhältnis zwischen ihr und der Dienerschaft, man muss sich aneinander gewöhnen und doch ist es gerade diese Zeit, in der alte Muster aufbrechen und man an einem anderen Umgang miteinander arbeitet.
Die Beziehung zwischen Eleanor und ihrem Butler erinnert ein wenig an Jeeves und Wooster, der Butler wirkt oftmals ein wenig naseweis, da er die Menschen und Umstände besser kennt, als seine neue Herrin, es hat gerne einmal etwas Herablassendes, was aber durch ihre Reaktion schon fast charmant wirkt. 
Der Mordfall ansich ist überschaubar, was aber die Krimis dieser Zeit ausmacht. Es sind nicht die großen Rätsel und nicht achtzig Verschlingungen sind notwendig um zur Festnahme zu gelangen.
Ein kurzweiliger Zeitvertreib, der zu einer Wiederholung ermutigt.

4 von 5 Landpartien

Donnerstag, 22. Juni 2023

#AutoralsDetektiv: Richard Fliegenbauer


Hallo zusammen.
Zur Veröffentlichung meiner ersten Anthologie "En Passant - Die Reisen des Sherlock Holmes" habe ich mir in Zusammenarbeit mit Christoph Grimm und dem Burgenwelt-Verlag eine Sonderausgabe von #AutoralsLeser ausgedacht. Einmal in der Woche folgen nach der Veröffentlichungswoche die weiteren Interviews.

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Welche Sherlock Holmes Geschichte von Arthur Conan Doyle hat dich in die Welt des Detektivs geführt und was hat dir an ihr gefallen?
Ich gebe zu, ich weiß es nicht mehr. Aber Sherlock Holmes war schon von Kindesaugen an mein Held unter allen Detektiven. Weil er mit Köpfchen arbeitete und kein so kleines Detail übersah. Das imponierte mir als Knirps unendlich und ich versuchte, bei einigen Geschichten selbst auf den Kniff zu kommen, mit dem der Täter überführt werden könnte. Heute ist mein Liebling „Das Geheimnis von Boscombe Valley“, weil es so spannend in der Auflösung ist.

Sherlock Holmes hat im Laufe der Jahre viele Veränderungen in den Pastiches durchgemacht. Welchen Holmes magst du am liebsten?
Hier kommt meine Liebe zu Indien zum Vorschein, da kann es nur um die „Missing Years“ gehen, also die Zeit, die Holmes im Exil war. „Das Mandala des Sherlock Holmes“ ist einfach eine wunderbare Verknüpfung der westlichen und fernöstlichen Welt.

Hand aufs Herz: Was zeichnet deine Holmes Geschichte in der Anthologie aus?
Es ist immer schwer, die eigene Geschichte zu bewerten und einzuordnen. Mein Fokus lag bei „Gin“ auf zwei Punkten: Zum einen das Eintauchen in das London um die Zeit von 1900. Zum anderen ging es mir darum, die akribische Arbeit und die logischen Zusammenhänge von Holmes herauszustellen. Ohne Gen-Analyse und Rasterelektronenmikroskop, nur durch die cleveren grauen Zellen des Detektives wird der Fall gelöst, den die Polizei schon längst abgelegt hatte.

Nächste Woche stellt eine weitere Autorin ihre Antworten zu Sherlock Holmes vor.

Mittwoch, 21. Juni 2023

Manuel Otto Bendrin "Legende eines Helden"

Elben, Zwerge, Menschen ... Auf den anfänglichen Seiten des Erstlings von Manuel Otto Bendrin könnte man meinen, man hätte sich in eine Fortsetzung von Tolkien oder einem anderen Fantasy-Autor verirrt.
Doch schnell wird klar, dass er mit seinen Protagonisten Seìko und Īsarnaro führt er direkt zwei Charaktere ein, die zeigen, dass bei weitem um mehr geht als die schlichte Geschichte von Elben, Zwergen, Menschen und Magiern geht, die mal wieder in den Krieg ziehen.
Nicht missverstehen, es geht um Krieg, es geht um Herrschaft, es geht um Macht - die großen Dinge, die in der Fantasy eine Rolle spielen, doch es geht um mehr.
Sprachlich differenziert und den jeweiligen Gruppierungen ihre eigene Sprache gebend, baut Manuel in seinem Worldbuilding eine Welt, in der es alles andere als gerecht zugeht. Völker werden verdammt, menschliche Bande zerstört und über all dem schwebt das Unheil, das schon vor Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten in die Welt gekommen ist.
Auf knapp 400 Seiten erführt der Autor und in eine Welt, in der es mächtige Frauen, wankelmütige Helden und böse Wesen gibt und es ist eine wahre Freude, dieses Fantasy-Epos zu lesen, denn auf diesen Twist kommt man nicht allzu schnell. Ein toller Erstling, der nachhallt und es der folgenden Fantasyliteratur schwer macht, mich zu überraschen.

4,5 von 5 Welten 

Montag, 19. Juni 2023

Anja Baumheier "Die Buchverliebten"

Sich in Büchern verlieren zu können, ist eine Kunst, die Gesa nach einem schweren Schicksalsschlag verloren hat. Noch vor Jahren war die Literatur alles für sie, nur um danach ins Dunkel der Vergessenheit gestoßen zu werden und in einer Phobie zu enden.
Bei Ole ist das Gegenteil der Fall. Gerade der Schicksalsschlag und die sich daraus ergebende Arbeitslosigkeit zwingt ihn, sich mit der Welt der Bücher eingehender zu beschäftigen und die kleine Buchhandlung in Lübeck unter seiner Wohnung zu übernehmen.
Zwei Menschen, deren Leben unterschiedlicher nicht sein könnte, treffen aufeinander, als es darum geht, Gesas Arbeitsplatz zu sichern. Ole, charmant und belesen, und Gesa, die zurückgezogen ihr Leben in einer Blase lebt, sind beide über ihre Lebensmitte hinaus, als sie sich das erste Mal sehen. Beide haben sich mit ihrem Leben und den entsprechenden Umständen arrangiert, als ihr Treffen ihre Leben in den Grundmauern erschüttert. Denn ihre Begegnung ist noch die harmloseste Begebenheit in ihrer beider Zukunft.

Was für ein Buch!
Bücher über Buchläden hat es in der letzten Zeit vermehrt gegeben, daher war ich zu Anfang ein wenig skeptisch, doch spätestens ab Seite 20 entwickelt das Buch eine solche Sogwirkung, dass man als Leser einfach immer weiter lesen muss. Beide Hauptcharaktere sind eigenwillig und auf solch liebevoll Art gezeichnet, dass man ihre Gefühlswelt mit jeder Faser nachfühlen kann. Dabei schafft es die Autorin den Plot so mit dem modernen Zeitgeist von Buchbloggern, Instagram und Co zu verweben und gleichzeitig, das Lokalkolorit von Lübeck vor dem geistigen Auge auferstehen zu lassen. Das Buch hat dabei die richtige Mischung aus Humor, Drama und Charme, dass man beim Lesen viele Taschentücher braucht: für die Tränen, aber auch für die Freudentränen. Ein Buch, bei dem man bedauert, dass es zu Ende ist, aber gleichzeitig mit einem wohligen Gefühl in den Alltag entlassen wird.
Braucht ihr noch mehr Lesemotivation? Das Buch ist gespickt mit Zitaten aus anderen Büchern und passend zum Buchladen werden immer wieder andere Bücher erwähnt ... 

5 von 5 Buchläden

Donnerstag, 15. Juni 2023

#AutoralsDetektiv: Alexander Klymchuk


Hallo zusammen.
Zur Veröffentlichung meiner ersten Anthologie "En Passant - Die Reisen des Sherlock Holmes" habe ich mir in Zusammenarbeit mit Christoph Grimm und dem Burgenwelt-Verlag eine Sonderausgabe von #AutoralsLeser ausgedacht. Einmal in der Woche folgen nach der Veröffentlichungswoche die weiteren Interviews.

Weiter geht's mit: Alexander Klymchuk

Welche Sherlock Holmes Geschichte von Arthur Conan Doyle hat dich in die Welt des Detektivs geführt und was hat dir an ihr gefallen? 
Die erste Geschichte, die ich von Sherlock Holmes las, war „Das Tal der Angst“, doch „Der Vampir von Sussex“ hinterließ einen bleibenden Eindruck. Sie fasziniert mich noch heute. In der Welt des Meisterdetektivs wird in den klassischen Geschichten oft mit Mysterien gespielt, die den Anschein erwecken, dass Übernatürliches die Ursache zu sein scheint. Besonders in Erinnerung ist mir da „Der Hund von Baskerville“. Doch wie beim Vampir von Sussex lässt sich das Geschehen stets rational erklären. Diese Aspekte haben mir besonders gut gefallen, da sie eine klassische Kriminalgeschichte mit phantastischer Literatur zu etwas Neuem vermischen.

Sherlock Holmes hat im Laufe der Jahre viele Veränderungen in den Pastiches durchgemacht. Welchen Holmes magst du am liebsten? 
Ich liebe Peter Cushing in der Verfilmung von „Der Hund von Baskerville“ aus dem Jahr 1959. Auch Robert Downey Jr. hat mir in den Filmen von Guy Ritchie sehr gut gefallen, obwohl er ganz klar einen anderen Fokus hat als die Vorlagen von Doyle und mehr auf cool inszenierte Action ausgelegt ist. Die Chemie zwischen diesem modernen Holmes und seinem von Jude Law verkörperten Dr. Watson hat für mein Empfinden gut funktioniert. Aber wirklich nachhaltig beeindruckt hat mich Benedict Cumberbatchs Inkarnation von Sherlock Holmes in der BBC-Serie „Sherlock“, die zwischen 2010 und 2017 produziert wurde. Hier stimmt für mich alles, von den Dialogen über die Dramaturgie, die Besetzung war absolut top und die Atmosphäre insgesamt war eine tolle Kombination, die Sherlock  Holmes als klassische Figur ernst nimmt und erfolgreich in ein modernes Setting transzendiert. Cumberbatch ist eine Naturgewalt, der der Figur, die er verkörpert, mit Witz und Respekt mehr als gerecht wird und ihr glaubhaft und unterhaltsam Leben einhaucht. 
Großes Kino.

Hand aufs Herz: Was zeichnet deine Holmes Geschichte in der Anthologie aus?
Ich denke, meine Geschichte „Der Exorzismus der Maria Copperfield“ zeichnet sich durch verschiedene Aspekte aus. Zum einen basiert das Setting auf realen Hintergründen. So war Captain Robert Anderson, der Holmes in der Geschichte um Hilfe bittet, tatsächlich im Jahre 1888 Chief Inspector des Scotland Yard in London und jagte den berüchtigten Serienmörder „Jack the Ripper“ und hätte in der Tat keine Zeit für einen anderen Fall gehabt. So ist die Geschichte nicht nur eine Hommage an die klassischen Erzählungen, sondern teilweise auch eine Momentaufnahme der
Kriminalgeschichte. Ein anderer Aspekt, der diese Erzählung für mich persönlich besonders macht, ist die Tatsache, dass ich vor etwa 15 Jahren die Einleitung und Andersons Brief schrieb und sie dann unvollendet in einer Schublade vor sich hingammelte, bis sie durch die Ausschreibung zu dieser Anthologie wiederbelebt und vollendet wurde. Ich glaube, ich brauchte erst noch etwas mehr Erfahrung, sowohl als Autor als auch als Leser, um mir anzumaßen, Sir Conan Doyles ikonischem Ermittler Worte in den Mund zu legen und einen rätselhaften Kriminalfall zu entwirren.​
„Der Exorzismus der Maria Copperfield“ hat mich also eine sehr lange Zeit begleitet, bevor ich die Geschichte vollenden und loslassen konnte, doch ich bin froh, dass alles so gekommen ist. Ursprünglich sollte sie ganz anders verlaufen und enden. Doch manchmal ist es gut, wenn man sich etwas mehr Zeit lässt.

Nächste Woche stellt ein weiterer Autor seine Antworten zu Sherlock Holmes vor.

Donnerstag, 8. Juni 2023

#AutoralsDetektiv: Kai Bößneck


Hallo zusammen.
Zur Veröffentlichung meiner ersten Anthologie "En Passant - Die Reisen des Sherlock Holmes" habe ich mir in Zusammenarbeit mit Christoph Grimm und dem Burgenwelt-Verlag eine Sonderausgabe von #AutoralsLeser ausgedacht. Einmal in der Woche folgen nach der Veröffentlichungswoche die weiteren Interviews.

Weiter geht's mit: Kai Bößneck

Welche Sherlock Holmes Geschichte von Arthur Conan Doyle hat dich in die Welt des Detektivs geführt und was hat dir an ihr gefallen?
Meine erste Sherlock Holmes Geschichte habe ich gelesen, da war ich etwa neun oder zehn Jahre alt. Ich hatte eine Sammelband mit Detektivgeschichten zu meinem Geburtstag geschenkt bekommen. Neben "Der entwendete Brief" von Edgar Allan Poe waren u.a. Geschichten von Agatha Christie, Dorothy L. Sayers, Gilbert Keith Chesterson und Edgar Wallace in dem Band. Zudem auch eine Geschichte von Arthur Conan Doyle. Es handelte sich um die Geschichte "Das gefleckte Band". Sie hat mich sofort gefesselt. Vor allem durch die Art und Weise der Tatdurchführung. Letztlich sind Geschichten in denen Tiere die Mordwaffe sind, immer sehr spannend. Deshalb liebe ich auch "Der Hund der Baskervilles". Dennoch bleibt "Das gefleckte Band" meine Lieblingsgeschichte.

Sherlock Holmes hat im Laufe der Jahre viele Veränderungen in den Pastiches durchgemacht. Welchen Holmes magst du am liebsten?
Ich muss zugeben, die meisten Pastiches habe ich nicht gelesen, sondern als Hörspiel-Version in der Reihe "Sherlock Holmes Chronicles" gehört. Mir viel dabei auf, dass die Pastiches oft ausgeschmückter sind, als die Original-Erzählungen von Doyle. Dies verwundert ja nicht, sind die meisten Pastiches ja auch Romane, während Doyle ja mehr Kurzgeschichten geschrieben hat. Ich denke, dass man durch die Pastiches ein viel differenzierteres Bild von Holmes bekommt, als im Originalwerk. Da wo es passt ist es großartig. Dennoch denke ich, ist der Original Holmes, der wahre Holmes und es ist schwer ihn zu kopieren. Vermutlich ist es auch der Grund, warum ich dies nicht getan habe, in meiner Kurzgeschichte für die Anthologie ;)

Hand aufs Herz: Was zeichnet deine Holmes Geschichte in der Anthologie aus?
Meine Geschichte zeichnet aus, dass nicht Holmes im Mittelpunkt steht und die Geschichte nicht aus der Perspektive von Dr. Watson geschrieben wurde. Sie wird den Leser erklären, warum Sherlock Holmes in der Geschichte "Das leere Haus" Inspektor Lestrade bezüglich der Lösung des Molsey-Rätsels lobt.

Nächste Woche stellt ein weiterer Autor seine Antworten zu Sherlock Holmes vor.

Sonntag, 4. Juni 2023

Paul Gallico "Der Krönungstag"

Die Krönung von Elisabeth II war zu ihrer Zeit das mediale Ereignis. Zum ersten Mal konnten die Menschen im Commonwealth "dabei sein", wenn ihr Staatsoberhaupt gekrönt wurde. Neben dem Fernsehen gab es die Übertragung im Radio und auch auf den Straßen standen die Menschen Schlange, um ihre Königin zu sehen.
In der Erzählung "Der Krönungstag" will Familie Clagg aus Sheffield ebenfalls dabei sein, wenn die Königin ihren großen Tag hat. Dafür wird das Geld für den Sommerurlaub geopfert, um sich Karten in der ersten Reihe mit Empfang und Champagner zu gönnen. 
Alle sind sie auf die eine oder andere Art von der Königin und ihrem Hof fasziniert und so steht der großen Reise und den damit einhergehenden Strapazen nichts im Weg. Doch leider kommt in London so ziemlich alles anders, als es sich die Familie gedacht hat. Ob sie am Ende des Tages darüber traurig oder vielleicht auch froh sind, muss der Leser selbst entdecken,
Diese wundervolle Geschichte, die den Krönungstag der Queen aus einer etwas anderen Perspektive erzählt, zeigt wunderschön, wie sehr man sein Leben planen kann, um letztlich vor einer gänzlich anderen Situation zu stehen, als man sie ursprünglich geplant hat. 
Gewürzt mit einer gehörigen Portion englischem Starrsinn und gleichzeitig englischem Humor zeigt das Buch in vielfältiger Weise, was es heißt ein Engländer zu sein und sich wie ein solcher zu benehmen. Hin und her gerissen zwischen englischem Benimm und dem Familiensinn ist es gerade der Vater der Familie Clagg, der den Zwiespalt besonders deutlich zeigt.
Wer die Engländer verstehen will, sollte dieses Buch lesen. Es ist charmant und erklärt dabei so unendlich viel.

5 von 5 Fanfaren

Donnerstag, 1. Juni 2023

#AutoralsDetektiv: M. W. Ludwig


Hallo zusammen.
Zur Veröffentlichung meiner ersten Anthologie "En Passant - Die Reisen des Sherlock Holmes" habe ich mir in Zusammenarbeit mit Christoph Grimm und dem Burgenwelt-Verlag eine Sonderausgabe von #AutoralsLeser ausgedacht. Einmal in der Woche folgen nach der Veröffentlichungswoche die weiteren Interviews.

Weiter geht's mit: M. W. Ludwig

Welche Sherlock Holmes Geschichte von Arthur Conan Doyle hat dich in die Welt des Detektivs geführt und was hat dir an ihr gefallen?
Meine erste Begegnung mit Sherlock Holmes mag „Der Hund der Baskervilles“ gewesen sein. In der Verfilmung mit Basil Rathbone und als Hörspielkassette. Die schaurige Mooratmosphäre hat mich als Jugendlicher gleich gepackt. Ein guter Freund hatte die Werkreihe aus dem Bücherbund, die ich daraufhin verschlungen habe.

Sherlock Holmes hat im Laufe der Jahre viele Veränderungen in den Pastiches durchgemacht. Welchen Holmes magst du am liebsten?
Die wohl beste Holmes Pastiche kommt von Anthony Horowitz – „Das Geheimnis des weißen Bandes“. Außerdem mag ich den Film „Das Geheimnis des verborgenen Tempels“ von 1985, der eine (wenn auch nicht wirklich werkgetreue) erste Begegnung zwischen Homes und Watson erzählt. Und natürlich „Basil, der große Mäusedetektiv“.

Hand aufs Herz: Was zeichnet deine Holmes Geschichte in der Anthologie aus?
Das ist schwer zu beantworten, ohne zu spoilern. Es sind wohl die moralischen Grauzonen und Abgründe, die (fast) alle Figuren umgeben, denen Sherlock Holmes und Dr. Watson begegnen. Natürlich hoffe ich zudem, dass die Story unterhaltsam und spannend ist 😉.

Nächste Woche stellt ein weiterer Autor seine Antworten zu Sherlock Holmes vor.