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Montag, 17. Juli 2023

Ilva Fabiani "Meine langen Nächte"

Was passiert, wenn man plötzlich entdeckt, dass man all die Jahre falsch gelegen hat? Unbedacht handelte, sich von den falschen Dingen leiten ließ? Was wenn man die Augen öffnet, nachdem sie jahrelang geschlossen waren und vor dem eigenen Grauen steht und sich nur durch die ganz große Lösung aus der Situation retten kann. Wenn man dies überhaupt als Lösung ansehen kann.

Anna, jahrelang war sie der Sohn, den ihr Vater nie hatte. Im Deutschland zwischen den Kriegen wächst sie mit ihrer kranken Schwester und ihrem seltsamen Bruder in ihrem Elternhaus auf. Schon schnell zeigt sich, dass sie von ihrem Vater die Begabung für die Medizin geerbt hat. Und doch ... Sie ist anders. Herrisch, bösartig und manchmal tief verstört hält sie das Familienleben kaum aus. Immer dagegen, immer auflehnend, hält sie nichts von den bestehenden Konventionen und will daher der neuen Ideologie folgen. Auch wenn sie dadurch die Menschen in ihrem direkten Umfeld mehr als einmal vor den Kopf stößt. Nachdem sie das Studium an den Nagel hängen muss, wird sie zu einer braunen Schwester und wird noch kälter, als sie es schon lange Zeit ist.

Das Buch geht unter die Haut. Das Buch berührt. Auch wenn die Autorin im Nachgang erwähnt, dass nicht alle Personen real sind, merkt man an vielen Stellen, dass nicht viel zur Realität fehlt. Wenn man um diese Zeit weiß, was geschah, was sich explosionsartig entwickelte, erkennt man, wo die Menschheit am Scheideweg stand. Wo Menschen zusahen und die Autorin schafft es mehrfach, den Lesenden hier einzufangen. Man ist so oft hin und her gerissen, man denkt, man weiß, wenn man verachten sollte und doch zeigt das Buch an vielen Stellen eine solche Menschlichkeit, dass es einem fast das Herz zerreißt. Das Buch weckt so viele Emotionen, dass man oft das Buch zur Seite legen muss, um die letzten Seiten zu verdauen. Nicht umsonst ist es für mehrere Preise nominiert.

4,5 von 5 Operationen

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