So mutet das Lesen der Kurzgeschichten-Sammlung "Belichtungszeit" einer Zeitreise an, da die ersten der neun Geschichten beinahe zwanzig Jahre alt sind. In den Geschichten, die im ersten Moment skurril oder vielleicht auch übertrieben wirken, haben sich Ideen manifestiert, die heutzutage Alltag sind. Beobachtungen, Big Brother Manien, Forschung, viele Bereiche spricht Thorsten Küper, der in der Szene sein eigenes Genre Kueperpunk geschaffen hat, oftmals äußerst kritisch an. Denn Technik und die damit einhergehende Kontrolle ist in den falschen Händen ein Machtwerkzeug, das zu vielen Schandtaten führen kann. Sei es, dass Menschen ihre eigene körperliche Gewalt via Chip an einen Externen abgeben oder gar ein Künstler Installationen mit böswilliger Absicht schafft.
Während in der ersten Geschichte Computerbefehle zu Exklusivnachrichten führen, zwei Geschichten mit der Idee spielen, dass ein Mensch einen anderen Menschen durch einen Chip wie eine Spielfigur steuern kann, zeigt die Titelgeschichte, dass Versuche an Menschen ohne deren Wissen, zu Gewalt, Hass und geistigen Höhenflügen führen können. Auch die Frage nach dem freien Willen wird in zwei Geschichten thematisiert. In ihnen geht es um Forschungseinrichtungen und die Frage, wer trägt die Verantwortung und wer ist die Zielgruppe für die Forschungsergebnisse?
Wattebauschtexte sucht man in der Sammlung vergebens, die beschriebene Zukunft ist brutal, egozentrisch und der, mit dem meisten Geld, bestimmt die Musik. Küpers Geschichten lesen sich nicht nebenbei. Man wird gezwungen über sie nachzudenken, sich die Konsequenzen vor Augen zu führen und zu realisieren: Seine damalige Zukunft ist oftmals unsere heutige Zeit. Man sollte gut zuhören, was er aktuell schreibt, um die nächsten Jahren abschätzen zu können.
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