Nun, Bookboy Fabius Flieder, hätte den Tag auch gerne im Ohrensessel verbracht, anstatt 24 Stunden durch Wind und Wetter die bestellten Bücher zu den Kunden zu bringen. Doch sein Großvater, Inhaber der Leseratte, und auch die 22 Autor*innen haben sich für ihn etwas anderes ausgedacht. Fortwährend, nahezu im Stundentakt, schellt in der kleinen gemütlichen Buchhandlung das antiquierte Telefon und selbst in den Nachtstunden benötigen die Kunden gerade jetzt dieses bestimmte Buch.
So wie man oftmals sagt, dass Bücher dem Leser Welten eröffnen, so beginnt mit jeder Fahrt des Bookboys seine eigene stündliche Geschichte. Denn jedes Mal sieht er sich dem Bestellenden und somit auch dessen Geschichte gegenüber.
Wer jetzt glaubt, dass bei 24 Lieferungen 24mal dasselbe passiert, der hat noch nie eine Anthologie gelesen. Denn was bei anderen Anthologien oft den Kern ausmacht, wird in dieser Anthologie auf die beste Weise umgesetzt. Muten einige Geschichten komisch oder gar witzig an, werden mit Fortschritt des Tages die Geschichten immer düsterer, dass man geneigt ist, hinter die Couch zu blicken, ob sich nicht ein Wesen aus dem Buch in die eigenen vier Wände geschlichen hat.
Die Autor*innen haben es zudem geschafft, die Geschichten übergangslos ineinander fließen zu lassen, sodass man oftmals gar nicht bemerkt, dass ein anderer Schreiberling eine weitere Stunde angebrochen hat. Alle Geschichten haben dabei ihren eigenen Stil und verzahnen sich dabei auch gerne einmal in bereits allgemein bekannte Literatur. Alle Geschichten bilden in ihrer Vielfalt ein großes Ganzes, was man - einmal begonnen - kaum mehr zur Seite legen kann. Die einleitenden Kapitelseiten zeigen dabei, wie schön es ist, ein gedrucktes Buch in Händen zu halten, so wirken die Illustrationen um ein Vielfaches mehr als auf dem Bildschirm eines Ebook-Readers.
Definitiv eines meiner Jahreshighlights, bei dem auch schon das Cover den Leser auf die richtige Fährte lockt: Das Buch ist eine großartige Reise in die Welt der Buchstaben und der Fantasie.
5 von 5 Fahrrädern
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