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Mittwoch, 22. September 2021

Ulf Schiewe "Der Attentäter"


Historische Romane sind für mich immer ein ganz besonderes Genre. Nicht gänzlich frei in der Handlung, da sie ja oftmals tatsächliche Ereignisse als Grundlage haben, müssen sie den Spagat zwischen Realität und Fiktion schaffen. Dabei muss der Leser sich im Gegensatz zu einem Sachbuch unterhalten fühlen und zugleich darf der Autor nicht zuviele eigene Ideen einfließen lassen. Es heißt Geschichte lebendig und erlebbar zu machen, seine eigene Vorstellung dieser Zeit dem Leser nahezubringen und beim Leser das Interesse zu wecken, sich mit der Zeit ausführlicher zu beschäftigen. Sicherlich gibt es in der Qualität der historischen Romane wie bei den Lokalkolorit-Krimis große Unterschiede und je nach Zeit ist der historische Kontext dankbarer für einen Roman oder auch eben nicht.
"Der Attentäter" erzählt die letzten Tage vor dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand am 28.06.1914. Die Welt und speziell Europa ist gespalten. Zahlreiche Kriege und Gebietsübernahmen haben Europa zu einem Flickenteppich der Kulturen werden lassen und mehrere kleine Ethnien fühlen sich von ihren Machthaber unterdrückt. Gerade die Serben fühlen sich nach den Jahren der Fremdherrschaft gedemütigt und die Organisation "Schwarze Hand" will sich für die Freiheit der Serben einsetzen um das Joch der Unterdrückung zu durchbrechen. Da kommt der Besuch des Thronfolger gerade recht. Von Belgrad aus wird die Planung des Attentates vorgenommen und die Welt wird danach nicht mehr so sein, wie sie vorher war.
Die Geschichte wird aus Sicht der verschiedenen Beteiligten erzählt. Mal aus Sicht des Thronfolgers und seiner Frau, mal aus Sicht der Attentäter, mal aus Sicht des fiktiven Charakters Rudolf A. Markovic, der als Major beim österreichisch-ungarnischen Geheimdienst in Saravejo arbeitet und dem Leser Einblicke, in die Geheimdienst- und Polizeiarbeit gewährt. Die Kapitel sind nach den Tagen vor dem Attentat unterteilt und werden eingeleitet durch Zeitungsartikel aus der damaligen Zeit.
Sprachlich und geschichtlich wird dem Leser einiges abverlangt und ein bisschen Vorwissen zu dem Thema macht sich definitiv bezahlt, da Ulf Schiewe in seinem Buch sehr viel Wert auf Details und Abläufe legt.
Ein historischer Roman, der diesen Titel wirklich verdient, weil er den oben genannten Spagat mit Bravour schafft. 

5 von 5 Attentätern

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